Gedankenspielerei zu Napoleon und der franz. Republik

spaceinvader

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Hallo
Was denkt ihr: Hätte die französische Revolution das Potenzial gehabt, von selbst einen Flächenbrand auszulösen und alle Länder Europas (ohne die Mitwirkung eines Napoleon) in eine Republik umzuwandeln?

Ich habe mal gelesen, dass es im meiner Heimat, der Schweiz, eine "revolutionäre Bewegung gegen die oligarchischen Kantone" gab, die von Napoleon unterstützt wurde. Ich weiss jedoch nicht, welche Sprengkraft eine solche Bewegung hatte und ob sie ohne den "grand empereur" einfach in der Bedeutungslosigkeit untergegangen wäre. Napoleon sprach meines Wissens von einem Funken und von der strategischen Bedeutung der Schweiz für weitere Kampagnen...
 
Die Französische Revolution und damit die Aufklärung hat im Rahmen des philosophischen Diskurs der Moderne einen "Flächenbrand" in Europa ausgelöst.

Nachzulesen beispielsweise bei M. Geier Aufklärung. Das europäische Projekt der Moderne oder bei Martus: Aufklärung speziell für Deutschland.

Die Wirkungen der Aufklärung können problemlos bis nach Russland (Herzen etc.) nachvollzogen werden.
 
Hätte die französische Revolution das Potenzial gehabt, von selbst einen Flächenbrand auszulösen und alle Länder Europas (ohne die Mitwirkung eines Napoleon) in eine Republik umzuwandeln?
Das Gedankenspiel hinkt an der Tatsache, dass Napoleon die Erste Französische Republik mit seiner Kaiserkrönung 1804 (eigentlich schon mit der Konsulatsverfassung von 1799) beendete. Für die Schweizer Geschichte bin ich kein Experte, aber wenn ich richtig informiert bin, folgte auf die Helvetische Republik ab 1803 die "Mediationszeit", in der die Schweiz de facto zum reinen Vasallenstaat Napoleons wurde.

Wenn ich in die deutsche Geschichte schaue, kann ich unter Napoleon auch wenig "republikanische" Tendenzen erkennen. Der Reichsdeputationshauptschluß 1803 stärkte die großen und mittleren Monarchien; mehr oder weniger "republikanische" Reichsstädte verloren ihre Unmittelbarkeit und wurden einer größeren oder mittleren Monarchie angeschlossen. Nur Frankfurt (unter Napoleon ein Großherzogtum), Bremen (seit 1811 französisches Department), Hamburg (seit 1806 französisches Department) und Lübeck (seit 1811 im selben Department wie Hamburg) konnten nach 1815 wieder unmittelbar werden. Das von Napoleon neugeschaffene Königreich Westphalen regierte sein Bruder Jérôme.
 
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Das Gedankenspiel hinkt an der Tatsache, dass Napoleon die Erste Französische Republik mit seiner Kaiserkrönung 1804 (eigentlich schon mit der Konsulatsverfassung von 1799) beendete.

In Bezug auf die Staatsverfassung oder Herrschaftsform ist das richtig. Aber man kann einen Gedanken nicht "beenden", der die Phantasien von Intellektuellen und Reformern in Europa begeistert hat.

Es gab revolutionäre, nationalistische Bewegungen in der Folge in Polen oder in Ungarn. Genannt, weil die vorherrschende Vorstellung ist, dass sich die Aufklärung sukzessive von Westen nach Osten ausbreitete (vgl. Berlin und Beiträge in Evtuhov).

Dabei kam es zu länderspezifischen Aneignungen der zentralen Ideen wie beispielsweise erkennbar am Dekabristenaufstand, bei dem deutlich wurde, dass sich westlich gebildetete - militärische - adelige Eliten der Modernisierung ihres rückständigen Reiches verpflichtet fühlten.

