Erinnerungskultur - Was ist wichtig für die Deutschen?

Ich sprach aber von einem „Meilenstein“, dh, vieles hat zum Untergang geführt und auch dieses.

Ein paar Gedanken – keine Vollständigkeit und aus meiner Sicht, Abt. Ltr. Betriebsmittel in einem Baukombinat.

Ein paar Daten:
Zeit in der Breschnew regierte, sowie danach Andropow und Tschernenko.
Gorbatschow dann ab März 1985.

„Kleines Wirtschaftswunder Polen“ vor allem auf Grundlage der Kredite der Bundesrepublik Deutschland.
Verschärfung der Wirtschlage ab Mitte der 70iger (Abschaffung von Subventionen und Teuerungswelle, Verschlechterung des Lebensstandards der Bürger).

Vorsitzender der PVAP Edward Gierek, Dezember 1970 bis September 1980.
Kurze Zeit Kania (September 1980 – Oktober 1981), danach Jaruzelski.

Beginn Solidarność = Sommer 1980
Vorher Unruhen (Gierek Zeit).

Kriegsrecht in Polen (Jaruzelski) = 13.12.1981.
Ende Kriegsrecht = 22.07.1983
Papst Johannes Paul II. = 16.10.1978

Als das Kriegsrecht verhängt wurde, wurde es uns schon mulmig.
Die Informationen in den Betrieben liefen so, möglicherweise müssen Armeen des Warschauer Vertrages, auch Einheiten der NVA Polen zur Hilfe eilen.

Meines Wissens war an den Grenzen Ukraine, Weißrussland, Litauen und DDR Armeen verlegt wurden, die in Alarmbereitschaft versetzt waren.
Wir atmeten auf, als wir hörten, Jaruselski will das ohne Hilfe der Warschauer Bündnispartner hinbekommen.

Was da im Hintergrund alles gelaufen ist weiß ich nicht. Jedenfalls waren wir der Meinung, der „polnische Papst“ war da kein Zuschauer.

Was da in Polen vorging, passte überhaupt nicht zu einen real existierenden Sozialismus.
Freie Gewerkschaften mit Streikrecht und wie es sich entwickelte (Massenbewegung im ganzen Land) sah es so aus, die schaffen das.
Hinzukommend der hohe Einfluss der katholischen Kirche. In keinem Land so hoch!

Es bestand nun die Gefahr, das macht Schule. Wir brauchten uns ja im Betrieb nur unsere Gewerkschaft (FDGB) anzusehen.

Schule, darüber kann man streiten. Jedenfalls zeigten uns die polnischen Vorgänge, Protestbewegungen können inzwischen recht erfolgreich geführt werden.
Das heißt, die Zeit wo Panzer rollten (Prager Frühling) schienen vorbei zu sein, auch wenn diese bereits an den Grenzen bildlich gesehen ihre Motoren angeworfen hatten.

Polen war dann für die DDR nicht mehr so recht ein Bruderstaat. Jedenfalls hatten wir den Eindruck und merkten dies auch.

Die Transportwege zwischen der UdSSR und DDR (sehr hoher Warenaustausch!) waren total unsicher geworden.
Einiges ging durch die CSSR (Slowakei), aber nur einiges.
Es entstand Mukran 1986 (Mukran – Klaipėda – früher Memel). M.E. ist Mukran ein Projekt, dass einzig und allein aus dieser Situation heraus entstanden ist.
Der visafreie Reiseverkehr der Bürger der DDR nach Polen wurde 1980 auch aufhoben.

Die Rolle von Karol Józef Wojtyła in diesen ganzen Prozess ist mir eigentlich erst so richtig klar geworden, als ich einige Verfilmungen über ihn sah (z.B. März 2006, RTL II – „Karol – Ein Mann, der Papst wurde.“
Ich betone noch einmal, nur ein paar Gedanken aus meiner Sicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nicht zu vergessen, dass Polen bereits ab Sommer 1989 als erstes Land des Warschauer Paktes eine nichtsozialistische Regierung hatte.

Solidarnosc hat da einiges geleistet. Und es dürfte wohl Tatsache sein, dass Woityla Solidarnosc von Anfang an den Rücken gestärkt hat. Ich vermute, Gorbatschow war eher derjenige, die nur die Zeichen der Zeit erkannt hatte und dann entsprechend reagiert hat.

Ich halte es durchaus für möglich, dass der ganze Umsturz eigentlich von Polen aus seinen Ausgang nahm.

