Aufmarschroute Ruhr?

Hermundure

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Es gibt einen mögliche Germanicus-Route vom Niederrhein in Richtung Weser. Allerdings haben die Römer nicht die allseits bekannte Lippe-Route gewählt, sondern sind entlang der Wasserscheide von Ruhr, Möhne und Diemel auf dem südlichen Höhenrücken in Richtung Weser marschiert (Haarstrang). Das zeigen zum einen zwei Münzfunde des Germanicus-Horizont (Lug II As RIC 364; Nem III RIC² 159), sowie andere frührömische Münzfunde (nicht mit kartiert) und aufgefundene Militaria. Bei den Operationen des Germanicus haben nach Tacitus auch Legionäre aus der Varusschlacht daran teilgenommen, so dass es nicht weiter verwundern sollte das diese auch noch Gepräge mit varianischem Gegenstempel bei sich trugen. Bei Warburg wurde bekanntlich ein As mit zwei Gegenstempeln gefunden - VAR(us) und CAESAR(Germanicus) (siehe Einzelnachweis Werz 2009). Ob es sich dabei um den caesischen Wald (benannt nach Caesar Germanicus ?) handelt, welchen die Truppen wählten, sei einmal dahin gestellt.
 

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Bisher hat man an der Ruhr erstaunlich wenig römische Funde gemacht, zumal die Ruhr ja der natürliche Weg in Richtung der Bleiminen im Sauerland gewesen wäre und ähnlich Xanten im Verhältnis zur Lippe ja auch in Asberg ein Lager direkt an der Mündung der Ruhr in den Rhein lag. Vielleicht daher, weil die Lippe weitegehend durch Flach- oder nur leicht hügeliges Land verläuft und im Verlauf tendentiell gerade ist, wohingegen die Ruhr am Rand des Mittelgebirges - tw. auch südlich davon - verläuft und - durch das Mittelgebirge in ihrem Verlauf festgelegt - stärker mäandriert. Auf der Ruhrhalbinsel hat man eine germanische Siedlung entdeckt (Essen-Überruhr), die man in vergangenen Zeiten als Siedlung der Brukterer angesprochen hat (ich finde das eher mutig) und in Essen-Burgaltendorf hat man ein Fragment eines Bronzegefäßes mit der lateinischen Inschrift IVDAEA gefunden.
Wenig überzeugend wurde auch versucht, den Essener Ortsteil Heisingen als namentliche Remineszenz an den Caesischen Wald (Tac. ann. I, 50) zu deuten. Das Bronzegefäßfragment mit der IVDAEA-Inschrift wird manchmal auch als Hinweis auf ein Römerlager in Burgaltendorf interpretiert, etwas belastbares für eine solche Hypothese gibt es aber meines Kenntnisstandes nach nicht.
 
Guten Morgen ELQ,

die Spur führt von Neuss aus über Wuppertal in Richtung Hagen und dann weiter die Ruhr entlang. Interessant ist zudem ein kleiner Waffenopferplatz ca. 35 km von Brilon entfernt. Dort wurden auf einer dominierenden Anhöhe bei Erdarbeiten in den 1950er Jahren zwei rituell verbogene Schwertklingen sowie 4 Lanzenspitzen entdeckt. Bei den beiden korrodierten Schwertern handelt es sich um die Klingen eines Gladius (L=49 cm ohne Griffangel und Klingenspitze; B=6,5 cm mit geradem Griffansatz und rechtem Winkel zur Angel; die Klingenkanten nur im griffnahen Teil eine kurze Strecke annähernd parallel, ohne abgesetzte Mittelbahn; Querschnitt = 1 cm)und einer Spatha (L=64 cm ohne Griffangel mit geradem Griffansatz und rechtem Winkel zur Angel; B=5,2 cm; Querschnitt = 0,7 cm). Einen sehr guten Vergleich der sehr schmalen Lanzen- und Speerspitzen (3x Typ hasta; 1x Typ jaculum) sowie vom Gladius findet man im Fundmaterial von Hedemünden und beim Schwert des Tiberius (Typ Mainz). Die Maße der Klinge des Tiberius-Schwertes beträgt 53 x 7 x 1 cm. Die römischen Waffen wurden in einer Grube von 0,45 x 0,55 m ohne weitere Beigaben deponiert. Erinnert sei auch nochmal an den Pugio-Fund von Brilon/Rösenbeck. Zudem wurde bei Medebach 1 Aureus der augusteischen Zeit (Boreas 13, S. 168-172, R. Stupperich 1990) aufgefunden.