Es ist deswegen relevant, die Genese der Ideen der Aufklärung zu rekonstruieren, um die Wirkungen der Französischen Revolution einschätzen zu können

Berlin, Isaiah; Hardy, Henry; Kelly, Aileen (2008): Russian thinkers. Ed. New York: Penguin Books
Evtuhov, Catherine; Kotkin, Stephen (Hg.) (2003): The cultural gradient. The transmission of ideas in Europe, 1789-1991. Lanham, Md.: Rowman & Littlefield.
 
Es ist deswegen relevant, die Genese der Ideen der Aufklärung zu rekonstruieren, um die Wirkungen der Französischen Revolution einschätzen zu können
Für mich stellt sich eher die Frage, in wie fern Napoleon als ein Repräsentant der Ideen der französischen Revolution anzusehen ist. Seine Herrschaftsform spricht dagegen. Lassen sich Imperialismus und Bellizismus unter den Hut der Aufklärung bringen?
Einige seiner Gesetzbücher, isb der Code Civil, der ja auch noch nach 1815 häufig angewendet wurde, stehen sicher in einer aufklärerischen Tradition.
 
Ich denke es greift auch zu kurz die Aufklärung allein auf die (vornapoleonische) Französische Revolution zu reduzieren. Der grande terreur 1793/94 lässt sich beispielsweise schwer mit aufklärerischen Idealen erklären. Andererseits praktizierten ja auch Monarchen wie der Alte Fritz oder Joseph II. einen "aufgeklärten Absolutismus".
 
Für mich stellt sich eher die Frage, in wie fern Napoleon als ein Repräsentant der Ideen der französischen Revolution anzusehen ist.

1. Hatten wir das im Forum irgendwann im letzten Jahr diskutiert. (z.B. Link) Es finden sich ähnliche Diskussion in anderen Thread dazu.

https://www.geschichtsforum.de/them...pleon-eine-folge-der-revolution-abitur.54589/

Ich denke es greift auch zu kurz die Aufklärung allein auf die (vornapoleonische) Französische Revolution zu reduzieren.

Wurde mit keinem einzigen Satz von mir so formuliert. Und die Philosophie der Aufklärung kann man auch nicht auf Frankreich reduzieren (vgl. die Arbeiten von J. Israel dazu), weil man die transatlantische interaktive Dimension, sprich die Revolution in Nordamerika beispielsweise ausblendet (vgl. dazu beispielsweise Klooster)

Klooster, Wim (2009): Revolutions in the Atlantic world. A comparative history. New York: New York University Press.

Der grande terreur 1793/94 lässt sich beispielsweise schwer mit aufklärerischen Idealen erklären.

Hört sich nach Polemik an. Jenseits davon, vgl. die Diskussion zu Saint-Jus (vgl. #6)

https://www.geschichtsforum.de/thema/saint-just-und-die-franzoesische-revolution.54378/
 
Hätte die französische Revolution das Potenzial gehabt, von selbst einen Flächenbrand auszulösen und alle Länder Europas (ohne die Mitwirkung eines Napoleon) in eine Republik umzuwandeln?
(Hervorhebung von mir)
Ist eine Frage der
Staatsverfassung oder Herrschaftsform
.

Ugh: Ich denke es greift auch zu kurz die Aufklärung allein auf die (vornapoleonische) Französische Revolution zu reduzieren.
Wurde mit keinem einzigen Satz von mir so formuliert

Aber vom threadersteller wurde es so formuliert: "Gedankenspielerei zu Napoleon und der franz. Republik" und um seine Frage geht es.
 
Dann gehen wir mal der Frage nach einem "revolutionären Nationalismus" nach, der als Export, die Revolution nach Europa transportieren soll. Ist an anderer Stelle im Forum schon formuliert worden.

