HisFajo

Neues Mitglied
Hallo zusammen,

ich hätte eine Frage zur Affäre um den Bundespräsidenten a.D., Christian Wulff.
Wie steht ihr dazu:
Seht ihr im Rücktritt von Wulff die logische Konequenzen seines Fehlverhaltens? Oder doch eher das Resultat einer medialen Hetzjagd, die im Kleide der notwendigen Skandalisierung (durch die Medien) daherkommt?

Medienskandale verfolgen ja die Absicht, dass die Werte der Gesellschaft bestätigt werden. Die Frage, die sich mir da aufdrängt: War Wulffs Fehlverhalten tatsächlich so groß, dass es zu diesem Verlauf samt Rücktritt kommen musste? Er wurde ja wie die Sau durchs Dorf gejagt, um ein Sprichwort zu bemühen.

Mich würde eure Meinung dazu sehr interessieren.

Danke und LG,

HisFaJo :)
 
Medienskandale verfolgen ja die Absicht, dass die Werte der Gesellschaft bestätigt werden.

Das kann eine Funktion sein. Und es gibt viele Beispiele für hervorragenden investigativen Journalismus, wie beispielsweise an Nixon und dem Watergateskandal verdeutlicht. Oder auch an der Rolle beispielsweise des Spiegels als Institution, die problematisches Regierungshandeln nach 1945 aufgedeckt hat.

Die andere Seite der Medaille betrifft die Rolle mancher Medien, gezielt mißliebige Personen an den Pranger zu stellen und die Person und damit nicht selten zusammenhängend eine Gruppe oder eine Organisation zu schaden bzw. politisch zu "vernichten". Eines des berühmtesten Beispiele ist wohl die "Dreyfuss-Affäre.

Vor diesem Hintergrund ist obige Prämisse als normativer Anspruch zutreffend bezogen auf die mediale Realität jedoch eher zweifelhaft. Nicht zuletzt, weil vor allem die privatwirtschaftlichen Medien bestimmten politischen Werten verpflichtet sind, die allerdings bei einzelnen Beispielen durch den Zwang zur Auflagensteigerung manchmal schwer rekonstruierbar sind.

Ansonsten ein Ausschnitt aus dem Spiegel, der die Funktion der Medien im Prinzip zutreffend beschreibt, allerdings auch klar die medialen Auswüchse, die m.E. deutlich einmal mehr bei der Bild-Zeitung zu erkennen waren, anspricht.

"In der Demokratie müssten Medien ihre Rolle als Wächter wahrnehmen, sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken. Ob sich Wulff durch zunächst ungeklärte Kreditgeschäfte möglicherweise in Abhängigkeit begeben habe, sei für die Öffentlichkeit von Belang gewesen. "Wer daraus im Nachhinein ein Meinungskartell konstruiert, hat die Wirklichkeit aus dem Blick verloren", sagte Konken. Die Medien hätten sich auch selbstkritisch mit eigenen Übertreibungen auseinandergesetzt"
 
Hallo zusammen,


Medienskandale verfolgen ja die Absicht, dass die Werte der Gesellschaft bestätigt werden. Die Frage, die sich mir da aufdrängt: War Wulffs Fehlverhalten tatsächlich so groß, dass es zu diesem Verlauf samt Rücktritt kommen musste?
Danke und LG,

HisFaJo :)

Durch sein Fehlverhalten hatte er es nicht verdient.
Zu "Werte der Gesellschaft" ist das Vorleben seiner Frau interessant. Wenn man ihr Buch gelesen hat, in dem ein Gespräch zwischen ihrem Mann und einem Bild-Redakteur beschrieben wird dann drängt sich der Verdacht auf, Wulff hat sich beim Anrufbeantworterbesprechen so so aufgeregt, weil er Veröffentlichungen zum Vorleben seiner Frau befürchtete. Sie schreibt, sie habe nie als Eskort-Lady gearbeitet. Vorgeworfen wurde ihr aber viel Schlimmeres.
Obwohl sich in meinem privaten Umwelt darüber niemand aufregt und niemand daran zweifelt, wird jeder Hinweis in Foren darauf gelöscht.
Die Bettina-Wulff-Story
"Nein, Diekmann konfrontierte sie auch unverblümt mit den Rotlichtgerüchten und wollte wissen, ob da was dran sei. Ihr sei angesichts dieser Unverfrorenheit fast das "Brötchen im Halse" steckengeblieben, schreibt Bettina Wulff."

"Das Gerücht, sie habe früher als Edelprostituierte gearbeitet, für einen Escort-Service, als "Lady Viktoria", als "Betty", im Berliner Bordell "Artemis" oder im mittlerweile geschlossenen Hannoveraner "Chateau am Schwanensee", begleiteten Bettina Wulff spätestens seit jener Zeit, als Christian Wulff zum Bundespräsidenten gewählt wurde."