Grüße
 
Es gibt einen mögliche Germanicus-Route vom Niederrhein in Richtung Weser. Allerdings haben die Römer nicht die allseits bekannte Lippe-Route gewählt, sondern sind entlang der Wasserscheide von Ruhr, Möhne und Diemel auf dem südlichen Höhenrücken in Richtung Weser marschiert (Haarstrang).
Genau dort, von wo man dem Lauf der Ruhr nicht mehr gefolgt wäre, läge ein passendes Versorgungslager: Die Burg Oldenburg in Höingen.

"Die Umwallung ist fast zwei Kilometer lang und umschließt eine circa 500 Meter lange und circa 300 Meter breite Fläche."
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Oldenburg

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Genau dort, von wo man dem Lauf der Ruhr nicht mehr gefolgt wäre, läge ein passendes Versorgungslager: Die Burg Oldenburg in Höingen.

"Die Umwallung ist fast zwei Kilometer lang und umschließt eine circa 500 Meter lange und circa 300 Meter breite Fläche."
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Oldenburg

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Liegt aber laut wiki in der Entstehung im 7. JH., oder? Leider besitze ich keine weiterführende Literatur und habe auch im Netz nichts finden können.
 
Liegt aber laut wiki in der Entstehung im 7. JH., oder? Leider besitze ich keine weiterführende Literatur und habe auch im Netz nichts finden können.
Eben — man findet praktisch nichts, weder in Books noch Scholar. "Wahrscheinlich karolingerzeitlich" heißt es in diesem Standardwerk von 1978:

https://books.google.de/books?id=A_u5AAAAIAAJ&q=höingen+wallanlage&dq=höingen+wallanlage&hl=en&sa=X&ved=0ahUKEwiS5d-Uo_3iAhVEJlAKHfcBCC8Q6AEIKzAA

Zu der Zeit hat man auch Hedemünden noch für germanisch gehalten.

[Edit] Eine karolingerzeitliche Datierung würde wohl zu dem kleineren, regelmäßigeren Wall passen, wenn man etwa mit der noch ein wenig kleineren Vietzer Schanze vergleicht.
 
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Das ist so ein Automatismusargument.
Ich sage ja nicht, dass dort ein Römerlager gewesen sein muss. Nur auszuschließen ist es beim derzeitigen Stand der Forschung keineswegs.

Als ich mich in letzter Zeit intensiv mit den Alpenfeldzügen beschäftigte fiel mir besonders auf, dass man in Südddeutschland und der Schweiz dem Gedanken der Nachnutzung etwa eisenzeitlicher Wallanlagen/Oppida durch die Römer insbesondere auf ihren ersten Vorstößen durchaus zugeneigt ist — was sich wohl noch nicht nach Norddeutschland herumgesprochen hat. Ebenso weiß man dort, dass schon in der Eroberungsphase massive steinerne Türme errichtet wurden, deren Grundriss von 9 x 9 Metern man erstaunlich oft auch bei alten Wehr-, bzw. Kirchtürmen in der Germania Magna findet.
 
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Du hast ja recht, viele der Burgen sind seit Schuchardt nicht mehr ordentlich angesehen worden und der hat - schon mangels Zeit - die Burgen nur aus der groben Anschauung datieren können. Da gilt vielleicht manche eisenzeitliche Burg als karolingisch oder sächsisch und umgekehrt. Neben Mehrfachnutzungen.
 
