Kult- und Genussmittel Europas

E

Elefantentier

Gast
Hallo liebe Gemeinde,

kürzlich wurde ich zu einer neuen Frage angeregt. Da habe ich mich mit einen Bekannten unterhalten, der folgende Bemerkung fallen ließ,
"die meisten Genussmittel, die wir heute in Europa konsumieren, müssen zunächst mühsam importiert werden. Sei es Tee, der aus dem subtropischen Raum kommt und in der gemäßigten Klima-Zone so gut wie nicht wächst oder Kaffee oder Tabak".

Nun, ganz so abhängig sah ich Europa dann nicht. Dennoch ist das für mich Anlass zu einer interessanten Frage:
Was haben die alten Europäer eigentlich früher so für Zeug als Genussmittel oder aus Kultzwecken (Wein) konsumiert?
Ich meine, das Bedürfnis nach "stimulierenden Substanzen" muss ja schon vor dem Überseehandel existiert haben, oder?

P.S.: Ich will selbstredend nicht zum Konsum aufrufen oder sowas.
 
Mittlerweile ist ja unter Prähistorikern die These verbreitet, dass die neolithische Revolution nicht stattgefuden hat, weil man Brot backen, sondern weil man Bier brauen wollte. Das Bier hat man quasi aus dem Nahen Osten übernommen.
Auch der Wein stammt ja zumindest nicht aus Zentraleuropa. Mittlerweile gibt es ja Menschen die aufgrund des Klimawandels in Norddeutschland und sogar in Skandinavien mit dem Weinanbau beginnen, aber in der Antike ist der Wein durch die Römer in unseren Breiten eingeführt worden (als Fertigprodukt auch schon früher, aber als Kulturpflanze erst durch die Römer). Also die heutigen Klassiker an Rauschmitteln sind keine europäische Erfindung. Was es sicherlich gab, waren verschiedene halluzinogen wirkende Pilze und vielleicht auch Beeren und sicherlich auch vergorenes Obst. Bilsenkraut ist als Rauschmittel relativ bekannt, wobei hier auch der Konsum sehr leicht tödlich enden kann.
 
Für Hagebutten-, Kamillen-, Pfefferminz- oder Brennesseltee muss man nichts importieren. Knaster, Hanfblüten als Abfallprodukt der Seilerei, wurde noch bis ins 20.Jh in der Pfeife geraucht.
 
Alkohol durch Vergärung kann eigentlich überall gewonnen werden, Hauptsache Zucker oder Stärke ist vorhanden. Bier und Wein wurde ja schon erwähnt. Honigwein, auch Met genannt gibt es schon seit Jahrtausenden. Fruchtweine also auch schon lange. Stichwort Äbbelwoi oder Cidre.
 
Was es sicherlich gab, waren verschiedene halluzinogen wirkende Pilze und vielleicht auch Beeren und sicherlich auch vergorenes Obst. Bilsenkraut ist als Rauschmittel relativ bekannt, wobei hier auch der Konsum sehr leicht tödlich enden kann.
Ja. Und was heute KO-Tropfen sind, waren früher die Stechapfelkerne, die man z.B. auf einer heißen Ofenplatte rösten ließ. Die von den dabei entstehenden Dämpfen benebelten Gäste bekamen Halluzinationen, konnten aber noch sprechen und handeln, sprich selbstständig Geld ausgeben, d.h. sie konnten hinterher nicht sagen, sie wären bestohlen worden.
 
Ja. Und was heute KO-Tropfen sind, waren früher die Stechapfelkerne, die man z.B. auf einer heißen Ofenplatte rösten ließ. Die von den dabei entstehenden Dämpfen benebelten Gäste bekamen Halluzinationen, konnten aber noch sprechen und handeln, sprich selbstständig Geld ausgeben, d.h. sie konnten hinterher nicht sagen, sie wären bestohlen worden.

Das halte ich für ein Gerücht, wenn man mit Datura jemanden außer Gefecht setzen will, musst man ihm das Zeug oral einflößen. Am besten die Äpfel vom Stechapfel nehmen, die sind süß Mit Nachtschattengewächsen erzeugt man aber leicht eine Vergiftung. Nicht unbedingt tödlich, aber sehr toxisch. Die Pupillen verengen sich dann nicht mehr
 
Das halte ich für ein Gerücht, wenn man mit Datura jemanden außer Gefecht setzen will, musst man ihm das Zeug oral einflößen.

Auch bei äußerlicher Verbrennung von Blättern kann der inhalierte Rauch die entsprechende Wirkung entfalten. Zu den Hypothesen, wie die Orakelpriesterinnen von Delphi ihre visionären Zustände erlangten, gehört die Inhalation des Rauchs verbrennender Datura-Blätter. Empirisch kann ich aber, anders als bei C. und P., nichts dazu sagen.

Bilsenkraut ist als Rauschmittel relativ bekannt, wobei hier auch der Konsum sehr leicht tödlich enden kann.

Bei Überdosierung kann fast alles tödlich wirken. Paradebeispiel Arsen: in niedriger Dosierung ein Krebsheilmittel, in hoher Dosierung ein tödliches Gift.

