warum wurde Faschismus toleriert ?

algarius

Neues Mitglied
Ich verstehe eines nicht.

In Italien (Mussolini), Spanien (Franco) und im Deutschen Reich (Htlr) übernahmen die Faschisten ja die Macht über die Regierung.



Im Faschismus gelten ja unter anderem

-keine Interessenvertretungen einzelner Gruppen

-Einparteiensystem

-Rassismus

-Staat ist antidemokratisch aufgebaut
- einzelne Mensch im Volk zählt nichts

-an der Spitze ist ein Führer

-keine Meinungsfreiheit usw.


Warum hatte dann im Volk der Faschismus so viele Befürworter ?

Warum war das Volk für und nicht gegen den Faschismus ?

Zumal im Deutschen Reich und in Spanien zu dieser Zeit die demokratische Republik entstanden ist. Da sollten die Menschen doch für die Republik sein und nicht für einen extrem unterdrückenden Faschismus, wo sie all Ihre Freiheiten ja wieder verlieren?
 
Der Faschismus ist ja nicht einfach vom Himmel gefallen. Die Regime mussten sich ja erst durchsetzen, d.h. ihre Anhängerschaft musste sich vergrößern.

Schau Dir mal an, welche Versprechungen z.B. im Wahlkampf gegeben wurden und wie weit dies den Bedürfnissen der Leute (bzw. einzelnen Gruppen) entsprach.
 
[FONT=&quot]In Krisenzeiten* wollen Menschen einfache Antworten auf komplexe Fragen. Wer das liefert, bekommt Zuspruch. In der Regel können das nur extreme Ideologien. Dabei wird mit Feindbildern operiert. D.h. für die schwierige Lage wird ein Schuldiger gesucht und gefunden. Gleichzeitig werden Schreckgespenster aufgebaut: Die Oktoberrevolution in Russland mit ihrer Brutalität, den Hungersnöten und den Enteignungen spielte da eine große Rolle. Sowenig ein Mensch auch besitzt, er will das nicht verlieren. Und wendet sich dem zu, der ihm Schutz dagegen verspricht. [/FONT]

[FONT=&quot]Die linken Parteien – hier vor allem die KPD, die ähnlich einfache Antworten auf die wirtschaftliche Not hatte – haben (zusammen mit der SPD) bei der letzten freien Reichstagswahl im November 1932 zwar mehr Stimmen als die NSDAP auf sich vereinen können, verloren aber dennoch, weil die Angst der Bürger (vereint in den konservativen Parteien) um ihren Besitz und vor der Gleichmacherei zu groß war. [/FONT]

[FONT=&quot]Wie sinnvoll auch der Slogan „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ auch ist, in Wirklichkeit will das aber niemand: Wie gering die Unterschiede im Verdienst der Mitarbeiter eines Betriebes auch sind, jeder will seinen (kleinen) Vorteil weiterhin gewahrt wissen. Besitzstandwahrung nennt sich das, und jeder, der daran rütteln will, verliert. Deshalb erfolgen Lohnerhöhungen in der Regel prozentual und nicht mit einem festen Betrag für jeden. [/FONT]

[FONT=&quot]Es geht um das eigene Wohl, nicht um das des Staates. Deshalb wurden und werden vor allem Parteien gewählt, die diesem Wunsch am besten entgegenkommen. Und klar darf auch nicht an der Religion gerüttelt werden, weil bei diesem Thema Menschen besonders empfindlich reagieren. Das haben Mussolini, Hitler und vor allem Franco beherzigt. Die linken Parteien stehen da von Anfang an auf verlorenen Posten, selbst wenn sie sich dazu nicht äußern oder eine neutrale Stellung beziehen.[/FONT]

[FONT=&quot]* zu Krisenzeiten: Die faschistische Bewegung Italiens war eine Reaktion auf die Fabrik- und Landbesetzungen in den Jahren 1919 - 1920, die einer faktischen Enteignung der Großindustriellen und der Großgrundbesitzer gleichkamen. Auch in Spanien sahen die Besitzenden in der 2. Republik eine Gefahr für sich und mobilisierten das Militär, was zum spanischen Bürgerkrieg führte. Und wie in Deutschland die Zustände waren, die zum Aufstieg der NSDAP führten, dürfte bekannt sein. Nur eine Anmerkung dazu: Das S und das A im Namen der Partei waren keine Floskeln, die Partei tat tatsächlich was für die Arbeiter: Bis zuletzt wurde die Arbeiterschaft gehätschelt – natürlich auf Kosten der Länder, die das Deutsche Reich überfallen hatte. [/FONT]

