Streitwagen und ihre Bedeutung für die Kriegskunst

Scorpio

Aktives Mitglied
Angeregt von meiner Frage nach "Rossebezähmern" und Wagenlenkern in der Ilias stieß ich im Internet auf einen Aufsatz des Historikers Oswald Spengler (Der Untergang des Abendlandes), der in den 1930er Jahren einen Vortrag über die Bedeutung des Streitwagens in der Kriegskunst hielt. Spengler äußerte dabei die These, dass kaum ein Waffensystem die Kriegskunst mehr revolutioniert habe, als der Streitwagen, selbst die Feuerwaffen nicht. Die Entwicklung der Kavallerie sei nur eine Konsequenz aus der Nutzung des Streitwagens gewesen.

Die Nutzung des Streitwagens setzte nicht nur die Zähmung und Domestikation des Pferdes, sondern auch eine planmäßige Zucht und ein ausgeklügeltes Training voraus, die aus dem "Fluchttier" Pferd eine Angriffswaffe machten. Zur Besatzung gehörte ein gut trainiertes Team aus Wagenlenker und einem oder mehreren schwerbewaffneten Kämpfern. Die mit Streitwagen ausgerüsteten Hyksos und Hethiter fügten den Ägyptern heftige Verluste zu, bis diese ebenfalls Streitwagenkorps aufstellten.

Was werden wohl die Gründe gewesen sein, dass man Pferde zuerst vor Wagen spannte, als auf ihnen zu reiten? Die Assyrer gehörten zu den ersten, die Kavallerie einsetzten. Bis in klassische Zeit hielten sich Streitwagen auf den Schlachtfeldern, am längsten auf den britischen Inseln, wo sie noch im 1. Jahrhundert nach der Zeitenwende eine Rolle spielten.

Wie hoch würdet ihr die Bedeutung von Streitwagen einschätzen?
 
Was werden wohl die Gründe gewesen sein, dass man Pferde zuerst vor Wagen spannte, als auf ihnen zu reiten?
Die Größe? ;)
Die ersten Pferde mit Kontakt zum Menschen sind zu klein gewesen um darauf sinnvoll zu reiten, besonders wenn man Rüstung und Bewaffnung berücksichtigt. Zwei oder mehr solcher Pferde konnten aber einen Streitwagen ziehen und so als quasi Gefechtstaxi, als Befehlsplattform oder für mobile Bogenschützen sorgen.

Vor einigen Jahren wurde im Rahmen der Troja-Ausstellung in Bonn darauf hingewiesen, wie die Verteidiger gewisse Gräben anlegten um die potenziellen Angreifer zu stören und eigenen Streitwagen mittels Ortkenntnis immer noch Ausfälle zu ermöglichen. Die damaligen Pferde hätten zwar etwa 120 kg ziehen können (also zu zweit einen Streitwagen für 2-3 Mann), ihre Rücken wären aber nur für Reiter bis etwa 60kg geeignet gewesen. Dies wäre dann mit verbesserter Zucht bis zur Eisenzeit überwunden worden, so dass bereits bei den Perserkriegen Kavallerie die Streitwagen verdrängen konnte.
 
Was werden wohl die Gründe gewesen sein, dass man Pferde zuerst vor Wagen spannte, als auf ihnen zu reiten? Die Assyrer gehörten zu den ersten, die Kavallerie einsetzten. Bis in klassische Zeit hielten sich Streitwagen auf den Schlachtfeldern, am längsten auf den britischen Inseln, wo sie noch im 1. Jahrhundert nach der Zeitenwende eine Rolle spielten.
Vermutlich war es für den Kampfeinsatz zunächst einfacher, wenn sich ein Mann nur auf die Führung der Pferde konzentrieren konnte, der Kämpfer dafür voll das Kampfgeschehen im Auge behalten und reagieren konnte. Beim Reiter ist das Kunststück, dass er beides gleichzeitig beherrschen muss. Diese Kunst war sicher schwieriger zu erlernen.
 
