Wandmalereien in Siget in der Wart (Burgenland)

Grantler

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Hallo Leute!
Wer kann mir bei den Bildern weiterhelfen. Die Malereien schmücken die katholische Filialkirche von Siget in der Wart. Sie wurden 1979 entdeckt, m.W. kunstgeschichtlich aber noch nicht bearbeitet. Daher meine Frage an euch: welchem Jahrhundert bzw. welcher kunsthistorischen Epoche sind sie zuzuordnen. Und was bedeuten die Motive. Sehen aus wie Malereien von Kindern! Die Kirche selbst scheint aus dem 9. Jahrhundert zu stammen, wurde aber im 16.Jh. vermutl. als protestantisches Bethaus verwendet. Könnten die Malereien im 16./17. Jh. entstanden sein?
 

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Die Fresken dürften wohl aus der Frühzeit der Kirche stammen - romanisch sein -, wobei mich die weitgehend ungegenständliche Malerei wundert, wenn man mal von Sonne (und Mond?) und der anthropomorphen (menschförmigen) Figur absieht. Für Pflanzen- und Rankenmalerei ist das sehr chaotisch. Als hätte man Vierjährige mit der Ausgestaltung der Kirche beauftragt.
 
Im Jahr 1983 wurde vom Bundesdenkmalamt eine archäologische Untersuchung der katholischen Kirche in Siget durchgeführt. Dabei wurde ein österreichweit einzigartiges Denkmalobjekt entdeckt: die sogenannte Rot-Blau-Ocker-Malerei, die von Westungarn bis Siebenbürgen in protestantischen Sakralbauten zu finden ist. Diese Malerei in Siget bleibt bisher das einzige erhaltene Exemplar dieser außergewöhnlichen Freihandtechnik und ziert die Decke und das Gewölbe des Gebäudes.

Wenn die Glocke in Siget läutet... | prima! Magazin
 
... die Frühzeit der Kirche könnte aber im 9. Jahrhundert, also im Frühmittelalter liegen. Aber natürlich ist eine Ausmalung im 12./13. Jahrhundert nicht auszuschließen. Aber ich kenne keine Parallelen. Kennst du welche? Hinzuzufügen ist, dass Siget als eine Gründung freier ungarischer Bogenschützen gilt.
 
... aber wo in Ungarn oder in Siebenbürgen gibt es hierzu Parallelen? Die Grabung 1983 hat nur vier Gräber des 17. Jahrhunderts erbracht. Die Malereien wurden bereits einige Jahre zuvor entdeckt. Bislang sind sie tatsächlich einzigartig.
 
Auf den ersten Blick wirken die Darstellungen tatsächlich irgendwie romanisch. Die hingemalten Keilsteine aber deuten auf Bauernmalerei, wofür das Nachahmen von Bauelementen, bzw. von aufwendigeren Oberflächenstrukturen typisch ist. Und bei volkstümlichen Bemalungen wird die chronologische Einordnung eher schwierig.

... aber wo in Ungarn oder in Siebenbürgen gibt es hierzu Parallelen?
Mal von der besagten »Rot-Blau-Ocker-Malerei« abgesehen: eine gewisse stilistische Verwandtschaft sehe ich mit den Malereien an der Apsiskalotte der Kirche in Goberling, in der gleichen Gegend.(V.a. die absonderlichen, linearen Einrahmungen mit mehreren Strichen in ähnlichen Farben sind bemerkenswert. Etwas weniger speziell die Vorliebe für Sterne mit langen Zacken.)

Edit: Habe zur vermuteten Entstehungszeit was gefunden: Ein eigenartiger Kirchenschmuck
 
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Goberling sieht m.E. doch etwas anders aus. Das ist doch eine gegenständlich (wenn auch einfacher als sonst wo) ausgeführte Malerei. Christus in der Mandorla, flankiert von den Evangelisten. Die einzigen Elemente die zu Siget passen sind Sonne und Mond im Bereich der Mandorla. Aber alles in allem, langsam kommen wir einer Lösung näher. Den link " Ein eigenartiger Kirchenschuck" kann ich allerdings nicht öffnen. Da kommt immer eine Fehlermeldung ... ich werde aber danach suchen.
 