Aber wie gesagt, ich habe den Eindruck, das wurde in Deutschland weder damals noch heute so wahrgenommen. Zumindest nicht mehrheitlich. Aber ich denke, die Rolle Polens in der Geschichte wird in Deutschland traditionell stark unterschätzt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sie haben, wie in einem bekannten Lied von Reinhard Mey, "ihren wirklichen Feind nicht erkannt bis zum Schluss".

Aua... Mey hat mit diesem Lied allerdings so gar nichts zu tun.
Das Lied ist "The Green Fields of France", auch "Willie McBride" oder "No Man's Land"; die deutsche Version - "Es ist an der Zeit" - stammt von Hannes Wader!

https://en.wikipedia.org/wiki/No_Man's_Land_(Eric_Bogle_song)

https://de.wikipedia.org/wiki/Green_Fields_of_France
 
Aua... Mey hat mit diesem Lied allerdings so gar nichts zu tun.
Das Lied ist "The Green Fields of France", auch "Willie McBride" oder "No Man's Land"; die deutsche Version - "Es ist an der Zeit" - stammt von Hannes Wader!

https://en.wikipedia.org/wiki/No_Man's_Land_(Eric_Bogle_song)

https://de.wikipedia.org/wiki/Green_Fields_of_France

Natürlich hat das Lied was mit Mey zu tun. Es ist Teil seines Albums "Dann mach´s gut".
Der deutsche Text scheint wirklich von Wader zu stammen. :friends:
 
Wir haben uns aus diesem Thread noch nicht verabschiedet! Wie Ralf. M geschrieben hat, haben wir nur Weihnachtsferien gehabt ;)

Danke für alle Antworten, viele von ihnen sind sehr hilfreich und können von uns beschrieben werden. Die Disskusion ist spannender als wir gedacht haben :)

"Nett wäre von ihm wenn er mal darlegt, an was er im ersten Moment denkt bei der Geschichte seines Landes."

Wie viele von Ihnen geschrieben haben, sind diese Gedanken von Person abhängig und jeder hat andere. Was ich persönlich bei unsere Geschichte beobachtet habe, denken Polen sehr oft an seine Heimat als Opfer, nicht als Sieger. Es hat sehr viel zu tun mit Ereignissen wie z.B. Teilungen Polens oder II Weltkrieg. Es ist für mich immer etwas merkwurdiges, dass in Polen z.B verlorener Warschauer Aufstand mehr gefeiert wird als z.B. Posener Aufstand, der gewonnen wurde. Vielleicht ist es so, dass tragische Ereignisse mehr interessant für Menschen sind...

Aber wenn ich persönlich an andere, mehr positive Assoziationen mit Polens denke, sind es auch schon erwähnte Solidarność, Jan Paweł II, Chopin, Maria Skłodowska-Curie, aber auch unsere Hymne "Mazurek Dąbrowskiego", Józef Piłsudzki oder Piasten, die Polen gegrundet haben :)
 
Wie viele von Ihnen geschrieben haben, sind diese Gedanken von Person abhängig und jeder hat andere. Was ich persönlich bei unsere Geschichte beobachtet habe, denken Polen sehr oft an seine Heimat als Opfer, nicht als Sieger.
Im Westen spielt der Mainstream eine eine beherrschende Rolle. In Länder, die dem ehemaligen Ostblock angehörten, spielt dieser eine geringere, bis kaum vorhandene Rolle. Diese "Grenze" gibt es in Deutschland heute "auch" zwischen Ost und West.
 
Im Westen spielt der Mainstream eine eine beherrschende Rolle.
Was meinst du mit "Mainstream"?

In Ländern, die dem ehemaligen Ostblock angehörten, spielt dieser eine geringere, bis kaum vorhandene Rolle. Diese "Grenze" gibt es in Deutschland heute "auch" zwischen Ost und West.
Dass es diesbezügl. eklatante Unterschiede zwischen beiden Seiten der Zonengrenze gebe, nehme ich deutlich anders wahr. Zunächst einmal gibt es da einen generationellen Unterschied, aber besonders im ehem. Tal der Ahnungslosen ticken die Leute anders als in Restdeutschland. Und man darf natürlich nicht vergessen, dass die DDR ein Staat war, der bei aller Unterdrückung auch funktionierte, eben weil es Funktionäre gab. Die haben natürlich auch eine im Wesentlichen positive Erinnerung bzw. wenig Interesse daran, ihr Leben vor der Wende in Frage zu stellen, wie auch unser Unterbewusstsein, zumindest bei psychisch gesunden Menschen, positive Erinnerungen hervorhebt und negative Erinnerungen in den Schrank sperrt.
 
