Schiefe Kirchtürme- Baufehler, dekoratives Element oder technische Notwendigkeit ?

zaphodB.

Premiummitglied
Im Marburger Land sind mir bei unserem Treffen gleich mehrere schiefe Turmhelme aufgefallen(siehe Bilder Forentreffen Marburg)
Bei einem Turmhelm könnte man noch auf Baufehler oder ein Vermessen des Zimmermannes tippen- aber bei zwei oder mehr identischen "Baufehlern "
vermutet der aufgeklärte Geist schon Absicht oder einen Plan dahinter.
Frage an das Plenum:
<welche erklrung könnte es dafür geben und gibt es noch andere Beispiele dafüe auér der Lutherkirche zu WMarburg und der KIrche auf dem Christenberg in der Nähe ?
 
Lutherkirche

Für die Lutherkirche werden meines Wissens witterungsbedingte Einflüsse für die Schieflage angenommen, die Turmhaube war in der Bauweise wohl ursprünglich nur als Provisorium gedacht, wurde dann aber die Dauerlösung, oder irgendwie so...
 
Nach Euren Fotos ist die Schieflage des Turmes nicht so extrem, wie z.B. in Bad Frankenhausen http://images.fotocommunity.de/bild...usen-07fa7f86-e1b7-4344-8feb-7a9d6b632bdf.jpg .Dort stand in den vergangenen Jahren sogar der Abriss zur Debatte, da die Neigung allmählich gefährlich wird und die Kosten für die rettung ziemlich hoch sind.
Schaut man sich aber heute manchen Pfusch am Bau an ,z.B.nagelneue Autobahnen deren Betonmischung den falschen, betonzerstörenden Kies enthielten und nach wenigen Jahren komplett neu gebaut werden müssen, von Flughafenbauten ganz zu schweigen ,so kann man doch mittelalterliche Baufehler verzeihen. Besonders wenn die Bauwerke, trotz ihrer baulichen Mängel jahrhundertelang stehen geblieben sind.
 
Schaut man sich aber heute manchen Pfusch am Bau an , [...] so kann man doch mittelalterliche Baufehler verzeihen. Besonders wenn die Bauwerke, trotz ihrer baulichen Mängel jahrhundertelang stehen geblieben sind.
Gibt es aus dem Mittelalter eigentlich ähnlich gut dokumentierte Fälle von Rechtsstreitigkeiten rund um Pfusch am Bau wie aus der Antike? Ich denke da an Ciceros Klageschrift/-rede gegen Verres (In Verrem 2.1, 130-153). Im konkreten Fall, der Renovierung des Castortempels in Rom, geht's zwar wohl weniger um tatsächlichen Pfusch, eher um Schmu bei öffentlichen Ausschreibungen etc. Aber mittelbar verdeutlicht der Fall die komplexe vertragsrechtliche Absicherung von Regressansprüchen bei Baumängeln, die sicherlich nicht ohne Grund Eingang fand in die römische Rechtsordnung.
 
Gibt aber auch Fälle wo unterirdisch gebaut wird und darüber befindliche Bauwerke in Schieflage geraten.<?xml:namespace prefix = "o" ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
Ein Beispiel dazu ist "St. Johann Baptist" in Köln. 2004 geriet der Kirchturm in die Schlagzeilen.<o:p></o:p>
 
Tja Wind und Wetter und Pfusch am Bau -gut und schön, aber der Turmhelm der Lutherkirche ist so schief, dass das damit nicht erklärbar ist, dazu ist die Abweichung zu groß. Und gegen einen Messfehler spricht auch,dass sich das ganze bei der Kirche auf dem Christenberg wiederholt- die gleiche schiefe Konstruktion zwei Mal in 20 km Umkreis kann eigentlich kein Zufall sein.
 
Im Mittelalter konnte man bekanntlich nicht alles berechnen und der Baugrund blieb oft auch unbekannt, was uns bekanntlich den schiefen Turm von Pisa bescherte. Aber mit einer schiefen Dachkonstruktion konnte man den Schwerpunkt noch etwas verschieben, wenn man merkte, dass etwas nicht stimmt.