... habe den link gerade geöffnet. Mashenka, danke für den Hinweis. Aber damit bin ich wieder dort, wo ich am Anfang gestanden bin. Datierung 16/17. Jh., Protestanten, Motive sind nicht zu deuten. Daher noch einmal meine Frage an die Community: kennt jemand in Ungarn oder Rumänien oder anderswo Parallelen?
 
Ich habe große Zweifel hinsichtlich des Alters der Wandmalerei. Zunächst einmal glaube ich nicht dass die Malerei älter als die Deckenkonstruktion ist. Dafür fehlen Zeichen späterer Ausbesserungsarbeiten, ist der Putz "zu schön".
Zugleich sind die floralen Elemente so wie ich sie aus Bauernmalerei, Blumendarstellungen des späten 17. bis Anfangs des 19. Jahrhunderts z.B. im Marburger Raum kenne, sehr stark auch in den lanzettlichen Ausprägungen.
Für eine frühromanische Ausmalung sprechen allenfalls die auf der rechten Seite sichtbaren Mäander oder Schlangenmotive. Flechtmotive fehlen. Die Imitierung von Eckquadern, die blaue Farbgebung und die roten Längsstreifen finden sich auch in NRW an vielen ländlichen Kirchen der Vorreformationszeit.
Bei einer Erstausmalung der Romanik würde ich Weihekreuze erwarten.
Wir haben keinerlei Informationen über den restauratorischen Erstbefund, Putzstruktur, spätere Übermalungen und Ausbesserungsarbeiten.
 
Die Deckenkonstruktion stammt erst aus dem 20. Jh. Es stimmt, viele von dir angesprochenen Informationen fehlen. Deshalb weiß ich auch nicht, ob die Wände in Höhe, in der Weihekreuze zu erwarten wären, jemals befundet wurden oder ob diese Zone nicht schon einer älteren Restaurierung (Abschlagen der Wände bis in eine gewisse Höhe) zum Opfer gefallen ist. Vorreformationszeit ist allerdings ein Begriff, der einige Jahrhunderte umfasst.
 
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Zur ›Rot-Blau-Ocker-Malerei‹: Die Aussagen bei prima-magazin.at »von Westungarn bis Siebenbürgen in protestantischen Sakralbauten zu finden« und »in Siget bleibt bisher das einzige erhaltene Exemplar dieser außergewöhnlichen Freihandtechnik« sind widersprüchlich. Kenne solche Ausdrücke eher für viel ältere Arten der Keramikgestaltung.
Konnte in der Literatur zu Wandmalereien in Ungarn weder den Begriff noch eine ähnliche Ornamentik finden. Wie dem auch sei, der Bau des Langhauses wird anscheinend um 1700 vermutet.(Siget in der Wart, @ UMIZ)
 
In der einen Zeichung in der Apsis glaube ich so etwas wie einen Wagen mit Deichsel zu erkennen, die bereits erwähnte anthropomorphe Figur steht da mitten drin. Einen wirklichen Reim kann ich mir nicht darauf machen. Das einzige, was mir diesbzgl. einfiele, wäre die Thronwagenvision von Ezechiel. Aber die in einer Kirche so prominent abgebildet erscheint mir dann doch etwas abwegig.
 
