Deutsche Kriegsgefangene - Italien

corto

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Mein Großvater erzählte auch immer eine persönliche Episode.

er sei in Italien in Gefangenschaft gegangen und dann nach Hause geschickt worden. Auf dem Weg durch Deutschland in sein Heimatdorf dann von einer weiter kämpfenden Waffen-SS Eiheit aufgegriffen worden. Der Erschießung entging er nur weil der Waffen-SS Soldat der ihn bewachen sollte ihn flüchten ließ.

Da stell ich mal eine Frage hinterher: wurden Soldaten so früh entlassen das das Glaubhaft ist noch weiterkämpfenden Einheiten in die Arme zu laufen ?
 
er sei in Italien in Gefangenschaft gegangen und dann nach Hause geschickt worden. Auf dem Weg durch Deutschland in sein Heimatdorf dann von einer weiter kämpfenden Waffen-SS Eiheit aufgegriffen worden.

Es gab Unternehmen, bei denen man keine Gefangenen machen konnte. In diesem Fall hätte dein Großvater wahrlich "Schwein" gehabt. Ansonsten habe ich aber noch nicht gelesen, das man offiziell Kriegsgefangene hat laufen lassen. Im Film "Der Soldat James Ryan" kommt so eine Szene vor. Es wird ein Deutscher gefangen,- mitnehmen kann man ihn nicht, erschießen mag man ihn nicht. Also wird er "zurück" geschickt und soll sich der nächsten Einheit "ergeben". Macht er natürlich nicht und greift wieder ins Kriegsgeschehen ein. Ich denke, allein aus diesem Grund ist eine vorzeitige "offizielle" Freilassung einfach undenkbar.
 
Na ganz so unmittelbar war das nicht. In Italien war der Krieg ja früher zuende.
Nur das die deutschen Soldaten dann nach hause durften obwohl in Deutschland noch gekämpft wurde kommt mir eben spanisch vor.
 
In James Ryan, wo man den Gefangenen laufen lässt - und in Band of Brothers, wo man die Gefangenen erschießt -
sind es auch Kommandounternehmen. Bei solchen wurden bzw werden keine Gefangenen gemacht.

Ich meine allerdings reguläre Gefangennahmen größerer Gruppen, wie eben damals als die Italienfront zusammenbrach.
 
Wenn ich mir folgende Seite anschaue:
https://www.historikerverband.de/nc...t]=&tx_cagtsf[epoche]=&tx_cagtsf[sachgebiet]=
Dann kann die Geschichte doch gut möglich gewesen sein.
Einzig und allein, weil man nicht wusste, wohin mit den Gefangenen und wie man diese versorgen sollte. Unter diesen Gesichtspunkt macht das "laufen lassen" dann durchaus Sinn.

Also heißt es lesen, lesen und nochmal lesen. Vielleicht findet sich dann eine Antwort auf deine Frage.
 
Mein Großvater erzählte auch immer eine persönliche Episode.

er sei in Italien in Gefangenschaft gegangen und dann nach Hause geschickt worden. Auf dem Weg durch Deutschland in sein Heimatdorf dann von einer weiter kämpfenden Waffen-SS Eiheit aufgegriffen worden. Der Erschießung entging er nur weil der Waffen-SS Soldat der ihn bewachen sollte ihn flüchten ließ.

Da stell ich mal eine Frage hinterher: wurden Soldaten so früh entlassen das das Glaubhaft ist noch weiterkämpfenden Einheiten in die Arme zu laufen ?

Hat er denn ein Datum und einen Ort genannt und explizit auch erklärt in wessen Gefangenschaft er da gelandet war?
In Italien kämpften ja nicht nur die regulären Truppen, sondern auch die verschiedenen Partisanenbanden, für die Gefangene vermutlich nur eine Last bei ihren Aktivitäten gewesen wären


Und genau das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen,- mal schauen was unsere Historiker dazu meinen. Ich werde mal schauen ob ich diesbezüglich Literatur finde.

