Karl XII.

Harold 2

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Wir haben mehrere Fragen zum Thema :

1

Warum zog der König von der Straße von Moskau nach Süden ? War es die versprochene Unterstützung in der Ukraine durch Mazepa ?? Wäre ein Rückzug zu den schwedischen Provinzen nicht besser gewesen ?


2

Warum blieb der König nach der vergebenen Chance der russischen Niederlage am Pruth noch jahrelang im Osmanischen Reich ?? während dessen Schweden fast alle Ostseegebiete verlor ???????

3

Wer brachte den König um ??

Ein Soldat aus der norwegischen Festung ?? oder wurde der König von seinen eigenen Männer umgebracht ??
 
Hallo Harold,

guck doch mal hier rein, es wird dort alles beantwortet:

Karl XII. (Schweden) ? Wikipedia

Zu 3. vielleicht noch eine Ergænzung:

Die norwegische Wikipedia weicht davon ab, demnach wird als dritte und wahrscheinlichste Møglichkeit die Ermordung durch André Sicre, vermutlich im Auftrag von Friedrich von Hessen --> Der dann Kønig von Schweden wurde.

Gruss, muheijo
 
Mmmh aber 2 ist mir noch immer unklar ?? Wieso blieb der König noch jahrelang in der Türkei obwohl sein Reich zusammenfiel ?? Das hab ich nie verstanden ??
Anstatt bei den Türken zu betteln und Intrigen zu veranstalten wäre der geniale Feldherr doch bei seinen Soldaten besser aufgehoben gewesen ?
 
Der schwedische König gehörte zu den Herrschern, die nicht zurückstecken konnten. Ein Rückzug nach Schweden wäre das Eingeständnis der Niederlage gewesen. Und eine gewisse Logik kann man Karl nicht absprechen: Seine Kräfte reichten nicht aus, um die besetzten Gebiete zu befreien. So versuchte er, seinen schärfsten Gegner im eigenen Land zur Entscheidungsschlacht zu zwingen. Zwischen 1700 und 1709 ist er meines Wissens nie besiegt worden; bei Poltawa erlitt er die erste Niederlage.

Karl versuchte, das Osmanische Reich zum Krieg gegen Russland zu bewegen. Sein Biograph Voltaire meinte, der König hätte eher in seine Heimat zurückkehren sollen.

Natürlich wirft das Verhalten des Monarchen Fragen auf. Was ich über Karl gelesen habe, legt den Schluss nahe, dass er ein energischer Mensch war, der glaubte, man könne mit eisernem Willen alle Ziele erreichen. Höfische Intrigen waren nicht seine Sache. Zuweilen stieß er seine Gastgeber vor den Kopf. Er wollte nicht einsehen, dass dem Osmanischen Reich der Krieg zwischen Russland und Schweden gleichgültig war. Die Türken konnten am Pruth den Russen ihre Bedingungen aufdiktieren und waren nicht bereit, für den schwedischen König einen längeren Krieg zu riskieren. Sie wollten dem Monarchen auch keine Truppen zur Verfügung stellen. 1714 musste Karl die Türkei verlassen.

Folgt man der Schilderung von Voltaire, dann wurde Karl XII. von einer feindlichen Kugel in den Kopf getroffen, als er sich in der vordersten Linie der eigenen Stellungen befand.

Quelle: Voltaire, Geschichte Karls XII., Frankfurt/M. 1978 (Insel-Taschenbuch). Der französische Philosoph veröffentlichte sein Buch 1731.
 
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Wir haben mehrere Fragen zum Thema :

1

Warum zog der König von der Straße von Moskau nach Süden ? War es die versprochene Unterstützung in der Ukraine durch Mazepa ?? Wäre ein Rückzug zu den schwedischen Provinzen nicht besser gewesen ?


2

Warum blieb der König nach der vergebenen Chance der russischen Niederlage am Pruth noch jahrelang im Osmanischen Reich ?? während dessen Schweden fast alle Ostseegebiete verlor ???????
QUOTE]


Karl XII. eröffneten sich als (zunächst) gefeierter Gast Ahmed III. bzw. des Khans der Krimtataren Devlet Geray durchaus diplomatische Chancen. Bei vielen türkischen Soldaten und Offizieren galt er als Held. Seine Armee war zerstreut, die Rückwege nach Schweden wurden von Karls Feinden kontrolliert. Ein Eintritt des Osmanischen Reichs in den Großen Nordischen Krieg hätte Karl vor Ort in die Lage versetzt, seinen stärksten Gegner, den Zaren Peter den Großen unter Druck zu setzen und eventuell Gebiete, die Russland erobert hatte, zurückzubekommen. Als der Zar bei einem Feldzug am Pruth von einer türkischen Armee eingeschlossen wurde, bot sich Karl eine große Chance. Die Russen waren am Rande der Erschöpfung und ohne Proviant. Peter war bereit, notfalls Asow an die Türken zurückzugeben, Taganrog zu schleifen und ganz Estland, Livland und Karelien an Schweden zurückzugeben. Seinem Unterhändler Schafirow wies er an, alles zu akzeptieren, außer der Sklaverei und St. Petersburg wollte er unbedingt behalten. Als Karl nach mehrtägigem Parforceritt am Pruth ankam, waren gerade die letzten russischen Bataillione abgerückt. Peter war erfreut, dass die Forderungen der Türken viel maßvoller waren, als er befürchtet hatte.
Der Großwesir Baltadschi war aber in ebenfalls schwieriger Lage. Der russische General Rönne hatte ein türkisches Magazin erbeutet und Braila eingenommen. Der Großwesir wäre in die schwierige diplomatische Lage gekommen, zwei der mächtigsten Herrscher und beide ohne Armee als "Gäste" aufnehmen zu müssen. Außerdem befürchteten die Türken einen Angriff der Österreicher und beim Angriff auf die eingeschlossene russische Armee hatten die Janitscharen empfindliche Verluste wenige Tage zuvor gehabt, und Karl wurde als Gast der Türken in Bender allmählich zu einer Belastung. Karl bot sich militärisch aber nie wieder eine solche Chance wie am Pruth, obwohl sein Diplomat von Görz später durch geschicktes taktieren von Russland noch erhebliche Zugeständnisse erreichen konnte. Vor Ort mit der Unterstützung Devlet Gerays konnte Karl tatsächlich mehr Einfluss nehmen, als ihm das ohne schlagkräftige Armee im Baltikum möglich gewesen wäre. Nach den Kabalen am Pruth kehrte Karl inkognito nach abenteuerlichem Parforceritt in die Heimat zurück.

