Hm, und ich dachte es ging um Karlmann, Karl den Großen und die wenigen Informationen zu Karls frühen Ehen.
Das dachte ich eigentlich auch. Aber so ist das: Weil die Quellenlage unbefriedigend ist, wird spekuliert, dass ja alles auch ganz anders gewesen sein könnte, und um die Spekulationen zu stützen, kommt man von Hölzken auf Stöcksken, wie man bei uns sagt.
Ich möchte nun die Sachlage nach meinem Kenntniststand darlegen:
Pippin der Kleine hatte die Aufteilung seines Reiches unter seinen Söhnen Karl und Karlmann verfügt, die nach seinem Tod auch durchgeführt wurde. Beide waren also gleichberechtigte Könige in einem fränkischen Teilreich. Das Verhältnis der Brüder zueinander war schlecht, ob es nun daran lag, dass einer oder beide lieber Alleinherrscher gewesen wäre oder ob sie sich einfach nicht leiden konnten, wissen wir nicht.
Karl war mit Himiltrud verheiratet, Karlmann mit Gerberga, von beiden Frauen ist die Herkunft unbekannt. Aus beiden Ehen ging ein Sohn hervor, der den Namen Pippin erhielt.
767 war Papst Paul I. gestorben, danach kam es zu Unruhen in Rom, mit der Wahl von Gegenpäpsten und gewalttätigen Auseinandersetzungen. Etwa 769 entwickelte Bertrada diplomatische Aktivitäten, sie reiste ins Langobardenreich, nach Bayern und Rom. Eventuell meinte sie, Karlmanns Reich sei bedroht, das ans Langobardenreich grenzte. Das Ergebnis ihrer Bemühungen war ein Bündnis mit dem Langobardenkönig Desiderius, dessen Tochter Karl und dessen Sohn und Thronfolger ihre Tochter Gisela heiraten sollte. Karl trennte sich von Himiltrud und heiratete tatsächlich die Langobardenprinzessin, deren Namen nicht überliefert wurde.
Es ist chronologisch nicht klar, wann Karl die Langobardenprinzessin wieder verstieß. Johannes Fried geht davon aus, das dies bereits Anfang 771 der Fall war, also deutlich vor Karlmanns Tod, und Karl im Frühjahr desselben Jahres Hildegard heiratete. Auch diese Ehe war politisch motiviert, denn Hildegard entstammte über ihre Mutter dem alten alemannische Herzogsgeschlecht. Fried schreibt dazu:
"Alemannien aber, dessen Führungsschicht Karl mit dieser Ehe zweifellos zu gewinnen trachtete, gehörte zum Reich seines Bruders. Der Konflikt mit diesem schien unausweichlich; und mehr als das. Denn durch Alemannien führten wichtigste Paßstraßen nach Italien, wohin Karl offenkundig mit seiner dritten Ehe zu blicken begann." (S. 128)
In der Forschung wird allgemein davon ausgegangen, dass ein Krieg zwischen Karl und Karlmann unmittelbar bevorstand, als Karlmann im Dezember 771 starb. Maßgebliche wichtige Große aus Karlmanns Reich schlossen sich Karl an und salbten ihn zu ihrem König. Einige andere flohen mit Gerberga und ihren Kindern zum Langobardenkönig, der nun die Neffen als Druckmittel ggen Karl benutzen konnte. 773 zog Karl gegen das Langobardenreich in den Krieg.
Ich stütze mich bei dieser Darstellung auf folgende Literatur:
Johannes Fried: Karl der Große. Glaube und Gewalt. Eine Biographie, München 2013, S. 123 ff.
Rudollf Schieffer: Die Karolinger, 4. Aufl. Stuttgart 2006, S. 71 ff.
Jörg W. Busch: Die Herrschaften der Karolinger, München 2011, S. 20 ff.
LG
Frederuna