Hier die geopferten Waffen römischer Herstellung (siehe Anhang linkes Foto). Weil man es damals nicht besser wusste, hatte man das kleine Waffendepot der sauerländischen Ringwallanlage den Ostgermanen (Przeworsk Kultur) der Spätlatézeit zugerechnet. Hedemünden wurde ja auch in jener Zeit noch als eisenzeitlich angesehen. Drei der schmalen Lanzen bzw. Speerspitzen (Nr. 3, 5 und 6) wurden auch im Lager Hedemünden gefunden - siehe das rechte dunkle Bild. Was fehlt wäre jetzt eine gründliche Untersuchung mittels Detektor. Im Text heisst es u.a.:

"In den höheren Ostteil des alten Ringwalles ist in späterer Zeit, wahrscheinlich im frühen Mittelalter, ein kleineres Werk mit starkem Wall und tiefem Graben eingebaut worden...Solange wir aber keinerlei sichere archäologische Anhaltspunkte besitzen, die die große Fundlücke im Gebirge zwischen der ausgehenden Laténezeit und dem frühen Mittelalter zu schließen erlauben, werden wir die heutigen Wallfahrten schwerlich im Zusammenhang mit vorgeschichtlichen Vorgängen sehen dürfen."
 

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Germanicus operierte entlang der Höhenzüge. Das zeigen sehr schön die Münzfunde. So verwundert es dann auch nicht, dass die Marser im Jahr 14 n. Chr. und die Chatten im darauf folgenden Jahr in ihren Gauen von den Römern völlig überrascht und alles niedergemacht wurde was nicht fliehen konnte (siehe Tacitus). Im Gebirge ist man für den Feind nicht so schnell einsehbar.
 
Wenn man in Tecklenburg steht und in der Ferne die Türme des Universitätsklinikums Münster sieht schon nach wenigen hundert Metern kaum , was in der parkartigen Landschaft des Münsterlandes passiert. Man stelle sich vor, man stünde auf gleicher Ebene, da kriegt man nix mehr mit, vor allem dann nicht, wenn diese (hude)bewaldet ist.
 
Wenn man in Tecklenburg steht und in der Ferne die Türme des Universitätsklinikums Münster sieht schon nach wenigen hundert Metern kaum , was in der parkartigen Landschaft des Münsterlandes passiert. Man stelle sich vor, man stünde auf gleicher Ebene, da kriegt man nix mehr mit, vor allem dann nicht, wenn diese (hude)bewaldet ist.
Deshalb sind gerade im Flachland Türme unentbehrlich, wenn man den Überblick behalten und Kontakt halten will.

Schon die Römer kannten Kommunikation in Lichtgeschwindigkeit — nur dauerte es außerhalb des regulären Netzgebietes halt ein wenig länger eine Verbindung aufzubauen, weil man den benötigten Mobilfunkmast erst errichten musste. ;)
 
Hier die geopferten Waffen römischer Herstellung ... das kleine Waffendepot der sauerländischen Ringwallanlage
Du sprichst hier von jenem mysteriösen 35 km von Brilon entfernten Ort (Wilzenberg?) oder von der von mir zuvor erwähnten Wallanlage bei Lüttringen bzw. Höingen?
 
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@Divico

es ist der Wilzenberg bei Grafschaft. Drauf gestoßen bin ich in einer alten Publikation der 1960er Jahre in denen die Waffen abgebildet waren. Im Hinterkopf hatte ich noch die schmalen Formen der Lanzen- und Speerspitzen aus der Hedemündener Publikation K. Grotes aus 2012 - Volltreffer. Mit den beiden im alten FMRD publizierten Fundmünzen und den aus neuerer Zeit von P. Ilisch veröffentlichten Münzfunden NRW's, war mir dann klar das nur das Umfeld der Ruhr in Frage kommen konnte.
 
"Zudem wurden sowohl auf den Bruchhauser Steinen als auch auf dem Wilzenberg Raubgrabungen illegaler Sondengänger festgestellt."