Spengler äußerte dabei die These, dass kaum ein Waffensystem die Kriegskunst mehr revolutioniert habe, als der Streitwagen, selbst die Feuerwaffen nicht. Die Entwicklung der Kavallerie sei nur eine Konsequenz aus der Nutzung des Streitwagens gewesen. ... Wie hoch würdet ihr die Bedeutung von Streitwagen einschätzen?

Es gibt einige historische Umwälzungen, die durch den Einsatz des Streitwagens bewirkt wurden.

Die Hyksos besiegten die Ägypter unter anderem durch die Verwendung des dort unbekannten - oder nicht beachteten - Streitwagens. Grabfunde haben die Einführung von Pferd und Streitwagen durch die Hyksos in Ägypten bestätigt. Nach Vertreibung der Hyksos schufen auch die Ägypter eine Streitwagenwaffe, ferner die Assyrer und Hethiter.

Die überlegene Macht des Mitannireichs beruhte auf seinen Streitwagen, die dort etwa um 1500 v. Chr. erstmals in Vorderasien eingesetzt wurden. Die Mitanni waren im übrigen berühmt für ihre Pferdezucht.

Auch die Mykener setzten den dort bis dato unbekannten Streitwagen ein. Wegen des hügeligen Geländes kam er allerdings im mykenischen Griechenland nicht zu voller Entfaltung und wird vermutlich eher als Prestigeobjekt gedient haben.
 
Vermutlich war es für den Kampfeinsatz zunächst einfacher, wenn sich ein Mann nur auf die Führung der Pferde konzentrieren konnte, der Kämpfer dafür voll das Kampfgeschehen im Auge behalten und reagieren konnte. Beim Reiter ist das Kunststück, dass er beides gleichzeitig beherrschen muss. Diese Kunst war sicher schwieriger zu erlernen.

Die These hält auch Marcus Junkelmann für die plausibelste. (Die Reiter Roms Bd I). Anscheinend waren viele gallische Adelige mit der Leistung der eigenen Pferde nicht zufrieden, weshalb sie zur Veredelung von den Römern Pferde kauften. Die bedeutendsten Zuchtgebiete für Vollblutpferde waren die iberische Halbinsel und Nordafrika, aber auch Sizilien, Thessalien und Kappadokien waren bekannt für edle Pferde. Die Pferde der Römer waren etwa so groß wie heutige Kleinpferde oder Großponnys wie das Connemara. Die Pferde der Kelten und Germanen waren deutlich kleiner. Das könnte mit ein Grund dafür gewesen sein, dass der Streitwagen in Britannien sich in der westlichen Reichshälfte deutlich länger hielt.
 
Die Größe? ;)
Die ersten Pferde mit Kontakt zum Menschen sind zu klein gewesen um darauf sinnvoll zu reiten, besonders wenn man Rüstung und Bewaffnung berücksichtigt. Zwei oder mehr solcher Pferde konnten aber einen Streitwagen ziehen und so als quasi Gefechtstaxi, als Befehlsplattform oder für mobile Bogenschützen sorgen.

Vor einigen Jahren wurde im Rahmen der Troja-Ausstellung in Bonn darauf hingewiesen, wie die Verteidiger gewisse Gräben anlegten um die potenziellen Angreifer zu stören und eigenen Streitwagen mittels Ortkenntnis immer noch Ausfälle zu ermöglichen. Die damaligen Pferde hätten zwar etwa 120 kg ziehen können (also zu zweit einen Streitwagen für 2-3 Mann), ihre Rücken wären aber nur für Reiter bis etwa 60kg geeignet gewesen. Dies wäre dann mit verbesserter Zucht bis zur Eisenzeit überwunden worden, so dass bereits bei den Perserkriegen Kavallerie die Streitwagen verdrängen konnte.
Ich hatte statt deinem Beitrag den von @Galeotto zitiert. Die mangelnde Größe hielt auch Junkelmann für entscheidend. Abbildungen von der Trajan- und Marc Aurelsäule geben eine ungefähre Größe der Pferde der römischen Kavallerie. Die Füße der Reiter schleifen fast am Boden. Eine durchschnittliche Stockmaßhöhe von 130-135 cm wird für die Pferde der römischen Kavallerie eine einigermaßen verlässliche Schätzung gewesen sein, die auch durch Bodenfunde bestätigt wird, wobei vereinzelt auch Stockmaße von 147-150 cm erreicht wurden.