Sie streitet nur das mit dem Escort-Service ab und läßt die anderen Vorwürfe stehen und räumt sie damit ein.
("Ich habe nie als Escort-Lady gearbeitet. Das ist einfach absoluter Quatsch.")
Meines Wissens sind die starken Indizien im Internet nur noch mit archives.org oder anderen waybackmaschinen zu finden.
Ein Video von Artemis und Fotos von einer Viktoria in einem inzwischen geschlossenen Bordell nahe Osnabrück.
Harald Schmidt sagte damals in seiner Sendung mit Wulffs Stimme "Die Strumpfhosen meiner Frau sind Viktorias Secret".
Nunja, durch seine Haltung zur Euro-Krise hat er sich sicher mächtige Feinde gemacht. Aber Vermutungen zu den wirklichen Gründen für die Hetzjagd gibt es haufenweise.
 
Das private Leben von Frau Wulff hat absolut nichts mit den Werten der Zivilgesellschaft bzw. den Normen des Straf- oder Zivilprozessrechts zu tun. Da verwechselt wohl "schaf" die Alltagssprache mit der Begrifflichkeit / Konstrukten der Politologie. Nicht der Lebenswandel - weder von Hr. noch von Fr. Wulff - war das Problem, sondern die potentielle Verletzung von Rechtsnormen durch den damaligen Bundespräsidenten. Die nicht stattgefunden hat, so das Gericht!

Ansonsten halte ich es persönlich für absolut geschmacklos, auf diese Art auf die Lebensführung von Frau Wulff zu verweisen. Ihre Lebensführung ist ihre persönliche Angelegenheit, die sich den Wahrheitskriterien einer seriösen Geschichtswissenschaft entziehen. Und das ist allgemein der Anspruch in diesem Forum und keinem Rufmord Vorschub zu leisten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn man das so liest...

Behauptet werden nur Gerüchte.
Verweise auf Foren ... Klasse! Könne man noch in snapshots und bei archives finden.
Aha. Werden die dadurch irgendwie relevanter? (Sicher aber als Lösch-Verschwörung interessanter)

Im 2. Satz dann das Wording beachten: "das Vorleben", nicht etwa: "behauptetes" ...

Die Welt wird irgendwie irre. Früher war Tratsch eine Sache im Hausflur, und die Sau wurde nur durchs Dorf, und nicht gleich durch die Hauptstadt getrieben.
 
Das private Leben von Frau Wulff hat absolut nichts mit den Werten der Zivilgesellschaft bzw. den Normen des Straf- oder Zivilprozessrechts zu tun. Da verwechselt wohl "schaf" die Alltagssprache mit der Begrifflichkeit / Konstrukten der Politologie. Nicht der Lebenswandel - weder von Hr. noch von Fr. Wulff - war das Problem, sondern die potentielle Verletzung von Rechtsnormen durch den damaligen Bundespräsidenten. Die nicht stattgefunden hat, so das Gericht!

Ansonsten halte ich es persönlich für absolut geschmacklos, auf diese Art auf die Lebensführung von Frau Wulff zu verweisen. Ihre Lebensführung ist ihre persönliche Angelegenheit, die sich den Wahrheitskriterien einer seriösen Geschichtswissenschaft entziehen. Und das ist allgemein der Anspruch in diesem Forum und keinem Rufmord Vorschub zu leisten.
Nicht stattgefundene Rechtsverletzungen waren das Problem ?
Immerhin wurde als Reaktion auf die Gerüchte die Kommentarfunktion von SPRENGSATZ _Das Politik-Blog aus Berlin durch den Ex-Redakteur Spreng geschlossen. Zahllose Kommentare wurden überall gelöscht. Für die Werte der Zivilgesellschaft ist das Privatleben von Repräsentanten ein Problem.

MOD: Werbe-link gelöscht. Wir dienen hier nicht zum Generieren von traffic. Wer das sucht, dem reicht die Benennung./MOD
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Zahllose Kommentare wurden überall gelöscht. Für die Werte der Zivilgesellschaft ist das Privatleben von Repräsentanten ein Problem.

Das Privatleben eines Repräsentanten, sofern sich dieser in selbigem keine Verletzungen seiner Amtspflichten leistet und somit dasselbe unzulässiger Weise mit der Führung seines Amtes verknüpft oder sich sonstige, gesellschaftlich relevanten Strafvergehen leistet, hat die Zivilgesellschaft nicht zu interessieren, jedenfalls nicht in der Weise, dass es sie berechtigen würde mit erhobenem Zeigefinger abfälliges Zeug durch die Gegend zu parolieren.
Die Zivilgesellschaft ist nicht die Spanische inquisition, auch wenn Teile davon sich offen kundig gerne mal genau dafür halten.

Das Problem ist aber nicht das privatleben irgendeines Repräsentanten oder gar dessen Familie, sondern in dem Fall ist das gesellschaftliche Problem eher die anmaßende Geisteshaltung, derer, die Meinen sich darin einmischen zu müssen und vorschnell Gerüchte und Verdachtsmomente billig als gegebene Tatsachen akzeptieren.
 