Guten Abend GruppeausPolen,

wenn ich spontan an die deutsche Geschichte denke, fallen mir einige Orte und Ereignisse ein, die aus meiner persönlichen Sicht prägend für "uns" sind:

Die Kaiserzeit ab 955 ist zweifelsohne hervorzuheben, da sich mit dem Sieg Ottos I. und seiner Kaiserkrönung nach der kurzen Phase unter Ludwig dem Deutschen erstmals eine Art lockere, politischer "Einheit" Deutschlands zeigte.

Zu dieser Zeit gehört ohne Zweifel die Landschaft um Heidelberg, das Rheinland und der pfälzisch-badische Raum (oder was nach dem pfälzischen Krieg und dem zweiten Weltkrieg davon noch übrig ist), die Kaiserdöme und zahlreichen Burgruinen geben einen prägenden Eindruck und haben auch Jahrhunderte später einen mittelalterlichen Flair bewahrt. Ich kann diese Region nur jedem empfehlen.

Als nächste Station würde ich den dreissigjährigen Krieg wählen, da er das Bewusstsein der Deutschen auf Jahrhunderte hinaus prägte und den deutschen Gebieten in nahezu jeder Beziehung seinen Stempel aufdrückte.

Das wechselvolle 19. Jahrhundert mit Napoleons Besatzung, dem auf die Karlsbader Beschlüsse folgenden Biedermeier, der Revolution 1848/49, der Neugründung des deutschen Reichs 1871 und dem Zusammenbruch 1918 ist prägend für die heutigen Deutschen, weil all diese Ereignisse (in Kombination mit der in Deutschland spät einsetzenden Industrialisierung) die althergebrachte gesellschaftliche und politische Ordnung komplett umwarfen und mit der Weimarer Republik (letzen Endes mit der BRD) eine neue Ordnung hervorbrachten.

Ich habe sicher sehr viel wichtiges ausgelassen, aber es handelt sich hierbei wie gesagt um meine persönliche Auswahl.. Hoffe, ich konnte helfen.

Gruß

Goldkrone
 
Zuletzt bearbeitet:
@Goldkrone: Die Auswahl der Ereignisse ist sicherlich sehr subjektiv, dennoch fällt mir auf, dass sie "Deutschland" seit dem dreißigjährigen Krieg eher aus der "Opferrolle" zeigen bzw. die Veränderungen negativ beurteilt.

Das ist historisch sicherlich nicht korrekt und berücksichtigt auch nicht die anderen Ereignisse, die eine "positive" deutsche Identität stiften können.

Beziehungsweise werden Ereignisse nicht ausreichend positiv gewürdigt, dass beispielsweise in Frankfurt (1848/49) eine Verfassung ausgearbeitet wurde, deren Ideen noch im GG zu finden sind. Oder dass in der Weimarer Republik trotz schwierigster Anfangsvoraussetzungen der Aufbau einer demokratischen Gesellschaft zunächst gelang - bzw. erkennbar war - und ein Bürgerkrieg, wie in Russland, vermieden werden konnte.
 
@Goldkrone: Die Auswahl der Ereignisse ist sicherlich sehr subjektiv, dennoch fällt mir auf, dass sie "Deutschland" seit dem dreißigjährigen Krieg eher aus der "Opferrolle" zeigen bzw. die Veränderungen negativ beurteilt.

Das ist historisch sicherlich nicht korrekt und berücksichtigt auch nicht die anderen Ereignisse, die eine "positive" deutsche Identität stiften können.

Beziehungsweise werden Ereignisse nicht ausreichend positiv gewürdigt, dass beispielsweise in Frankfurt (1848/49) eine Verfassung ausgearbeitet wurde, deren Ideen noch im GG zu finden sind. Oder dass in der Weimarer Republik trotz schwierigster Anfangsvoraussetzungen der Aufbau einer demokratischen Gesellschaft zunächst gelang - bzw. erkennbar war - und ein Bürgerkrieg, wie in Russland, vermieden werden konnte.

Lieber thanepower,:winke:

die von dir festgestellte Einseitigkeit war von mir nicht gewollt und ich wollte Deutschland sicher nicht mehr als "Opfer" darstellen, als andere Nationen "Opfer" der Entwicklungen des 19. Jahrhunderts wurden.
Gerade die mit der Industrialisierung einhergehenden und von mir erwähnten politisch-gesellschaftlichen Umstürze gingen an keinem (zunächst europäischen) Land vorüber - deshalb ist Deutschland nicht mehr "Opfer", als es andere Nationen sind.