Man kann von unterschiedlichen Phasen ausgehen, um die Veränderung in der Haltung zum "Export" der Französischen Revolution zu verstehen. In der Frühphase der Französischen Revolution wird man von einem durchaus vorhandenen "Universalismus" bei den zentralen Ideen der Revolution ausgehen können, die eine nicht-nationalistische Haltung war. Die Einführung universeller Rechte, unabhängig von der Geburt, war ein allgemeines Recht und somit zunächst völkerverbindend.

......möchte ich eine in der Debatte der Nationalversammlung vom 1. August 1789 gemachte Äußerung des Marquis Boniface de Castellane einbringen:
"Blicken wir doch auf die Oberfläche unseres Erdballs, und Sie werden mit mir erbeben, wenn sie sehen, wie wenig Nationen keineswegs im Vollumfang ihrer Rechte, sondern nur einige Ideen, einige Reste ihrer Freiheit bewahrt haben. Ohne hinwiesen zu müssen auf ganz Asien und auch nicht auf die unglücklichen Afrikaner, die auf den westindischen Inseln eine viel härtere Sklaverei erdulden müssen als in ihrer eigenen Heimat, ohne, sage ich, aus Europa hinauszugehen, sehen wir da nicht ganze Völker, die sich als Eigentum einiger Herren betrachten? Sehen wir nicht, dass sie sämtlich sich einbilden, sie seien Gesetzen Gehorsam schuldig, die von Despoten gemacht sind, denen diese selbst sich aber nicht unterwerfen?"

Erst in späteren Phasen der Republik und dem "Export der Revolution" zeigte sich, dass ein derartiges Vorhaben nicht einfach ist und an ethnischen und kulturellen Grenzen Barrieren erfährt. Und teilweise als eine Zurückweisung der Ideale und Ideen der Französischen Revolution in angrenzenden Gebieten erfahren wurde, wie beispielsweise angrenzende Gebiete zum HRR in der Masse der Bevölkerung nur eine "mäßige" Begeisterung zeigten.

Verstärkt wurde das Zurückdrängen der universalistischen Haltung, das die Kerngedanken der Französischen Revolution spiegelte, durch die Bedrohung der aufmarschierenden Armeen der europäischen Monarchien.

Diese beiden Prozesse veränderten die ursprüngliche universalistische Haltung zu den Werten der Französischen Revolution und beförderten nationalistische und patriotische Haltungen.

Im wesentlichen war die Entstehung des ursprünglichen französischen Nationalismus der Ausdruck der "Volkssouveränität". Und dieser Ausdruck von "Fraternite" war zunächst eine politische Kategorie, die das "Volk", im wesentlichen den 3. Stand, im Gegensatz zur Aristokratie definierte.

Und unter dem Druck der Bedrohung durch ausländische Mächte und durch die Revolten im Vendee (Bürgerkrieg) im Inneren verschärften sich diese Gegensätze zwischen den Revolutionären und den aristokratischen Mächten Europas.

Und wandelte sich unter diesem Druck, im Zuge der Mobilisierung der Massen, in einen genuin und ethnisch definierten französischen Nationalismus. Und damit zusammenhängend entwickelte sich ein gewisses missionarisches Sendungsbewußtsein, dem Rest Europas das "Licht der Aufklärung" zu bringen, wie das Reed so schön für Deutschland beschrieben hat.

Und erst in diesem Kontext mischten sich ideologische Konzepte der Französichen Revolution mit dem napoleonischen Hegemonialstreben und öffnete damit die Büchse der nationalistischen Pandora und Napoleon konnte seine imperialen Träume unter dem Deckmantel der Werte der Französischen Revolution - auch - rechtfertigen

So als Kurzform, ausführlich bei Bell zu Frankreich und komparativ und gut zusammengefaßt bei Wehler.