Die Zivilgesellschaft ist nicht die Spanische inquisition, auch wenn Teile davon sich offen kundig gerne mal genau dafür halten.
Das Problem ist aber nicht das privatleben irgendeines Repräsentanten oder gar dessen Familie, sondern in dem Fall ist das gesellschaftliche Problem eher die anmaßende Geisteshaltung, derer, die Meinen sich darin einmischen zu müssen und vorschnell Gerüchte und Verdachtsmomente billig als gegebene Tatsachen akzeptieren.
Die Frau eines Politikers hat 1914 den Chefredakteur des Figaro erschossen, weil der ihr Vorleben beleuchtet hat, fällt mir gerade dazu ein.
Mich stört das Vorleben der Frau nicht und ich stehe der Empörung verständnislos gegenüber. Ich kann es nicht nachfühlen. (Zumal in den USA Ehebruch die Karriere eines Politikers beendet hat und kurz danach entsprechende wahre Anschuldigungen gegen Seehofer ihm nicht schadeten.)

Das Tabuisieren der Wahrheit ärgert mich grundsätzlich was wiederum wenige stört.
 
Eigentlich gehören emotional aufgeladene aktuelle Themen nicht in dieses Forum

Richtig. Deswegen ist Deine emotionale Skandalisierung des Themas das Problem, aber nicht die sachliche Behandlung des juristischen Kerns des Vorgangs.

Der Ausgangspunkt war die Frage, welche Rolle Medien in einer demokratischen Gesellschaft haben. Und es ging um Christian Wulff - als Politiker - und nicht um seine Frau. Weil der Vorwurf sich auf die Vorteilsannahme - sprich vermutete Korruption - im Amt bezog. Ob Frau Wulff irgendwelche Vorteile angenommen hat, oder wie sie sich sonst verhalten hat, ist für die politische und rechtliche Bewertung scheissegal gewesen. Und die breite Darstellung vermuteter Kontakte in den Escortbereich unsachlich und völlig überflüssig für das Thema.

Nicht stattgefundene Rechtsverletzungen waren das Problem ?

So ist es. Es ging um die Frage der Bewertung von Vorteilsannahme. Und in diesem Fall wurde Wulff frei gesprochen.

Zur Chronologie der Affäre um Christian Wulff:

https://www.focus.de/politik/deutsc...sein-kampf-ums-amt-die-folgen_aid_696704.html

Nicht stattgefundene Rechtsverletzungen waren das Problem ?


Ansonsten ist die Art wie "schaf" das Thema diskutiert einmal mehr ein gutes Beispiel, dass relativ aktuelle Thema offensichtlich nicht fachlich fundiert diskutiert werden können, sondern parteipolitisch instrumentalisiert werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich beginne mit folgendem Zitat:

Zwar hat jeder als unschuldig zu gelten, dessen Schuld nicht erwiesen ist. Doch unabhängig von konkreter persönlicher Schuld gibt es auch eine politische Verantwortung.

Juristisch wurde Wulff freigesprochen, aber es gilt natürlich der alte Spruch "semper aliquid adhaeret" (immer bleibt was hängen). Gerade das zu enge Zusammengehen von Politikern und Wirtschaftsvertretern hat so einen gewissen "Geschmack". Insofern war Wulff als Bundespräsident lädiert. Eine knifflige Situation. Wie hätte er denn auch beweisen können, dass da nicht im Hintergrund etwas gelaufen sein könnte? Zwar gilt die Unschuldsvermutung, aber in der Öffentlichkeit wird oftmals eine Schuldvermutung angestellt.

Vollends in die Bredouille hat er sich dann mit seinem Anruf bei einer großen Boulevardzeitung gebracht, in dem er auf das Erscheinen eines Artikels Einfluß nehmen wollte. Hier gibt es allerdings verschiedene Darstellungen, was der genaue Inhalt dieses Telefonats war.

Die Gerüchte über die angebliche Tätigkeit seiner damaligen Lebensgefährtin als Prostituierte erinnerte mich an die Geschichten über Valeria Messalina, Gattin des römischen Kaisers Claudius, die angeblich auch in den Lupanaren der Hauptstadt ihren Liebeshunger gestillt haben soll. Im Falle von Wulff habe ich in der Presse gelesen, dass einige von Wulffs Parteifreunden (eher Parteifeinde) diese Gerüchte gestreut haben sollen.

Das eingangs erwähnte Zitat stammt von niemand anderen als Herrn Wulff selbst aus dem Jahre 2010. Es bezog sich auf die Oberbürgermeister von Duisburg, seinen Parteikollegen Sauerland von der CDU. Hintergrund war die Loveparadekatastrophe.

Bundespräsident Christian Wulff – Loveparade: Nach Katastrophe sofort Tochter angesimst

Aber bereits vorher hat Wulff den Rücktritt seines Vorgängers Glogowski als Ministerpräsident von Niedersachsen gefordert, und sogar den von Rau als Bundespräsident. In beiden Fällen ging es auch um mögliche Verstöße.

Insofern war der Rücktritt von Christian Wulff durchaus konsequent. Zumindest hat er selbst das getan, was er auch von anderen erwartet hat.
 
Ein paar Überlegungen zu Korruption im Netzwerk von Politik und Wirtschaft und zur Rolle der Vierten Gewalt, die bei der Skandalisierung des Themas zu kurz gekommen sind.