Die von Germanen und Kelten benutzen Ponys waren gedrungener und entsprachen etwa kleineren Islandponys. Caesar erwähnt in seinen Comentarii de Bello Gallico (Bd IV, 2, 2 ff) dass die Germanen nicht einmal auf importierte römische Pferde die den gallischen Adeligen so wert waren zurückgriffen, sondern ihre kleinen unansehnlichen Pferde durch hartes Training zu großer Zähigkeit ausbildeten. Noch im Verlauf des 1.Jhds. nach Chr. erhöhte sich die durchschnittliche Widerristhöhe von 125cm bis auf 140 cm war sicher nur durch einkreuzen iberischer, nordafrikanischer und anderer Rassen möglich. Die Widerristhöhen von Skelettresten hethitischer Pferde aus dem 17.-14. vorchristlichen Jahrhundert ergaben Widerristhöhen von 130-140cm. (Junkelmann, Die Reiter Roms Band 1, S.42-43). Dabei war aber eine planvolle Zucht bereits längere Zeit vorausgegangen.
Die ersten domestizierten Tiere waren im Durchschnitt kleiner, als Wildformen, durch eine planmäßige Zucht und Veredelung über einige Generationen wurde aber die Größe der Wildformen bald erreicht und übertroffen. Die ersten Streitwagenponys dürften aber kleiner gewesen sein, mit einem Stockmaß unterhalb von 140-150 cm das die Obergrenze der römischen Pferde des 1. und 2. Jhds. nach Chr. bildete. Da der Sattel noch in den Kinderschuhen steckte, Steigbügel erst in den Wirren der Völkerwanderungszeit auftauchten, und Trensen und Kandaren sicher auch einen größeren Entwicklungszeitraum erforderten, scheint es nicht abwegig, wenn es sicherer schien, Pferde vor einen Wagen zu spannen, als sie zu reiten. Kleine Pferde sind nicht weniger leistungsfähig als große, im Verhältnis zur Körpergröße ist das Shetlandpony eines der stärksten Pferde. Hochbeinige Pferde sind nur im Springen im Vorteil, das vor dem 19. Jhd. überhaupt keine Bedeutung hatte. Ein Reiter, der im wahrsten Sinne des Wortes auf einem hohen Ross saß, hatte nicht nur in punkto Selbstbewusstsein einen Vorteil gegenüber einem Reiter auf einem kleineren Pferd.
 
Ich hatte statt deinem Beitrag den von @Galeotto zitiert. Die mangelnde Größe hielt auch Junkelmann für entscheidend. Abbildungen von der Trajan- und Marc Aurelsäule geben eine ungefähre Größe der Pferde der römischen Kavallerie. Die Füße der Reiter schleifen fast am Boden.
Ich denke nicht, dass die beiden Säulen geeignet sind Rückschlüsse auf die Größe von Tieren zu ziehen. Auf der Trajanssäule sind auch große Schiffe und selbst Festungen, gegenüber den Soldaten ziemlich klein dargestellt.
Schaut man sich die Reiterstatue des Marc Aurel an, so sieht das schon etwas anders aus. Das Pferd ist nicht übermäßig groß aber auch nicht zu klein im Vergleich zum Reiter. http://photos.wikimapia.org/p/00/04/47/23/44_big.jpg
Auch hier finde ich das Reiter-Pferd-Verhältnis recht normal. http://www.lexikus.de/pics/manager/..._roemische_bronze._neapel_nationalmuseum..jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke nicht, dass die beiden Säulen geeignet sind Rückschlüsse auf die Größe von Tieren zu ziehen. Auf der Trajanssäule sind auch große Schiffe und selbst Festungen, gegenüber den Soldaten ziemlich klein dargestellt.
Schaut man sich die Reiterstatue des Marc Aurel an, so sieht das schon etwas anders aus. Das Pferd ist nicht übermäßig groß aber auch nicht zu klein im Vergleich zum Reiter. http://photos.wikimapia.org/p/00/04/47/23/44_big.jpg
Auch hier finde ich das Reiter-Pferd-Verhältnis recht normal. http://www.lexikus.de/pics/manager/..._roemische_bronze._neapel_nationalmuseum..jpg

