Siegel des Stadtgouverneurs von Jerusalem

Da wird politisiert:

Sie widerlegt die palästinensische Behauptung, zur Zeit des salomonischen Tempels habe es keine jüdische Herrschaft am Tempelberg gegeben.

Als ob das irgendjemand der ernstgenommen werden wollte, bezweifelte. Nur weil sich vielleicht vereinzelte Palästinenser aufgrund der politischen Lage zu solchen Aussagen versteigen, muss man nicht so tun, als habe die Archäologie nun zu revolutionären Erkenntnissen geführt.
 
@ Carolus: Aussage über den Tempelberg, nicht den Tempel. Bei den Palästinensern ist es en vogue nicht nur die Existenz des Ersten Tempels zu bezweifeln, sondern auch die Jüdische oder Israelische Herrschaft über den Tempelberg (und Jerusalem) vor der Babylonischen Gefangenschaft. Da ist natürlich der Fund eines Siegelabdrucks des Stadtgouverneurs von Jerusalem wichtig. (Es gibt verschiedene Theorien wo der Tempel wirklich gestanden hätte. Im Forum wurde mehrfach über Südarabien-Theorien diskutiert, aber es gibt auch Alternativ-Vorschläge in Palästina.)

@ El Quijote: Es gibt tatsächlich Leute, die so etwas glauben. Alles einfach mit "Idioten" abzubügeln ist in solchen Fällen nicht hilfreich. Zumal es tatsächlich nach Deinen eigenen strengen Maßstäben nicht ganz einfach nachzuweisen ist. Ein so anschaulicher Gegenstand ist immer hilfreicher. Aber ich gebe Dir Recht, dass da mal wieder zu sehr aufgebauscht und die Sensation gesucht wird.
 
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Dieses Siegel stammt laut Artikel aus der Zeit des ersten Tempels (des berühmten Salomonischen Tempels), also die Zeit zwischen ca. 1000 und 587 v. Chr. Archäologische Beweise für diesen Tempel gibt es nicht. Aber das liegt daran, dass auf dem Tempelberg nicht gegraben werden darf. Das Siegel alleine sagt aber auch m. E. nichts über die Existenz des Tempels aus, sondern nur dass es in dem Zeitraum einen Stadtgouverneur in Jerusalem gegeben hat.

Aber der Artikel ist sicherlich nur eine Zusammenfassung einer Presseagentur bzw. einer Pressemitteilung der Archäologen. Da sollte man "ad fontes" suchen.
 
Es kommt auf die Sprache an, gell. Und in welcher Schrift. Und schon hat man mehrere Hinweise bezüglich welcher Regierung der Stadtgouverneur zuarbeitet.
 
und "Stadtgouverneur" sagt ja nix darüber aus in welchem Auftrag gouverniert worden ist.

Als isolierter Fund ist das wohl richtig, aber der Text ist auf und in Hebräisch geschrieben und wurde dort gefunden, wo literarischen Überlieferungen (Bibel) sich zu dem Zeitpunkt (ca. 700 v. Chr.) die Hauptstadt des Königreiches Israel befand. Desweiteren ist der Titel des Stadtgouverneurs auch in der Bibel an zwei Stellen erwähnt:

The bottom section reads, in early Hebrew script: “Belonging to the governor [sar] of the city.” Weksler-Bdolah explains that the governor most likely functioned much like today’s mayor. The role is referenced in the Hebrew Bible: in 2 Kings, Joshua is listed as the governor of the city in the days of Hezekiah, and in 2 Chronicles, Maaseiah is noted as governor of the city in the days of Josiah.

aus: 2,700-year-old seal impression cements existence of biblical Jerusalem governor

Desweiteren: Ancient clay seal found under Western Wall Plaza

Ich versuche gerade noch "ad fontes" zu suchen, aber das press release der Israel Antiquity Authority, auf das sich die Artikel beziehen, habe ich noch nicht gefunden.

Nachtrag: http://www.antiquities.org.il/about_en

The IAA websites are temporarely unavailable due to maintenance
 
The bottom section reads, in early Hebrew script: “Belonging to the governor [sar] of the city.” Weksler-Bdolah explains that the governor most likely functioned much like today’s mayor. The role is referenced in the Hebrew Bible: in 2 Kings, Joshua is listed as the governor of the city in the days of Hezekiah, and in 2 Chronicles, Maaseiah is noted as governor of the city in the days of Josiah.

Den Maaseiah habe ich schon gefunden:

Im achtzehnten Jahr seiner Regierung, während der Säuberung des Landes und des Tempels, sandte König Joschija Schafan, den Sohn Azaljas, den Stadtobersten Maaseja und den Sprecher des Königs, Joach, den Sohn des Joahas, in das Haus des HERRN, seines Gottes, um es instand setzen zu lassen.

2.Chronik 34 - Einheitsübersetzung 2016 :: BibleServer

Und hier noch den Joshua:

8 Er holte alle Priester aus den Städten Judas weg und machte die Kulthöhen von Geba bis Beerscheba, auf denen die Priester geopfert hatten, unrein. Er zerstörte die Torhöhen, die am Eingang zum Tor des Stadtobersten Josua auf der linken Seite des Stadttores waren.