Subjektiv hinterließ die "Wulff-Affäre" bei mir ein Unbehagen, dass ein so übles "Schmierenblatt" wie die "Bild" die Macht hat, durch die Skandalisierung das Amt des Bundespräsidenten zu beschädigen. Dass die Bild als "Vertreter der Vierten Gewalt" auf den Bundespräsidenten einwirken konnte, habe ich für problematisch gehalten. Unabhängig von dem konkreten Fall " Wulff". Den Vorgang habe ich - subjektiv - als nicht konform mit den ursprünglichen normativen Vorstellungen zum politischen System der Bundesrepublik bewertet.

Dennoch: Ein paar Aspekte zu dem schwierigen Verhältnis zwischen Machtstrukturen und Medien, deren zentrale Bedeutung - als bürgerliche Öffentlichkeit - für die Demokratie Habermas in seinem "Strukturwandel" so präzise herausgearbeitet hatte.

Die Kritik an der "Skandalisierung" (vgl. zum Mechanismus und zur Kritik z.B. Kepplinger) von Mißständen durch die Medien übersieht, dass der komplementäre Sachverhalt die anmaßenden, teils arrogante, Selbstbehauptung im Amt von Funktionsträgern ist. Und damit die Medien - neben NGO`s etc.- eine wichtige Funktion wahrnehmen, die grundgesetzlich definierten und geschützten Interessen der Zivilgesellschaft gegen Anmaßungen aus allen Arten von Machtnetzwerken zu verteidigen.

Im Prinzip ergibt sich in der Demokratie eine Logik im Verhältnis von Machtnetzwerken zu den Medien, dass auf einen "groben Klotz ein grober Keil" gehört, um ein entsprechendes Verhältnis der Mittel herzustellen. Es ist meistens ein Eskalationsprozess zu erkennen, da in der Regel so lange es möglich ist, versucht wird, Mißstände zu vertuschen, sich selber für nicht zuständig zu erklären und dann alles abzustreiten.

Den Medien bleibt in der Regel als Antwort nur die Möglichkeit der besseren Aufbereitung von Fakten und der Verschärfung der Mobilisierung für ihr Anliegen. In der Regel ist den beteiligten Parteien klar, dass der Verlierer des Streits mit einem gravierenden Verlust an Macht und Image zu rechnen hat. Was die Härte der Konflikte erklärt.

Letztlich ist es gut, dass die Presse kritisch auf Mißstände hinweist. Und die kritische und - meistens neutrale - Berichterstattung ist für die Politik und andere Machtnetzwerke ein wichtiges Korrektiv, möglichst transparent, möglichst rational und möglichst kostenorientiert zu agieren.

Unter dieser Voraussetzung einer funktionierenden, möglicht unabhängigen Medienstruktur haben die demokratischen Prozesse in Deutschland eine fundierte Legitimierung durch eine engagierte und sachlich gut informierte Bevölkerung. Und dieser Mechanismus der gegenseitigen Kontrolle der Machtzentren hat in der BRD und im vereinigten Deutschland lange Zeit gut funktioniert und funktioniert - insgesamt - immer noch gut. Es gab noch nie eine Zeit, in der man sich so umfassend hat informieren können, wenn man es denn will.

Habermas, Jürgen (2015): Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft ; Frankfurt am Main: Suhrkamp
Kepplinger, Hans Mathias (2018): Die Mechanismen der Skandalisierung. Warum man den Medien gerade dann nicht vertrauen kann, wenn es darauf ankommt. Reinbek: Lau Verlag
 
Und die kritische und - meistens neutrale - Berichterstattung ist für die Politik und andere Machtnetzwerke ein wichtiges Korrektiv, möglichst transparent, möglichst rational und möglichst kostenorientiert zu agieren ... Es gab noch nie eine Zeit, in der man sich so umfassend hat informieren können, wenn man es denn will.
Bei Tagesschau, Polit-Magazinen, Radio, den großen Zeitungen und Zeitschriften von FAZ bis Spiegel und Zeit, was man so die Mainstream-Medien nennt, hab ich meine Zweifel. Mittlerweile ist es genauso interessant zu beobachten, worüber und wie sie berichten und worüber nicht, als was sie berichten. Die großen Medien sind mindestens ebenso sehr Teilnehmer wie Beobachter, und zwar sehr wichtige Teilnehmer. Ohne Internet könnte ich mich nicht mehr ausreichend informiert fühlen.

Zurück zur Causa Wulff. Was mir damals auffiel, war das totale Umschwenken aller großen Medien. Bis Anfang Dezember 2011 beherrschte in wachsendem Maße die Occupy-Bewegung Radio, Fernsehen und Presse. Der Beifall war erstaunlich, fast jeder Politiker, Moderator und Kommentator gab sein prinzipielles Einverständnis kund, sogar Schäuble musste ein paar zustimmende Worte murmeln. Zur damaligen Berichterstattung die Zeit:

Occupy: Seid umarmt, Protestler!