[FONT=&quot]PS: Das alles ist unvollständig und äußerst verkürzt dargestellt. Eigentlich ist die Erklärung dieser Zusammenhänge eine Sache der Schule, aber ich vermute, dass diese Zeit im Unterricht nach wie vor zu kurz kommt, denn anders sind solche Fragen von Erwachsenen nicht zu erklären. [/FONT]
 
[FONT=&quot]In der Regel können das nur extreme Ideologien. [/FONT]
Wobei hier betont werden sollte, dass dies "In der Regel" nur extreme Ideologien können. Aber genauso gut können das Ideologien, die aus dem - zur betrachteten Zeit - gegenwärtigen System heraus betrachtet nicht extrem sind und es gibt auch Ideologien, welche von dem - aus dem zur betrachteten Zeit - gegewärtigen System als extrem gesehen werden, die nicht auf einfachen Lösungen und Feindbilder basieren, sondern sehr differenziert arbeiten und komplizierte Strategien und Lösungen benutzen.

[FONT=&quot]
hier vor allem die KPD, die ähnlich einfache Antworten auf die wirtschaftliche Not hatte [/FONT]
Nur aus Interesse: Könntest du kurz darstellen oder hast du einen interessanten Link, welcher die einfachen Antworten der KPD zu der Zeit beschreibt?
 
Nun die KPD bekämpfte die Weimarer Republik wie die Nazis: Sie wollten die Demokratie abschaffen und eine Diktatur des Proletariats errichten. Sie forderten z.B. - wie die Nazis - die Einstellung der Reparationszahlungen. Mit welchen Parolen sonst sie die Wähler für sich gewinnen wollten, kann man an den Artikeln ihrer Parteizeitung „Rote Fahne“ sehen – siehe im Archiv der Staatsbibliothek Berlin oder auch Plakate wie diese:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/62/Kpd.jpg
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/32/Stinnes_kpd1920.jpg
 
@ Dion

[FONT=&quot]In Krisenzeiten* wollen Menschen einfache Antworten auf komplexe Fragen. Wer das liefert, bekommt Zuspruch. In der Regel können das nur extreme Ideologien. Dabei wird mit Feindbildern operiert. D.h. für die schwierige Lage wird ein Schuldiger gesucht und gefunden. Gleichzeitig werden Schreckgespenster aufgebaut: Die Oktoberrevolution in Russland mit ihrer Brutalität, den Hungersnöten und den Enteignungen spielte da eine große Rolle. Sowenig ein Mensch auch besitzt, er will das nicht verlieren. Und wendet sich dem zu, der ihm Schutz dagegen verspricht. [/FONT]

[FONT=&quot]Die linken Parteien – hier vor allem die KPD, die ähnlich einfache Antworten auf die wirtschaftliche Not hatte – haben (zusammen mit der SPD) bei der letzten freien Reichstagswahl im November 1932 zwar mehr Stimmen als die NSDAP auf sich vereinen können, verloren aber dennoch, weil die Angst der Bürger (vereint in den konservativen Parteien) um ihren Besitz und vor der Gleichmacherei zu groß war. [/FONT]

[FONT=&quot]Wie sinnvoll auch der Slogan „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ auch ist, in Wirklichkeit will das aber niemand: Wie gering die Unterschiede im Verdienst der Mitarbeiter eines Betriebes auch sind, jeder will seinen (kleinen) Vorteil weiterhin gewahrt wissen. Besitzstandwahrung nennt sich das, und jeder, der daran rütteln will, verliert. Deshalb erfolgen Lohnerhöhungen in der Regel prozentual und nicht mit einem festen Betrag für jeden. [/FONT]

[FONT=&quot]Es geht um das eigene Wohl, nicht um das des Staates. Deshalb wurden und werden vor allem Parteien gewählt, die diesem Wunsch am besten entgegenkommen. Und klar darf auch nicht an der Religion gerüttelt werden, weil bei diesem Thema Menschen besonders empfindlich reagieren. Das haben Mussolini, Hitler und vor allem Franco beherzigt. Die linken Parteien stehen da von Anfang an auf verlorenen Posten, selbst wenn sie sich dazu nicht äußern oder eine neutrale Stellung beziehen.[/FONT]