Bell, David Avrom (2003): The cult of the nation in France. Inventing nationalism, 1680-1800. Cambridge, Mass: Harvard University Press.
Reed, Terence James (2012): Mehr Licht in Deutschland. Eine kleine Geschichte der Aufklärung. München: C.H.Beck
Wehler, Hans Ulrich (2001): Nationalismus. Geschichte - Formen - Folgen. München: C.H. Beck
 
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Hallo
Was denkt ihr: Hätte die französische Revolution das Potenzial gehabt, von selbst einen Flächenbrand auszulösen und alle Länder Europas (ohne die Mitwirkung eines Napoleon) in eine Republik umzuwandeln?
Ich würde die beiden Dinge gerne trennen.

Man kann m.E. sagen die Französische Revolution HAT einen Flächenbrand ausgelöst.

Viele Länder wurden maßgeblich von Frankreich geprägt und zahlreiche in Republiken umgewandelt.

Der Flächenbrand stellt sich allerdings vielschichtig da.
Verkürzt ausgedrückt gibt es zwei wesentliche Auswirkungen:
1. Die ohnehin bereits vorhandenen pro revolutionären Kreise erhielten weiteren Aufwind. Ein Teil der Projekte glückte oder glückte temporär (Mainzer Republik, Cesrhenaische Republik, Helvetische Republik, Batavische Republik usw.), ein Teil der Projekte wurde im Keim erstickt (Éirí Amach/Irish Rebellion 1798, Versuch eines Umsturzes in Süddeutschland 1798).
2. In einigen Gebieten verloren die progressiven Kräfte an Einfluss, da sie als Landesverräter oder ähnliches diskreditiert werden konnten. Teilweise litten darunter auch Künstler, die offensichtlich unschuldig bestraft wurden (Reichardt und Kotzebue galten als Republikaner, Kotzebue musste wegen des Verdachts auf Jakobinismus gar nach Sibirien). Fortschrittliche Reformen wurden zurückgenommen*.

* Dieser Aspekt allerdings ist mit Vorsicht zu genießen. Manchmal scheinen auch Maßnahmen konservativ motiviert und durch die Revolution befördert, hängen aber etwa mit individuellen Aspekten wie Herrscherwechsel zusammen.
 
Erst in späteren Phasen der Republik und dem "Export der Revolution" zeigte sich, dass ein derartiges Vorhaben nicht einfach ist und an ethnischen und kulturellen Grenzen Barrieren erfährt.
Nicht nur dort. In der Kolonie Saint Domingue (Haití) wurden von der frz. Republik nicht die Menschen- und Bürgerrechte gewährt, die man 1789 proklamiert hatte, was zum Aufstand 1791 führte. Und auch innerhalb Frankreichs war es ja nicht so, dass man städtisches und landständiges Bürgertum hätte über einen Kamm scheren können, man denke an la Guerre de Vendée.
 
Das Gedankenspiel hinkt an der Tatsache, dass Napoleon die Erste Französische Republik mit seiner Kaiserkrönung 1804 (eigentlich schon mit der Konsulatsverfassung von 1799) beendete.

So ganz stimmt es nicht, oder er hat sich zu mindest nicht ganz getraut, die Republik völlig zu Grabe zu tragen:
Sein Titel beinhaltete interessanterweise nicht nur die bekannte Formel "von Gottes Gnaden", sondern auch: "durch die Verfassung der französischen Republik." (Soweit ich weiß, ein historisches Unikum)
Auch war er nicht Kaiser von Frankreich, sondern Kaiser der Franzosen: Er sah sich als Kaiser des Volkes, nicht des Reiches.

Gruss, muheijo
 
Sein Titel beinhaltete interessanterweise nicht nur die bekannte Formel "von Gottes Gnaden", sondern auch: "durch die Verfassung der französischen Republik." (Soweit ich weiß, ein historisches Unikum)

In der Verfassung von 1804 heißt es tatsächlich "Napoleon, von Gottes Gnaden und nach den Verfassungen der Republik, Kaiser der Franzosen" und später "Die Regierung der Republik wird einem Kaiser anvertraut, der den Titel: Kaiser der Franzosen annimmt."
 