An und für sich, wäre das sicherlich ungewöhnlich. Im Fall Italiens könnte hier möglicherweise aber eine Rolle spielen, die deutschen Befehlshaber in Italien Kesselring (Wehrmacht) und Wolff (SS) mehr oder minder seit dem 3. März 1945 auf eine Separatkapitulation der in Norditalien verbliebenen deutschen Truppen hinarbeiteten, wegen militärischer Sinnlosigkeit der Fortsetzung der Kämpfe und mit den Alliierten in Fühlung traten, wo man sich auch einigermaßen schnell einig wurde:

[...] Die Reise der deutschen Militärbevollmächtigten nach Caserta verlief reibungslos. Am 29. April, 14 uhr, wurden die offiziellen Kapitulationsurkunden unterzeichnet. Nun fehlte noch die förmliche Ratifikation aus Bozen.
Wolff war am Morgen des Vormittags in seinem neuen hauptquartier eingetroffen. Gleichzeitig war die so entscheidend wichtige Funkstation, welche die Amerikaner früher in Mailand eingerichtet hatten, mit ihrem mutigen Funker nach Bozen verlegt worden, um Wolff eine direkte Verbindung nach Caserta zu ermöglichen. Am Abend des 30. April nach Abschluß der Übergabezeremonie, wurden die deutschen Abgesandten vom alliierten Hauptquartier in die Schweiz zurück gebracht und fuhren von dort über die Grenze nach Bozen.[...]


Deakin, F.W.: Die brutale Freundschaft, Hitler, Mussolini und der Untergang des italienischen Faschismus, Berlin/Köln 1962 S. 869.

Gesamtzusammenhang im Kapitel "Unternehmen "Sunrise" S. 853-871 nämlichen Werkes.

Das sich die Teilkapitulation der deutschen Truppen in Italien noch bis zum zum 2. Mai 1945 hinzog, hatte dann mehrere Ursachen, darunter Kesselring, der nach Beförderung umfiel und seine Meinung in dieser Sache noch einmal änderte und auf einmal gegen die lokalen Befehlshaber Wolff und Vietinghoff vorging und weil die Angelegenheit inzwischen weitgehend durchgesickert war und die Gauleitung von Tirol sich in die Angelegenheit einmischte und gegen die Schritte der militärischen Befehlshaber opponierte.

Vor dem Hintergrund, dass seit Mitte März 1945 an der Italienfront die Kapitulation mehr oder minder vorbereitet wurde und Ende April bereits in schriftlicher unterzeichneter Form vorlag und nur noch die Unterschrift des Oberbefehlshabers des Kriegsschauplatzes fehlte, erscheint es mir durchaus denkbar, dass man, auch um den weiteren Fortschritt der Kapitulation nicht zu gefährden möglicherweise Gefangene laufen ließ oder austauschte.

Sollte man, wenn man es weiter erörtern will, aber vielleicht in einem separaten Faden tun.
 
Zuletzt bearbeitet:
Um das eben noch nachzureichen:
Grundsätzlich scheint es Gefangenenaustausch auch deutscher und italienischer Militärangehöriger gegen solche der Westalliierten während des Krieges gegeben zu haben.

https://www.loc.gov/rr/frd/Military_Law/pdf/CRS_Prisoners-of-War_report.pdf

Wäre an der Stelle also rauszufinden, in welchem Maße das für den italienischen Kriegsschauplatz git.

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@Moderatorenteam

Wäre es möglich letzten Postings hier abzutrennen und in einen entsprechenden Faden zu überführen, um hier nicht weiter vom eigentlichen Thema abzuweichen?
 
Danke für das Abtrennen des Fadens.

Leider ist mein Großvater bereits verstorben - ich habe aber gut Hoffnung das mein Vater mehr dazu sagen kann. Mit uns Enkeln hat der Großvater nur sehr vage über die Kriegserlebnisse gesprochen.
Ich werde meinen Vater mal fragen in wessen Gefangenschaft mein Großvater damals ging.
 
So, ich kann nun endlich mehr Berichten - wenn auch vieles dabei im Dunkeln bleibt.