Mit dem 13. Dezember ändert sich das komplett und zwar über Nacht. Der Umschwung war erstaunlich, Occupy war in der Versenkung verschwunden, der Fall Wulff beherrschte alles.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

(Ich hätte obiges gern auch noch etwas genauer belegt. Aber mit dem Internet allein geht das nicht. Es wäre eine lohnende Aufgabe für Historiker, Zeitungen, Fernsehsendungen etc. aus dieser Zeit mal genau unter die Lupe zu nehmen.)
 
Occupy war eine Bewegung, die auf der Straße stattfand, in Dtld. begünstigt durch einen sehr trockenen November. Der sehr feuchte Dezember beendete Occupy Germany und wurde einfach nicht erfolgreich in das Jahr 2012 hineingetragen, von einem Aufflackern mal abgesehen.

Dass Medien ein Thema mal stärker beleuchten, mal gar nicht, liegt in der Natur der Medien. Manchmal ist eine Sache für den Augenblick einfach auserzählt, das kann man an Kriegen, Hungersnöten oder Naurskatastrophen sehen. Die werden berichtet, wenn akut etwas passiert. Aber irgendwann geraten sie aus dem Fokus, weil die Welt sich weiterdreht, obwohl sie nicht beendet sind. Und weil der Medienkonsument mit dem Thema X gesättigt ist. Da bedarf es keiner Verschwörungstheorien.
 
Eine erwartbare Antwort, sogar „Verschwörungstheorie“ durfte nicht fehlen. Und an heutigen Nachrichten und Kommentaren fällt dir nichts auf? Das differenzierte und vielfältige Meinungsspektrum, das sich da offenbart? ;)Aber ich gebe zu, das wäre Gegenwart und nicht mehr Geschichte.
 
Eine erwartbare Antwort, sogar „Verschwörungstheorie“ durfte nicht fehlen.

Wie sollte man deinen vorherigen Beitrag denn sonst auffassen? Maximalpostulate hinsichtlich einer Verschwörung der größeren Medien in Richtung Totschweigen von Protestbewegungen, monokausal aufgestellt und ohne wie auch immer geartete Belege präsentiert.
Das ist so ziemlich exakt die Definition einer Verschwörungstheorie, im Sinne des Unterstellens einer konspirativen Zusammenarbeit mehrerer Akteure in Richtung eines bestimmten Zwecks.

Und an heutigen Nachrichten und Kommentaren fällt dir nichts auf? Das differenzierte und vielfältige Meinungsspektrum, das sich da offenbart?

Wenn ich morgens am Bahnhof am dortigen Zeitungsladen vorbei gehe, kann ich mir da von der Konkret über Bild bis Compact oder Junge Freiheit so ziemlich alles an eingefärbter Berichterstattung mitnehmen oder sehr viele in Meinungen und Nuancen verschiedenartige seriösere Printmedien irgendwo dazwischen.
Kann mir scherlich vorstellen, das so etwas bei dir in der Gegend nicht möglich ist. Internet hat es dafür noch nie gebraucht und tut es auch heute nicht, ist sicher ein zusätzliches Angebot, ob es dem Rezepienten dann mehr nutzt oder schadet, mag von seiner Medienkompetenz abhängen.
 
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Was macht eine Nachrichtenredaktion? Sie sichtet die Neuigkeiten und wertet sie aus. Und gibt sie entsprechend weiter, oder auch nicht. Entsprechend dem Blickwinkel der dort beschäftigten Personen.
Deshalb wird von konservativer, liberaler oder auch linker Presse gesprochen. Und dann noch die Boulevardzeitungen, die reiner Populismus sind. Deshalb sollte man sich auch immer verschiedene Presseerzeugnisse der verschiedenen Richtungen angucken und sich ein eigenes Bild machen. Das war schon immer so.
Das sollte man auch wenn möglich in verschiedenen Sprachen machen, soweit man sie den beherrscht, z.B. auch in Englischer Sprache oder Französischer Sprache. Da andere Länder andere Erfahrungen haben und das ganze aus einem anderen Blickwinkel beleuchten.
In den Ministerien und auch Führungsebenen von großen Firmen wird das vorab gemacht und ein Auszug der Presse an die Führungsebene verteilt.
 
Die Kritik an der "Skandalisierung" (vgl. zum Mechanismus und zur Kritik z.B. Kepplinger) von Mißständen durch die Medien übersieht, dass der komplementäre Sachverhalt die anmaßenden, teils arrogante, Selbstbehauptung im Amt von Funktionsträgern ist. Und damit die Medien - neben NGO`s etc.- eine wichtige Funktion wahrnehmen, die grundgesetzlich definierten und geschützten Interessen der Zivilgesellschaft gegen Anmaßungen aus allen Arten von Machtnetzwerken zu verteidigen.
Lieber Thane,
da sind wir ganz weit auseinander. Theoretisch wäre dies richtig, praktisch ist dies aber nicht so. Wenn Journalisten versuchen, die politische Meinung in diesem Land in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen, dann ist das nicht vierte Gewalt. Niemand hat diesen Journalisten das Recht gegeben, ihre persönlichen Vorlieben Fernsehzuschauern zu oktroyieren.