Der Flächenbrand war entbrannt und loderte sehr lange. Bereits kurz nach der Erstürmung der Bastille kam es zu einer Revolution im Fürstbistum Lüttich im August 1789. Bereits vor Frankreich wurde dort die Republik erklärt.

Aber auch im deutschsprachigen Bereich gab es eine Reihe von Jakobinern, die das "französische Modell" auf Deutschland bzw. die damaligen deutschen Staaten übertragen wollten. Die cisrhenanische Republik und die Mainzer Republik wurden oben bereits erwähnt. Das Problem war, dass diese nicht nur als "gefährliche Revoluzzer", sondern auch als "fünfte Kolonne" Frankreichs angesehen worden sind.

Aber auch nach der Niederlage Napoleons und der Restauration gab es kein Zurück mehr In Deutschland gab es die Forderung nach nationaler Einheit und Demokratie.

Die Revolution von 1848, die in vielen Staaten Europas stattfand, war Teil dieses Flächenbrandes. Ich würde den Flächenbrand sogar bis 1989 (Revolutionen in Mittel- und Osteuropa) lodern sehen Möglicherweise auch die Revolutionen in den arabischen Ländern (arabisdher Frühling).
 
Hallo erneut
Als erstes freut es mich, dass meine Frage eine solche Diskussion ausgelöst hat:D. Ich glaube jedoch, dass es einiger Erklärungen zu meiner Frage bedarf: Den Titel habe ich gewählt, da ich meine Frage nicht wirklich einordnen konnte. (Das eine Thema hängt mit dem anderen zusammen, ihr kennt das ja bestimmt...)
Ich bezweifle auch nicht, dass die Revolution einen Flächenbrand ausgelöst hat. Jedoch hat in Preussen Friedrich der Grosse (war es wirklich er oder ein anderer?) die Aufklärung für sich genutzt. Ich setze die Aufklärung auch nicht gleich mit der Republik: https://de.wikipedia.org/wiki/Aufgeklärter_Absolutismus (bitte nicht hauen! :eek:)
Deswegen wollte ich nochmals Napoleon in meiner Frage hervorheben: Denkt ihr, dass ohne Napoleons Erfolge mehr beim Alten geblieben wäre: dass eine Restauration der Koalition von grösserem Erfolg gewesen wäre, Frankreich die einzige Repubik geblieben wäre oder vielleicht nach langem hin und her etwas ähnliches, wie in England geschehen wäre? (Gab es überhaupt Verwandte der Bourbonen/Kapetinger, die sich hierfür angeboten hätten ,zu der Zeit?)
 
Wir wissen, was war, und auch das häufig nur sehr unzureichend. Was gewesen wäre wenn, bleibt uns verborgen.
 
Es wäre wünschenswert, wenn sich Threadersteller die Mühe machen würden, sich ernsthaft mit Antworten auseinanderzusetzen.

Denkt ihr, dass ohne Napoleons Erfolge mehr beim Alten geblieben wäre

1. Nein bzw. anders aber mit ähnlichen Konsequenzen und zweitens wurde die Diffusion mit Hinweis auf z.B. Russland beantwortet (vgl #4) Die "Moderne" kam nicht wegen Napoleon.

2. Ansonsten sind konkrete Beispiele für das Verständnis hilfreich:
- Zu den europäischen Revolutionen:
Tilly, Charles (1993): Die europäischen Revolutionen. München: C.H.Beck (Europa bauen).

- Zu den Trägern der Gedanken -zunächst die Intellektuellen dann die sozialistischen Parteien - der Aufklärung, die wirksam gewesen wären, auch ohne Napoleon
Charle, Christophe (2001): Vordenker der Moderne. Die Intellektuellen im 19. Jahrhundert. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verl.