Diese Entwicklungen sind unterm Strich sicher eher positiv zu bewerten, weil die Verbreitung der Dampfmaschine den Menschen eine Menge Arbeit abnahm und den folgenden, wissenschaftlich- technologischen Aufschwung erst möglich machte, aber es gab eben auch eine Menge Nachteile.

Die Zuspitzung der sozialen Frage, die Massenverelendung breiter Schichten und nicht zuletzt die Tendenz, dass die Politik (egal welcher Staatsform) viel weniger autonome Entscheidungen treffen konnte, sondern viel eher mittelbare Getriebene der eigenen Wirtschaft wurde.
 
Eine richtige und notwendige Positionsbestimmung zum 8. Mai 1945. Und Maas und Wirsching setzen die Erinnerung in eine positive Vorstellung um, wenn sie schreiben:

"Wie aber kann es gelingen, die Erinnerung an den 8. Mai so im europäischen Gedächtnis zu verankern, dass sie uns eint? Dafür braucht es zweierlei: Die Bereitschaft, die Perspektive der anderen einzubeziehen in unsere eigene Erinnerung - den Schmerz der Opfer genauso wie die Verantwortung der Täter. Und den Mut, klar zu trennen zwischen Opfer und Täter, zwischen Mythos und historischer Tatsache. Darauf hinzuarbeiten - das bleibt Anspruch und Auftrag deutscher Politik im Umgang mit Geschichte. Gut, dass uns der 8. Mai daran erinnert."

https://www.spiegel.de/politik/deut...hichte-a-d74deffe-c0f3-4ff7-a6af-dc713e74c6f3
 
Heute vor 75 Jahren endete der WW2 mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht und dem Zusammenbruch des menschenverachtenden Regime von Adolf Hitler und der Herrschaft der NSDAP und der SS.

Ein Ereignis, dem wir verdanken, dass wir in Freiheit aufgewachsen sind. Dafür bin ich allen dankbar, die ihr Leben eingesetzt haben, um Deutschland zu befreien.

Es ist aber auch an alle zu erinnern, die in Deutschland in dieser Zeit, das Gedenken an eine demokratische Phase in der Weimarer Republik wachgehalten haben, unter den wachsamen Augen des SD und der Gestapo.

https://www.spiegel.de/geschichte/k...hichte-a-64b9a54a-be13-489a-a4b7-1a79a4c918f0

https://www.deutschlandfunk.de/die-nachrichten.1441.de.html
 
Die Kritik von Miller ist nachvollziehbar und das Resultat der Ideologisierung von historischen Ereignissen während und nach dem Kalten Krieg. In dem Maße, in dem in der aktuellen russischen Geschichtsschreibung ein unkritisches Narrativ der Phase des Stalinismus gezeichnet wird, wird an anderen Orten in Europa, eine ebenso einseitige und teils irreführende nationalistische Geschichtsschreibung präferiert, die man durchaus als "russophob" bezeichnen kann. Und es wird damit an teilweise alte Feindbilder angeknüpft. Eine "Kostprobe" dieser Sichtweisen wurde letztens unter albanischen Vorzeichen abgeliefert.

https://www.deutschlandfunk.de/russ...h-kriegsende.2849.de.html?drn:news_id=1128596

Es war in den Diskussionen im Geschichtsforum über die Sowjetunion in diesem Forum immer das Bestreben vorhanden, dieser ideologischen Verklärung zu widersprechen und eine objektivierende und kritische Sicht - nach allen Seiten - zu verfolgen. Und es ist m.E. gelungen, ein differenziertes Bild zu zeichnen, das der Rolle der stalinistischen Sowjetunion gerecht geworden ist.

Und dieser objektivierende Narrativ liegt auch im Interesse Deutschlands, da er ein vorurteilsfreies Bild des aktuellen Russland zuläßt und auch die Sicht auf die Historie nicht verklärt.
 
Miller sagt in dem angesprochenen Interview: "..das ist doch die Sache: Zwischen die sowjetische Okkupation und die Nazi-Okkupation wird ein Gleichheitszeichen gesetzt."
Ich glaube nicht, dass für viele Polen die Frage wichtig ist, ob die sowjetische Okkupation genauso schlimm wie die deutsche oder die deutsche doch viel schlimmer war. Ich stelle mir vor, dass die meisten Polen denken, und das bei Gelegenheit auch sagen, dass die sowjetische Okkupation schon auch sehr schlimm war.
Historiker haben die Aufgabe, gegenüber so pauschalen, aber nicht falschen Auffassungen zu differenzieren. Das ist natürlich auch nicht besonders schwer.
 