Schiffe oder Festungen wurden aber aus räumlich stilistischen Gründen eher als pars pro toto stilisiert dargestellt. Ähnlich wie bei Darstellungen von Circusspielen wo die Länge der Spina kaum in räumlich korrektem Maßstab wiedergegeben wird (werden kann), und meist nur die Wendemarken abgebildet sind. Junkelmann rekonstruierte bei den Abbildungen von der Trajan und Marc Aurelsäule ein Stockmaß von 130-140 cm, was sich auch mit den eher spärlichen archäologischen Funden deckt. In "Die Reiter Roms Band I" stellt er S. 250 ff. im Anhang "Zur Körpergröße römischer Pferde" die aus Skelettfunden errechneten Größen noch einmal zusammen. Auf der Trajansäule ist zu sehen, wie Decebalus, sich ins Schwert stößt, kurz bevor ihn ein römischer Offizier ergreifen kann. Dieser ist zufällig namentlich bekannt: Tiberius Claudius Maximus von der Ala II Pannoniorum. Er wurde wegen seiner Verdienste zum Leutnant (duplicarius) befördert. Dafür, dass er Trajan Decebalus Kopf brachte, wurde er zum Rittmeister (decurio)) ernannt. (Junkelmann, Die Reiter Roms Band I S. 174. )
 
@Scorpio, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/c/ce/Regenwunder.jpg Hier ein Beispiel von den Marc-Aurel-Säule. Diese Pferde stehen in ihrer Körpergröße in einem absoluten Missverhältnis zu den Menschen. http://farm4.static.flickr.com/3342/4638129375_241be6e6c1.jpg Bei dem vorderen Reiter sind die Beine des Reiters tiefer als die seines Reittieres. Das Widerristmaß wäre dann unter einem Meter. Man kann diese Reliefs nicht für die realistische Größe der Pferde verwenden und muss auch bedenken, dass diese Bilder von unten betrachtet wurden, was häufig eine Verzerrung notwendig machte. Sicher wollten die Künstler auch hauptsächlich die siegreichen Soldaten hervorheben und weniger deren Reittiere. Reiterstandbilder sind da zum Vergleich schon geeigneter, Skelettfunde natürlich am besten.
http://www.vroma.org/images/mcmanus_images/charioteerred3.jpg
http://4.bp.blogspot.com/_VBuIPbPkA6A/SiVE2TMzqPI/AAAAAAAAAZU/YFEKZSJC8fc/s400/CS003229.jpg Auch diese Mosaiken von Wagenlenkern zeigen kaum realistische Größenverhältnisse.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was werden wohl die Gründe gewesen sein, dass man Pferde zuerst vor Wagen spannte, als auf ihnen zu reiten?
Wie Du anmerkst, ist es ohnehin erstaunlich, dass man ein Fluchttier in ein Gemetzel leiten kann.
Dann wäre die Frage, kriegt man ein Pferd leichter dazu wenn man nicht auf ihm sitzt, sondern einen Karren ziehen lässt?
Wie verhältnismäßig stark muss bei den zwei Möglichkeiten jeweils das gegenseitig notwendige Vertrauen zwischen Mensch und Pferd sein, und wie hat sich solches entwickelt?