Danke für eure Recherchen. Wie so vieles im Burgenland ist auch die Datierung des Langhauses falsch. Die Grabungen 1983 haben im Langhaus lediglich vier Gräber des 17. Jahrhunderts ergeben. Die ungarische Archäologin hat davon die Datierung des Langhauses abgeleitet, was natürlich Humbug ist. Bei der Kirche handelt es sich um die erste Bauphase, die anhand der Grundrissmerkmale (gedrungener, dem Quadrat angenäherter Saal und "gestelzte" halbkreisförmige Apsis) dem Frühmittelalter zuzurechnen ist. Das Thema "Frühmittelalterliche Kirchen" ist im Burgenland noch Neuland, wird aber gerade bearbeitet. Es gibt mehrere davon, u.a. auch Goberling.
Könnte es sein, dass mit der Figur der Bischof, der die Weihe vorgenommen hat, gemeint ist? Dieser Herr ist sicherlich mit einem Wagen angereist.
Der Salzburger Erzbischof Adalwin hat am 13.Jänner 865 in Weride (ist ahd. und heißt Insel, genauso wie das ungarische Sziget) eine Kirche zu Ehren der Apostel Petrus und Paulus ( Patroziniumstag 29.6.) geweiht. Heute besitzt die Kirche das Patrozinium des hl. Ladislaus (ungarischer König, Patroziniumstag 30.6.!!). Meine These ist die, dass mit Weride das burgenländische Siget gemeint ist, wo tatsächlich noch heute eine fma. Kirche steht.
Die Malereien möchte ich natürlich nicht dieser Periode zuordnen, aber irgendwie muss ich sie bewerten. Vielleicht hat sich die Geschichte vom angereisten Salzburger Erzbischof, der auf dem Rückweg vom Balaton nach Salzburg war in der Bevölkerung erhalten. Die Kirche wurde nach der Landnahme der Magyaren bzw. nach der Taufe des hl. Stefan mit Sicherheit weiterbenützt. Irgendwann wurde die Geschichte der Kirchweihe dann in der Kalotte des Chores festgehalten. Die Frage ist - wann?
 
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Könnte es sein, dass mit der Figur der Bischof, der die Weihe vorgenommen hat, gemeint ist? Dieser Herr ist sicherlich mit einem Wagen angereist.
Und das soll in der Apsis der Kirche dargestellt sein? Vor allem die vergleichsweise unwichtige Art der Anreise?

Der Salzburger Erzbischof Adalwin hat am 13.Jänner 865 in Weride (ist ahd. und heißt Insel, genauso wie das ungarische Sziget) eine Kirche zu Ehren der Apostel Petrus und Paulus ( Patroziniumstag 29.6.) geweiht. Heute besitzt die Kirche das Patrozinium des hl. Ladislaus (ungarischer König, Patroziniumstag 30.6.!!). Meine These ist die, dass mit Weride das burgenländische Siget gemeint ist, wo tatsächlich noch heute eine fma. Kirche steht.

Aus welcher Quelle stammt das? Werden in dieser Quelle weitere Ortsnamen erwähnt, welche die These {Weride = Sziget > Siget} erhärten können?

Irgendwann wurde die Geschichte der Kirchweihe dann in der Kalotte des Chores festgehalten. Die Frage ist - wann?
Ich darf dir das so offen sagen: Ich halte deine These für ziemlich abwegig.
 
Die Quelle, auf die ich mich bei der Gleichsetzung Weride - Siget beziehe ist die
Conversio Bagoariorum et Carantanorum (Bekehrungsgeschichte der Baiern und Karantanen), eine um 870 vermutlich in Salzburg entstandene Rechtfertigungsschrift. Ein weiterer Ortsname, der meine These erhärtet ist die nächste Kirchweihe, die Erzbischof Adalwin nur einen Tag später, also am 14. Jänner 865 in Spizzun (Spitz) vorgenommen hat. Dieses Spitz wird in der Literatur entweder mit einem unbekannten Ort am Plattensee oder aber mit Spitz an der Donau (Wachau) gleichgesetzt. Aber es gibt bzw. gab ein drittes Spitz, nur knapp drei Kilometer nordöstlich von Siget gelegen, eine Strecke also, die an einem Wintertag mit Pferden leicht zu bewältigen ist. Heute heißt dieser Ort Spitzzicken. Im franziszeischen Kataster wird er noch als "Spitz" bezeichnet, der Zusatz -zicken wird erst im ausgehenden 19. Jh. Bestandteil des Namens.
Ich habe nicht behauptet, dass die Figur im Wagen Adalwin ist, diese Vermutung habe ich mangels einer anderen Erklärung lediglich zur Diskussion gestellt. Tatsache ist, dass ich keine anderen Kirchen in Österreich kenne, die derartige Malereien aufweisen. Deshalb meine Frage, ob es - wie in der Literatur behauptet - tatsächlich derartiges in Ungarn und Rumänien gibt. Ich habe lang und breit gesucht, außer vagen Erwähnungen aber nie etwas gefunden.
 