Historiker haben die Aufgabe, gegenüber so pauschalen, aber nicht falschen Auffassungen zu differenzieren. Das ist natürlich auch nicht besonders schwer.

Doch, es ist schwer und im Rahmen des "Historikerstreits" hat sich deutlich gezeigt, dass der Narrativ über diese Periode nicht einheitlich ist.

Und ähnlich war der Narrativ über den Ausbruch des WW1 konfliktreich wie an der "Fischer-Kontroverse" sehr deutlich geworden ist.

Letztlich gibt es eine umfangreiche Diskussion zur "Objektivität" im Rahmen der Geschichtschreibung, da es immer Interessen gibt, die zur Legitimation der eigenen Vorstellungen, einen Einfluss auf die Geschichtsschreibung nehmen wollen.
 
Schon klar, Strittiges gibt es übergenug. Ich denke nur, der Historiker macht es sich zu einfach, wenn er Geschichtsbilder der Öffentlichkeit als zu simpel kritisiert. Die können nicht allzu komplex sein, es geht darum, dass die Bilder als Holzschnitte treffend sind.
 
Miller sagt in dem angesprochenen Interview: "..das ist doch die Sache: Zwischen die sowjetische Okkupation und die Nazi-Okkupation wird ein Gleichheitszeichen gesetzt."
Ich glaube nicht, dass für viele Polen die Frage wichtig ist, ob die sowjetische Okkupation genauso schlimm wie die deutsche oder die deutsche doch viel schlimmer war. Ich stelle mir vor, dass die meisten Polen denken, und das bei Gelegenheit auch sagen, dass die sowjetische Okkupation schon auch sehr schlimm war.
Historiker haben die Aufgabe, gegenüber so pauschalen, aber nicht falschen Auffassungen zu differenzieren. Das ist natürlich auch nicht besonders schwer.

Verzeihung, natürlich ist es grundsätzlich falsch zwischen die sowjetische und die NS-Okkupation einfach ein Gleicheitszeichen zu packen.
Das beide als fürchterlich empfunden wurden, geschenkt, dass wurden aber 2 Generationen vorher die die vorrangegangenen polnischen Teilungen in Verbindung mit den damit einhergehenden Drangsalen auch.
Will man die aber nun deswegen qualitativ in einen Topf werfen?
Etwas für schrecklich zu halten, ist zunächstmal keine historische Betrachtung, sondern ein Rekurs auf eine emotionale Stimmung, historisch wäre sich mit den jeweiligen Methoden und Vorgehensweisen der Besatzungsmächte auseinander zu setzen, dabei zu betrachten, welche Spielräume die Bevölkerung hatte, welche sie nicht hatte und was die Besatzer beabsichtigten.
Das darf man auch der öffentlichen Erinnerungskultur durchaus gerade eben noch zutrauen.

Schon klar, Strittiges gibt es übergenug. Ich denke nur, der Historiker macht es sich zu einfach, wenn er Geschichtsbilder der Öffentlichkeit als zu simpel kritisiert. Die können nicht allzu komplex sein, es geht darum, dass die Bilder als Holzschnitte treffend sind.

Die Frage ist, wie ich meine, welchen Grad von Simplifizierung man denn noch als Geschichtsbild durchgehen lassen kann und wo (nicht selten politisch motivierte) Mythenbildung anfängt.
Wenn man zwischen NS und Sowjetregime, also zwischen dezidierte Vernichtung- und repressive Umerziehungsprogramme und Deportationen, etc. einfach ein Gleichheitszeichen setzt und das unter der Kategorie "furchtbar" subsummiert, ist man nicht mehr weit davon weg, eine allgemeine Kategorie zu haben, unter der sich dann auch alle anderen als historische Drangsale empfundenen Situationen ohne weiteres Subsummieren lassen.

Wenn die Gleichsetzung NS = Sowjetregime zulässig sein soll, warum dann nicht auch die Gleichsetzung NS = Sowjetregime = Russland = Preußen = Österreich = Deutschordensstaat = Mongolen?

Wenn aber so oberflächlich verfahren wird, dass eine solche Gleichsetzung zulässig wird, was hat man dann aus der Geschichte und über einzelne Episoden der Geschichte gelernt? Eigentlich nichts, dann hat man lediglich eine emotionale Ablehnung zum Ausdruck gebracht.
Das kann man mMn durchaus als zu simpel bezeichnen, muss man, nach meinem Dafürhalten sogar.
 
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