Dann gehen wir mal der Frage nach einem "revolutionären Nationalismus" nach, der als Export, die Revolution nach Europa transportieren soll. Ist an anderer Stelle im Forum schon formuliert worden.
Man kann von unterschiedlichen Phasen ausgehen, um die Veränderung in der Haltung zum "Export" der Französischen Revolution zu verstehen. In der Frühphase der Französischen Revolution wird man von einem durchaus vorhandenen "Universalismus" bei den zentralen Ideen der Revolution ausgehen können, die eine nicht-nationalistische Haltung war. Die Einführung universeller Rechte, unabhängig von der Geburt, war ein allgemeines Recht und somit zunächst völkerverbindend.
......möchte ich eine in der Debatte der Nationalversammlung vom 1. August 1789 gemachte Äußerung des Marquis Boniface de Castellane einbringen:
"Blicken wir doch auf die Oberfläche unseres Erdballs, und Sie werden mit mir erbeben, wenn sie sehen, wie wenig Nationen keineswegs im Vollumfang ihrer Rechte, sondern nur einige Ideen, einige Reste ihrer Freiheit bewahrt haben. Ohne hinwiesen zu müssen auf ganz Asien und auch nicht auf die unglücklichen Afrikaner, die auf den westindischen Inseln eine viel härtere Sklaverei erdulden müssen als in ihrer eigenen Heimat, ohne, sage ich, aus Europa hinauszugehen, sehen wir da nicht ganze Völker, die sich als Eigentum einiger Herren betrachten? Sehen wir nicht, dass sie sämtlich sich einbilden, sie seien Gesetzen Gehorsam schuldig, die von Despoten gemacht sind, denen diese selbst sich aber nicht unterwerfen?"
Erst in späteren Phasen der Republik und dem "Export der Revolution" zeigte sich, dass ein derartiges Vorhaben nicht einfach ist und an ethnischen und kulturellen Grenzen Barrieren erfährt. Und teilweise als eine Zurückweisung der Ideale und Ideen der Französischen Revolution in angrenzenden Gebieten erfahren wurde, wie beispielsweise angrenzende Gebiete zum HRR in der Masse der Bevölkerung nur eine "mäßige" Begeisterung zeigten.
Verstärkt wurde das Zurückdrängen der universalistischen Haltung, das die Kerngedanken der Französischen Revolution spiegelte, durch die Bedrohung der aufmarschierenden Armeen der europäischen Monarchien.
Diese beiden Prozesse veränderten die ursprüngliche universalistische Haltung zu den Werten der Französischen Revolution und beförderten nationalistische und patriotische Haltungen.
Im wesentlichen war die Entstehung des ursprünglichen französischen Nationalismus der Ausdruck der "Volkssouveränität". Und dieser Ausdruck von "Fraternite" war zunächst eine politische Kategorie, die das "Volk", im wesentlichen den 3. Stand, im Gegensatz zur Aristokratie definierte.
Und unter dem Druck der Bedrohung durch ausländische Mächte und durch die Revolten im Vendee (Bürgerkrieg) im Inneren verschärften sich diese Gegensätze zwischen den Revolutionären und den aristokratischen Mächten Europas.
Und wandelte sich unter diesem Druck, im Zuge der Mobilisierung der Massen, in einen genuin und ethnisch definierten französischen Nationalismus. Und damit zusammenhängend entwickelte sich ein gewisses missionarisches Sendungsbewußtsein, dem Rest Europas das "Licht der Aufklärung" zu bringen, wie das Reed so schön für Deutschland beschrieben hat.
Und erst in diesem Kontext mischten sich ideologische Konzepte der Französichen Revolution mit dem napoleonischen Hegemonialstreben und öffnete damit die Büchse der nationalistischen Pandora und Napoleon konnte seine imperialen Träume unter dem Deckmantel der Werte der Französischen Revolution - auch - rechtfertigen
So als Kurzform, ausführlich bei Bell zu Frankreich und komparativ und gut zusammengefaßt bei Wehler.
Bell, David Avrom (2003): The cult of the nation in France. Inventing nationalism, 1680-1800. Cambridge, Mass: Harvard University Press.
Reed, Terence James (2012): Mehr Licht in Deutschland. Eine kleine Geschichte der Aufklärung. München: C.H.Beck
Wehler, Hans Ulrich (2001): Nationalismus. Geschichte - Formen - Folgen. München: C.H. Beck