Im Prinzip ergibt sich in der Demokratie eine Logik im Verhältnis von Machtnetzwerken zu den Medien, dass auf einen "groben Klotz ein grober Keil" gehört, um ein entsprechendes Verhältnis der Mittel herzustellen. Es ist meistens ein Eskalationsprozess zu erkennen, da in der Regel so lange es möglich ist, versucht wird, Mißstände zu vertuschen, sich selber für nicht zuständig zu erklären und dann alles abzustreiten.


Jedem der sich Politmagazine ansieht, wird die moralinsaure Moderatorin kennen, welche sich über den Minister mokiert, der für ein Interview nicht zur Verfügung stand. Es gab nur eine schriftliche Stellungnahme. Skandalös.

Ich erzähle von einer Geschichte, welche Mitte der 200er Jahre spielte. Finanzskandal oder was Journalisten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen dafür halten. Anleger haben Geld verloren. Also will man die Verluste von seinem Kreditinstitut zurück. Man sucht sich einen prominenten Anwalt oder der prominente Anwalt sucht sich die Anleger. Man droht dem Kreditinstitut mit einem Reputationsschaden, da man die Medien einschalten wird.

Ein öffentlich-rechtlicher Sender wendet sich an das Kreditinstitut mit einem Interview-Wunsch. Die internationale Mutter des Kreditinstituts hat einen Medienberater geschickt. Der rät von einem Interview ab. Der Journalist würde ein Interview so kürzen und zusammenschneiden, dass man unsympathisch und geldgierig rüberkäme.
Der Chef des Kreditinstituts ist jedoch das, was man heute einen "alten weißen Mann" nennt. Halt beratungsresistent. Er ruft den Journalisten an und fragt, ob er fair berichten würde. Klar, dass wäre für dem Chef einen tolle Sache, er könne seinen Standpunkt darstellen.
Der Chef ist begeistert. Es kommt zu einem 50-minütigem Interview. Der Chef kommt aus dem Interview raus. Sagt seinem Stab, dass er nun ein gutes Gefühl habe und seine Entscheidung pro Interview richtig war.

Kurz darauf läuft der Bericht im öffentlich-rechtlichen. Das Interview wurde auf drei Minuten gekürzt und die Sequenzen immer gegen irgendeine ältere heulende Hausfrau geschnitten, die nun zur Tafel gehen muss. Der Chef sagt in den gesendeten Sequenzen, man müsse doch auch an das Kreditinstitut denken und jeder wäre ja mündig.
Wer ein Herz hat, sagt sich als Zuschauer, was für ein arrogantes Riesenarschloch.

Chef jammert, man hätte ihn gelinkt.
*wo ist der auf dem Boden liegende wiehernde Smiley, der mit den Fäusten auf den Boden haut*

Dabei habe ihm doch der Sender eine faire ausgewogene Berichterstattung versprochen. Und der Chef verlangt, dass wir das gesamte 50-minütige Interview schauen. Ja da ist der empathische Journalist, der wie Pfarrer Fliege auf den Chef eingeht. Nur wem juckts, die Öffentlichkeit wird das Material so nie sehen.

Es ist eigentlich jedesmal die gleiche Schablone, die diese Journalisten füllen. Und wenn dann irgend ein Depp aus dem Feindbildlager denen ein Interview gibt, dann werden die ihr Glück nicht fassen können.

Ein grober Keil ja, nur hat das für mich nichts moralisches oder ehrenwertes. Da nehme ich für mich Artikel 5 GG in Anspruch.

Subjektiv hinterließ die "Wulff-Affäre" bei mir ein Unbehagen, dass ein so übles "Schmierenblatt" wie die "Bild" die Macht hat, durch die Skandalisierung das Amt des Bundespräsidenten zu beschädigen. Dass die Bild als "Vertreter der Vierten Gewalt" auf den Bundespräsidenten einwirken konnte, habe ich für problematisch gehalten. Unabhängig von dem konkreten Fall " Wulff". Den Vorgang habe ich - subjektiv - als nicht konform mit den ursprünglichen normativen Vorstellungen zum politischen System der Bundesrepublik bewertet.
Deine Meinung. Das "Schmierenblatt" ist das einzige Massenmedium, welche nicht bei Pipi Langstrumpf in die Lehre gegangen ist. "Ich mach mir meine Welt, wie sie mir gefällt". Die SZ oder Frankfurter Rundschau schreibt zu einer aufsehen erregendenden Straftat , "der 34-jährige deutsche Staatsangehörige ...", Bild nennt den Vornamen des Verdächtigen und zitiert den Vermieter des Angeklagten "kann nur gebrochen deutsch sprechen".
Ergebnis:
Hass auf die Zeitung, weil sie die Welt nicht so darstellt, wie man sie gerne hätte.