Ein früherer Bekannter von mir, damals Bassist in einer bekannten Rockband, hat mir berichtet, dass er nach Einmassieren einer bilsenkrauthaltigen Salbe in die Schläfen in seinem Auto mit einer anderen Person spazierenfuhr. Der Beifahrer bot ihm unterwegs an, eine volle Ladung Benzin zu bezahlen. Nachdem der Musiker an einer Tankstelle vollgetankt hatte, stellte er fest, dass der Beifahrer verschwunden war - was für eine Halluzination nicht untypisch ist...
 
Zuletzt bearbeitet:
In meiner wilden Zeit haben wir mal dem botanischen Garten in Marburg einen Besuch abgestattet und u. a. eine Alraune ausgebuddelt. Davon haben meine Kumpels einen Tee gebraut und mit Hilfe einer Kastaniensalbe eine Hexensalbe zubereitet. Ich hab den Tee nicht angerührt nur die Salbe. Meine Kommilitonen haben sich wohl noch um Botanischen Garten jeder ein paar Tollkirschen und Stechäpfel eingefahren. Die haben alle ziemlich deutliche Vergiftungserscheinungen gehabt und über starke Magenschmerzen geklagt, Die Pupillen waren erweitert und sind auch bei Bestrahlung nicht kontraktiert. Der Pulsschlag raste förmlich, so dass ich mehrmals überlegt habe, einen Arzt zu rufen- auch gegen Proteste meiner Kumpels. Im Laufe der Nacht ließ die Vergiftung nach, aber alle klagten über eine quälende Mundtrockenheit und sie waren 36 Stunden weitsichtig, und mussten am nächsten Tag Sonnenbrillen tragen weil die Pupillen nicht kontraktierten. ich selbst habe noch am nächsten Tag starke Lichtempfindlichkeit und lästige Mundtrockenheit verspürt. Später hat sich herausgestellt, dass die eine etwa 8-10 fache Überdosis und eine typische Atropin/Scopolamin/Hyoscyamin Vergiftung hatten. es ist aber keiner zum Arzt gegangen. Lebensbedrohlich war das wohl nicht, bei jemandem mit Herz-- Kreislaufschwäche hätte ich aber schon den Arzt gerufen. Der Volkskundler Wilhelm Peuckert hat ebenfalls mal einen Selbstversuch gemacht. er ist dabei allerdings nicht ganz so unvernünftig vorgegangen.

Das Hauptalkaloid des Bilsenkrauts ist in richtiger Dosierung hilfreich bei spasmischen Schmerzen und ist heute noch Hauptbestandteil des medikaments Buscupan. Bei Herzinfakten wird Atropin oder Skopolamin noch verwendet und selten in der Augenmedizin. In Italien hat man früher Tollkirschensaft als Augentropfen verwendet, weil sie die Pupillen weiten, daher hat die Tollkirsche den Namen Atropa Belladonna. Das führt allerdings zu zeitweiser Weitsichtigkeit und die Pupillen können nicht kontraktieren.

Toxisch sind alle Nachtschattengewächse, allerdings nicht so toxisch wie Eisenhut, Schierling oder Digitalis. Eine so starke Überdosierung damit würde ein Mensch nicht überleben.
 
Auch bei äußerlicher Verbrennung von Blättern kann der inhalierte Rauch die entsprechende Wirkung entfalten. Zu den Hypothesen, wie die Orakelpriesterinnen von Delphi ihre visionären Zustände erlangten, gehört die Inhalation des Rauchs verbrennender Datura-Blätter. Empirisch kann ich aber, anders als bei C. und P., nichts dazu sagen.



Bei Überdosierung kann fast alles tödlich wirken. Paradebeispiel Arsen: in niedriger Dosierung ein Krebsheilmittel, in hoher Dosierung ein tödliches Gift.

Ein früherer Bekannter von mir, damals Bassist in einer bekannten Rockband, hat mir berichtet, dass er nach Einmassieren einer bilsenkrauthaltigen Salbe in die Schläfen in seinem Auto mit einer anderen Person spazierenfuhr. Der Beifahrer bot ihm unterwegs an, eine volle Ladung Benzin zu bezahlen. Nachdem der Musiker an einer Tankstelle vollgetankt hatte, stellte er fest, dass der Beifahrer verschwunden war - was für eine Halluzination nicht untypisch ist...


Das ist sicher richtig. Resorbiert wird das Zeug ja auch über die Haut wie Hexensalben beweisen, deren Wirkung Peuckert mal im Selbstversuch austestete, es ist aber die Wirkung beim rauchen deutlich milder, und es dürfte schwierig sein, es jemandem gegen seinen Willen einzuflößen, so dass der nichts davon mitbekommt. Datura wurde, bevor Psychopharmaka bekannt wurden, gelegentlich als Wahrheitsserum oder tatsächlich so wie Dion beschrieben, als K. o Tropfen verwendet, um Leute gefügig zu machen oder sie auszuplündern. Oral dauert es länger bis es wirkt, hat aber stärkeren Effekt und konnte in Form von Extrakten leicht in Wein gemischt werden, ohne dass der Geschmack bemerkt wurde.
 
Datura wurde, bevor Psychopharmaka bekannt wurden, gelegentlich als Wahrheitsserum oder tatsächlich so wie Dion beschrieben, als K. o Tropfen verwendet, um Leute gefügig zu machen oder sie auszuplündern.
Du solltest den Geruch nicht unterschätzen, z.B. bei Engelstrompete – Zitat:
Schon der Duft der Blüten soll zu Vergiftungen oder narkotischen Wirkungen mit Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen führen.
Früher wurde nicht zwischen Stechapfel und Engelstrompete unterschieden. Und dass der Rauch von bestimmten Pflanzen berauschende Wirkung haben kann, ist altbekannt: Siehe z.B. Cannabis – Zitat:
Die getrockneten unbefruchteten weiblichen Blütenstände (mit oder ohne anhängende Blätter) werden geraucht oder verdampft.
 
Man muss nicht jeden Unsinn glauben, Papier oder auch das Internet ist geduldig. Von Cannabis wird man auch nicht stoned, wenn man an einem Brösel riecht.
 
Das Thema ist doch Europa.
Die Herkunft des Stechapfels (Datura) ist zwar nicht unumstritten, aber es spricht vieles dafür, dass die Art erst in postkolumbianischer Zeit in Europa Verbreitung fand.
 
Hildegard von Bingen nannte namentlich ein Kraut Stramonia, was viele Autoren auf den Weißen Stechapfel (Datura stramonium) bezogen haben. Selbst wenn der Gemeine Stechapfel erst in postkolumbischer Zeit nach Europa gelangte, so waren dort schon seit der Antike andere Nachtschattengewächse bekannt, die genau die gleichen Alkaloide enthalten wie die Engelstrompete und der gemeine Stechapfel. Sicher in Europa bezeugt sind die Alraune (Mandragora), der bittersüße Nachtschatten (Solanum), Bilsenkraut (Hyoscyamus (albus/niger) und die Tollkirsche (Atropa Belladonna). Bilsenkraut enthält dazu noch Hyoscyamin. Diese Gewächse waren Bestandteile von "Hexensalben" und Liebestränken, kamen aber auch in jedem Klostergarten vor. Sie fanden und finden auch in der Medizin Verwendung. Die Konzentration der verschiedenen Alkaloide ist schwankend, grundsätzlich ist sie aber auch in Mitteleuropa heimischen Nachtschattengewächsen recht hoch. Als Salbe aufgetragen ließen sich Nachtschattendrogen leichter dosieren und die Gefahr einer Überdosierung/Vergiftung ist geringer, als wenn man sie oral nimmt. Bis in die 1950er Jahre gab es auf dem Markt sogenannte "Asthma-Zigaretten", die Kräutermischungen enthielten, mit Pflanzenauszügen, in denen Skopolamin, Atropin und eventuell auch Hyoscyamin enthalten war.


Innerhalb der Drogenszene haben Nachtschattendrogen anscheinend nie eine wirklich bedeutende Rolle gespielt. es handelt sich durchaus um stark psychotrop wirkende Substanzen, die Simnnestäuschungen hervorrufen können. Euphorisierend wirken sie aber kaum, und die weitaus überwiegende Mehrheit von Leuten, die Erfahrungen damit gesammelt haben, hat die Wirkung als ausgesprochen unangenehm beschrieben. Trotz der durchaus nicht zu unterschätzenden toxischen Wirkungen unterlagen Nachtschattengewächse meines wissens nicht dem BtmG und der Besitz und die Kultivierung ist legal.

Recht hoch kann übrigens auch die Konzentration von Mohn sein, der in Mittel- und Osteuropa gezogen wird. Ende der 1980er Jahre tauchte "Kompott" in Polen auf. Dabei handelte es sich um Rohopium, das aus heimischen Pflanzen gewonnen wurde. Die Herstellung ist sehr mühsam und arbeitsaufwändig. Wird aber genau der richtige Erntezeitpunkt abgepasst, kann die Ausbeute erstaunlich ergiebig sein. Der Morphingehalt der Kapseln ist schwankend. Einige Sorten haben einen Morphingehalt von über 10 %. Im österreichischen waldvierte wird seit Generationen Mohn gezogen. Der Wirkstoffgehalt ist zuweilen so hoch, dass der Verzehr von Mohnschnecken oder Mohnsemmeln, dazu führen kann, dass sie bei Drogentests zu einem positiven Ergebnis führen können. In österreichischen Gefängnissen bekommen gefangene daher kein Mohngebäck. Während des 1. Weltkriegs wurde in Ungarn Mohn gepflanzt, um daraus Morphin zu gewinnen.
 
Ich halte nicht viel von Anekdoten und modernen Mythen. Drogen und Mythos gehören jedoch zusammen.
Eine moderne Umdeutung ist es, überlieferte Mythen wie Hexensalben oder Berserkerrausch oder die Pythia von Delphie naturwissenschaftlich(?) mit psychoaktiven Substanzen zu erklären. Meistens ist das jedoch ganz große Spekulation. Der magische Hauptbestandteil von Hexensalben soll nach zeitgenössischen Aussagen Kinderfett gewesen sein. Die medizinische Anwendung von Menschenfett ist bis ins 20. Jahrhundert nachgewiesen. Ein Ursache-Wirkungs-Mechanismus im Sinne moderner Medizin und Naturwissenschaft fehlt hier natürlich, aber das hat die Menschen über Jahrhunderte nicht gestört. Selbst Hildegard von Bingen oder Paracelsus haben von den chemischen Wirkzusammenhängen fast nichts verständen und ihre Arzneirezepturen beruhen auf religiösen oder hermetischen Vorstellungen.

Trotzdem besteht bei den modernen Menschen der Wunsch, diese Mythen naturwissenschaftlich aufzuklären und schon entsteht ein moderner Mythos über kräuterkundige Hexen, die halluzinogene Drogen gezielt einsetzen. Ironischerweise wirken solche eher pseudowissenschaftlichen Theorien in die moderne Esoterik und die Drogenszene hinein.

Wenn dann noch Leute alles möglichen Drogen gemischt konsumieren, schreiben sie den Drogen irgendwelche dubiosen Wirkungen zu, können aber eigentlich gar nicht ermitteln, woher der Rausch gerade herrührt.
Ein schönes Beispiel ist der Kräuterschnaps Absinth. Die Rezeptur blieb geheim und über besondere Rauschwirkung wurde philosophiert und die Schädlichkeit der Wermutstropfens verurteilt. Die wesentliche Zutat waren natürlich bis zu 80 % Alkohol. Woher der geheimnisvolle Absinth-Rausch wirklich kam, bleibt natürlich ein ewiges Rätsel. Am besten erklärt man es mit der grünen Fee.

Die Berichte über Drogenkonsum (abseits vom Alkohol) aus der Antike sind übrigens kaum besser. Häufig enthalten sie auch noch üble Nachrede über fremde Völker.
Zu den ältetesten Beispiele gehört Herodots Schildung des Hanfkonsums der Skythen. Noch wirkungsmächtiger war Marco Polos spektakuläre Beschreibung der Assasinen.

Zum Thema Mohn:
Die bekannte Konsumform der Mohnschnecke wurde erst problematisch, als Opiatabbauprodukte in Drogentests nachgewiesen wurden. Die Mohnschnecke hat keine Rauschwirkung. Obwohl seit jahrhunderten Mohn ist Österreich angebaut wurde, konnte der Rauschkonsum oder kultische Bedeutung in Österreich nicht nachgewiesen werden. Die Morphinsucht in Europa entstand erst durch die Hintertür der medizinischen Nutzung von Morphium im 19. Jahrhundert. Der Konsum von Heroin begann ähnlich.
Das Opium rauchen war in Europa, anders als in Asien nicht Verbreitung. Selbst wenn die Briten Kriege geführt haben, um Opium nach China verkaufen zu dürfen, war das Rauchen von Opium in Großbritannien verpönt und verboten.

Die biochemische Wirkung bestimmter Pflanzen ist meiner Meinung nach nicht auschlaggebend für den Konsum. Viel wichtiger ist die kulturelle Bedeutung. Wichtig ist auch das Prestige einer Droge. Einzelne Drogen galten als Merkmal von Barbaren oder Banausen, andere hingegen als die Drogen der feinen Leute oder der Künstler. Von Kultur zu Kultur und von Epoche zu Epoche sind diese Zuschreibungen unterschiedlich.
 
Noch wirkungsmächtiger war Marco Polos spektakuläre Beschreibung der Assasinen.
Wobei die "Assasinen" in den zeitgenössischen arabischen Quellen durchwegs auch als "Haschisch-Leute" in Erscheinung treten. Allerdings war diese Bezeichnung wohl eher als Schimpfwort zur Aussenseiter-Diffamierung dieser ismalitischen Gruppierung (Nizari gibt es noch heute) gedacht und kann damit kaum als Nachweis für einen tatsächlichen, rituellen Drogenkonsum der Gemeinschaft des "Alten von Berg" gewertet werden. Dass aber der Begriff "Haschisch-Leute" überhaupt in den zeitgenössischen Quellen auftaucht beweist zum Mindesten, dass im Orient bereits zur Zeit der Kreuzzüge Hasch konsumiert wurde, auch wenn es offenbar gesellschaftlich nicht oder nur eingeschränkt akzeptiert wurde.
 
Der Volkskundler Will-Erich Peuckert hat zusammen mit einem Anwalt mit der sog. Hexensalbe einen Selbstversuch unternommen. Die beiden verfassten danach unabhängig voneinander Protokolle über das Erlebte, die sich auffallend glichen. Sie glichen in manchen Details auch den Verhörprotokollen aus der Zeit der Hexenverfolgungen: Beide sprachen sie z.B. über das Gefühl zu fliegen und sexuell gefärbte Phantasien. Quelle: Hexensalben, Medizinischer Monatsspiegel Nr. 8, 1960.

Noch ein Wort zu Scopolamin, die sog. Wahrheitsdroge. Sie kommt in Nachtschattengewächsen wie Stechapfel, Bilsenkraut, Alraune und insbesondere in Engelstrompeten (Brugmansia) vor und wird in GHS (Global Harmonisiertes System. Einstufungs- und Kennzeichnungssystem für Chemikalien) gemäß Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als sehr giftig beim Einatmen, Verschlucken und Berührung mit der Haut bezeichnet, wobei die Toxizität beim Kontakt mit der Haut größer ist als beim Einatmen bzw. der oralen Einnahme.
 
Wobei die "Assasinen" in den zeitgenössischen arabischen Quellen durchwegs auch als "Haschisch-Leute" in Erscheinung treten. Allerdings war diese Bezeichnung wohl eher als Schimpfwort zur Aussenseiter-Diffamierung dieser ismalitischen Gruppierung (Nizari gibt es noch heute) gedacht und kann damit kaum als Nachweis für einen tatsächlichen, rituellen Drogenkonsum der Gemeinschaft des "Alten von Berg" gewertet werden. Dass aber der Begriff "Haschisch-Leute" überhaupt in den zeitgenössischen Quellen auftaucht beweist zum Mindesten, dass im Orient bereits zur Zeit der Kreuzzüge Hasch konsumiert wurde, auch wenn es offenbar gesellschaftlich nicht oder nur eingeschränkt akzeptiert wurde.
Auch schon 1500 Jahre früher. Herodot berichtet von den skythischen Saunen:

"Nach der Beerdigung aber reinigen sich die Skythen auf folgende Weise: sie reiben sich zuerst den Kopf und waschen ihn ab. Hernach tun sie am Leibe folgendes: sie stellen drei Stangen auf, welche aneinandergekehrt sind; alsdann breiten sie wollenen Decken darüber aus, diese stopfen sie so fest als irgend möglich zusammen und werfen dan Steine, die von Feuer glühend sind, in eine Wanne, welche in der Mitte zwischen den Stangen und der Decke liegt. [...] Es wächst nämlich in ihrem Lande Hanf, welcher dem Linnen ganz ähnlich ist, mit Ausnahme der Dicke und Größe, worin dasselbe der Hanf bei weitem übertrifft; es wächst derselbe teils von selbst, teils wird er gesät, und verfertigen sich daraus die Thrakier sogar Kleider, welche den linnenen ganz ähnlich sind [...]
Von diesem Hanf nehmen nun die Skythen den Samen und schlüpfen dann unter die Decken; hernach werfen sie den Samen auf die durch Feuer glühenden Steine. Der hingeworfene Samen fängt an zu rauchen und verbreitet einen solchen Dampf, dass kein hellenisches Schwitzbad darüber gehen dürfte. Die Skythen aber brüllen vor Freude über ein solches Schwitzbad."

Herodot 4, 73 - 75, zitiert nach Bähr, Chr. (Hg.): Herodot, 9 Bücher zur Geschichte. Köln 1898.​
 
Ich halte nicht viel von Anekdoten und modernen Mythen. Drogen und Mythos gehören jedoch zusammen.
Eine moderne Umdeutung ist es, überlieferte Mythen wie Hexensalben oder Berserkerrausch oder die Pythia von Delphie naturwissenschaftlich(?) mit psychoaktiven Substanzen zu erklären. Meistens ist das jedoch ganz große Spekulation. Der magische Hauptbestandteil von Hexensalben soll nach zeitgenössischen Aussagen Kinderfett gewesen sein. Die medizinische Anwendung von Menschenfett ist bis ins 20. Jahrhundert nachgewiesen. Ein Ursache-Wirkungs-Mechanismus im Sinne moderner Medizin und Naturwissenschaft fehlt hier natürlich, aber das hat die Menschen über Jahrhunderte nicht gestört. Selbst Hildegard von Bingen oder Paracelsus haben von den chemischen Wirkzusammenhängen fast nichts verständen und ihre Arzneirezepturen beruhen auf religiösen oder hermetischen Vorstellungen.

Trotzdem besteht bei den modernen Menschen der Wunsch, diese Mythen naturwissenschaftlich aufzuklären und schon entsteht ein moderner Mythos über kräuterkundige Hexen, die halluzinogene Drogen gezielt einsetzen. Ironischerweise wirken solche eher pseudowissenschaftlichen Theorien in die moderne Esoterik und die Drogenszene hinein.

Wenn dann noch Leute alles möglichen Drogen gemischt konsumieren, schreiben sie den Drogen irgendwelche dubiosen Wirkungen zu, können aber eigentlich gar nicht ermitteln, woher der Rausch gerade herrührt.
Ein schönes Beispiel ist der Kräuterschnaps Absinth. Die Rezeptur blieb geheim und über besondere Rauschwirkung wurde philosophiert und die Schädlichkeit der Wermutstropfens verurteilt. Die wesentliche Zutat waren natürlich bis zu 80 % Alkohol. Woher der geheimnisvolle Absinth-Rausch wirklich kam, bleibt natürlich ein ewiges Rätsel. Am besten erklärt man es mit der grünen Fee.

Die Berichte über Drogenkonsum (abseits vom Alkohol) aus der Antike sind übrigens kaum besser. Häufig enthalten sie auch noch üble Nachrede über fremde Völker.
Zu den ältetesten Beispiele gehört Herodots Schildung des Hanfkonsums der Skythen. Noch wirkungsmächtiger war Marco Polos spektakuläre Beschreibung der Assasinen.

Zum Thema Mohn:
Die bekannte Konsumform der Mohnschnecke wurde erst problematisch, als Opiatabbauprodukte in Drogentests nachgewiesen wurden. Die Mohnschnecke hat keine Rauschwirkung. Obwohl seit jahrhunderten Mohn ist Österreich angebaut wurde, konnte der Rauschkonsum oder kultische Bedeutung in Österreich nicht nachgewiesen werden. Die Morphinsucht in Europa entstand erst durch die Hintertür der medizinischen Nutzung von Morphium im 19. Jahrhundert. Der Konsum von Heroin begann ähnlich.
Das Opium rauchen war in Europa, anders als in Asien nicht Verbreitung. Selbst wenn die Briten Kriege geführt haben, um Opium nach China verkaufen zu dürfen, war das Rauchen von Opium in Großbritannien verpönt und verboten.

Die biochemische Wirkung bestimmter Pflanzen ist meiner Meinung nach nicht auschlaggebend für den Konsum. Viel wichtiger ist die kulturelle Bedeutung. Wichtig ist auch das Prestige einer Droge. Einzelne Drogen galten als Merkmal von Barbaren oder Banausen, andere hingegen als die Drogen der feinen Leute oder der Künstler. Von Kultur zu Kultur und von Epoche zu Epoche sind diese Zuschreibungen unterschiedlich.

Was die Wirkung von Absinth betrifft, so basiert die einfach aus der Kombination von hochprozentigem Alkohol und Thujon, dem Hauptalkaloid des Wermuts (Artemisia absintha).

In Großbritannien dürfte der Gebrauch von oral konsumierten Opiaten wie Opiumtinktur noch höher gewesen und weit verbreiteter gewesen sein, als der von Rauchopium. Opiumhöhlen hatten einen dubiosen Ruf, aber durch den Ostasienhandel verbreitete sich die Sitte des Opiumrauchens zumindest in Hafenstädten und Metropolen wie London, Marseille, Amsterdam u. a. Thomas de Quincey schreibt, dass Manchester Arbeiter am Wochenende Opiumportionen vorbestellten. Samuel Taylor Coleridge, Thomas de Quincey, Charles Baudelaire, Honoré de Balzac experimentierten mit Opium. Der Konsum von Drogen war in Europa und den USA legal, opiat- , cannabis- und kokainhaltige Präparate konnte man in Apotheken und Drogerien rezeptfrei kaufen. Erst mit den Konferenzen von Den Haag 1912 und späteren Treffen versuchte man den Drogenhandel zu kontrollieren, und erst mit der Harrison Act von 1914 begann die Kriminalisierung von Drogen wie Opiaten, Kokain und Cannabis. 1929 wurde in Deutschland das Reichsopiumgesetz verabschiedet.

Vor dem 1. Weltkrieg war Laudanum ein Medikament, das ähnlich verbreitet war wie heute Aspirin. In der spätviktorianischen Zeit galt Opiumrauchen als ein Laster, dem aber auch eine Ganze Reihe von Leuten aus der besseren Gesellschaft frönten,, wie man dem Glücksspiel frönte oder Bordelle besuchte. Opiumrauchen war aber im wesentlichen ein männliches Vergnügen, das bei Frauen niemals toleriert wurde, allerdings war der "medizinische" Gebrauch von Laudanum, das Mary Lincoln zeitweise einnahm oder der von kokainhaltigen Stärkungsmitteln gesellschaftlich toleriert, jedenfalls in viel größerem Maß, als wenn Frauen Alkohol tranken. Sir Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes nimmt sowohl Morphium wie Kokain. Na, was ist es den heute, Holmes Morphium oder Kokain?" Queen Victoria schätzte Vin Mariani ein Tonikum, das ein Korse Angelo Mariani erfunden hatte und das weit mehr Kokain enthielt, als Coca- Cola, die ein Drug-Storebesitzer aus Atlanta erfunden hatte. Papst Leo XIII. übersandte Mariani ein Dankschreiben. Kronprinz Rudolf von Österreich nahm Morphin, seine Mutter Sissi gelegentlich Kokain, mit dem auch ein Wiener Neurologe namens Siegmund Freud experimentierte.

das Rauchen von Opium hatte einen gewissen anrüchigen, morbiden Touch, war aber keineswegs verpönt- jedenfalls solange Europäer dabei unter sich blieben. In oscar Wildes Roman "Das Bildnis des Dorian Gray" raucht Dorians Freund Lord Henry Wotton mit Opium präparierte Zigaretten. Dorian Gray sucht in der späteren Handlung gerne Entspannung in Londoner Opiumhöhlen. Das widersprach zwar dem Sittenkodex, hatte aber in viktorianischer Zeit keine strafrechtlichen Konsequenzen- anders als Oscar Wildes Homosexualität, die ihm eine wenig erfreuliche Haft einbrachte.
 
Ja, das waren die Zeiten als Bayer noch für Heroin als Hustenmittel für Kinder geworben hat.

1912: Heroin-Werbung von Bayer - dkp-rheinland-westfalen.de

heroinpharmaad.jpg
 
Ein ganz ausgezeichnetes Buch zum Thema habe ich während meines Aufenthaltes in Hünfeld in der dortigen Bücherei entdeckt:

Michael de Ridder, Heroin vom Arzneimittel zur Droge.

De Ridder bearbeitete für seine Studie eine Fülle von zeitgenössischen Quellen und Dokumenten, und er berichtigt eine ganze Reihe von Vorurteilen und "Urban Legends", die sich auch in populärwissenschaftlichen Werken niedergeschlagen haben.

Heroin wurde teilweise sehr aggressiv beworben, und es wurden Proben an niedergelassene Ärzte verteilt. Nicht richtig ist aber, dass Heroin von einer skrupellosen oder völlig unkritischen Ärzteschaft und Pharmaindustrie unkontrolliert weitergegeben wurde. Das Abhängigkeitspotenzial war im Prinzip bekannt, es gab Ärzte, die fast wie moderne Substitutionsärzte Heroin als Entzugsmedikament oder Substitutionsmittel einsetzten, um Patienten zu behandeln, die Morphinisten waren, wobei sich herausstellte, dass auch Heroin körperliche Abhängigkeit erzeugt.
In Europa gab es anscheinend noch wenig Probleme mit Heroin, von Süchtigen wurde in der Regel Morphium oder alte "Hausmittel" und Klassiker wie Opiumtinktur bevorzugt. Auch im Weltkrieg war das am meisten vergebene Medikament, das in Lazaretten verwendet wurde nach wie vor Morphium. De Ridder korrigiert hier Hans Georg Behr (Weltmacht Droge), der vermutete, Heroin sei im Weltkrieg in großem Umfang eingesetzt worden.

Einzelne Ärzte vermuteten, dass Heroin ein noch größeres Abhängigkeitspotenzial habe, die Erfahrungen mit Heroin sprachen aber zunächst dagegen. Das lag daran, dass Heroin in Medikamenten, die Diacetylmorphin enthielten, relativ niedrig dosiert war, und dass H- Pillen, -Tropfen oder Hustenbonbons fast ausschließlich oral genommen wurden. Wird Heroin retardiert und über die Magenschleimhäute resorbiert, ist das Abhängigkeitspotenzial weitaus geringer, als bei nasaler und intravenöser Zuführung, zumal wenn dabei noch niedrige Dosen aufgenommen werden. Retardiertes Morphin hat auch einen niedrigeres Abhängigkeitspotenzial. Substitutionspatienten können oft jahrelang die Dosis halten ohne Toleranzentwicklung und Dosissteigerung. Heroin hat zu Morphin den Vorteil, dass es verträglicher ist. Morphin reizt das Brechzentrum im Gehirn, Schmerzpatienten, die daran nicht gewöhnt sind, wird oft zu Beginn einer Einstellung schlecht. In der Palliativmedizin wäre Heroin ein Segen.

Man kann die Medizin und die Mediziner des ausgehenden 19. Jahrhunderts kritisieren, wenn man Literatur aus dieser Zeit ließt und sieht, bei welchen Indikationen und Beschwerden Morphium oder Kokain verordnet oder in Selbstmedikation angewendet wurde, kann man feststellen, dass der Umgang damit zumindest wenig kritikempfindlich und teils recht leichtsinnig war. Es war aber die Berichterstattung im Tenor positiv, es waren Morphin, Kokain und Heroin das modernste, was es auf dem Markt gab, die potentesten Analgetika und Lokalanästhetika, die es damals gab. Kokain war das erste Lokalanästhetikum überhaupt, und es nahm einem Zahnarztbesuch seinen Schrecken. Thomas Buddenbrook muss eine Wurzelbehandlung ohne Betäubung über sich ergehen lassen und fällt danach auf der Straße tot um, Gottfried Benn geriet dagegen beim Zahnarztbesuch schon fast ins Schwärmen wegen dem Kokain und Robert Louis Stevenson schrieb während er mit Kokain behandelt wurde in nur 10 Tagen das Manuskript für Dr. Jekyll and Mr. Hyde. Mit der Erfindung der Injektionsspritze und der Entdeckung des Morphins war es möglich geworden, schwerste Schmerzen in einer Sekunde neutralisieren zu können und leichter eine Optimaldosis zu verabreichen. Opium ist zwar seit Jahrtausenden bekannt, und Opium kann sehr effektiv Schmerzen, Husten und Durchfall ausschalten, gegen Diarrhöe hilft es sogar noch mehr, als Morphin, da es auch Codein enthält, aber es musste zuerst gegessen oder getrunken werden und es dauert ca. 15-20 Minuten bis nach oraler Aufnahme die Wirkung einsetzt. Oral genommenes Opium hält länger an, als gerauchtes Opium, aber der Morphingehalt schwankte je nach Qualität und Herkunft des Opiums, und so war es schwieriger, einen Verwundeten zu dosieren. Wenn es bei schweren Kriegshandlungen zu einer Menge an en Verwundungen kam, ließ es sich kaum vermeiden, dass entweder Verwundete immer noch Schmerzen litten, weil zu wenig Laudanum gegeben wurde oder aber auch schon mal der ein oder andere Verwundete überdosiert wurde.

