Die Lieder des spanischen Bürgerkriegs

BZwo

Aktives Mitglied
Nicht das ich mich mit diesem Thema schon eingehend beschäftigt hätte, aber ich bin in der Juli/August-Ausgabe der Zeitschrift SPEX auf einen sehr lesenswerten Artikel dazu gestoßen, der sicher auch einige andere hier im Forum interessieren wird. Seit Kurzem ist der Text auch im Netz verfügbar.
Die Lieder des spanischen Bürgerkriegs haben die Zeit überdauert und gelten bis heute als Urform linker Protestmusik. Nicht zuletzt waren sie ein wichtiger Einfluss für den angloamerikanischen Protest-Folk späterer Jahre. In linken Kreisen wird bis heute die gemeinschaftsstiftende Kraft in der Musik der Freiheitskämpfer gerühmt. Waren diese Lieder tatsächlich die Musik einer solidarischen linken Gemeinschaft – oder doch eher reine Revolutionsfolklore?

Es sei ihre Lieblingsplatte, erklärte selbst Eleanor Roosevelt, die Gattin des US-Amerikanischen Präsidenten. Sie sprach von der Disco de las Brigadas Internacionales, der »Platte der Internationalen Brigaden«, einer Aufnahme, die bereits unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung zu einem weltweiten »Hit-Album« avanciert war. Die Internationalen Brigaden waren (meist kommunistische) Freiwilligenverbände, die nach dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs aus aller Herren Länder nach Spanien gekommen waren, um auf der Seite der bedrohten Republik gegen die Truppen Francos zu kämpften. 1937 war die Platte in Barcelona aufgenommen worden – in vier Sprachen! Zu hören ist auf ihr unter anderem das berühmte Lied »Los cuatro generales« (auf Deutsch: »Die Herren Generale«, gesungen von Ernst Busch). Der Text variiert ein Gedicht von Federico García Lorca, das eigentlich »Die vier Maultiertreiber« hieß.
weiter lesen
 
Ich wundere mich, dass das bekannteste Lied, "Spaniens Himmel " von Ernst Busch ,welches im DDR-Musikunterricht Pflichtlernstoff war und auch bei der NVA zu den Marschliedern gehörte, in dem Artikel gar nicht erwähnt wird. Das mussten wir so oft singen, dass ich das heute noch fast komplett auswendig kann.
Kleine Korrektur, Busch hat das Lied nur gesungen, geschrieben wurde es von Paul Dessau.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich wundere mich, dass das bekannteste Lied, "Spaniens Himmel " von Ernst Busch ,welches im DDR-Musikunterricht Pflichtlernstoff war und auch bei der NVA zu den Marschliedern gehörte, in dem Artikel gar nicht erwähnt wird.

Vielleicht liegt das einfach nur daran das der Autor des Artikels (im Gegensatz zu Dir) keine DDR-Sozialisation erfahren hat. :winke:
 
Vielleicht liegt das einfach nur daran das der Autor des Artikels (im Gegensatz zu Dir) keine DDR-Sozialisation erfahren hat. :winke:
Das lief doch nicht nur in der DDR. Auch von Hannes Wader gab es eine Version.
Eigentlich hasse ich dieses Lied, weil das meist beim Militär ,beim Marsch zum Essen fassen gesungen werden musste. Da wir dabei immer herumblödelten, mussten wir ständig die Objektstraße in der Kaserne auf und ab marschieren und das Lied wieder von vorn anfangen. Wenn wir dann endlich in die Kantine durften war das Essen kalt und das Fleisch alle. :hmpf:
 
"Spaniens Himmel breitet seine Sterne...". Das Lied der Thälmann Kolonne.
Musik von Paul Dessau, Text von der Frau von Paul Dessau.<?xml:namespace prefix = "o" ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>

Ist eine Ewigkeit her wo ich dieses Lied im Chor mit gesungen habe. Mehr in der Schule, Armee kenne ich nicht, müsste meine Söhne fragen.
Eher öfters mitgesungen die "Moorsoldaten" und "Partisanen vom Amur".<o:p></o:p>

Ernst Busch war bekannt. Das Internet bietet ja inzwischen fast alle Lieder von ihn bei Youtube an.<o:p></o:p>
"Spaniens Himmel..." war nicht das einzigste Lied was er bei den Internationalen Brigaden sang.<o:p></o:p>

Da erinnere ich mich an „Das Lied der Internationalen Brigaden“, „Ballade der XI (1) Brigade“, Hans Beimler der Kommissar“ u.v.a.m.<o:p></o:p>
(1) Thälmann Brigade<o:p></o:p>

Aber auch der „Ol’ Man River“ Paule (Paul Robeson), der Mentor von Harry Belafonte, sang bei den Internationalen Brigaden.<o:p></o:p>
 
Zuletzt bearbeitet:
In linken Kreisen wird bis heute die gemeinschaftsstiftende Kraft in der Musik der Freiheitskämpfer gerühmt. Waren diese Lieder tatsächlich die Musik einer solidarischen linken Gemeinschaft – oder doch eher reine Revolutionsfolklore?