Konnte ich mir fast schon denken. Das ist allgemein ein Problem bei bekannten und eingetragenen Bodendenkmälern. Du kannst halt nicht alle schützen. Meine Plätze sind Gott sei Dank nicht bekannt, was sich sofort im Fundniederschlag bemerkbar macht. An meiner letzten Fundstätte fand ich nicht nur römisches Material, sondern auch Fragmente eines bronzenen keltischen Frauenarmreifs (ca. 300 v. Chr.), einer merowingerzeitlich vergoldeten Silberfibel (Thüringer oder Langobarden) sowie einer Bronzefibel (Langobarden um 560/70 n. Chr.). Der Platz wurde seit dem Neolithikum aufgesucht. Da heißt es schnell handeln und die Eigentümer für Fremde zu sensibilisieren. Das klappt ganz gut. Zudem sind die meisten sehr erstaunt und überrascht, was in ihren Äckern und Feldern so alles schlummert.
 
Vielleicht daher, weil die Lippe weitegehend durch Flach- oder nur leicht hügeliges Land verläuft und im Verlauf tendentiell gerade ist, wohingegen die Ruhr am Rand des Mittelgebirges - tw. auch südlich davon - verläuft und - durch das Mittelgebirge in ihrem Verlauf festgelegt - stärker mäandriert.

Zum militärgeographischen Vorteil der Lippe (Quelle: LWL)
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Die Lippe als Nachschublinie ist bekannt, aber sollte auch die Ruhr von der Römern benutzt worden sein? Erst auf den zweiten Blick sah ich, dass hier ein mittlerweile zu Augsburg eingemeindetes Oberhausen gemeint ist.
Ich nehme an, das Mörs-Asperg/Asciburgium an der Mündung der Ruhr durchaus als Startpunkt für Expeditionen die Ruhr hoch gedacht war. So wie Xanten/Castra Vetera/Col. Ulpia Traiana an der Mündung der Lippe. Es sieht allerdings bisher nicht so aus, als sei das planmäßig vorangetrieben worden. Vielleicht liegt das an den verschiedenen geomorphologischen Umgebungen von Lippe und Ruhr. Die beiden Flüsse sind ja nicht weit entfernt voneinander, aber die Lippe fließt weitgehend durch Flachland, wenn man mal von den paar Erhebungen rund um Haltern (Hohe Mark (145 m NN) und Haard (160 m NN)) (Umgebung ungefähr auf 35 m NN) absieht. Die Ruhr dagegen fließt doch spätestens ab der Grenze Mühlheim/Essen durch Mittelgebirge. Ich kann mir schon vorstellen, dass man zunächst einmal die etwas überschaubarere Lipperegion (die zudem einigermaße fruchtbare Böden bot und dichter besiedelt war) sichern wollte, bevor man sich in die unübersichtlichere Mittelgebirgsregion vorwagte, in der mangels fruchtbarer Böden und Menschen wenig zu holen war (nein, ich habe den Bleiabbau um Brilon nicht vergessen).
Ich habe wenig Vorstellung wie das Ruhrtal so zwischen Mühlheim und Dortmund zum damaligen Zeitpunkt aussah. Heute wird dort das Wasser ja weitgehend durch die verschiedenen Stauseen reguliert (das Hochwasser Mitte Juli 2021 hat auch die Ruhr schwer getroffen, vor allem ihre Nebenflüsse Volme (Hagen) und Deilbach (Velbert-Langenberg/Essen). Insofern sind die Ufer der Ruhr teilweise bewohnt, aber das Relieph ist zum Teil recht steil. Ich weiß nicht, wie das vor 2000 Jahren aussah, ob die Uferterrassen an der Ruhr sich für die Anlage von hochwassergesicherten Römerlagern eigneten.
In Essen-Burghaltendorf ("Ruhrhalbinsel") wurde jedenfalls ein Tellerfragment mit der Ritzung IVDAEAE gefunden worden, "neben anderen römischen Streufunden", wie es heißt. Und dass man die Bochumer Regenbogenschüsselchen nach der Ruhrstadt Bochum als eponymen Fundort (nicht Prägeort!!!) genannt hat, wird ja nun auch irgendwie mit den Römer zusammenhängen.
 
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