Vielleicht hat das Pferd die Geschichte gemacht?
(Dem sehr viel dümmeren Weizen ist solches ja auch gelungen, ..selbst der Dampfmaschine.)
 
Eine ähnliche Diskussion hatten wir zu Pferdegrößen hier: Wie waren die Kelten bewaffnet bzw. sahen aus wenn sie in die Schlacht zogen

Ein Zitat zum Partheonrelief:"
"Die Kunst des klassischen Griechenlands war keine repräsentative Staatskunst, sondern wurde von Naturbeobachtung, Ästhetik und Liebe zur Sache bestimmt. Pferde stellte man immer äußerst ausdrucksvoll und für uns unverkennbar „antik“ dar. Oft vergleicht man sie mit Arabern, aber die griechischen Pferde zeigen eine gedrungenere Körperform und eine für den Araber ganz untypische, runde Kruppe, die wohl auf nordafrikanische Einflüsse zurückzuführen ist.
Das im Altertum häufig angewendete künstlerische Gesetz der Isokephalie (= Ausrichtung aller Scheitelpunkte der dargestellten Figuren auf eine Höhe) sorgte wohl für eine bewusst verkleinerte Darstellung der Pferde. Auch beim Parthenonfries bilden Reiter und Pferdeköpfe eine zum Friesrand parallel verlaufende, leicht gewellte Linie, die wohl kaum der Realität entsprach, sondern als künstlerische Verfremdung zu verstehen ist. Durch die Verkleinerung der normalerweise in Darstellungen flächenmäßig dominierenden Pferde erscheinen die Reiter bedeutungsvoller. Sie verschmelzen so förmlich mit den Tieren zu einer vom menschlichen Geist und Willen kontrollierten Einheit."

Bei ostkeltischen Münzen wirken Reitpferde stark vergrößert und unproportional, umgekehrt bei westkeltischen Münzen, die Pferde stark verkleinert. Aus der Proportionalität zwischen Reiter und Pferd auf die Größe schließen zu wollen, ist sehr riskant, aussagekräftiger sind die archäologischen Funde von Pferdeskeletten.
Und meiner Ansicht nach zeigen sie, dass Pferdezucht und Pferdehandel lange zurückreicht, und Gemeinschaften, die militärisch auch Kavallerie (oder Streitwägen) eingesetzt haben, viel bedeutet hat.

Noch ein Text: Martin Schönfelder: Das spätkeltische Wagengrab von Boé (Dép. Lot-et-Garonne): Studien zu Wagen und Wagengräbern der jüngeren Latènezeit.https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/binary/DHT7TZHFU6CC66XWZPRQYGHKMBYMDPMR/full/1.pdf

Unten Nachbau / wissenschaftliche Rekonstruktion eines zweirädrigen, gefederten keltischen Streitwagens (Latène C und D)

14-1ff9226595.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
meiner Erinnerung nach wurde das Pferd in den Ursprungsgebieten ursprünglich sowieso nicht als Reittier verwendet da die Hufe zu klein waren, deshalb wurden zum Reiten Rentiere verwendet.
 
Wie Du anmerkst, ist es ohnehin erstaunlich, dass man ein Fluchttier in ein Gemetzel leiten kann.
Dann wäre die Frage, kriegt man ein Pferd leichter dazu wenn man nicht auf ihm sitzt, sondern einen Karren ziehen lässt?
Ich vermute , dass sich Pferde, als Herdentiere in einem Gespann und größer körperlicher Nähe zu Artgenossen sicherer fühlen, als allein mit einem Menschen auf dem Rücken.
 
...erstaunlich, dass man ein Fluchttier in ein Gemetzel leiten kann.
Dann wäre die Frage, kriegt man ein Pferd leichter dazu wenn man nicht auf ihm sitzt, sondern einen Karren ziehen lässt?