Die Frage nach der Musik einer solidarischen Gemeinschaft oder der Revolutionsfolklore als alternative Möglichkeiten zu stellen, ist m.E. ist falsch gestellt. Sie ist vermutlich beides.

Während des spanischen Bürgerkriegs, in dem auf der republikanischen Seite viele Teilnehmer gekämpft haben, die die positiven Utopien des Sozialismus als Idealisten für machbar gehalten haben. Und sich als Avantgarde definierten, die sich auch über einen bestimmten kulturellen Stil definierte und mitteilte.

Und dieser drückte sich u.a. in der damaligen Musik aus und war zum damaligen Zeitpunkt "authentisch". Wie auch aus dem Beitrag von "michaell" m.E. ersichtlich wird.

Der britische Bildhauer Jason Gurney, der in den Internationalen Brigaden kämpfte und dabei so schwer verwundet wurde, dass er nie wieder als Bildhauer arbeiten konnte, schreibt rückblickend in seinen 1974 posthum veröffentlichen Erinnerungen 'Crusade in Spain' desillusioniert, aber nicht zynisch:

„We, of the International Brigades, had wilfully deluded ourselves into the belief that we were fighting a noble Crusade because we needed a crusade – the opportunity to fight against the manifest evils of Fascism, in one form or another, which seemed then as if it would overwhelm every value of of Western civilisation. We were wrong, we deceived ourselves and were deceived by others: but even then, the whole thing was not in vain. Even at the moments of the greatest gloom and depression, I have never regretted that I took part in it. The situation is not to be judged by what we now know of it, but only as it appeared in the context of the period. And in that context there was a clear choice for anyone who professed to be opposed to Fascism. The fact that others took advantage of our idealism in order to destroy it does not in any way invalidate the decision which we made.“

Zit. nach: Valentine Cunningham (Hrsg.): Spanish Front: writers on the civil war. Oxford/New York 1986, S. 379f.

Vgl. dazu die Diskussion über die IB.

http://www.geschichtsforum.de/f67/spanischer-b-rgerkrieg-internationale-brigade-39192/#post724403

Da die sozialistische Bewegung bzw. Staaten über keine "Traditionsbestände" nach 1917 verfügte, die die "Sinnstiftung" - im Sinne der Erziehung des neuen "sozialistischen Menschen" - in den sozialistischen Ländern unterstützten, mußte sie neuere historische Ereignisse "heroisieren". Obwohl diese Lieder aus dem Bürgerkrieg einem ideologischen Erziehungsanspruch, bespielsweise in der DDR, dienen sollten, "degenerierten" sie im alltäglichen Leben zu einer zunehmend sinnentleerten Revolutionsfolklore.
 
Stichwort : "Alltäglichen Leben..."<?xml:namespace prefix = "o" ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
Das sollte man nicht wortwörtlich nehmen.<o:p></o:p>

In meinem Umfeld gab es da keinen Enthusiasmus.<o:p></o:p>
E. Busch war eher ein Exot.
Man kannte ihn, hatte einiges von ihn gehört und das war’s.
Wie hier schon geschrieben, seine Lieder wurden zu gewissen Anlässen in den Schulen und Armee gesungen.<o:p></o:p>

Die Zeit war geprägt von Elvis, von den Beatles u.a, da hatte man kein Ohr für E. Busch :).<o:p></o:p>

Interessanter fand man da Hemingway: „Wem die Stunde schlägt“.
<o:p></o:p>
Wurde ja auch verfilmt (Gerry Cooper, Ingrid Bergmann u.a.) und wenn ich mich recht erinnere lief er mehrmals im Westfernsehen. Im Ostfernsehen – da muss ich mit den Achseln zucken.<o:p></o:p>
Allerdings, im Osten konnte man das Buch kaufen. So um 1969 gab der Aufbau Verlag E. Hemingway heraus. Habe mir damals diese Bücher gekauft. <o:p></o:p>


<o:p></o:p>
 
Spaniens Himmel wurde schon erwähnt, ein Klassiker ist auch das eigentlich italienische Bella Ciao, welches in seiner madrilenischen Version den Mythos von der Schlacht im westlich Madrids gelegenen Park Casa de Campo aufgreift und das Unvermögen der Nationalspanier, die Eisenbahnbrücke Puente des los Franceses zu erobern. Insbesondere in anarchistischen Kreisen ist das Lied sehr beliebt, die spanische Punkband Boikot hat davon vor ca. 15 Jahren auch eine Version vorgelegt.
Madrid, que bien resistes ('Madrid, wie gut du Widerstand leistest') heißt es dort und no pasarán ('sie werden nicht durchbrechen', 'es wird ihnen nicht gelingen'). In den 1940er Jahren hat die franquistische Propaganda das no pasarán aufgegriffen, dort heißt es dann in einem Lied ya hemos pasado ('wir sind bereits durchgebrochen', 'es ist uns bereits gelungen').
Und dann gibt es noch das ursprünglich polnische Arbeiterkampflied Warszawianka, welchesin Spanien als Lied der Gewerkschaft CNT bekannt ist: ¡A las barricadas! Es soll von deutschen Anarchosyndikalisten in Spanien eingeführt worden sein.
 