Die Band "die Ärzte" singt über die BILD Angst, Hass, Titten und der Wetterbericht. So what. Aber ich möchte die wahre Geschichte lesen und nicht die, welche der Redakteur einer 'seriösen' Zeitung für mich durch Weglassen zensiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber Thane,
da sind wir ganz weit auseinander. Theoretisch wäre dies richtig, praktisch ist dies aber nicht so. Wenn Journalisten versuchen, die politische Meinung in diesem Land in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen, dann ist das nicht vierte Gewalt. Niemand hat diesen Journalisten das Recht gegeben, ihre persönlichen Vorlieben Fernsehzuschauern zu oktroyieren.
Auch wenn ich nicht Thane bin, darf ich mal platt fragen, wie ein solches Oktroyieren denn auch möglich sein sollte? Gibt es irgendein Gesetz, dass jemanden zwingen würde die Mattscheibe zu schauen oder sich einen bestimmten Standpunkt des dort Gesagten anzunehmen?

Jedem der sich Politmagazine ansieht, wird die moralinsaure Moderatorin kennen, welche sich über den Minister mokiert, der für ein Interview nicht zur Verfügung stand. Es gab nur eine schriftliche Stellungnahme. Skandalös.
Je nach Wichtigkeit des Anliegens wüsste ich nicht was grundsätzlich dagegen spricht es für einen Skandal zu halten, wenn ein Politiker sich nicht persönlich erklärt und stattdessen seinen Pressechef vorschickt.


Ich erzähle von einer Geschichte, welche Mitte der 200er Jahre spielte. Finanzskandal oder was Journalisten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen dafür halten. Anleger haben Geld verloren. Also will man die Verluste von seinem Kreditinstitut zurück. Man sucht sich einen prominenten Anwalt oder der prominente Anwalt sucht sich die Anleger. Man droht dem Kreditinstitut mit einem Reputationsschaden, da man die Medien einschalten wird.

Ein öffentlich-rechtlicher Sender wendet sich an das Kreditinstitut mit einem Interview-Wunsch. Die internationale Mutter des Kreditinstituts hat einen Medienberater geschickt. Der rät von einem Interview ab. Der Journalist würde ein Interview so kürzen und zusammenschneiden, dass man unsympathisch und geldgierig rüberkäme.
Der Chef des Kreditinstituts ist jedoch das, was man heute einen "alten weißen Mann" nennt. Halt beratungsresistent. Er ruft den Journalisten an und fragt, ob er fair berichten würde. Klar, dass wäre für dem Chef einen tolle Sache, er könne seinen Standpunkt darstellen.
Der Chef ist begeistert. Es kommt zu einem 50-minütigem Interview. Der Chef kommt aus dem Interview raus. Sagt seinem Stab, dass er nun ein gutes Gefühl habe und seine Entscheidung pro Interview richtig war.

Kurz darauf läuft der Bericht im öffentlich-rechtlichen. Das Interview wurde auf drei Minuten gekürzt und die Sequenzen immer gegen irgendeine ältere heulende Hausfrau geschnitten, die nun zur Tafel gehen muss. Der Chef sagt in den gesendeten Sequenzen, man müsse doch auch an das Kreditinstitut denken und jeder wäre ja mündig.
Wer ein Herz hat, sagt sich als Zuschauer, was für ein arrogantes Riesenarschloch.

Chef jammert, man hätte ihn gelinkt.
*wo ist der auf dem Boden liegende wiehernde Smiley, der mit den Fäusten auf den Boden haut*

Dabei habe ihm doch der Sender eine faire ausgewogene Berichterstattung versprochen. Und der Chef verlangt, dass wir das gesamte 50-minütige Interview schauen. Ja da ist der empathische Journalist, der wie Pfarrer Fliege auf den Chef eingeht. Nur wem juckts, die Öffentlichkeit wird das Material so nie sehen.

Es ist eigentlich jedesmal die gleiche Schablone, die diese Journalisten füllen. Und wenn dann irgend ein Depp aus dem Feindbildlager denen ein Interview gibt, dann werden die ihr Glück nicht fassen können.

Ein grober Keil ja, nur hat das für mich nichts moralisches oder ehrenwertes. Da nehme ich für mich Artikel 5 GG in Anspruch.

Deswegen ist der Chef ja auch klug und gibt der "Feindpresse" kein Exklusiv-Interview, sondern setzt eine Pressekonferenz an, bei der auch die Presse des eigenen Lagers zugegen ist, was es der "Feindpresse" dann schwierig machen wird, unwidersprochen das Interview zusammen zu streichen.

