vor der Entente Cordial - Bündnis zwischen Deutschland, Frankreich und Russland?

pickanick

Neues Mitglied
Hey,

wieso hat Deutschland damals so sehr gezögert den Briten eins auszuwischen mit einem Bündnis zwischen Deutschland, Frankreich und Russland!

Jeder hätte davon Vorteile gehabt (ich spreche hier von Krieg gegen die Briten und damit auch eine Eroberung bzw. ein Versuch ihnen die Kolonien und die Unabhängigkeit wegzunehmen!)

Russland:

- Probleme mit den Briten in persischen gebieten - wären weg
- Probleme in China mit den Briten - wären gelöst
- Schwächung Japans (einer der größten feinde Russland in Asien)
- Gebietserweiterung
- Eroberung Bulgariens bzw. Einsetzung eines Marionettenherrschers würde nun von keiner Seite mehr blockiert werden

Frankreich:

- ALLE Kolonialprobleme wären endgültig gelöst, da die Engländer diejenigen waren, die die meisten Probleme gemacht haben
- generell ganz Afrika wäre nun offener und damit wäre ein riesiges freistehendes Gebiet, welches zu erobern wäre

Deutschland:

- der Traum Willhelms II. eine riesige Flotte zu haben wäre nun möglich, da ihn keiner mehr hindern würde
- die Kolonien die das Volk unbedingt haben wollte wären nun zu holen (man teilt die Gebiete in Afrika mit Frankreich auf)
- industrielle und wirtschaftliche Konkurrenz zu den Briten wäre weg: Aufschwung in der Wirtschaft, da nun andere Staaten nicht mehr bei den Briten einkaufen würden


möglich wäre es ja gewesen:
- Russlands Feindschaft zu England war größer als die zu Österreich-Ungarn
- Frankreichs Hass auf England war trotz des Erwerbs Elsaß-Lothringens von Deutschland größer als die zu Deutschland

Wilhelm II. war zwar ein Holzkopf, aber irgendeinen Grund muss es ja gegeben haben, dass er sich nicht gegen die Engländer gestellt hat oder? ich mein der hat ja sehr gerne mal andere Staatoberhäupter geärgert (krüger-depesche bspw.)
 
Guten Abend,

welchen Zeitraum meinst Du denn mit "damals"? Russland und Frankreich waren nämlich bereits seit 1894 miteinander im Bündnis, als direkte Folge der Nicht-Verlängerung des Rückversicherungsvertrages Deutschlands mit Russland.

Ich bezweifle aber ohnehin die politische Realisierbarkeit eines solchen Vertrages zwischen den drei genannten Mächten. Der Streit um Elsaß-Lothringen hätte zugunsten eines Bündnisses nicht so einfach unter den Teppich gekehrt werden können. Zudem bestand eine große Affinität zwischen Deutschen und Österreichern - ich weiß nicht, ob es die deutsche Öffentlichkeit positiv aufgenommen hätte, wäre Österreich-Ungarn auf dem Balkan den Russen "zum Fraß vorgeworfen" worden.
Du schreibst zwar, Russlands Feindschaft zu England sei größer gewesen als die zu Österreich-Ungarn (Ich würde eher von einer Rivalität sprechen), Frankreichs Hass auf England größer als der auf Deutschland - aber ganz nachvollziehen kann ich diesen Standpunkt nicht. Die Beziehungen Englands zu Frankreichs und Russlands zu England waren zwar immerzu von teils heftigen Spannungen gekennzeichnet, aber diese erwiesen sich stets als beilegbar. Ich meine, weil die Gegensätze in den Kolonialgebieten stattfanden. Im Falle Elsaß-Lothringens sowie des Balkans lagen die Konfliktfelder demgegenüber im Zentrum Europas, berührten unmittelbar die Grenzen der beteiligten Mächte, nicht bloß Einflusszonen oder Kolonien, weshalb es dort wesentlich schwieriger war, eine Einigung a la Sudanvertrag (1899) oder Vertrag von Sankt Petersburg (1907) zu erlangen, was aber Grundvoraussetzung für eine Zusammenarbeit hätte sein müssen.

Die von Dir genannten Vorteile, die sich aus dem Bündnis hätten ergeben können, kann ich leider ebenfalls kaum teilen. Du sprichst davon, Russland hätte durch ein Bündnis mit Frankreich und Deutschland das "Great Game" um Zentralasien für sich entscheiden, Frankreich seinerseits "alle Kolonialprobleme endgültig lösen" können. Wie sollte das möglich sein? Weder hätten Deutschland oder Frankreich Russland in Zentralasien, noch Deutschland oder Russland Frankreich in Afrika gegen die Briten über das Maß des moralischen Beistandes hinaus unterstützen können. Zudem kann von einer endgültigen Lösung keine Rede sein, allenfalls für die Dauer der Beständigkeit des Vertrages.
Auch wurde die deutsche Flottenpolitik nicht von England unterbunden, das Reich verlor das durch die Briten entfesselte Wettrüsten aufgrund fehlender Kapazitäten. Daran hätte sich auch in einem Russisch-Französischen Bündnis nichts geändert.

Du schreibst außerdem, Deutschland hätte wirtschaftlich profitiert, die Briten seien als Konkurrenten auf dem Weltmarkt entfallen. Aber bloß weil man einen Beistandspakt mit Russland und Frankreich geschlossen hätte, hätten diese Länder ja nicht automatisch ihre Märkte für englische Waren geschlossen. Darüber hinaus lief Deutschland dem Empire ohnehin aus wirtschaftlicher und industrieller Sicht den Rang ab, ebenso was Kunst, Kultur und Mode anbelangte.

Gruß
swie
 
wieso hat Deutschland damals so sehr gezögert den Briten eins auszuwischen mit einem Bündnis zwischen Deutschland, Frankreich und Russland!

Jeder hätte davon Vorteile gehabt (ich spreche hier von Krieg gegen die Briten und damit auch eine Eroberung bzw. ein Versuch ihnen die Kolonien und die Unabhängigkeit wegzunehmen!)

Tatsächlich, hätte "jeder Vorteile" von einem Krieg gehabt? Eine merkwürdige Sicht!

Mittlerweile scheint es, in einer Generation, die als "Armchair-Generäle" im Stile von "Risiko" oder auf dem PC Ländern, nach Belieben Länder erobern, der Krieg im Fokus der Phantasie zu sein. Die Vorteile von konfliktfreien Problemlösungen und die Rolle der durchaus vorhanden friedensfördernden Ansätzen wird dabei gerne übersehen.