[FONT=&quot]* zu Krisenzeiten: Die faschistische Bewegung Italiens war eine Reaktion auf die Fabrik- und Landbesetzungen in den Jahren 1919 - 1920, die einer faktischen Enteignung der Großindustriellen und der Großgrundbesitzer gleichkamen. Auch in Spanien sahen die Besitzenden in der 2. Republik eine Gefahr für sich und mobilisierten das Militär, was zum spanischen Bürgerkrieg führte. Und wie in Deutschland die Zustände waren, die zum Aufstieg der NSDAP führten, dürfte bekannt sein. Nur eine Anmerkung dazu: Das S und das A im Namen der Partei waren keine Floskeln, die Partei tat tatsächlich was für die Arbeiter: Bis zuletzt wurde die Arbeiterschaft gehätschelt – natürlich auf Kosten der Länder, die das Deutsche Reich überfallen hatte. [/FONT]

[FONT=&quot]PS: Das alles ist unvollständig und äußerst verkürzt dargestellt. Eigentlich ist die Erklärung dieser Zusammenhänge eine Sache der Schule, aber ich vermute, dass diese Zeit im Unterricht nach wie vor zu kurz kommt, denn anders sind solche Fragen von Erwachsenen nicht zu erklären. [/FONT]

Ich möchte da in einem Punkt entschieden widersprechen: Das S und das A im Parteinamen der NSDAP waren im Grunde genommen nichts weiter als ein Etikettenschwindel. Man kann dies an den Wahlergebnissen vor 33 in den unterschiedlich strukturierten Wahlbezirken sehr gut aufzeigen.

Da wo ich wohne, im ländlichen Mittelfranken, hatte die Partei teilweise über 70 % erreicht und die vorher dominierende DNVP (Deutschnationale Volkspartei) praktisch komplett beerbt. Industriearbeiterschaft gab es dort zu dieser Zeit überhaupt nicht. Die Sozialstruktur war geprägt von Kleinbauern, Landarbeitern, Handwerkern und Gewerbetreibenden sowie den örtlichen Honoratioren (Lehrer, Arzt, Pfarrer, usw). Die Idee, dass diese Leute etwas mit Sozialismus im Sinn gehabt haben könnten, ist völlig absurd. Ich hatte in den späten 60ern und den 70er Jahren viele Diskussionen mit solchen ländlich geprägten Leuten, die Parteianhänger oder -mitglieder gewesen waren. Bei keinem einzigen konnte ich irgendwelche Sympathien zu sozialistischen Vorstellungen feststellen. Im Gegenteil: Ihre größte Befürchtung war meist, dass sie ihr bisschen Eigentum mit anderen teilen müssten.

Dagegen hatte die Partei im Nürnberger Süden, wo hauptsächlich Industriearbeiter wohnten, Ergebnisse von kaum mehr als 30 % - dies, obwohl das evangelische Nürnberg eigentlich eine städtische Hochburg der Nazis war. Trotz aller Bemühungen ist es der Partei auch später nicht gelungen, die Industriearbeiterschaft in gleicher Weise einzubinden wie die kleinbürgerlichen Schichten. Das sieht man zum Beispiel daran, dass im unteren und mittleren Führungspersonal der Partei und ihrer Organisationen kaum Arbeiter vertreten waren.
 
Ich denke, die Nazis haben das A im Parteinamen weniger auf Industriearbeiter bezogen (wahrscheinlich auch mangels Unterstützung), sondern vielmehr auf die von dir genannte Gruppe von "Kleinbauern, Landarbeitern, Handwerkern und Gewerbetreibenden sowie den örtlichen Honoratioren (Lehrer, Arzt, Pfarrer, usw)", die sie unterstützten und ihre beruflichen Tätigkeiten als Arbeit verstanden. "Arbeit" war doch ein Dogma. "Arbeitsscheue und Asoziale" landeten oft im KZ. In Dachau stand am Tor "Arbeit macht frei".

Das S im Parteinamen der braunen Brut könnte man im Übergang zur Planwirtschaft in einigen Bereichen und auch an Beispielen wie KdF, Volkswagen oder Volksempfänger erkennen.Im 3. Reich gab es die HJ, in der DDR die FDJ.
Wenn mich nicht alles täuscht, gab es in der NSDAP mal einen "linken" Flügel, der allerdings spätestens seit der Ermordung Röhms 1934 keine Rolle mehr spielte.