Diplomatische Winkelzüge waren nicht Karls Sache. Als auf den Alandinseln die Deutschen von Görz und Andreas Ostermann, der eine im Dienste Schwedens, der andere im Dienste der Russen, verhandelten, hätten die Verhandlungen sofort geendet, wenn Görz Karls Forderungen unterbreitet hätte. Der verlangte nämlich ganz Livland und Estland zurückzugeben und eine Kriegsentschädigung weil der Zar die Feindseligkeiten gestartet hatte, was total unrealistisch war, da Karl gar nicht über die militärische Schlagkraft mehr verfügte, diesen Forderungen Geltung zu verschaffen.

Ich rate dir, wenn du dich intensiver mit den beiden großen Kontrahenten des Nordischen Krieges beschäftigen willst, Robert K. Massies Werk "Peter the Great, his Life and his Time" anzuschaffen. Es wurde nicht umsonst mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet und liest sich wie ein guter historischer Roman. Massies Buch ist auch in guter Übersetzung als Taschenbuch zu humanem Preis zu erhalten.
 
Der schwedische König gehörte zu den Herrschern, die nicht zurückstecken konnten. Ein Rückzug nach Schweden wäre das Eingeständnis der Niederlage gewesen. Und eine gewisse Logik kann man Karl nicht absprechen: Seine Kräfte reichten nicht aus, um die besetzten Gebiete zu befreien. So versuchte er, seinen schärfsten Gegner im eigenen Land zur Entscheidungsschlacht zu zwingen. Zwischen 1700 und 1709 ist er meines Wissens nie besiegt worden; bei Poltawa erlitt er die erste Niederlage.

Karl versuchte, das Osmanische Reich zum Krieg gegen Russland zu bewegen. Sein Biograph Voltaire meinte, der König hätte eher in seine Heimat zurückkehren sollen.

Natürlich wirft das Verhalten des Monarchen Fragen auf. Was ich über Karl gelesen habe, legt den Schluss nahe, dass er ein energischer Mensch war, der glaubte, man könne mit eisernem Willen alle Ziele erreichen. Höfische Intrigen waren nicht seine Sache. Zuweilen stieß er seine Gastgeber vor den Kopf. Er wollte nicht einsehen, dass dem Osmanischen Reich der Krieg zwischen Russland und Schweden gleichgültig war. Die Türken konnten am Pruth den Russen ihre Bedingungen aufdiktieren und waren nicht bereit, für den schwedischen König einen längeren Krieg zu riskieren. Sie wollten dem Monarchen auch keine Truppen zur Verfügung stellen. 1714 musste Karl die Türkei verlassen.

Folgt man der Schilderung von Voltaire, dann wurde Karl XII. von einer feindlichen Kugel in den Kopf getroffen, als er sich in der vordersten Linie der eigenen Stellungen befand.

Quelle: Voltaire, Geschichte Karls XII., Frankfurt/M. 1978 (Insel-Taschenbuch). Der französische Philosoph veröffentlichte sein Buch 1731.

Voltaires Leistungen als Historiker werden meiner Meinung nach häufig nicht angemessen gewürdigt. Dabei war sein Werk über das Zeitalter Ludwig XIV. nicht nur brilliant geschrieben und recherchiert, sondern auch in gewisser Hinsicht avantgardistisch, da er als Erster (?) den Schwerpunkt auf Kulturgeschichte legte. Den Neudruck seines historiographischen Werks über den "Großen Krieg des Nordens" habe ich ebenfalls mit viel Genuss gelesen. Ich glaube, mich an eine Passage zu erinnern, in der Voltaire sinngemäß sagte, dass Karl XII. alle Eigenschaften eines Helden in solchem Übermaß besessen habe, dass sie gefährlich waren. Diese Einschätzung trifft den Nagel auf den Kopf.
 
Ich habe Voltaires Buch über Karl XII. vor Jahren auch schon einmal gelesen, aber da das nicht ganz meine Epoche ist, war mir nicht klar, ob es überhaupt noch brauchbar oder schon überholt ist. Also, inwieweit ist es nach dem heutigen Stand der Forschung noch korrekt?
 
Was ich über Karl gelesen habe, legt den Schluss nahe, dass er ein energischer Mensch war, der glaubte, man könne mit eisernem Willen alle Ziele erreichen. Höfische Intrigen waren nicht seine Sache.

Dazu passt auch sein Tod im vorderen Laufgraben bei der Belagerung der Festung Fredrikssteen bei Halden in Norwegen.(die übrigens ein Schmankerl für Festungsfans ist )
Welcher Herrscher seiner Zeit war denn sonst so unmittelbar vorne im Kampfgeschehen mit dabei?
 
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