Und es wird auch übersehen, dass es in jedem Land, das als Großmacht am WW1 teilnahm, stark rivalisierende Sichtweisen gab, die miteinander heftig rangen, ob die Teilnahme an einem großen Krieg in Europa wirklich so eine kluge Entscheidung wäre und "Vorteile" bringen würde.

Und damit sind diese Gedanken, wie von pickanick geäußert, deutlich bellizistisch eindimensionaler wie in der Zeit vor 1914. In der bestenfalls eine sehr kleine Gruppe in den jeweiligen Ländern überhaupt in die Entscheidung über den WW1 eingebunden war und diesen teilweise als Schritt "ins Dunkle" empfunden haben.

Wenn relevante Kreise der deutschen (Ex- oder Import-) Wirtschaft gefragt worden wären, ob sie denn für einen Krieg gewesen wären, der im Ergebnis völlig offen war, dann wäre es sehr fraglich gewesen, ob es ein "Pro-Krieg-Kartell" gegeben hätte, die sich für Krieg ausgesprochen hätte. Unabhängig von dem hohen Druck, der durch nationalistische Zeitungen ausgelsöt worden ist.

Gerade die These von Fischer zur dynamisierenden Rolle von Kreisen der Schwerindustrie (die "Händler des Todes"-Theorie) in Zusamenarbeit mit den ostelbischen Großgrundbesitzer im DR ist mittlerweile am stärksten einer Revision unterzogen worden.

Für die Wirtschaft brachte der Krieg insgesamt keine Vorteile, sieht man von der während des Kriegsverlaufs zunehmenden Anzahl von deutschen Unternehmern ab, die als "Kriegsgewinnler" an dem Krieg - ausgessprochen unpatriotisch - verdient haben, ab.

Die deutsche Wirtschaft war bereits in 1914 zu einem hohen Prozentsatz global vernetzt und profitierte vor allem von der liberalen Wirtschaftspoltik von GB. [1]

Deswegen ist es absolut unsinnig, von Vorteilen zu sprechen, um damit ein Bündnis oder einen Krieg zu rechtfertigen.

Kriege haben noch nie Probleme gelöst, sondern immer nur neue Probleme geschaffen.

[1] A. Iriye & J. Osterhammel (Hg.): Geschichte der Welt. 1870-1945. Weltmärkte und Weltkriege. 2012
 
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Guten Abend,

welchen Zeitraum meinst Du denn mit "damals"? Russland und Frankreich waren nämlich bereits seit 1894 miteinander im Bündnis, als direkte Folge der Nicht-Verlängerung des Rückversicherungsvertrages Deutschlands mit Russland.

Ich bezweifle aber ohnehin die politische Realisierbarkeit eines solchen Vertrages zwischen den drei genannten Mächten. Der Streit um Elsaß-Lothringen hätte zugunsten eines Bündnisses nicht so einfach unter den Teppich gekehrt werden können. Zudem bestand eine große Affinität zwischen Deutschen und Österreichern - ich weiß nicht, ob es die deutsche Öffentlichkeit positiv aufgenommen hätte, wäre Österreich-Ungarn auf dem Balkan den Russen "zum Fraß vorgeworfen" worden.
Du schreibst zwar, Russlands Feindschaft zu England sei größer gewesen als die zu Österreich-Ungarn (Ich würde eher von einer Rivalität sprechen), Frankreichs Hass auf England größer als der auf Deutschland - aber ganz nachvollziehen kann ich diesen Standpunkt nicht. Die Beziehungen Englands zu Frankreichs und Russlands zu England waren zwar immerzu von teils heftigen Spannungen gekennzeichnet, aber diese erwiesen sich stets als beilegbar. Ich meine, weil die Gegensätze in den Kolonialgebieten stattfanden. Im Falle Elsaß-Lothringens sowie des Balkans lagen die Konfliktfelder demgegenüber im Zentrum Europas, berührten unmittelbar die Grenzen der beteiligten Mächte, nicht bloß Einflusszonen oder Kolonien, weshalb es dort wesentlich schwieriger war, eine Einigung a la Sudanvertrag (1899) oder Vertrag von Sankt Petersburg (1907) zu erlangen, was aber Grundvoraussetzung für eine Zusammenarbeit hätte sein müssen.

Die von Dir genannten Vorteile, die sich aus dem Bündnis hätten ergeben können, kann ich leider ebenfalls kaum teilen. Du sprichst davon, Russland hätte durch ein Bündnis mit Frankreich und Deutschland das "Great Game" um Zentralasien für sich entscheiden, Frankreich seinerseits "alle Kolonialprobleme endgültig lösen" können. Wie sollte das möglich sein? Weder hätten Deutschland oder Frankreich Russland in Zentralasien, noch Deutschland oder Russland Frankreich in Afrika gegen die Briten über das Maß des moralischen Beistandes hinaus unterstützen können. Zudem kann von einer endgültigen Lösung keine Rede sein, allenfalls für die Dauer der Beständigkeit des Vertrages.
Auch wurde die deutsche Flottenpolitik nicht von England unterbunden, das Reich verlor das durch die Briten entfesselte Wettrüsten aufgrund fehlender Kapazitäten. Daran hätte sich auch in einem Russisch-Französischen Bündnis nichts geändert.

Du schreibst außerdem, Deutschland hätte wirtschaftlich profitiert, die Briten seien als Konkurrenten auf dem Weltmarkt entfallen. Aber bloß weil man einen Beistandspakt mit Russland und Frankreich geschlossen hätte, hätten diese Länder ja nicht automatisch ihre Märkte für englische Waren geschlossen. Darüber hinaus lief Deutschland dem Empire ohnehin aus wirtschaftlicher und industrieller Sicht den Rang ab, ebenso was Kunst, Kultur und Mode anbelangte.

Gruß
swie
Der Zeitraum zwischen dem Bündnis zwischen Frankreich und Russland und dem zwischen England , Frankreich und Russland

Vorher hat man das doch auch noch geschafft mit den Balkanproblemen(zu Zeiten des rückversicherungsvertrags). Man muss hier vom hätte sprechen Deutschland hätte als vermittlerstaat dienen können zwischen Russland und ö-u.