Interessant ist, dass durch die große internationale Anteilnahme und Beteiligung Lieder über den spanischen Bürgerkrieg in verschiedenen Ländern verbreitet waren oder noch sind. Oder auch, dass noch Jahrzehnte später Lieder über den spanischen Bürgerkrieg geschrieben wurden, auch außerhalb Spaniens. Einfallen würden mir Viva la Quinta Brigada von Christy Moore (Irland, 80er) oder The Last Licoln Veteran von David Rovic (USA, nach 2000, glaub ich).
 
Ist eine Ewigkeit her wo ich dieses Lied im Chor mit gesungen habe. Mehr in der Schule, Armee kenne ich nicht, müsste meine Söhne fragen.
Ich kann mich auch nicht erinnern "Spaniens Himmel" bei der Armee gesungen zu haben. In der Schule natürlich schon.
Wann waren denn Deine Söhne bei der NVA?
Meine Armeezeit fiel ja ausgerechnet in die Wendejahre 1989/90. Also Grundausbildung war noch richtiger NVA-Drill, aber am Ende dafür absolut locker und entspannt, denn kein Offizier traute sich noch seine Untergebenen anzuschnauzen, geschweige denn großartig zu bestrafen.


Die Frage nach der Musik einer solidarischen Gemeinschaft oder der Revolutionsfolklore als alternative Möglichkeiten zu stellen, ist m.E. ist falsch gestellt. Sie ist vermutlich beides.

:nono: Da hast Du den Autor, denk' ich, ein kleines bisschen missverstanden. Dieser schrieb:
Waren diese Lieder tatsächlich die Musik einer solidarischen linken Gemeinschaft...
Das schließt revolutionsfolkloristische Elemente ja nicht unbedingt aus.
...– oder doch eher reine Revolutionsfolklore?
Rein ist hier m.E. im Sinne von ausschließlich gemeint.
Wenn Du also sagst das diese Musik beides war, dann fällt das unter die erste der beiden Möglichkeiten.
:winke:
 
Es war schon etwas grotesk, dass wir ständig über einen Himmel singen mussten, den wir uns persönlich nie anschauen durften.
 
Als Rentner hättet ihr dann die große Tour auf den Spuren der glorreichen Schlachten der KP bei Madrid und am Ebro unternehmen dürfen.
Da wären wir mit 15 D-Mark, die man tauschen konnte sehr weit gekommen.:D Wahrscheinlich hätte ich auch wenig Lust darauf gehabt, auf den Spuren von solchen" Spanienkämpfern" ,wie Stasi-Minister Erich Mielke zu wandeln.
 
Ich erinnere mich an ein paar Textzeilen -

"und Quinto (?) selbst war ausgebaut
nach deutschem Plan- und Musterschutz
der Ton der da vom Kirchturm pfiff,
kam nicht vom heiligen Gral
wir fanden in dem Kirchenschiff
von Krupp ein ganzes Arsenal"

Das hat mir in seiner Zeitlosigkeit gefallen ;)
 
Ich erinnere mich an ein paar Textzeilen -

"und Quinto (?) selbst war ausgebaut
nach deutschem Plan- und Musterschutz
der Ton der da vom Kirchturm pfiff,
kam nicht vom heiligen Gral
wir fanden in dem Kirchenschiff
von Krupp ein ganzes Arsenal"

Das hat mir in seiner Zeitlosigkeit gefallen ;)

30 - 40 km südwestlich von Zaragoza, Ebroschlacht. Vermutlich eine Anspielung darauf, dass Priester mit ihren Jagdgewehren regelmäßig aus Seiten der Nationalspanier in die Kämpfe eingriffen.
 
30 - 40 km südwestlich von Zaragoza, Ebroschlacht. Vermutlich eine Anspielung darauf, dass Priester mit ihren Jagdgewehren regelmäßig aus Seiten der Nationalspanier in die Kämpfe eingriffen.

Das war zu Beginn des Krieges. Zum Zeitpunkt der Schlacht am Ebro hatte sich das bereits weitgehend professionalisiert.

Kirchtürme wurden aber sehr häufig von "pacos" (Scharfschützen) verwendet. Ich weiss nicht mehr ob es Belchite oder eine andere hart umkämpfte Ortschaft war, irgendwo war der Kirchturm völlig durchlöchert weil ein Scharfschütze dort Stundenlang aushielt. Aber nicht nur in diesem Fall: In den Kriegserinnerungen ist ein häufiges Motiv. Gelegentlich war sogar der einzige Widerstand in einem Dorf, der einsame Scharfschütze im Kirchturm.

In Quinto wird sich dort auch jemand eingenistet haben, auf jeden Fall wurde der Kirchturm ordentlich "bearbeitet":
 

Anhänge

  • Bildschirmfoto 2014-09-01 um 17.16.57.jpg
    Bildschirmfoto 2014-09-01 um 17.16.57.jpg
    20,5 KB · Aufrufe: 591
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben