Auszüge aus dem Eintrag "Der Herr" in: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart, 1774-86, von Johann Christoph Adelung (Bibliothekar, Lexikograph und Germanist):
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Im höchsten und vorzüglichsten Verstande bezeichnet dieses Wort in der Deutschen Bibel und biblischen Schreibart, Gott, den höchsten Oberherren, so wohl für sich allein, als mit allerley Beysätzen, z. B. Gott der Herr, der Herr Herr, d. i. der Herr aller Herren, das Hebr. Jehovah Elohim auszudrucken. Ehedem pflegte man das Wort Herr, wenn es Gott bedeutete, entweder ganz, oder den ersten zwey Buchstaben nach mit großen Anfangsbuchstaben zu drucken, HERR oder HErr, welches aber jetzt immer mehr aus der Gewohnheit kommt. Auch Obrigkeiten, von dem höchsten Landesherren an, bis zu geringern Unterbeamten werden mit diesem Nahmen beleget. Der Kaiser, unser allergnädigster Herr. Der König, mein Herr. In den Titulaturen pfleget man es in diesem Verstande zu verdoppeln: Durchlauchtigster Herzog, Gnädigster Fürst und Herr, Herr; welches doch nicht in allen Gegenden üblich ist. Eine Person weiblichen Geschlechtes wird in diesem Falle Frau genannt.
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Ehedem war das Wort Herr vorzüglich dem hohen Adel eigen, indem auch Fürsten und Grafen auf den Titel edler Herr stolz waren. Die Grafen von Reuß pflegten sich noch in der neuern Zeiten nur Herren Reußen oder Herren von Reuß zu schreiben. Nachmahls ward dieses Wort den Freyherren und Baronen eigen, in welcher Bedeutung es noch nicht ganz veraltet ist, ob es gleich jetzt am häufigsten einer jeden adeligen männlichen Person beygeleget wird; der Herr von N., welche von ihren Unterthanen auch nur der Herr schlechthin genannt werden. S. Herrenbank, Herrenstand. Auch die bürgerliche Obrigkeit in den Städten, die Rathsglieder, werden von ihren Bürgern nur schlechthin die Herren genannt, vollständig die Rathsherren, oder Herren des Rathes.
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Aus Höflichkeit nennt man auch eine jede männliche Person von einigen Stande, auch wenn es nicht der bloße Titel ist und den Nahmen begleitet, einen Herren (...) In der häuslichen Gesellschaft heißt der Hausvater in Rücksicht auf das Gesinde dessen Herr. Herr und Frau, der Hausherr oder Hausvater und dessen Gattinn. Sprichw. Wie der Herr so der Knecht. Auch Ehegattinnen pflegen ihre Ehegatten in der anständigen Sprechart ihren Eheherren oder nur Herren schlechthin zu nennen. Mein seliger Herr, d. i. Ehemann. 3) In weiterer Bedeutung ist dieses Wort, so wie das weibliche Frau, auch ein Ehrenwort oder Titel, welchen alle männlichen Personen von einigem Stande, so wohl von Geringern, als von Personen ihres Standes und von Vornehmern zu bekommen pflegen, wenn man sie anredet, oder auch ihrer mit Achtung erwähnet; da man es denn so wohl ihrem Nahmen, als auch ihrer Würde oder dem Nahmen ihres Verhältnisses vorzusetzen pflegt. Der Herr Graf von N. der Herr Baron von X. (aber nicht Herr Freyherr, ob man gleich sagt der Herr Kammerherr von F.) der Herr Amtmann, der Herr Pfarrer u. s. f. Herr Peter, Herr Hofmann u. s. f. Ihr Herr Vater, ihr seliger Herr Bruder, mein Herr Verleger u. s. f. Oft gebraucht man auch dieses Wort, besonders im Oberdeutschen absolute, solche Personen anzureden, die man nicht kennet, oder auch, denen man eben keine vorzügliche Achtung schuldig zu seyn glaubt. Wie heißt der Herr? d. i. wie heißen sie, mein Herr? Wer ist der Herr? wer sind sie, mein Herr? Ich bin des Herren ergebener Diener.
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