Ich glaub du hast mich falsch verstanden. Ich rede hier nicht von Kolonien angreifen sondern das Land selbst . Es wäre chancenlos unterlegen gewesen da kann selbst die größte flotte nichts ausrichten wenn man von allen Seiten angegriffen wird (natürlich nach einer Aufrüstungsphase). Dass Grossbritannien eine Insel ist wäre ein Nachteil gewesen da es keine Seite gab von der man nicht angegriffen werden konnte. Da man komplett isoliert war Von anderen Großmächten bzw. Lediglich irrelevante Bündnispartner hatte wäre man unterlegen gewesen . Die Kolonien wären alle gefallen wenn das Zentrum zerstört worden wäre wenn keiner mehr Befehle gibt wenn keiner mehr Hilfe schickt . Das wäre der leichteste Teil . Man hätte lediglich den Briten die Autonomie wegnehmen müssen . Alles andere regelt sich von selbst .

Die flottenpolitik wurde gehemmt von England sie sahen sich bedroht und sagten es auch öffentlich den deutschen

Wenn es kein autonomes England gibt gibt es auch keiner kokurrenz aus England. Dass England schwächer war in Sachen industrie weiss ich selbst aber es schadet ja nicht wenn es einen Konkurrent weniger gibt oder?
 
wieso hat Deutschland damals so sehr gezögert den Briten eins auszuwischen mit einem Bündnis zwischen Deutschland, Frankreich und Russland!
Was veranlasst dich zu anzunehmen, das ein solches Bündnis überhaupt machbar war?

Und darüber hinaus wurde im Jahre 1905 zwischen Wilhelm II. und Nikolaus ein Defensivbündnis abgeschlossen. Ich meine es war der Artikel 4 der festlegte, das nach Inkraftsetzung des Vertrages Frankreich hierüber zu informieren und zum Beitritt aufzufordern war. Der Zar hielt sich aber nicht an diese von ihm unterzeichnete Vorgehensweise, da er von seiner Regierung wieder "auf Kurs" gebracht wurde. Auch wurde Frankreich informiert und dort hatte nicht das geringste Interesse an so einem Bündnis. Keine große Überraschung vor dem Hintergrund der 1.Marokkokrise. Der Vertrag kam eigentlich somit nie zustande. Auch der deutsche Reichskanzler Bülow mokierte sich über diese Abmachung, da er nicht damit einverstanden war, das der Vertrag nur für Europa gelten sollte.
 
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Was veranlasst dich zu anzunehmen, das ein solches Bündnis überhaupt machbar war?

Ob ein kontinentales Bündnis machbar gewesen wäre, sei dahingestellt, aber es gab schon Gedanken in diese Richtung und es zeigt, dass viele alternative Lösungen bis zum July 1914 möglich gewesen wären. So interpretiert beispielsweise McLean das Treffen in Björkö als ein Ansatzpunkt, in dem KW II als Intention durchaus von einem vereinigten Kontinental-Europa ausging, unter deutscher Hegemonie [1]

Betrachtet man die innenpolitische Situation in Russland seit 1905, dann ergab sich dort ebenfalls ein harter Konflikt zwischen unterschiedlichen Fraktionen. Militärstrategisch kämpfte die "Fernost-Fraktion" gegen die "Westler" und politisch die traditionellen Konservativen, in Anlehnung an die deutschfreundlichen Lamzdorf und Shvanebakh, gegen die liberalen Reformkräfte.

Die konservativen Kräfte wollten eher eine Anlehnung an das DR erreichen. Im Februar 1914 wurde Nikolaus von P.N. Durnovo ein Memorandum überreicht, das die Allianz mit dem republikanischen Ländern, Frankreich und GB, heftig kritisierte und darin den Niedergang des Zarismus in Russland sah! Ansonsten wurde von den Konservativen betont, dass es keine Streitpunkte zwischen Russland und dem DR gab, die nicht lösbar gewesen wären. Und vor allem hätte man sich als gemeinsamer Vertreter und mehr noch, als Verteidiger eines konservativen Wertehorizont betrachtet. Gegen die westlichen Demokratien!

Pyotr Durnovo - Wikipedia, the free encyclopedia

Im Frühjahr 1914 gab es in Russland eine Vielzahl von Initiativen, die eine konservative Wende der Allianzpolitik bei Nikolaus durchsetzen wollten. Wie beispielsweise der russische Botschafter in Konstantinopel, Giers, sehr deutschfreundlich, gegenüber auch dem deutschen Botschafter, agierte. Im Gegensatz zur probritischen Rolle von Benckendorff in London, der der "Architekt" der Zusammenarbeit zwischen GB und Russland war [2]

In diesem Sinne war die Entscheidung in Russland für die Entente eher eine Entscheidung des Kopfes (Finanzbedarf etc.), aber sicherlich nicht des Herzens. Das Überleben eines rückständigen autokratischen Systems in Russland wurde an die - eigentlich verachteten - westlichen republikanischen F und GB gebunden. [3] Und dieser Sitaution war man sich in Petersburg durchaus bewußt.


[1] McLean: Dreams of German Europe. Wilhelm II and the Treaty of Björkö of 1905, in: A. Mombauer & W. Deist (Ed.): The Kaiser. 2003, S. 119ff
[2] M. Soroka: Britain, Russia and the Road to the First World War. 2011
[3] D. McDonald: United Government and Foreign Policy in Russia, 1900-1914, S.199 ff
 
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Was veranlasst dich zu anzunehmen, das ein solches Bündnis überhaupt machbar war?

Und darüber hinaus wurde im Jahre 1905 zwischen Wilhelm II. und Nikolaus ein Defensivbündnis abgeschlossen. Ich meine es war der Artikel 4 der festlegte, das nach Inkraftsetzung des Vertrages Frankreich hierüber zu informieren und zum Beitritt aufzufordern war. Der Zar hielt sich aber nicht an diese von ihm unterzeichnete Vorgehensweise, da er von seiner Regierung wieder "auf Kurs" gebracht wurde. Auch wurde Frankreich informiert und dort hatte nicht das geringste Interesse an so einem Bündnis. Keine große Überraschung vor dem Hintergrund der 1.Marokkokrise. Der Vertrag kam eigentlich somit nie zustande. Auch der deutsche Reichskanzler Bülow mokierte sich über diese Abmachung, da er nicht damit einverstanden war, das der Vertrag nur für Europa gelten sollte.

Der Außenminister delcassé wollte aber Jahre vor der entente cordial ein Bündnis mit den deutschen (und Russen)

1905 ist die falsche Zeit da gab es doch schon die entente cordial .

