Bei „World War Zero“ stößt man bei Wiki auf Brett Pitt.

Wenn wir also Deine Maßstäbe anlegen würden, wäre es zweifelhaft, ob wir den Ersten Weltkrieg tatsächlich Weltkrieg bezeichnen dürften.
Aber passt dann der Kriegseintritt der USA 1917 in diese Darstellung? (wenn ich mich richtig erinnere, wird dieser Krieg in Dos Passos USA Trilogie sowohl als great war als auch als worldwar bezeichnet)
 
Aber passt dann der Kriegseintritt der USA 1917 in diese Darstellung? (wenn ich mich richtig erinnere, wird dieser Krieg in Dos Passos USA Trilogie sowohl als great war als auch als worldwar bezeichnet)

Das ist in der Tat eine interessante Frage. Wenn man zwischen britischem und amerikanischem Englisch aufteilt, so wird deutlich, das zwischen 1909 und 1917 bei den Briten der Weltkrieg Vorrang hatte, aber ironischerweise nach ab 1918 der Begriff Großer Krieg bis heute dominiert. Das verwundert vor dem Hintergrund, das Weltkrieg ja sich ja auch auf den zweiten Weltkrieg bezieht. Es ist auch keine Erklärung, dass mit "Great War" andere Kriege gemeint sein könnten, denn wen man differenziert nach Groß- und Kleinschreibung sucht, "Great War" sehr viel häufiger vorkommt als "great war". Andersherum muss man eher vermuten, dass auch mit der kleinen Schreibweise der Erste Weltkrieg gemeint sein könnte. Bei den Amerikanern ist es anders, dort halten sich Weltkrieg und Großer Krieg die bis 1921 die Waage, danach dominiert Großer Krieg und ab 1931 Weltkrieg. Der Weltkrieg kommt aber beispielsweise ab 1898, als befürchtet wurde, das der Kampf um den chinesischen Absatzmarkt, der sich mit der amerikanischen Invasion in den Philippinen verschärft hatte, immer wieder vor. Denn auch die Deutschen und die Japaner hatten Interesse an den Philippinen, das hätte Russen und Briten aber nicht gepasst. Damals befürchtete man, dass in Ostasien ein Weltkrieg entstehen könnte. Ich würde daher schätzen, dass für die Briten und Amerikaner der Weltkriegsbegriff, der ab 1909 Bedeutung erlangt hat, aus dieser Tradition kommt und eher die Anwendung eines zuvor theoretisch konstruierten Begriffes auf die aktuelle Lage war, als eine Beschreibung der aktuellen Lage selbst, zumindest teilweise. Dafür spricht, dass die unmittelbare im Anschluss daran durchgeführte Aufarbeitung dann einen anderen Begriff bevorzugte.

Es gab aber immer beide Begriffe. Meine stichprobenartige Übersicht soll nun auch keine abschließende Interpretation sein. Die Verhältnisse können auch anders gewesen sein. Allerdings glaube ich, auch aufgrund meiner Quellenlektüre, dass die Tendenz schon so ist, dass in GB, F, I und J in der Kriegszeit und vor allem unmittelbar danach, andere Begriffe sehr viel mehr Bedeutung hatten, als bei uns, wo der Weltkrieg alles dominierte. Ich wollte lediglich deutlich machen, dass die Beschreibung des Krieges als Weltkrieg nicht sozusagen als gegeben ansehen darf, wenn man mal Deutschland außen vor lässt.
 
Zuletzt bearbeitet:
@JetLeechan: Wenn man die Kriegsimplikationen betrachtet, brachte der 2. Weltkrieg zweifellos das Ende des seit dem 17. Jahrhundert dominierenden Kolonialimperialismus. Der klassische Imperialismus in Leninschen Sinn, gekennzeichnet durch exklusive Handelsbeziehungen zwischen Mutterland und Kolonien bei weitgehendem Ausschluß anderer Handelspartner, wurde durch globalen Freihandel abgelöst. Hiervon profitierte v.a. die Nicht-Kolonialmacht USA, zu Lasten der Kolonialmächte England und Frankreich. Ironischerweise gehörten auch die Kriegsverlierer Deutschland und Japan, sowie China, letztendlich zu den Gewinnern der Nachkriegsordnung.
Diese Weichenstellung fehlt dem ersten Weltkrieg noch, Was außereuropäisch passierte, war weitgehend "Abluchsen" von (deutschen) Kolonien. Der amerikanischen Politik war, wie Wilsons Thesen zeigen, der Freihandelsgedanke bereits inhärent, und Du hast schön gezeigt, wie er die amerikanische Asienpolitik Ende des 19. Jhd. prägte. Aber die USA scheinen mir die einzige große Partei des 1. Weltkriegs zu sein, der es primär um Marktzugang und nicht um Territorialbesitz ging.
Insofern sprich einiges für die These, daß der 1. Weltkrieg gar kein "echter" Weltkrieg, sondern lediglich ein "Großer Europäischer Krieg" war. Er war natürlich der 1. Akt (und Russisch-Japanischer Krieg sowie Balkankriege der Prolog) eines Dramas, das im 2. Weltkrieg kulminierte, und in chinesischer Revolution, Entkolonialisierung Indonesiens, Indiens und schließlich Afrikas, Koreakrieg, sowie europäischer Einigung seine Schlußakte und/oder Epiloge fand. Diese Abfolge wird durch die begriffliche Sequenz 1./2. Weltkrieg verdeutlicht.
Ich wage die These: Wäre die politische Entwicklung nach 1918 anders verlaufen und hätte nicht in den 2. Weltkrieg gemündet, würde der Große Euroäische Krieg 1914-1918 wohl auch als solcher von uns (Deutschen) erinnert.
 