Ich vermute , dass sich Pferde, als Herdentiere in einem Gespann und größer körperlicher Nähe zu Artgenossen sicherer fühlen, als allein mit einem Menschen auf dem Rücken.
Eure Theoretisiererei in allen Ehren, aber trotz der Anfänge mit Streitwagen: Die letzten zweieinhalb Jahrtausende ist das Pferd in der Schlacht nicht als Zug- sondern als Reittier verwendet worden. Bis heute, man denke an die berittene Polizei. Gewisse technische Entwicklungen im Zaumzeug und Steigbügel etc. haben die Benutzung des Pferdes als Reittier in der Schlacht einfach verbessert, da schließlich auch Halt etc. eine Rolle spielt, gerade dann, wenn man mit den Händen nicht in die Mähne greifen kann.

meiner Erinnerung nach wurde das Pferd in den Ursprungsgebieten ursprünglich sowieso nicht als Reittier verwendet da die Hufe zu klein waren, deshalb wurden zum Reiten Rentiere verwendet.
Ob ursprünglich das Ren als Reittier verwendet wurde, weiß ich nicht, halte ich aber durchaus für möglich. Jedenfalls ist in skythischen Pferdgräbern (allerdings der jüngeren Pazyryk-Stufe) Kopfschmuck gefunden worden, der den Eindruck erweckte, die Pferde hätten ein Rengeweih. Was allerdings dagegen spricht anzunehmen, dass das in Erinnerung an vergangene Reitertraditionen auf Rentieren geschehen ist, ist, dass man in Berel, ebenfalls Pazyryk-Stufe, auch Pferdekopfschmuck gefunden hat, der an die Hörner von Steinböcken erinnert.
 
Eure Theoretisiererei in allen Ehren, aber trotz der Anfänge mit Streitwagen: Die letzten zweieinhalb Jahrtausende ist das Pferd in der Schlacht nicht als Zug- sondern als Reittier verwendet worden
EQ, das versteh ich garnicht.
Nahmen Streitwagen nicht an Schlachten teil?
Also, haben die Krieger sich vom pferdgezogenen Karren aus gegenseitig aus nächster Nähe umgebracht oder nicht? Wie kann ich mir das vorstellen?

Sorry, aber da steh ich wirklich auf dem Schlauch.
 
Klar nahmen sie teil. Mir ging es um eure Theoretisiererei, dass Pferde als Fluchttiere Probleme mit Reitern haben, die letzten zweieinhalb Jahrtausende Kriegführung plus aktuell berittener Polizei widerlegen das.
 
Es ist immer wieder zu lesen, dass die Domestizierten Pferde zunächst zu klein zum Reiten waren. Es ist ja eine bekannte Tatsache, dass Tiere oft in der ersten Zeit nach der Domestizierung kleiner gezüchtet wurden.

Das wäre doch eine wesentlich einfachere Erklärung. Das lange Beibehalten von Streitwagen in einigen Kulturen muss natürlich anders erklärt werden. Zur Zeit Cäsars war das Reiten ja keine Geheimwissenschaft mehr.
 