Ps. Ich find das extrem lächerlich das ich ich zitiere ,, beschämendes verhalten gezeigt habe in der Vergangenheit"

Ich las es in einem Buch von dem Versuch habe aber nicht genau verstanden wieso die deutschen nicht sofort unterschrieben haben
 
Der Außenminister delcassé wollte aber Jahre vor der entente cordial ein Bündnis mit den deutschen (und Russen)

1905 ist die falsche Zeit da gab es doch schon die entente cordial .

Ps. Ich find das extrem lächerlich das ich ich zitiere ,, beschämendes verhalten gezeigt habe in der Vergangenheit"

Ich las es in einem Buch von dem Versuch habe aber nicht genau verstanden wieso die deutschen nicht sofort unterschrieben haben

Delcassé wollte ein Bündnis mit dem Deutschen Reich unter Einschluß Russlands? Darf ich fragen, woher diese Information stammt?

Delcassé war gegenüber dem Deutschen Reich sehr kritisch eingestellt. Zu Beginn seiner Amtszeit kam es fast zur militärischen Konfrontation mit Großbritannien im Zuge der Faschodakrise von 1898. Delcassé zog aber die Reißleine und es begann zwischen Frankreich und Großbritannien der schließlich in der Entente Cordiale einmündete.

@thanepower
Zum Abkommen von Björkö kann noch gesagt werden, das es letzten Endes daran scheiterte, das der Zar nicht über die Macht verfügte, um den Vertrag geltung zu verschaffen, obwohl beispielsweise Witte, der sich zu jener Zeit in Paris aufhielt, durchaus für ein Kontinentalbündnis eintrat, wie der deutsche Botschafter Radolin aus Paris berichtete. Der russische Außenminister Lamsdorf, der frühere Adlatus von Giers, informierte den Botschafter Österreich-Ungarns dahingehend, dass das nichts an dem Gang der russischen Politik ändern wird. Lamsdorf hat umgehnd Paris informiert. Reaktion von dort war, Grundlage der französischen Politik bleibe das Bündnis mit Russland. Frankreich bedarf keines anderen. Das Misstrauen gegen die gemutmaßten deutschen Hegemonialabsichten war viel zu groß.

Canis, Der Weg in den Abgrund, S.147ff
 
Delcassé wollte ein Bündnis mit dem Deutschen Reich unter Einschluß Russlands? Darf ich fragen, woher diese Information stammt?

Delcassé war gegenüber dem Deutschen Reich sehr kritisch eingestellt. Zu Beginn seiner Amtszeit kam es fast zur militärischen Konfrontation mit Großbritannien im Zuge der Faschodakrise von 1898. Delcassé zog aber die Reißleine und es begann zwischen Frankreich und Großbritannien der schließlich in der Entente Cordiale einmündete.

@thanepower
Zum Abkommen von Björkö kann noch gesagt werden, das es letzten Endes daran scheiterte, das der Zar nicht über die Macht verfügte, um den Vertrag geltung zu verschaffen, obwohl beispielsweise Witte, der sich zu jener Zeit in Paris aufhielt, durchaus für ein Kontinentalbündnis eintrat, wie der deutsche Botschafter Radolin aus Paris berichtete. Der russische Außenminister Lamsdorf, der frühere Adlatus von Giers, informierte den Botschafter Österreich-Ungarns dahingehend, dass das nichts an dem Gang der russischen Politik ändern wird. Lamsdorf hat umgehnd Paris informiert. Reaktion von dort war, Grundlage der französischen Politik bleibe das Bündnis mit Russland. Frankreich bedarf keines anderen. Das Misstrauen gegen die gemutmaßten deutschen Hegemonialabsichten war viel zu groß.

Canis, Der Weg in den Abgrund, S.147ff

Die schlafwandler von cristopher clark . Zitat delcassé :,,ich verachte die Engländer " . Er wollte einen antibritischen Kurs einlegen . Gerade hab ich auch bemerkt dass ich etwas überlesen habe. Deutschland wollte elsaß-Lothringen nicht abgeben deshalb wurde aus dem Bündnis nichts .

Verstehe ich zwar immernoch nicht ganz wieso man elsaß- Lothringen behalten wollte statt ein kolnialreich gründen wollte .
 
Die schlafwandler von cristopher clark . Zitat delcassé :,,ich verachte die Engländer " . Er wollte einen antibritischen Kurs einlegen .


Wann genau soll das Delcassé gesagt haben?


Gerade hab ich auch bemerkt dass ich etwas überlesen habe. Deutschland wollte elsaß-Lothringen nicht abgeben deshalb wurde aus dem Bündnis nichts .

Verstehe ich zwar immernoch nicht ganz wieso man elsaß- Lothringen behalten wollte statt ein kolnialreich gründen wollte .

Das hatte militärische Gründe.
 
Lamsdorff wurde von Nikolaus am 30.August in die Abmachungen von Björkö eingeweiht. Lamsdorf lehnte den vertrag entschieden ab und betrachtete diesen "als Verrat an Frankreich."

Witte, der eigentlich wohl nichts grundsätzliches dagegen hatte, musste schon aus rein finanziellen Erwägungen ablehnen, denn Russland wollte in Paris eine Anleihe von über 2 Milliarden aufnehmen und diese wäre sicher nicht zustande gekommen, wenn Berlin Petersburg neuer Alliierter gewesen wäre. Aus diesem Grunde machten Lamsdorf und Witte den Zaren klar, das der Vertrag nicht in Kraft treten darf. Der Zar begann jetzt gegenüber Wilhelm zurückzurudern und führte aus, der Vertrag solle erst dann in Kraft treten, wenn klar sei, wie sich Frankreich dazustellen würde. Nikolaus machte nunmehr alles vom Votum der Franzosen abhängig. Wilhelm bemühte sich verzweifelt den Zaren an der getroffenen Vereinbarung festzuhalten. Vergebens.

Röhl, Wilhelm II, Der Weg in den Abgrund
 
Lamsdorff wurde von Nikolaus am 30.August in die Abmachungen von Björkö eingeweiht. Lamsdorf lehnte den vertrag entschieden ab und betrachtete diesen "als Verrat an Frankreich."

Der Hinweis von Turgot auf die Darstellung bei Röhl [1] ist sicherlich zielführend und beschreibt vor allem aus deutscher Sicht die Intentionen hervorragend. Es ergibt sich zwischen der Sicht von Röhl und der von McLean [3] dabei kein gravierender Unterschied in der Darstellung der Ereignisse.