Meines Wissens gibt es noch andere Erklärungen wie mangelndes Holz, der Schwerpunkt erscheint mir nur besonders einleuchtend. Aber da der Mensch schon viele Seltsamkeiten hervorgebracht hat, tippe ich auf verschiedene Ursachen.
 
Meines Wissens gibt es noch andere Erklärungen wie mangelndes Holz, der Schwerpunkt erscheint mir nur besonders einleuchtend. Aber da der Mensch schon viele Seltsamkeiten hervorgebracht hat, tippe ich auf verschiedene Ursachen.

Interessant wære, ob die Tuerme schon beim Bau schief wurden, oder ob sich das erst im Laufe der Jahrhunderte so ergeben oder verstærkt hat.
Wenn der Turm schon beim Bau schief war, kønnte das in irgendwelchen Quellen vermerkt sein.

Ich denke fast, dass da ein Teil "Bequemlichkeit" mit dabei war:
Es ist ja nicht leicht, die ganzen Balken beim Bau da hoch zu schaffen. Dass ein Turm schief wird, merkt man vielleicht nicht gleich - ab einem gewissen Fortschritt beim Bau hatte man vielleicht keine "Lust"/Zeit/Ressursen mehr, das alles wieder abzureissen oder auszubessern. Oder es war nicht so wichtig.
Oder die Zimmerleute waren schlicht unfæhig.

Wenn man davon ausgeht, dass der Turm anfangs gerade war, kann es schon sein, dass Wind und Wetter die entscheidende Rolle spielen.
Weiss jemand, ob sich die Tuerme mit oder gegen die Wetterseite neigen?
Nicht vergessen sollte man, dass Holz arbeitet, Balken dehnen sich aus oder schrumpfen je nach Feuchtigkeit, kønnen auch Risse bekommen oder sich verformen. Vielleicht gab's mal einen Wasserschaden, womøglich unbemerkte oder jedenfalls nicht reparierte Undichtigkeiten im Dach ueber viele Jahre, womøglich Jahrzehnte...
Oder die tragende Konstruktion war schlicht unterdimensioniert.

Vielleicht hat es auch irgendwann mal Nachbesserungen geben muessen, die man nicht vernuenftig hinbekommen hat?

Gruss, muheijo
 
Oder die tragende Konstruktion war schlicht unterdimensioniert.

Aus aktuellem Anlass (es schneit gerade zum 1.Mal in diesem Winter) fællt mir noch ein Punkt ein:

Die Last des Schnees im Winter. Je nach Neigungswinkel* des Dachs bleibt der Schnee liegen, und da kønnen sich tonnenschwere Lasten ergeben.
Da macht ein Dach gerne mal "die Grætsche".

* Man glaubt manchmal gar nicht, wo Schnee ueberall liegen bleibt, trotz steiler Dæcher.

Gruss, muheijo
 
In manchen Fall wurde vielleicht der "Schönheitsfehler" in Kauf genommen, weil auf das Gelände Rücksicht zu nehmen war. In Wien haben wir z. B. keine "schiefen" Kirchtürme, aber z. B. die Kirche Maria am Gestade, die so etwas wie einen "Knick" hat. In diesem Fall dürfte dies kein Baufehler sein, sondern es war das Gelände zu berücksichtigen, auf dem gebaut wurde.

Vielleicht hat hier manch schiefer Kirchturm bzw. schiefe "Turmhaube" hier ihre Ursache.
 
In manchen Fall wurde vielleicht der "Schönheitsfehler" in Kauf genommen, weil auf das Gelände Rücksicht zu nehmen war. In Wien haben wir z. B. keine "schiefen" Kirchtürme, aber z. B. die Kirche Maria am Gestade, die so etwas wie einen "Knick" hat. In diesem Fall dürfte dies kein Baufehler sein, sondern es war das Gelände zu berücksichtigen, auf dem gebaut wurde.

Vielleicht hat hier manch schiefer Kirchturm bzw. schiefe "Turmhaube" hier ihre Ursache.