Ich habe zwei Einwände gegen die Hypothese, dass das Pferd ursprünglich geeigneter für die Nutzung mit Streitwagen gewesen wäre.
1. Zum Argument, die Nutzung als Antrieb von Streitwagen wäre dem Pferd als Fluchttier und wegen der geringen Größe und Leistungsfähigkeit "leichter" gefallen, als die Nutzung als Reittier:
Bei der Domestizierung des Pferdes "überwindet" das Pferd seine Scheu vor dem Menschen, geht mit ihm eine "Beziehung" ein. Damit möchte ich nicht sagen, dass dieses Vertrauensverhältnis ausreichend ist, um sich mit einem Pferd ins Schlachtgetümmel zu werfen, jedoch ist die Domestizierung schon eine Veränderung und Voraussetzung, die das "natürliche" Fluchtverhalten zumindest reguliert.
Das Pferd ist jedoch kein reines Fluchttier, Flucht wird insofern vermieden, weil es die körperlichen Reserven angreift - die akustischen und optischen Sinneswahrnehmungen von Pferden ist durch hohe Aufmerksamkeit darauf ausgerichtet, Gefahren schon frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Hengste, aber auch alle anderen Herdentiere können jedoch auch aggressiv reagieren, wenn eine Flucht z.B. nicht mehr möglich ist. Hengste agieren dabei nicht nur defensiv (Huftritte), sondern können auch beißend angreifen. Im Notfall bilden Wildpferde einen Kreis und verteidigen die Fohlen in ihrer Mitte gegen Beutegreifer. Wären Pferde reine Fluchttiere und wenig wehrhaft, wären sie kaum zum kriegerischen Einsatz geeignet.
Pferde wurden auch als Treibtiere für Viehherden genutzt, und mussten entsprechend mutig, gewandt und robust sein, um auch großen und aggressiven Herdentieren gewachsen zu sein. Die Lusitaner werden noch heute für den Stierkampf gezüchtet, die Camarguepferde werden von den Gardians noch immer als Arbeitstiere mit den Camarguesstieren gebraucht. Auch hier ist meiner Ansicht nach eine Voraussetzung dem Arbeitstier Pferd antrainiert und "angezüchtet" worden, die den kriegerischen Einsatz möglich machte.
2. Zum Argument, dass der Streitwagen einfacher zu gebrauchen gewesen wäre, da sich Lenker und Krieger die Aufgaben teilen, und es sicherer gewesen wäre, sie vor Streitwagen zu spannen. Diese Argumente kann ich insofern nachvollziehen, da es ein besonderes Training erforderte, mehrere Tätigkeiten gleichzeitig auf und mit dem Pferd auszuführen: für reitende Hirten, die von Kindesbeinen an ritten, sicher leichter zu bewältigen, als für einen heutigen Mitteleuropäer, der sich einmal in der Woche in der Freizeit auf ein Pferd schwingt -
meiner Ansicht nach unterschätzt eine Argumentation, die den technologischen Vorsprung des Streitwagens betont (fehlende Sättel, Steigbügel), dass einerseits Stteitwagen "teuer" waren, bei den östlichen Reichen eine "protostaatlichen" Eliteeinheit darstellten, und zweitens, dass auch der Streitwagen hochkomplex war, und kein einfacher Karren, vor den der Antrieb Pferd gespannt wurde. Ich stelle daher einen Text zum oben abgebildeten gallischen Streitwagen ein, dort werden die beim Rekonstruktionsversuch aufgetauchten technischen Schwierigkeiten beschrieben:
Es gibt zwar in verschiedenen vorgeschichtlichen Epochen durchaus Belege für (leichte) Streitwagen mit endständigem Kasten. Beim keltischen Streitwagen ist aber zu berücksichtigen, dass mit dem weit vorne sitzenden Wagenlenker und dem dahinter stehenden Krieger erhebliches Gewicht über Deichsel und Joch auf die Pferde übertragen wird. Die vorgeschlagene Rekonstruktion schien mir auch deshalb wenig überzeugend, weil bei neuzeitlichen Zweiradwagen (durch verstellbare Sitze) eine Gewichtsverlagerung auf die Pferderücken tunlichst ver-mieden wird. Damit werden Verletzungen der Pferde im Bereich der Geschirrauf-lagen verhindert, die durch den Gang der Pferde bedingte Wippbewegung ver-mindert und generell die Leistungsfähigkeit der Zugtiere optimiert.
Die technische Entwicklung des Streitwagens, der ein spezialisiertes Handwerk, ein langwieriges Training und "staatliche" Investititonen erforderte, können meiner Anicht nach nicht nur mit seinen Vorteilen gegenüber dem Reiten erklärt werden. Der gefederte keltische Wagen und seine kulturgeschichtliche Einordnung
 
Zurück
Oben