2.Könige 23 - Einheitsübersetzung 2016 :: BibleServer

Mangels Hebräischkenntnissen kann ich allerdings nicht beurteilen, ob das in der hebräischen Bibel benutzte Wort das gleiche ist wie auf dem Siegel.
 
Dieses Siegel stammt laut Artikel aus der Zeit des ersten Tempels (des berühmten Salomonischen Tempels), also die Zeit zwischen ca. 1000 und 587 v. Chr. Archäologische Beweise für diesen Tempel gibt es nicht. Aber das liegt daran, dass auf dem Tempelberg nicht gegraben werden darf. Das Siegel alleine sagt aber auch m. E. nichts über die Existenz des Tempels aus, sondern nur dass es in dem Zeitraum einen Stadtgouverneur in Jerusalem gegeben hat.

Aber der Artikel ist sicherlich nur eine Zusammenfassung einer Presseagentur bzw. einer Pressemitteilung der Archäologen. Da sollte man "ad fontes" suchen.

Wie ich schon schieb, geht es hier nicht um den Tempel, sondern darum, wer die Macht in Jerusalem hatte, also -wie ich es ausdrückte, um den Tempelberg.

Dann muss ich noch darauf hinweisen, dass Herodes den Tempelberg planiert hat und dabei wohl die meisten Spuren des Ersten Tempels zerstört hat. Einfach darauf zu verweisen, dass dort nicht gegraben werden darf, führt nur dazu, dass sich der Blödsinn potenziert, wenn doch - ob nun illegal, durch Zufall oder wegen Bauarbeiten - gegraben wird.

Die Sprache des Siegelabdrucks zeigt, dass da eben keine Jebusiter, sondern Hebräer als Machthaber in Jerusalem unterwegs waren.
 
Mangels Hebräischkenntnissen kann ich allerdings nicht beurteilen, ob das in der hebräischen Bibel benutzte Wort das gleiche ist wie auf dem Siegel.
Ich kann auch kein Hebräisch. Die israelische Tagesszeitung Haaretz schreibt dazu: "The lower part has bears the inscription in ancient Hebrew script "sari'r" which the archaeologists are confident is ancient Hebrew for 'sar ha'ir' or 'governor of the city'. Typical of the time, there is no space between the words."
 
Den Maaseiah habe ich schon gefunden:



2.Chronik 34 - Einheitsübersetzung 2016 :: BibleServer

Und hier noch den Joshua:



2.Könige 23 - Einheitsübersetzung 2016 :: BibleServer

Mangels Hebräischkenntnissen kann ich allerdings nicht beurteilen, ob das in der hebräischen Bibel benutzte Wort das gleiche ist wie auf dem Siegel.


Die israelische Tagesszeitung Haaretz schreibt dazu: "The lower part has bears the inscription in ancient Hebrew script "sari'r" which the archaeologists are confident is ancient Hebrew for'sar ha'ir'or 'governor of the city'. Typical of the time, there is no space between the words."

'sar ha'ir' שר־העיר ist in den verlinkten Bibeltexten zu finden:
2.Chronik 34 - Hebrew OT :: BibleServer
2.Könige 23 - Hebrew OT :: BibleServer

Außerdem gibt es noch einen Stadtobersten Amon:
1.Könige 22 - Hebrew OT :: BibleServer

שר = s(a)r = Kommandant
עיר = ʿir = Stadt
 
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Als isolierter Fund ist das wohl richtig, aber der Text ist auf und in Hebräisch geschrieben und wurde dort gefunden, wo literarischen Überlieferungen (Bibel) sich zu dem Zeitpunkt (ca. 700 v. Chr.) die Hauptstadt des Königreiches Israel befand.
Entschuldige, wenn ich da ein wenig pingelig bin, aber um 700 v. Chr war doch Samaria die Hauptstadt Israels; Jerusalem hingegen Hauptstadt von Juda.

'sar ha'ir' שר־העיר ist in den verlinkten Bibeltexten zu finden:
Kann man denn auch ein "sari'r" auf den Fotos der Tonscheibe erkennen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann auch kein Hebräisch. Die israelische Tagesszeitung Haaretz schreibt dazu: "The lower part has bears the inscription in ancient Hebrew script "sari'r" which the archaeologists are confident is ancient Hebrew for 'sar ha'ir' or 'governor of the city'. Typical of the time, there is no space between the words."
Sari'r
ist sicher ein Buchstabendreher, da
sar ha-'ir
richtig ist, wird der Artikel (ha-) stumm. Es sollte (vorbehaltlich einer Regel, die ich nicht kenne) keinen Buchstabendreher geben (irgendwo im Verbalbereich gab es im Althebräischen Buchstabendreher, aber daran erinnere ich mich nicht mehr gut). Korrekt müsste also sein
sar'ir.


Kann man denn auch ein "sari'r" auf den Fotos der Tonscheibe erkennen?