Ich kann jedenfalls Ansätze für diese beiden Buchstaben im Parteinamen finden, auch wenn man natürlich einwenden kann "Das hat doch mit Sozialismus nichts zu tun" oder "Das waren doch keine Arbeiter". Ich bitte, diesen Kommentar nicht als Rechtfertigung für ein blutiges Regime zu sehen, denn, wer nicht zu dieser "arbeitenden Volksgemeinschaft" gehörte, wurde bestenfalls diskriminert, schlimmstenfalls im KZ gefoltert und ermordet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun die KPD bekämpfte die Weimarer Republik wie die Nazis: Sie wollten die Demokratie abschaffen und eine Diktatur des Proletariats errichten. Sie forderten z.B. - wie die Nazis - die Einstellung der Reparationszahlungen. Mit welchen Parolen sonst sie die Wähler für sich gewinnen wollten, kann man an den Artikeln ihrer Parteizeitung „Rote Fahne“ sehen – siehe im Archiv der Staatsbibliothek Berlin oder auch Plakate wie diese:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/62/Kpd.jpg
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/32/Stinnes_kpd1920.jpg

Danke für die Links.
Ich möchte auf keinen Fall bestreiten, dass die Wahlplakate kurze und knappe Statements geben, dazu sind aber auch Plakate da.
Die Analysen und Forderungen in der Roten Fahne finde ich jetzt persönlich nicht einfach und platt. Das müsste man aber wahrscheinlich gesondert diskutieren.
 
Man muss hinsichtlich der "sozialistischen" Ausrichtung - vor allem unter Strasser - beachten, dass dieser Richtungskampf bereits Mitte der 20iger Jahre entschieden war. Die Wähler, die danach die NSDAP gewählt haben, waren sicherlich dadurch nicht in ihrer Entscheidung beeinflusst.
 
Der Faschismus war im Grunde genommen eine antimoderne Bewegung, die alles, was mit Modernität verbunden wurde, ablehnte:

- antimarxistisch
- antibolschewistisch
- antiaufklärerisch
- antiliberal
- antidemokratisch
...
Moderne Kunst wurde verächtlich als "Asphalt" tituliert, analog dazu auch der Begriff "Asphaltliteratur".

Die Akzeptanz des Faschismus in der Bevölkerung ist in einem gewissen Maße mit einer Angst vor dem Unbekannten zu verbinden. Die Überforderungen der Menschen durch die Modernisierung ist bei vielen ein Motiv, sich dem Faschismus zuzuwenden.

Gleichzeitig bediente sich der Faschismus - zumindest in Dtld. - der modernen Mittel: Radio/Volksempfänger, Wahlkampf per Flugzeug
 
Zur Ausstrahlungskraft auf die Arbeiterschicht:
Wie bereits erwähnt war das "A" im Parteinamen eher schmückendes Beiwerk als Realität. Die Ausschaltung des "linken" Parteiflügels wurde ja bereits thematisiert (Stichworte Strasser und Röhm).
Trotz allem waren sich die Nazis aus den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges bewusst, das sie die Arbeiter (wenn man das so pauschal sagen kann) bei der Stange halten müssen..... KdF und weiteres wurden ja bereits genannt, auch während des Krieges wurde noch versucht die Arbeiter mithilfe der im Osten geplünderten Ressourcen bei Laune zu halten (Götz Aly hatte das glaub ich ganz gut dargestellt).

Nur noch am Rande: In Berlin gab es einzelne SA-Stürme die als "Beefsteak-Stürme" bezeichnet wurden; außen Braun, innen Rot.
 
Neben den "Geschenken" für die Arbeiterschaft (Juchu, 1. Mai... [ja, Sheldon, das war Sarkasmus]) gab es vor allem eine deutlich spürbare Senkung der Reallöhne...
Die Faschismen zeichnen sich alle durch ihre vertikalen Syndiakte aus. Vertikale Syndiakte versuchen auf Basis einer imaginierten Volksgemeinschaft mit einem gemeinsamen Interesse Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu vereinen. Sie sind im Prinzip also nichts weiter als ein fauler Kompromiss und Bremsklotz. Sie vertreten tatsächlich weder Arbeitnehmer- noch Arbeitgeberinteressen, verhindern Arbeitskämpfe etc.
Die Frage ist: Ist Planwirtschaft sozialistisch? ^^
 
Gab es zu der Thematik Wirtschaftspolitik der NSDAP nicht bereits einen Thread? Ich meine vor Ewigkeiten etwas gelesen zu haben, finde im Moment aber nichts.
 