Wenn man in die Höhe baut, kommt dabei im allgemeinen kein Gelände ins Gehege, auf das man Rücksicht nehmen müsste.
Entweder hat sich beim Bau schon etwas gesenkt, oder die Schieflage ist erst nachträglich entstanden.
Manchmal sieht man, dass man während des Baus noch versucht hat, zu korrigieren, z. B. beim Schiefen Turm von Pisa.
 
Bei Wikipedia steht über den Turm von St. Georg in Hattingen : " Er hat einschließlich des Wetterhahns eine Höhe von 56,73 m, wobei der Turm vor 1807 noch höher gewesen sein soll. Der gotische Spitzhelm ist stark nach Südwesten geneigt. Der Zweck der Neigung könnte sein, dass er, falls er aufgrund eines Blitzschlages brennen sollte, nicht auf das Kirchenschiff fallen würde."
Möglicherweise wurde aber lediglich schlecht getrocknetes Holz für Dachstühle von manchen Türmen verwendet, was zur Verdrehung und Schieflage führen konnte.
 
Ich habe ein bischen im Internet gesucht, und folgende Begründung für schiefe Kirchturmdächer gefunden, denn es geht bei der Lutherkirche nicht um den Turm:
"Im Falle der Pfarrkirche sind sich Bauexperten übrigens einig: Die wahrscheinlichste Begründung für den schiefen Turm liegt darin, dass er ganz bewusst so gebaut wurde, damit die Holzkonstruktion sich gegen den Wind stemmt und der Turm nicht "heruntergeweht" wird."
Das
wäre ja überprüfbar, ob dies mit den Hauptwindrichtungen übereinstimmt.
Der Marburger Lokalkolorit, dass das Kirchdach erst wieder gerade würde, wenn die erste Studentin ihr Studium an der Philipps-Universität jungfräulich abschließen würde, stammt wahrscheinlich aus dem frühen 20.Jahrhundert, Frauen dürfen erst seit 1908 dort studieren; Anlass zu Interpretationen ist die Dachschiefe anscheinend schon lange, auch in Form eines etwas anzüglichen Witzes.
 
An der These mit der Fallrichtung bei Blitzschlag könnte was dran sein,denn die kürzere Seite beider Türme geht in beiden Fällen weg vom Kirchenschiff
Und in Salzwedel,Hattingen,Mayen und Solothurn gibt es Türme gleicher Konstruktion, deren Neigung auch vom Schiff,soweit vorhanden, weggeht
 
An der These mit der Fallrichtung bei Blitzschlag könnte was dran sein,denn die kürzere Seite beider Türme geht in beiden Fällen weg vom Kirchenschiff

Aber ist nicht das entstehende Feuer das grøssere Problem? Bevor da irgendein Turm irgendwohin fællt, hat sich das Feuer doch schon auf die Kirche ausgebreitet...

Gruss, muheijo
 
Unsere St. Johanniskirche mit Turm wurde Mitte des 1469 im frühgotischen Stil erbaut, doch kam der Bau wegen Geldmangel zum Stillstand und wurde erst im Jahr 1484 vollendet.
Am 27. Mai 1948 brannten Kirchenschiff und der Turm vollkommen aus. Die Reste des Schiffes wurden abgefahren. 1963/64 wurden dann auch der durch den Brand schiefeTurm abgetragen und mit der Abbruchmasse der nahe Neumarkt aufgefüllt.Die Kirche und Turm galten als Wahrzeichen unserer Stadt.

Gruß Monika
 
Zuletzt bearbeitet:
Monika,iIn welcher Stadt stand die Kirche ?

Muheijo, nein,es geht ja um den Turmhelm mit entsprechenden Holzbauteilen und möglicherweise auch dem Glockenstuhl
Und der war einerseits dem Blitz besonders ausgesetzt und andererseits normalerweise durch den steinernen Turmkörper vom Dach des Schiffes getrennt,. Wenn ein brennender Turmhelm also auf der richtigen Seite runterfiel, war die Gefahr im wesentlichen gebannt- auf der falschen Seite dagegen war das große Grillen angesagt,
Bei norwegischen Stabkirchen war das natürlich anders, aber die hatten ja deshalb auch keine Türme .
 
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