Ein Yod, wie in שרעיר erkenne ich nicht. Ich erkenne nur ein שרער und einen zusätzlichen Buchstaben, den ich aber nicht identifizieren kann. Das "Fehlen" des Yod macht aber nichts, da die Schrift eh nicht plene (also 'voll ausgeschrieben') sondern defektiv ist, wie schon an dem kontrahierten ha- zu erkennen. In der Defektivschreibung werden auch Langvokale ausgelassen, nicht nur die Kurzvokale. Je älter ein Schriftstück, desto defektiver, je jünger desto normalisierter ist es (also plene).

Inschrift siegel.jpg


Für die Schriftzeichen im Bild habe ich die Paläohebräischen Schriftzeichen aus Paleo-Hebrew alphabet - Wikipedia verwendet.

Theoretisch könnte das zweite Resch ר aber auch ein Beth oder Daleth sein, da es nicht vollständig zu sehen ist. Wie wahrscheinlich das ist, müssen Semitisten ausmachen.
 
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Ich erkenne nur ein שרער und einen zusätzlichen Buchstaben, den ich aber nicht identifizieren kann.

Der erste Buchstabe muss ein Lamed sein.

L’impression d’argile, 13 x 15 mm pour deux à trois millimètres d’épaisseur, représente deux personnages se faisant face, au-dessous desquels on trouve l’inscription paléohébraique :

qu’on peut transcrire לשרער. Il n’y a pas d’espace ni de yod mère de lecture au mot עיר, et l’article ה est sous-entendu, soit לשר העיר, « [appartenant] au chef de la ville ».

לשרער : nouvelle découverte à Jérusalem (-VII)
 
Das wäre nachvollziehbar, auch vom Schriftbild her. Hebräisch oder arabisch li ist die Präposition 'für', 'um' etc.; also etwa 'für den Herrn der Stadt'.
 
Ich kann auch kein Hebräisch. Die israelische Tagesszeitung Haaretz schreibt dazu: "The lower part has bears the inscription in ancient Hebrew script "sari'r" which the archaeologists are confident is ancient Hebrew for 'sar ha'ir' or 'governor of the city'. Typical of the time, there is no space between the words."

Laut dem von Ugh Valencia verlinkten Artikel in Haaretz ist das nicht der erste Siegelfund aus dieser Periode in Jerusalem, und nicht einmal der erste, auf dem der Titel des Stadtgouverneurs auftaucht:

Many dozens of seal impressions and seals themselves have been found in ancient Jerusalem, including in this area by the Temple Mount. Also, several seal impressions of the Jerusalem governor ("sar ha'ir"), who was the highest-ranking officer in the city, have been making the rounds in the black market, Dr. Shlomit Weksler-Bdolah told Haaretz.
But this lump of baked clay, all of 1.3 by 1.5 centimeters in size and just over two millimeters thick, is unique in being of unquestionable provenance. "Ours is special because this was the first time the seal of the Governor of the City of Jerusalem itself was found in the right place," Weksler-Bdolah says.

read more: Governor of Jerusalem's seal impression from First Temple era found near Western Wall

Ich verstehe den Artikel so, dass dieses neu gefundene Siegel das einzige ist, das in einer regulären Ausgrabung gefunden wurde, während die anderen auf dem Schwarzmarkt zirkulierten. Ob diese Zufallsfunde, Funde aus Raubgrabungen oder möglicherweise gut gemachten Repliken originaler Fundstücke (Fälschungen) sind, vermag ich dem Artikel nicht zu entnehmen. Das Gebäude, in dem die Siegel (neben dem hier erwähnten auch weitere mit hebräischen Inschriften) gefunden, war laut dem Artikel kein Verwaltungsgebäude, sondern ein Wohngebäude, in dem vermutlich ein hoher Verwaltungsbeamter lebte.


Entschuldige, wenn ich da ein wenig pingelig bin, aber um 700 v. Chr war doch Samaria die Hauptstadt Israels; Jerusalem hingegen Hauptstadt von Juda.

Da ist nichts zu entschuldigen, und da bist Du auch nicht pingelig, sondern ist eine Richtigstellung einer falschen Aussage von mir, für die ich danke. Ich hatte die Aufteilung des Königreiches Israels in ein Nordreich (Israel) und ein Südreich (Juda) nicht mehr auf dem Schirm gehabt.
 
Das Gebäude, in dem die Siegel (neben dem hier erwähnten auch weitere mit hebräischen Inschriften) gefunden, war laut dem Artikel kein Verwaltungsgebäude, sondern ein Wohngebäude, in dem vermutlich ein hoher Verwaltungsbeamter lebte.
Die Frage ist natürlich, wie stark hier Arbeits- und privater Lebensort zu trennen sind. In vormodernen Zeiten waren diese doch meist vermischt.
 
Es kommt auf die Sprache an, gell. Und in welcher Schrift. Und schon hat man mehrere Hinweise bezüglich welcher Regierung der Stadtgouverneur zuarbeitet.
Diese Logik erschließt sich mir nicht; die Sprache, die eine Verwaltungsinstanz im Umgang mit Untergebenen verwendet muss doch nicht die sein, die im Umgang mit übergeordneten Instanzen oder überhaupt weiter oben in der Hierarchie verwendet wird.
 
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