Mit Italien hatte diese nicht zustande gekommen Endphaseverbrechen an meinem Großvater jedenfalls nichts direkt zu tun - aber der Reihe nach.

Mein Großvater ist Jahrgang 1923 und Müllersohn. Eingesetzt war er in der "Panzergruppe Sardinien" - eine Truppe die wohl vorgesehen war das Afrikacorps zu verstärken. Er lag daher auf Sardinien - das wohl nicht umkämpft war.

Nach Afrika kam er nicht mehr, da der Krieg in Afrika bereits vorbei war. Daher wurde er in einer neuen Einheit eingesetzt die in den Abwehrkämpfen quasi als Feuerwehr diente. Die Nummer wusste mein Vater nicht mehr genau - irgendeine "leichte Panzer 9??" *** also neunhundert irgendwas. Dadurch war er bei Anzio/Salerno und auch bei MontaCassino im Kampf. Er war Panzerfunker in einem PzkW IV, müsste Ausführung A gewesen sein.

Und nun wird es kurios.
Meine Großmutter hat es geschafft, über mehrere Strohmänner und den Vorwand das der Müller, also der Vater meines Großvaters, der die Familienmühle führte, in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung sei. Dadurch konnte mein Großvater Sonderurlaub antreten und MonteCassino verlassen um auf der heimischen Mühle zu arbeiten.
Dort hat meine Großmutter seine Malaria-Pillen (auf Sardinien und generell in Italien gab es damals noch Malaria) unbrauchbar gemacht - und er erkrankte an der leichteren Form der Malaria.
Dadurch kam er ins Lazarett - bekam dort noch Tropengeschwüre und war somit lange außer Gefecht.

Als er wieder gesund war war MonteCassino schon gefallen, und er wurde in Deutschland eingesetzt. Am Ende war er in Berlin und hat dort als Fahrer u.a. einen brühmten Schauspieler (name vergessen - kann ich nachreichen)aus Berlin herausfahren müssen bevor der Belagerungsring sich schloss. Da nun klar war das Berlin fallen würde (also endgültig jedem klar) entschloss er sich mit 2 anderen Kameraden die ebenfalls aus unserer Gegend stammten zur Heimreise. Ob der Krieg da schon offiziell beendet war oder erst während seiner Reise mit den Kameraden (mit geklauten Fahrrädern) weiß ich nicht.

Jedenfalls fuhren sie in der Lüneburger Heide dieser weiterkämpfenden SS Einheit in die Arme, und sollten dort als Deserteure erschossen werden.
Dort sagte der bewachende Soldat meinem Großvater und seinen 2 Kameraden sie sollten ihm ordentlich eine reinhauen damit eine Flucht glaubwürdig aussieht - und ließ sie laufen.

Hört sich an wie die größte Räuberpistole, aber mein Großvater war ein bescheidener einfacher Mann und kein flunkerer. in englische Gefangenschaft ging er erst von Zuhause aus - und das auch nur kurz.


*** hab gerade mal nachgeschaut wer alles bei Anzio (Operation Shingle) dabei war.
mein Großvater muss teil dieser Einheit gewesen sein:
90. leichte Afrika-Division – Wikipedia

genauer (aus dem Lexikon der Wehrmacht)
"Die Wiederaufstellung der Panzer-Abteilung 190 erfolgte am 12. Juli 1943 aus der am 4. Juli 1943 durch den Wehrkreis V aufgestellten Panzer-Abteilung Sardinien. Diese wurde dabei auf 3 Kompanien verstärkt. Die Abteilung unterstand danach der 90. Panzer-Grenadier-Division und wurde in Italien eingesetzt."
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir ist da ein Gedanke gekommen:
Als Endphaseverbrechen werden allgemein Kriegsverbrechen an Zwangsarbeitern, Gefangenen, Häftlingen und Zivilisten bezeichnet.

Ich bin mir nicht sicher ob es anmaßend ist diesen Begriff hier zu verwenden, denn desertiert war mein Großvater ja - auch wenn der Krieg bereits vorbei war.
 
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