Das die interessierte Öffentlichkeit das in Gänze nicht zur Kenntnis nimmt, halte ich im Rahmen der heutigen technischen Möglichkeiten und Gegebenheiten für unwahrscheinlich.
Natürlich gibt es immer einen Anteil, der sich in seinen Vorurteilen von Fakten nicht beirren lässt. Das würde er aber genau so wenig, wenn die Presse anderes geschrieben hätte. Entweder es ergibt sich eine zufällige Übereinstimmung zwischen Berichtetem und Sentiment odernicht, dann wird diese eben opportunistisch zur "Lügenpresse" umdeklariert, genau das erleben wir doch im Augenblick (ohne allzuweit in die Tagespolitik abdriften zu wollen).
Da wäre, denke ich zu unterscheiden, an solchen Nachrichtenkonsumenten, die ein Interesse an der Sachlagen ahben und solchen, deren Interesse einfach nur einem Skandal gilt, der ihre wie auch immer geartete Weltanschauung bestätigen soll.
Letzterer wird ohnehin nur das für voll nehmen, was ihm gefällt und sich für die Sache selbst nicht näher interessieren. Er wird dann vielleicht 2 Wochen faktenbefreiten Krawall schlagen und danach ist das Thema für ihn gegessen.
Wer ein ernsthaftes Interesse daran hat, wird sich auch ein 50-Minuten Interview ansehen, zumal er die Möglichkeit ja heute hat. In diesem Sinne wundert mich im Übrigen auch, dass die Medien im besonderen in der heutigen Zeit als manipulativ empfunden werden, denn objektiv gesehen sind die Möglichkeiten ihnen Fehler nachzuweisen durch die technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts so groß wie nie.
Da hatten die Medien des vergangenen Jahrhunderts ganz andere Möglichkeiten die Meinung der Öffentlichkeit unwidersprochen zu manipulieren.

Das "Schmierenblatt" ist das einzige Massenmedium, welche nicht bei Pipi Langstrumpf in die Lehre gegangen ist. "Ich mach mir meine Welt, wie sie mir gefällt". Die SZ oder Frankfurter Rundschau schreibt zu einer aufsehen erregendenden Straftat , "der 34-jährige deutsche Staatsangehörige ...", Bild nennt den Vornamen des Verdächtigen und zitiert den Vermieter des Angeklagten "kann nur gebrochen deutsch sprechen".
Ergebnis:
Hass auf die Zeitung, weil sie die Welt nicht so darstellt, wie man sie gerne hätte.

Ne, dat ist auch ein bisschen simpel.
Da wäre dann, ohne allzusehr in medias res der Tagespolitik gehen zu wollen nicht das Problem, dass die Berichterstattung nicht sie gewünschte Richtung hat, was das besagte Schmierblatt betrifft, sondern dass es der ganzen Sache offenkundig an Neutralität mangelt, im Umgang mit den jeweiligen Protagonisten.

Entweder entscheidet man sich dafür (und das gilt dann auch für die anderen Medien) das bei Berichtenn über Straftaten der pdersönliche Hintergrund des mutmaßlichen Täters relevant ist oder nicht. Hält man ihn für relevant, würde eine neutrale Berichterstattung eine vollständige umschreibung dieses Hintergrunds erfordern und zwar grundsätzlich bei allen vergleichbaren Fällen, auch bei denen der Täter blond ist und sehr gut deutsch spricht.
Die sinnvolle Abwägung ist da wohl eher die zwischen den Persönlichkeitsrechten des Verdächtigten (im Besonderen so lange noch nicht endgültig überführt/rechtskräftig verurteilt) und dem öffentlichen Interesse in der Sache.
Genau das findet bei besagtem Schmierblatt mit den 4 Buchstaben aber nicht statt, sondern da wird immer nur in eine Richtung skandalisiert.
Man muss die Berichterstattung der SZ oder der Frankfurter Rundschau deswegen nicht für korrekt und neutral halten.
Einer Angelegenheit, die man für nicht neutral hält, eine andere vorzuziehen, die offenkundig durch den gesamten Stil ihrer Berichterstattung noch weniger neutral ist, dafür aber in die andere Richtung zielt, ist schlichtweg bescheuert.
Wenn Teile der Gesellschaft der Meinung sind, sie müssten dieser Verhaltensweise nacheifern, ist das bedauerlich, allerdings, inwiefern wäre das anders, wäre die Berichterstattung der SZ oder der Frankfurter Rundschau eine andere?

Die Band "die Ärzte" singt über die BILD Angst, Hass, Titten und der Wetterbericht. So what. Aber ich möchte die wahre Geschichte lesen und nicht die, welche der Redakteur einer 'seriösen' Zeitung für mich durch Weglassen zensiert.

Und inwiefern macht es das Schmierblatt im beispielhaften Fall besser, in dem es den Vornamen und die Sprachkenntnisse des mutmaßlichen Täters thematisiert, aus dem Kalkül heraus die eigene Leserschaft in ihren Sentiments zu bedienen aber die damit verbundene deutsche Staatsbürgerschaft verschweigt?

Wenn das Auslassen des Vornamens in der SZ eine Zensur darstellt (welche Definition von "Zensur" sollte darauf eigentlich passen) warum ist dann das Auslassen der Staatsbürgerschaft des mutmaßlichen Täters durch die Bild keine Zensur?

Das ist wohl ein bisschen sehr mit zweierlei Maß gemessen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Weil ich mich gerade zufälligerweise mit der entsprechenden Studie (oberflächlich) beschäftigte... Nur zu gebrochenen Deutschkenntnissen:

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C1 gilt als akademisches Niveau von Nichtmuttersprachlern, C2 als gehoben muttersprachliches Niveau. Nach dieser Level One Studie sprächen also nicht einmal 7% in Dtld. ein umfassend korrektes Deutsch.
 
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