Zusätzlich kann man auch festhalten, dass die Ereignisse im Jahr 1905 auf Björkö ein Licht auf die komplizierten Verhältnisse in Europa und für Russland im Besonderen geworfen haben. Der Ausgangspunkt für das Verständnisder Ereignisse auf Björkö ist sicherlich die hohe Bedeutung, die der verlorene Krieg mit Japan hatte und sich massiv auf die russische Verhaltensweise in 1914 auswirkte und das Verhalten der russischen Entscheidergeneration teilweise erklärt[2]

Die globalen politischen Veränderungen in 1904 bilden dabei den Rahmen, warum vor allem von Holstein im Herbst 1904 aus der Perspektive des DR versucht wurde, eine Annäherung an R zu erreichen. Diesen Gedanken hatte KW II in Björkö Mitte 1905 aufgegriffen und zunächst auch die Unterstützung durch Bülow erhalten.

Dass zentrale Mißverständnis war, das dem Vertrag von Björkö zugrunde lag, dass KW II davon ausging, dass Nikolaus noch über seine traditionell angestammte politische Macht verfügen würde. Und den Vertrag gegenüber seinem Außenministerium, das traditionell eher pro-französich agierte [3, S. 131], durchsetzen könne[3, S. 132].

Die Ursachen für dieses Mißverständnis von KW II sind dabei in den gravierenden politischen Veränderungen in Russland seit 1904 zu sehen, die er falsch eingeschätzt hat [vgl. dazu die Darstellungen bei 6]. Durch den verlorenen Krieg [4, S. 14] mit Japan 1904/1905 war R militärisch gravierend geschwächt und stand aufgrund seines extrem hohen Kapitalbedarfs am Rande des Staatsbankrotts. Durch die „Revolution von 1905“ wurde mit der „Duma“ eine „demokratisch“ gewählte Vertretung geschaffen, die einen durchaus gravierenden Einschnitt für das autokratisch regierte Russland gebildet hat und Auswirkungen auf die politische Rolle des Zaren hatte. Er war zu diesem Zeitpunkt, Mitte 1905, nicht mehr in der Lage, alleine für Russland außenpolitisch bindende Verträge abzuschließen. Gleichzeit wurde von Witte eine Reform, des Kabinetts durchgeführt, die dem „Premier / Kanzler“ eine führende Position zubilligte, in Anlehnung an das Bismarck`sche Modell und das Machtzentrum deutlich in das Kabinett verlagerte.

Vor diesem Hintergrund des Krieges in 1905 positionierten sich die Großmächte neu und dieses Jahr muss wohl in seiner Weichenstellung für die Ausbildung der rivalisierenden Blöcke als besonders relevant angesehen werden.

Aus der Sicht von GB bot die relative Schwäche von R in 1905 für den britischen Außenminister Lansdowne die Möglichkeit, einen Ausgleich zu suchen und den drohenden Konflikt um Indien beizulegen [5]. Diese Annäherung von R und GB ist ein Teil der Erklärung der folgenden Verschärfung des Gegensatzes zwischen GB und dem DR. Neben der Marokko-Krise von 1905.

Die relativ geringe Unterstützung von R durch F während des japanisch-russischen Krieges war dabei der primäre psychologische Ansatzpunkt für KW II in seiner Argumentation auf Björkö gegenüber Nikolaus und erklärt auch die Bereitschaft von ihm, der persönlichen Freundschaft zu KW II einen höheren Stellenwert einzuräumen wie in der Vergangenheit. Aus dieser „intimen“ Diskussion zwischen den beiden ergab sich durchaus das Potential, den Zusammenhalt des Bündnis zwischen R und F massiv zu hintertreiben, zumal Delcasse erfolgreich im japanisch-russischen Konflikt verhandelt hatte und die Wahrscheinlichkeit einer Dreier-Allianz aus F, GB und R damit realistischer wurde [7, S. 22].

Die Unterzeichnung des Vertrags durch Nikolaus hielt er ca. 6 Wochen gegenüber seinem Außenminister Lamsdorf geheim (vgl. Termin bei Turgot: Audienz am 30. August 1905). Von Lamsdorf wurde sofort die Problematik des Vertrages erkannt, die Russland gleichzeitig auf beiden Seiten !! in einen Krieg zwischen dem DR und F verwickeln könnte [6, S. 79ff]. Im Zuge der weiteren Behandlung des Vertrags erhielt Lamsdorf von Nikolaus den Auftrag, den Vertrag auch F vorzulegen und einen Beitritt zu verhandeln. Ein Ansinnen, das angesichts des eskalierenden Konflikts im Rahmen der Marokko-Krise nahezu aussichtslos war.

Auf seinem Rückweg von den japanisch-russischen Verhandlungen machte der russische Premier Witte einen Stop in Berlin und KW II informierte ihn, dass er mit Nikolaus einen Vertrag unterzeichnet hätte, der die Ideen von Witte für ein „Kontinental-Block“ aufgreifen würde. Vor diesem Hintergrund war Witte bereit das Abkommen bei seiner Ankunft in Petersburg zu unterstützen. Durch die Einsichtnahme in den konkreten Vertragstext revidierte Witte seine Haltung und schloss sich der Sicht von Lamsdorf an [6, S. 80].

Das zwischenzeitliche Junktim der Franzosen zwischen einer Unterstützung in der Marokko-Frage und der Gewährung des dringend benötigten Kredits beendete die Diskussion über den Vertrag von Björkö und beerdigte die Vorstellung von KW II, durch ein neues „Groupment“ in Europa die kleinen Völker in die Anziehungskraft des großen „Schwergewichtzentrums“ eines Kontinental-Blocks hineinzuziehen [1, S. 410].

Eine der zentralen außenpolitischen Folgen des Krieges war, dass die Politiker im „Concil of Ministers“ auf einer konservativen und behutsamen russischen Außenpolitik bestanden, solange die Erholung und der Wiederaufbau von Russland nicht abgeschlossen war. Und in diesem Sinne wurde die russische Außenpolitik im wesentlichen durch den Wunsch getrieben, die russische Großmachtposition mit massiven französischen und englischen Anleihen zu stabilisieren.

Eine Hypothek, die die Handlungsfreiheit von Russland im Juli 1914 massiv beeinträchtigen sollte und eine Erklärung für die Eskalationsspirale im Juli 1914 ist.