Die ärztliche Versorgung war schlecht im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die wenigsten Leute konnten es sich leisten, im Krankheitsfall einen Arzt zu konsultieren. Die alten Hausmittel und der lokale Drugstore verschafften Abhilfe, und Laudanum oder Paregoric (eine Lösung aus Opium und Kampfer, deren Morphingehalt 10 mal schwächer war, als Opiumtinktur) verschafften spürbare Erleichterung. Trotz der omnipräsenten Verfügbarkeit von (harten) Drogen dürfte die Zahl von Süchtigen im Vergleich zu heute nicht wesentlich größer gewesen sein. Natürlich würde man heute kein Heroin als Kinderhustensaft verwenden, aber die Präparate die es damals auf dem Markt gab, waren wie gesagt sehr niedrig dosiert, sie wurden oral aufgenommen und sie wurden in der Regel nur einige Tage angewendet. Moderne Hustenpräparate, auch für Kinder, enthalten Codein, und das ist zwar ein nur schwach wirksames Opiat, ein Codein-Entzug dauert weitaus länger und verursacht schmerzhaftere Entzugssymptome als ein H- Entzug.

Das späte 19. Jahrhundert war im Umgang mit Drogen sehr experimentierfreudig und teilweise mindestens leichtsinnig, das lässt sich aus heutiger Sicht nicht anders sagen, aber: Es war dieser Umgang nicht verantwortungslos. Drogen/Medikamente wie Morphin, Kokain und Heroin wurden jahrelang im Tierversuch und damals Usus im Selbstversuch getestet, bevor sie als Arzneimittel zugelassen wurden. Als ein Problem wurden Drogen und ihre Konsumenten in dieser Zeit noch nicht betrachtet. Das Abhängigkeitspotential von Opiaten war im Prinzip bekannt, und man suchte nach Alternativen. Als großes gesellschaftliches Problem wurde allerdings Alkoholismus betrachtet. Solange Heroin noch legal gehandelt wurde, war das Missbrauchspotenzial in Europa anscheinend relativ gering. Von Süchtigen wurde das Mittel nicht übermäßig verlangt, dominierend blieb Morphium in Präparaten in denen Heroin enthalten war, war es relativ niedrig dosiert, und es wurden diese Pillen, Tabletten Kapseln oral genommen. Ins Gerede kam Heroin zuerst in den USA. Es war dort erfahrenen Morphinisten aufgefallen, dass sich Herointabletten zerreiben und schnupfen ließen, und Heroin und Kokain als "Cocktail" "Speedball" gemischt nasal und mehr noch intravenös ein enormes Gefühl von Euphorie verursachen. 1914 trat in den USA die Harrison Act in Kraft. Die Kennzeichnungspflicht, die Produzenten zwang, die genauen Bestandteile und ihre Dosierung zu nennen war zweifellos noch vernünftig, und auch Morphin, Kokain und Heroin unter Rezeptpflicht zu stellen, in vielem war aber die Harrison Act schon symptomatisch für die repressive Drogenpolitik, die die USA auch anderen Nationen aufzwang oder aufzuzwingen versuchte. Diese Politik war gekennzeichnet von einer extremen Doppelmoral, einer extremen Tabuisierung und Stigmatisierung von Drogenkonsumenten und von rassistisch-fremdenfeindlichen Verschwörungstheorien. In den USA war der Kampf den man den Drogen ansagte auch ein Kampf gegen die chinesischen Einwanderer. Heroin und Kokain waren made in Germany, und mit Deutschland waren die USA seit 1917 im Krieg. Heroin wurde damals allerdings schon längst nicht mehr ausschließlich von Bayer produziert. Diacetylmorphin wurde u. a. in Belgien, Bulgarien, Frankreich und anderen Staaten hergestellt. Der Öffentlichkeit wurde aber ein Bedrohungsszenario suggeriert, als ob sich finstere Mächte verschworen haben, die amerikanische Gesellschaft mit Drogen zu "verseuchen".

Man kann den sehr freizügigen Umgang mit Drogen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert kritisieren,
Sicher ist aber, dass die Prohibition seit fast 100 Jahren zu keinem Zeitpunkt Angebot und Nachfrage von Drogen eindämmen geschweige denn kontrollieren konnte. Was die Drogenprohibition allerdings geschafft hat, war es Gefängnisse und Psychiatrien zu füllen. Als 1971 das neue BtMG verabschiedet wurde, war die Drogenkriminalität marginal, es gab sie praktisch nicht. Es waren in der ganzen Bundesrepublik weniger als 100 Fälle, in denen wegen Rezeptfälschung oder auch mal wegen eines Apothekeneinbruchs ermittelt wurde. Heute haben sich Gerichte jedes Jahr um 50.000 Fälle zu kümmern, nur wegen Cannabis.
 
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