Ich möchte da in einem Punkt entschieden widersprechen: Das S und das A im Parteinamen der NSDAP waren im Grunde genommen nichts weiter als ein Etikettenschwindel.
Vielleicht sind die Begriffe Arbeiter und Arbeiterschaft zu eng gewählt. NSDAP war die Partei des kleinen Mannes, der Kleinbürger. Dazu gehörten die kleinen Angestellten und ebenso kleinen Beamten, die Landarbeiter, Tagelöhner und natürlich auch Industriearbeiter – die 30%, die diese Partei bei ihnen bekam, sind keineswegs wenig.

Und die Nazis taten später auch was für sie: Zitat aus dem Spiegel:
Die Arbeitsministerien jener Zeit [vor 1933] ließen zwar Pläne zur Arbeitsbeschaffung in Straßen- und Siedlungsbau ausarbeiten, aber die Notverordnungsregierungen trauten sich wegen der desolaten Haushaltslage nicht, diese in großem Stil in die Tat umzusetzen.

Die Nationalsozialisten setzten sich über solche Skrupel hinweg. Mit Hilfe von Finanzierungstricks realisierten sie zahlreiche Arbeitsbeschaffungsprojekte und ließen massiv aufrüsten. Die Zahl der Arbeitslosen sank in nur fünf Jahren von 6 Millionen auf 470 000.

Damit füllten sich auch wieder die Kassen der Sozialversicherungen, zumal die von den früheren Regierungen vorgenommenen Leistungskürzungen zunächst beibehalten wurden. Die Einnahmenüberschüsse wurden zum Teil zur Finanzierung der Rüstung zweckentfremdet.
(…)
Dafür bauten die Nazis das überkommene Sozialversicherungssystem noch aus. 1938 wurden die selbständigen Handwerker in die Angestelltenversicherung übernommen, 1939 die Bauern und Bäuerinnen in die Unfallversicherung, 1941 die Rentner in die Krankenversicherung.
Zitat aus dem Spiegel:
Unterstützt vom 1933 gegründeten Freizeitwerk "Kraft durch Freude" (KdF), konnten Tausende von Deutschen sich zum ersten Mal eine richtige Ferienreise leisten.
(…)
Ende 1934 hatte die Zahl der staatlich geplanten Ferienfahrten fast eine halbe Million erreicht, hinzu kamen knapp zwei Millionen Tagesausflüge. Im Folgejahr verdoppelten sich die Zahlen. Binnen kurzem stieg KdF zum weltgrößten Reiseveranstalter auf.
Und das Deutsche Historische Museum schreibt dazu:
Mit ihren Aktivitäten unterstützte die DAF [Deutsche Arbeitsfront] den Gedanken der Volksgemeinschaft, wobei sie insbesondere auf die Integration der Arbeiterschaft abzielte. So sollte die Einführung von Werkpausenkonzerten den Arbeitern das Gefühl vermitteln, dass sie kein kulturelles Schattendasein führten. Die im November 1933 gegründete DAF-Organisation "Kraft durch Freude" (KdF) organisierte Freizeitaktivitäten und erreichte damit, dass der Zugang zu bisher bürgerlichen Privilegien wie dem Luxus des Reisens nun auch für Arbeiter erschwinglich wurde. Selbst die Anschaffung eines Autos rückte durch das Projekt des mit Anleihen finanzierten Volkswagens (VW), des sogenannten KdF-Wagens, in den Bereich des Möglichen.
Man darf auch den Reichsnährstand (RNST) nicht vergessen, dem es gelang, die verschiedenen Bauernorganisationen gleichzuschalten bzw. im RNST zu vereinigen.