[1] J.Röhl: Wilhelm II, Der Weg in den Abgrund, 2009, S. 418ff
[2] R. Kowner (Ed.) The Impact of the Russo-Japanese War, 2009
[3] R. McLean: Dream of German Empire, in: A.Mombauer & W. Deist: The Kaiser, 2003, S. 119ff
[4] H. Strachan: The First World War: Volume I. To Arms, 2001
[5] C. Lowe & M. Dockrill: Foreign Policy of the Great Powers, Vol. III, The Mirage of Power, Part I, British Foreign Policy 1902 – 1914, 1972
[6] D. McDonald: United Government. Foreign Policy in Russia 1900-1914, 1992
[7] J Keiger: France and the Origins of the First World War, 1983
 
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Lamsdorff wurde von Nikolaus am 30.August in die Abmachungen von Björkö eingeweiht. Lamsdorf lehnte den vertrag entschieden ab und betrachtete diesen "als Verrat an Frankreich."


Die Bemühungen Wilhem II. vor Björkö zu einem Bündnis mit dem Zarenreich zu gelangen, war bereits der 2.Versuch.

Ich möchte im Folgenden von dem 1.Versuch und dessen Vorgeschichte erzählen.


Wilhelm II. hatte, wie aus dem Schriftwechsel mit dem Zaren deutlich wird, nicht nur Nikolaus in dem Einsatz der baltischen Flotte bestärkt, sondern auch gemeint, unerbetene Ratschläge hinsichtlich der russischen Schwarzmeer- und Ostseeflotte erteilen zu müssen. Auch die deutsche Regierung meinte mit Ratschläge zur Stelle sein zu müssen.

Um die Versorgung der baltischen Flotte mit Kohl sicherzustellen, wurde die russische Firma Wachter & Co.beauftragt, mit der Hamburg-Amerika-Linie einen Untervertrag abzuschließen, da ja wohl sicher davon auszugehen war, das England sich hier verweigern würde. Diese Verpflichtung sah die Versorgung auf hoher See vor. Die Hamburg-Amerika-Linie konnte und durfte sich bei dieser Abmachung nicht auf die deutsche Regierung berufen. (1)

Bekannt wurde diese Vereinbarung am 12.09.1904, als das Berliner Tageblatt titelte „Kohlentransporte für die russische Kriegsflotte.“ Am 14.09.1904 wurde der japanische gesandte auf dem AA vorstellig; Erfolg hatte er dort nicht. Zur gleichen Zeit sickerten verklausulierte japanische Drohungen durch. (2)

Der Zar bat Wilhelm II. darum, der Hambug-Amerika-Linie keine Schwierkigkeiten zu bereiten. (3) Dieses Schreiben ging an das AA, welches hier um Stellungnahme gebeten wurde. Das AA tat sich verständlicherweise mit einer Zustimmung schwer und hätte es lieber gesehen, wenn Ballin von dem Vertrag zurückgetreten wäre. Ballin war hierzu auch grundsätzlich bereit. Wilhelm II. setzte sich energisch für die Kohlenlieferungen ein. Die englische Presse tobte zwischenzeitlich. Bestärkt wurde die deutsche Regierung, das nach Auskunft der Hamburg-Amerika-Linie größtenteils um englische Kohle handeln würde. Die Hamburg-Amerika-Linie hatte hierzu auch englische Schiffe gechartert. Darüber hatte Japan von England 36 Dampfer erworben.

Dann kam der Vorfall vom 21./22.Oktober 1904; der berühmte Doggerbankzwischenfall. Die Erregung war groß und „Schuld waren natürlich die Deutschen“. Echo de Paris behauptete am 26.10.1904 das Deutschland den ganzen Vorfall in Szene gesetzt hätte, um sich in Petersburg beliebt zu machen.“ Ähnliche Meldung erschienen auch in der Times und andere englische Zeitungen. Die deutschen Akten hierzu zeigen, das Graf Metternich am 13.Oktober 1904 meldete, Japan wolle nach in London umgehenden Gerüchten im Falle des Auslaufens der russischen Flotte aus der Ostsee Minen im Sund und Kattegat legen. (4)

Diese Nachricht wurde gemäß aus Auskunft des deutschen Staatssekretärs von Richthofen nicht nach Petersburg weitergegeben, weil die Nachricht nicht sicher genug war und darüber hinaus sich nicht mit der Neutralität vereinbaren läßt. (5)

Auf Seite 42 der „Memoirs of Alexander Iswolski ist zu entnehmen, dass das russische Informationsbüro die Warnung vor den Angriffen japanischer Torpedoboote seitens eines russischen Agenten namens Harting, dem späteren Chef der Geheimpolizei in Paris, erhalten hatte.

Die Möglichkeit einer russisch-englischen Verwicklung, auf die aufgrund der Kohlelieferung hineingezogen werden hätte können war gegeben, denn die englische Regierung hatte nach einen Bericht des deutschen Botschafters Metternichs vom 26.10.1904 (6) an die Befehlshaber sämtlicher europäischen Geschwader den Befehl eines eventuellen notwendigen Zusammenwirkens der Streitkräfte gelangen lassen und war nach Mitteilung des Militärattaches in London, Graf von der Schulenburg, vom 27.Oktober 1904 (7) bereit, die russische Flotte aufzuhalten, wenn nicht binnen 24 Stunden sämtliche englische Forderungen erfüllt seien.

Dies veranlaßte die deutsche Regierung mit der der russischen Regierung in einem Gedankenaustausch einzutreten.


Sofern Interesse besteht, folgt Fortsetzung.



(1) GP, Band 19, Dokument 6090

(2) GP, Band 19, Dokument 6078 und 6087

(3) GP, Band 19, Dokument 6056

(4) GP, Band 19, Dokument 6100

(5) GP Band 19, Dokument 6100 Fußnote

(6) GP Band 19, Dokument 6103

(7) GP Band 19, Dokument 6106
 
Zuletzt bearbeitet:
Der russischen Iswestija vom 28.12.1917 ist ein Aktenstück abgedruckt gewesen, welches ein Gespräch zwischen Friedrich von Holstein und den russischen Botschafter Graf von Osten-Sacken zum Gegenstand hat.