Vielen Dank für die recht rege und interessante Diskussion zu meiner Fragestellung.

Ausgangspunkt waren ja die 3 Links die ich zu der Meinung eingestellt hatte, der Russisch-Japanischen Krieg könnte als „World War Zero“ bezeichnet werden.

Es zeigt sich hier in der Diskussion eine Vielfalt von Argumenten, allerdings mehr Contra, d.h. die Meinung geht gemessen an der Meinung der 3 Links auseinander.

Sicher werden Historiker hier noch weiter Analysieren ob man diesen Krieg als „World War Zero“ bezeichnen kann und ob man diesen Krieg mit so einem Prädikat damit nicht überbewertet.

Aus der Wertung der 3 Links von mir und der Diskussion hier neige ich im Moment zu der Meinung, diesen Krieg sollte man mit so einem Prädikat nicht versehen; er wird damit zu hoch bewertet.
 
Ganz passend zum Thema. Ich bin gerade in der Bibliothek über das Buch von Stefan Smid "Der Spanische Erbfolgekrieg - Geschichte eines vergessenen Weltkriegs" gestolpert.

Ich habe es mir mal ausgeliehen, ich bin auf seine Argumentation gespannt, warum der Spanische Erbfolgekrieg ein "Weltkrieg" sein soll.
 
Wird nicht der siebenjährige Krieg als eigentlicher 1. WK gesehen, da bei ihm mit den Kämpfen in den Kolonien in Afrika, Asien und Amerika auch rund um die Welt Krieg geführt wurde?
 
Mir ist auch schon untergekommen, dass der Peloponnesische Krieg als erster Weltkrieg bezeichnet wurde, weil fast die ganze griechische Welt verwickelt war.

Zu Kämpfen in den Kolonien kam es übrigens auch schon im Spanischen Erbfolgekrieg.

Allerdings erreichte keiner der früheren Kriege auch nur ansatzweise die Intensität von WK 1 und 2.
 
Mir ist auch schon untergekommen, dass der Peloponnesische Krieg als erster Weltkrieg bezeichnet wurde, weil fast die ganze griechische Welt verwickelt war.

Was immer beim Zusammenbruch der bronzezeitlichen Imperien nun genau geschah, es könnte ein noch früheres Beispiel sein.

BTW, in wie weit waren griechische Kolonien eigentlich wirklich in die Sache verwickelt? Syrakus, klar, aber betraf das auch gr. Städte in Italien & westlich davon, oder Kolonien am Schwarzen Meer? Und wie sah es mit der nicht-griechischen Welt aus? Die Perser waren zumindest indirekt beteiligt (und hatten vom Händereiben vermutlich schon Schwielen an den selbigen...). Wie sah es mit anderen Mächten aus? Hats Karthago interessiert, außer das Syrakus abgelenkt war?
 
In Sizilien waren auch andere Städte als Syrakus in den Krieg verwickelt, indem sie mit der einen oder anderen Seite kooperierten.

Die 1. Sizilische Expedition wurde durch den Krieg zwischen Syrakus und Leontinoi ausgelöst, in dem Leontinoi in Italien durch Rhegion unterstützt wurde. Syrakus wurde in diesem Krieg außerhalb Siziliens von Lipara (auf den Liparischen Inseln) und Lokroi unterstützt. Lipara wurde dann auch zweimal vergeblich von den Athenern angegriffen.

In Italien selbst unterstützte das (innerlich gespaltene) Thurioi zeitweise die Athener, zeitweise die Spartaner (mit Schiffen). Auch Lokroi und Tarent unterstützten nach der 2. Sizilischen Expedition die Spartaner mit Schiffen.
Im Rahmen des Krieges auf Sizilien anlässlich der 2. Expedition waren außerdem auch etruskische und kampanische Söldner aktiv. Athen wurde auf dieser Expedition von einem Häuptling der Messapier in Iapygien mit Truppen unterstützt, ebenso von Metapont.

Karthago war indirekt involviert, als es noch während des Peloponnesischen Kriegs die Schwächung von Syrakus zur Wiederaufnahme seiner Expansionspolitik in Sizilien nutzte.

Schon ziemlich zu Kriegsbeginn (430) schickten die Athener eine Expedition nach Lykien und Karien, die aber scheiterte.
 
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