Zitat aus dem Deutschen Historischen Museum:
Zwar gelangen der deutschen Landwirtschaft unter Leitung des Reichsnährstands eine Produktionssteigerung und die Erhöhung des Selbstversorgungsanteils von 68 (1928) auf 83 Prozent (1938). Die Abtrennung vom weltweiten Markt bewirkte in Deutschland allerdings eine erhebliche Preissteigerung landwirtschaftlicher Produkte gegenüber dem Weltmarktpreis. Auch waren der Leistungssteigerung aufgrund der intensiven Bodennutzung trotz Düngung Grenzen gesetzt. Zudem legte das Reichserbhofgesetz vom 29. September 1933 das Verbot von Verkauf und Verschuldung bäuerlicher Höfe fest, was die Möglichkeiten für Investitionen und technische Erneuerungen minimierte.
Zuletzt will ich noch ein Beispiel aus meiner Verwandtschaft erwähnen: Auch als kleiner Postbeamter konnte sich 1938 jemand mit billigem Kredit ein Eigenheim bauen. Natürlich nur so ein Siedlungshäuschen mit insgesamt 5 Zimmern (in den 60er-Jahren umgebaut zu 4 Zimmern), Küche, Bad/Waschküche, teilunterkellert, etc. in einer neu geplanten Siedlung auf der grünen Wiese am Rande der Stadt. Alle Häuser der Straße sahen natürlich gleich aus, dennoch wäre das vorher undenkbar gewesen, hat man mir gesagt.

Dass das deutsche Volk bis zuletzt treu zu dem NS-Regime stand, ist eben auch mit dem Eigenheim und dem Urlaub an der Ostsee zu erklären. Das waren Dinge, die sie dank Propaganda untrennbar mit Hitler verbanden. Man könnte auch sagen: Hitler hat sich mit solchen Leistungen die Dankbarkeit der breiten Schichten gekauft.

Das hat sich später mit der DDR mit den subventionierten Lebensmitteln und Mieten und den vom FDGB organisierten Urlaubsreisen wiederholt. Ob Faschisten von Rechts oder Kommunisten von Links, sie alle benutzen die gleichen Methoden, um sich das Volk gefügig zu machen.
 
Dass das deutsche Volk bis zuletzt treu zu dem NS-Regime stand, ist eben auch mit dem Eigenheim und dem Urlaub an der Ostsee zu erklären. Das waren Dinge, die sie dank Propaganda untrennbar mit Hitler verbanden. Man könnte auch sagen: Hitler hat sich mit solchen Leistungen die Dankbarkeit der breiten Schichten gekauft.


Innerhalb großer Teile des deutschen Volkes war sicher, bis in die Kriegsjahre hinein, eine große Akzeptanz für die Ideologie des Nationalsozialismus vorhanden, und dabei nehme ich ausdrücklich auch Mitglieder meiner eigenen Familie nicht aus. Viele Maßnahmen des NS- Regimes waren nicht demokratisch, aber plebiszitär, mehrheitsfähig. Zum schönen Schein der "Volksgemeinschaft", zu Eintopfsonntagen, "Volkswagen" und KDF-Reisen, zu Jugendveranstaltungen, bei der man vorgab, dass diese Jugend, von "Jugend geführt" werde- Viele die die Zeit des NS miterlebten, gerieten ja trotz Bombennächten und selbsterlebten Kriegstraumata noch im Greisenalter ins Schwärmen bei der Erinnerung an "schöne" HJ und BDM-Heimabende, an Lagerfeuerromantik und Körperkult gehörte doch von Anfang an auch Terror, Gewalt,Gleichschaltung und Indoktrination dazu. Es war nicht nur Dankbarkeit dass die "Vorsehung" Deutschland diesen herrlichen Führer geschenkt hatte, sondern auch Erleichterung, wenn man zu dieser "Volksgemeinschaft" gehörte. KDF und KZ das gehörte von Anfang an zum Janusgesicht dieses Regimes. Jeder wusste in Deutschland, dass es KZs, "Konzert- und Arbeitslager" gab und auch dass das nichts Gutes war. In jedem Dorf, in jeder Kleinstadt gab es Leute, die plötzlich verschwanden, gab es Bücherverbrennungen, gab es Plakate und Schilder, die deutlich machten, dass Juden unerwünscht waren, und wenn sich die meisten sicher nicht vorstellen konnten oder wollten, was in KZs vor sich ging, die Synagogen hatten alle Deutsche brennen sehen, und es waren nicht Hitler, Himmler oder Heydrich, sondern die Nachbarn von nebenan, die sie ansteckten.