Osten-Sacken berichtet wie folgt: " In der Tat sagte er mir, England sieht scheel auf unseren Beschluß, auf eine Kohelnversorgung der russischen Flotte, soweit dies uns betrifft, nicht zu verzichten. Bis jetzt war uns dieser Standpunkt des Kabinetts von St.James nur mittelbar bekannt. Ich bin jedoch der Ansicht, wir würden falls uns dies offiziell mitgeteilt würde, diese Vorstellungen nicht annehmen können, ohne der Würde des Reiches etwas zu vergeben. In diesem Fall wären wir gezwungen Russland zu erklären, wir seien mit seinem Einverständnis zu gemeinsamen Handeln bereit, falls England sic verpflichtet erachten sollte, mit der Waffe in der Hand für den Schutz der japanischen Interessen einzutreten."
"Baron Holstein ist der Meinung , eine bewaffnete Einmischung Englands würde Frankreich zwingen seinerseits als unser Bundesgenosse in den Kampf einzugreifen und er vertritt die Ansicht, dass in diesem Falle die Kabinette von St. Petersburg und Berlin kategorisch und im gemeinsamen Einvernehmen Frankreich die Frage vorlegen müssten, wie es auf seine Pflichten sehe."

Diese ganze Angelegenheit sollte auch immer vor dem Hintergrund der1.Marokkokrise betrachtet werden.

Im Oktober 1904 folgte ein offizielles Telegramm von Wilhelm II. an dem Zaren. Er ist bemüht den Zaren ein Bündnis schmackhaft zu machen.
Wilhelm II. macht darauf aufmerksam, das die englischen Beschwerden unberechtigt seien und das um so weniger, da es Japan zwei Panzerkreuzer Nikin und Kasuga geschenkt habe. So viel ich weiß, wurden die Schiffe von Japan käuflich erworben.
Er, der deutsche Kaiser, werde auch nicht einen Augenblick vor einer ungerechten Drohung zurückweichen etc.etc.
Ende Oktober 1904 kam dann die Antwort des Zaren.
Unter dem Eindruck des Doggerbankzwischenfalls - es war die Bestrafung der schuldigen russischen Offiziere verlangt worden - , dass er keine Worte habe, um das unwürdig Verhalten Englands zu brandmarken. Es scheine, das die Kontinentalmächte in ähnlichen Fällen der Gefahr entgegenzusehen hätten, die darin bestände, dass die öffentliche Meinung die vernünftigere Meinung der Regierung niederdrücke.
"Es ist sicher hohe Zeit, diesem Einhalt zu gebieten. Der einzige Weg würde, wie du sagst, sein, das Deutschland, Russland und Frankreich sich sofort über eine Abmachung einigen würden, um anglo-japanische Unverschämtheiten zunichte zu machen. Möchtest du nicht die Richtlinien eines solchen Vertrages niederlegen und entwerfen lassen? Sobald sie von uns angenommen sind, ist Frankreich verpflichtet, sich seinem Alliierten anzuschließen. Diese Kombination ist mir oft in den Sinne gekommen. Sie würde Frieden und Ruhe für die Welt bedeuten."
 
Bülow krreierte unter dem Datum des 31.Oktober 1904 einen Entwurf als Antwortnote.(1)

Dort heisst es denn unter anderem: „Sei es, wie du sagst: Laß unszusammentreten. Natürlich muss das Bündnis reindefensiv und ausschließlich gegen den europäischen oder die europäischen Angreifer gerichtet sein, in Form einer gegenseitigen Feuerversicherungsgesellschaft gegen Brandstiftung. Es ist sehr wesentlich, das sich Amerika sich nicht durch unser Abkommen bedroht fühlen würde.“

Bülow legte Wert auf den folgenden Satz:“ Ehe wir irgendwelche Schritte in dieser Frage unternehmen und uns Frankreich nähern können, muß natürlic der langweilige (öde) Nordseezwischenfall zu einem Ende gebracht werden. Denn, wie ich unterrichtet bin, haben Delcasseé und Cambon für England optiert und demgemäß die Haltung der französischen Regierung als englandfreundlich festgelegt. Wenn wir daher Frankreich drängen, in dieser Frage zu optieren, dann wird es zweifellos die englische Seite wählen.“

Berlin wünschte als zusammengefasst das Folgende:

Ein Defensivbündnis mit Russland für die Dauer des russisch japanischen Krieges zu schließen mit der Wirkung, das im Falle des Angriffs einer europäischen Macht auf einen Vertragspartner, der andere verpflichtet sein sollte, ihm mit allen Land- und Seestreitkräften zu unterstützen.

Von Russland auch über die Vertragsdauer hinaus die Zusage für Unterstützung zu erhalten, wo die Kohlelieferungen zu Streitigkeiten nach dem Kriege Anlaß gäben.

Frankreich gemeinsam mit Russland zu verpflichten, den in deutsch-russischen Bündnis vorgesehenen Unterstützungsfall aufgrund der Bestimmungen des russisch-französischen Zweibundes auch für sich gegeben zu erachten.

Unter diesen Umständen die Kohlelieferungen für Russland fortzusetzten und es auf einen etwaigen englischen oder japanischen Angriff ankommen zu lassen.

Das Bünndis erst nach Beilegung des Doggerbankzwischenfalls in Kraft treten zu lassen.

Gerade der letztgenannte Punkt dürfte für Russland kitzelig gewesen sein

(1) GP Band 19, Dokumente 6120
 
So, dann komme ich mal zum Ende, da das Interesse ja nicht soo groß ist.

Der Zar war einverstanden mit der Dauer des Abkommens, der Bedingungen für den Bündnisfall, hatte gegen ein Inkrafttreten nach Beilegung des Zwischenfalls nichts einzuwenden, von sich aus Frankreich zum Beitritt des Abkommens einladen und schließlich einen geheimen Artikel wünschte, in dem die deutsche Unterstützung für den Fall von Schwierigkeiten mit Japan garantiert werde.

Auf deutscher Seite war man durchaus zufrieden, hatte aber noch Wünsche. Der wohl wichtigste Wunsch war der, das Deutschland wünschte, das Russland und Deutschland der Vertrag abschließen und anschließen Frankreich dazu eingeladen wird. Das war der Knackpunkt. Auf deutscher Seite vertrat man die Ansicht, dass wenn Petersburg Paris vor Abschluss des Vertrages informieren würde, dass dann Delcassé Cambon ins Bild setzt und dann alles in der Times und/oder den Figaro zu lesen sei. Das Ergebnis, so die deutschen Befürchtungen, würde dann sein, das die Verhandlungen torpediert würden, und möglicherweise es nicht zu seinem Vertrag mehr käme. Darüber hinaus machte man sich in Berlin Sorge, vor einen englischen Angriff.