-Zur Rolle von Krieg als Katalysator von sozialen Entwicklungen bzw. zur Durchsetzung der "Moderne"
Langewiesche, Dieter (2019): Der gewaltsame Lehrer. Europas Kriege in der Moderne. München: Verlag C.H. Beck

- Zur frühen Bedeutung der Aufklärung in Preußen z.B. Moses Mendelssohn

https://de.wikipedia.org/wiki/Moses_Mendelssohn
 
Die "Moderne" kam nicht wegen Napoleon.

Die Moderne kam in einer Reihe von Entwicklungen:

- zunehmende Entwicklung zum National-Staat mit vielen administrativen Konsequenzen
- Bürgerliche - ökonomische - Revolution, die auf dem "Leistungsprinzip" beruhte
- Durchsetzung der universellen Menschenrechte, die in der Konsequenz auch auf die Verbesserung der Lage der unteren Schichten abzielten.

http://www.verfassungen.eu/f/ferklaerung89.htm

https://www.netzwerk-menschenrechte...n-und-die-erklaerung-der-menschenrechte-1277/

Die Bedeutung von Napoleon kann man dabei ambivalent sehen. Einerseits brachte er im physischen Sinne - als Gepäck seiner Armeen - den "Geist der Revolution" in andere Länder. Andererseits gab es mit dem "System Metternich" eine antirevolutionäre, reaktionäre Restauration nach dem "Wiener Kongress", die zumindest kurzfristig revolutionäre Bewegungen in Europa unterdrücken konnte.

Letztlich haben sich alle drei Entwicklungen im Rahmen der Moderne durchgesetzt und ihren positiven Ausdruck in der Errungenschaft des demokratisch regierten Sozialstaates gefunden. Der als Regierungssystem antagonistische, zentrifugale Entwicklungen durch Kompromisse integrieren kann.
 
Deswegen wollte ich nochmals Napoleon in meiner Frage hervorheben: Denkt ihr, dass ohne Napoleons Erfolge mehr beim Alten geblieben wäre: dass eine Restauration der Koalition von grösserem Erfolg gewesen wäre, Frankreich die einzige Repubik geblieben wäre oder vielleicht nach langem hin und her etwas ähnliches, wie in England geschehen wäre? (Gab es überhaupt Verwandte der Bourbonen/Kapetinger, die sich hierfür angeboten hätten ,zu der Zeit?)

Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wäre, wär' mein Vater Millionär.:)

Wir sind hier im Bereich der kontrafaktischen Geschichte, da kann man viel konstruieren. Aber auch in der realen Zeitlinie, gab es nach der Niederlage eine Restauration. Im übrigen hätte die République nicht nur durch Intervention von außen, sodern auch innere Konflikte bereits beendigt werden können (Stichwort: terreur blanche).

Bourbonen gab es doch noch im Überfluß: die Könige nach der Restauration Ludwig XVIII. und sein Nachfolger
Karl X. waren Brüder des hingerichteten Ludwig XVI. Der Nachfolger von Karl X., Louis Philippe, war ebenfalls ein Bourbone, im Gegensatz zu seinen Vorgängern war er nicht mehr König von Frankreich, sondern König der Franzosen.

Bourbonen gibt es auch noch heute: die Regenten von Luxemburg und Spanien sind Bourbonen. Und für den Fall des Falles stehen sogar heute noch drei konkurriende Linien von Thronprätendenten bereit, um die Herrschaft in Frankreich zu übernehmen:

  • Ludwig XX. (Louis XX)
  • Johannes IV. (Jean IV)
  • Napoleon VII. (Napoléon VII)
s. https://fr.wikipedia.org/wiki/Liste_des_pr%C3%A9tendants_au_tr%C3%B4ne_de_France_depuis_1792



Wir wissen, was war, und auch das häufig nur sehr unzureichend. Was gewesen wäre wenn, bleibt uns verborgen.

Da muß man entweder die Glaskugel putzen, oder mit geeigneten Werkzeug einen Riß im Raum-Zeit-Kontinuum schaffen, um einen Blick in das entsprechende Paralleluniversum zu werfen.:D
 
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