Die Frage, weshalb die Leute es tolerierten, klingt etwas naiv. Auf die Frage "Wie konntet ihr nur?" bekamen wir die Antwort "Was hätten wir denn tun sollen/ können?

Bei Lichte besehen, sind wir ja auch nicht besser, als die Generation unserer Großeltern. Was tolerieren wir nicht alles und was wird nicht alles aus Gleichgültigkeit abgenickt und hingenommen, weil es angeblich "alternativlos" ist? Lieber konstatieren wir, dass alles bestens ist, statt wachsam die Rechte zu verteidigen, die uns verblieben sind.
 
(...)
Die Frage ist: Ist Planwirtschaft sozialistisch? ^^

Nein, ist sie meiner Auffassung nach nicht per se. Es gibt einige Beispiele von Staaten, die offiziel sozialistisch waren/oder sind und dennoch - mehr oder weniger - Marktwirtschaft praktizier(t)en: die Neue Ökonomische Politik (NEP) der UdSSR der zwangiger Jahre, Jugoslawien praktizierte eine "sozialistische Marktwirtschaft", im offizell (immer noch) sozialistischen China (inwiefern der Begriff zutrifft ist ein anderes Blatt) ist es die offizielle Wirtschaftsmaxime.
Andererseits gibt es Ansätze zur Planwirtschaft auch in ganz und gar nicht sozialistischen Gesellschaften: Angefangen von der Kriegswirtschaft im Kaiserreich während des 1.WK (mit Bezugsscheinen), über FDR's New Deal bis zu dem letzten Fünfjahresplan in Frankreich, der 1993 endete.

Aber: In meinen Augen ist "reine" Planwirtschaft typisch für "sozialistische" Regierungssysteme während des Kalten Krieges. Es gibt Ausnahmen - Jugoslawien z.B. - jedoch war die überwiegende Mehrheit des Warschauer Paktes auf planwirtschaftlichen Kurs. Vielleicht vergleiche ich hier auch "Äppel mit Birnen", denn Sozialismus ist eine Gesellschaftsform, wohingegen Planwirtschaft ein ökonomisches Konzept ist.
Natürlich könnte man auch fragen, inwiefern der Merkantilismus des 17./18. JH Planwirtschaft ist - und das hat gar nichts mit Sozialismus zu tun.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gleichzeitig bediente sich der Faschismus - zumindest in Dtld. - der modernen Mittel: Radio/Volksempfänger, Wahlkampf per Flugzeug
ein Kuriosum hierzu:
in Dtld. wurden moderne Kunstrichtungen (Expressionismus, Futurismus etc) als entartet abgelehnt
in Italien wurde der Futurismus für die faschistische Ideologie teilweise nutzbar gemacht (einige der futuristischen Künstler wurden zu Mussolini-Parteigängern)
 
Die Frage ist: Ist Planwirtschaft sozialistisch? ^^
Nein, ist sie meiner Auffassung nach nicht per se. Es gibt einige Beispiele von Staaten, die offiziell sozialistisch waren/oder sind und dennoch - mehr oder weniger - Marktwirtschaft praktizier(t)en: die Neue Ökonomische Politik (NEP) der UdSSR der zwangiger Jahre, Jugoslawien praktizierte eine "sozialistische Marktwirtschaft", im offizell (immer noch) sozialistischen China (inwiefern der Begriff zutrifft ist ein anderes Blatt) ist es die offizielle Wirtschaftsmaxime.

Meine Frage war eher rhetorisch gemeint, als dass ich wirklich eine Antwort darauf haben wollte. Sie sollte dazu führen, dass fossilisierte Begriffspaare aufgebrochen würden.
Interessanterweise kehrst du meine Frage aber um von Ist Planwirtschaft sozialistisch? zu Muss Sozialismus planwirtschaftlich sein? :winke:
 
@Scorpio: Sehr gut auf den Punkt gebracht, das sind auch die Erfahrungen die ich mit meinen Großeltern gemacht habe.

Oft höre ich in meinem Bekanntenkreis, dass so etwas heute nicht mehr passieren könnte, wir jungen modernen Leute seien ja viel besser gebildet und informiert.... macht mich immer sehr traurig, diese Selbstüberschätzung gepaart mit einer beachtlichen Geschichtsvergessenheit.
 
Was die angebliche Arbeiternähe der Nazis angeht, so hat das schon 1930 Jacob Belsen zu Recht karikiert:
 

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