Der Zar war nicht bereit den Wunsche Wilhelm II. zuerst den Vertrag erst dann abzuschließen und dann an Paris heranzutreten. Er wollte Paris unbedingt vorher in Kenntnis setzen. Als Argument nannte er, das er von den Franzosen über die Verhandlungen zur Entente Cordiale ja auch auf dem Laufenden gehalten worden sei.

Unter dem Strich blieb am Ende also das reine Kohleabkommen, das Deutschland zu einer Leistung verpflichtete, die unter Umständen schwere Rückschläge für die deutsche Politik zur Folgen haben könnte, wenn Deutschland entschlossen war zu einer Kohlelieferung um jeden Preis entschlossen war.
 
Noch ein kurzer Nachgang:

Metrernich berichtete in einem Privatbrief unter dem Datum des 25.12.1904, das der erste Sekretär Spring-Rice der englischen Botschaft in Petersburg, ihm Nachricht habe zukommen lassen, auf Grund deren man die größten Indiskretionen in Petersburg auf Kosten Deutschlands schließen könne. (1) Das die Begeisterung in Berlin sich in überschaubaren Grenzen hielt, dürft klar sein.

(1) GP Band 19, Dokument 6156
 
Zur Feuerversicherung vom Feuerteufelchen:

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Ich denke, es sicher nicht ganz verkehrt den Kontext zu betrachten, um diese Zeilen Wilhelm II. einzuordnen zu können.

Der seit 1900 zwischen Spanien und Frankreich geführte Gedankenaustausch über Marokko begann sich im Jahr 1903 zu offiziellen Verhandlungen zu verdichten, die der spanische Ministerpräsident Silvela eingeleitet hatte. Es kam zu einer Vereinbarung, an der sich Frankreich nach der Entente Cordiale nicht mehr gebunden fühlte, nach der sich Frankreich und Spanien sich über eine Aufteilung Marokkos in Interessensphären verständigten. Deutscherseits erweckten diese Verhandlungen deswegen Interesse und vor allem Besorgnis, weil nach Mitteilung der Königin-Mutter von Spanien Frankreich ein Schutz- und Trutzbündnis angeboten hatte (1), weil sie von Frankreich zugleich zum Gegenstand eines Meinungsaustausches mit England gemacht wurden.(2) und weil der von Frankreich gegebene Auftakt die Gefahr einer Verständigung in den Bereich des Möglichen zog. (3)

Schon im Mai 1903 hatte König Viktor Emanuel Wilhelm II. darüber in Kenntnis gesetzt, das Frankreich England einen Vorschlag für eine Marokkoverständigung unterbreitet habe.(4) Im September 1903 konstatierte Staatssekretär von Richthofen auf Grund verschiedener Meldungen (5), „das die Verständigung zwischen Frankreich und England mindestens schon weit fortgeschritten ist:“

Anfang März 1904 gaben dann Cambon, Delcassé und der englische Botschafter in Paris, die kurz vor dem Abschluss stehenden Verhandlungen zu. Am 08.April war es denn soweit und der Vertag war unter Dach und Fach.

Aufgrund der Andeutung des belgischen Gesandten Baron Greindl befürchtete man, dass das Abkommen einen geheimen Artikel über die Rheingrenze enthalte; Lord lansdowne dementierte eine solche Möglichkeit gegenüber den deuten Botschafter. (7)

Seit dem September 1903 setzten in stärkeren Umfange Berichte über eine englisch-russische Verständigung über Persien ein. (8) Insbesondere trat dieser Gedanke in der russischen Presse hervor, seitdem die englisch-französische Verständigung diskutiert wurde. Man erfuhr, das Reuter die russischen Telegraphenangentur angewiesen hatten, keine für England unfreundlichen Nachrichten mehr zu drahten. (9)

Von den österreichisch-ungarischen Botschafter Mensdorff hört man, das König Edward sich für eine englisch-russische Verständigung interessiere und auch zwischen Japan und Russland vermitteln wollte. Der deutsche Geschäftsträger in Petersburg berichtete, das der französische Geschäftsträger gesagt habe, Frankreich würde es auf Grund der französisch-englischen Annäherung als einen unfreundlichen Akt empfinden, wenn England Japan auch nur mit Geld unterstützen wolle. Am 26.November 1903 berichtet Romberg, dass die englische Botschaft in Petersburg Befehl erhalten habe, die afghanischen Streitfragen nicht zu berühren. (10)

Dieen russische Zeitung Nowy Kraj trat in der Nummer vom 25.November 1903 für die Bildung einer russisch-englisch-franzsöischen Ostasienbündnis ein und warnt vor einem deutsch-russisch Zusammengehen. Der italienische Miniter Luzzatti, der seit 20 Jahren mit Delcassé befreundet war, erzählte den deutschen Botschafter Monts (11 ), das Delcassé zugegeben habe, an einem Ausgleich zwischen England und Russland zu arbeiten.

Der Besuch des italienischen Königs in Paris 14.10. bis 18.10.1903 hatte in Berlin keine große Freude hervorgerufen. Für das Frühjahr 1904 war der Besuch des französischen Staatsoberhauptes Präsident Loubet geplant. Hierzu waren besonders prunkvolle Feierlichkeiten vorgesehen, die den Deutschen nicht gefielen. Ein deutscher Einspruch zur Reduktion des Programms der Feiern wurde nicht stattgegeben. (12) Auch der Forderung Berlins, in dem Toast auf dem französischen Präsidenten dem Dreibund zu gedenken (13), wurde nicht stattgegeben. Selbst ein Treffen zwischen Wilhelm II. und Viktor Emanuel konnte daran nichts ändern. (14)

Die italienisch-französische Annäherung war unübersehbar. Der italienische Außenminister hatte dann noh bei Gelegenheit sinngemäß fallen lassen, das der Dreibund und die italienisch-französischen Freundschaft sich nicht ausschließen würden.


(1) GP Band 17, Dokument 5199

(2) GP Band 17, Dokument 5204

(3) GP Band 17, Dokument 5198

(4) GP Band 17, Dokument 5198 Fußnote

(5) GP Band 17, Dokument 5205

(6) GP Band 20, Dokument 6383

(7) GP Band 20. Dokument 6385

(8)GP Band 17, Dokument 5365

(9) GP Band 17, Dokument 5366

(10) GP Band 17, Dokument 5367

(11) GP Band 17, Dokument 5368

(12) GP Band 20, Dokument 6390

(13) GP Band 20, Dokument 6402 - 6411

(14)GP Band 20, Dokument 6399
 
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