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Die Quelle, auf die ich mich hinsichtlich der Gleichsetzung von Weride und Siget beziehe ist die Conversio Bagoariorum et Carantanorum (Bekehrungsgeschichte der Baiern und Karantanen), eine um 870 vermutlich in Salzburg entstandene Rechtfertigungsschrift. Ein weiterer Ortsname, der meine These erhärtet ist die nächste Kirchweihe, die Erzbischof Adalwin nur einen Tag später, also am 14. Jänner 865 in Spizzun (Spitz) vorgenommen hat. Dieses Spitz wird in der Literatur entweder mit einem Ort am Plattensee oder aber mit Spitz in der Wachau gleichgesetzt. Aber es gibt bzw. gab ein drittes Spitz, nur knapp drei Kilometer nordöstlich von Siget gelegen, eine Strecke also, die an einem Wintertag mit Pferden leicht zu bewältigen ist.
3 km sind zu Fuß in einer Stunde zu bewältigen. Wenn das Gelände mitspielt. Das scheint mir deiner Darstellung nach plausibel zu sein.
 
Ein Erzbischof in offizieller Mission geht nicht zu Fuß. Der sitzt auf einem Pferd - oder in einem Wagen. Zu Fuß ging damals nur das Volk ...
 
Die Quelle, auf die ich mich bei der Gleichsetzung Weride - Siget beziehe ist die
Conversio Bagoariorum et Carantanorum (Bekehrungsgeschichte der Baiern und Karantanen), eine um 870 vermutlich in Salzburg entstandene Rechtfertigungsschrift. Ein weiterer Ortsname, der meine These erhärtet ist die nächste Kirchweihe, die Erzbischof Adalwin nur einen Tag später, also am 14. Jänner 865 in Spizzun (Spitz) vorgenommen hat.

Ist das dieser Text, oder hast Du eine bessere Textfassung?

Anno igitur dccc.LXXV venerabilis Archiepiscopus Iuuauensis Adalvvinus natiuitatem Christi celebrauit in castro Hezelonis nouiter Moseburch uocato quod illi successit moriente patre suo Privvino quem Maraui occiderunt. illo quoque die ibi officium celebrauit ecclesiasticum. sequentique die in proprietate Wittimaris dedicauit ecclesiam in honore sancti Michahelis Archangeli in proprietate Hezilonis. Item eodem anno in VVerd. in honore sancti Pauli apostoli. II. Idus Novembr. dedicauit ecclesiam. Item in eodem anno XIX. Kalendas februar. ad Spizhun in honore sancte Margarete vbi ecclesiam dedicauit. Ad Terinperch dedicauit Ecclesiam in honore sancti Laurentii. Ad Fiskere eodem anno dedicauit ecclesiam et singulis proprium presbiterum ecclesiis. Sequenti quoque tempore ueniens iterum in illam partem causa confirmationis et predicationis. contigit illum uenire in locum qui dicitur cellaprium uidelicet mizatonis ibique apta fuit ecclesia consecrandi. quam dedicauit in honore sancti Petri principis apostolorum. consituitque ibi proprium presbiterum. Ecclesiam stradach dedicauit in honore sancti Stephani. Iterum in VVerd ecclesia dedicata floruit in honore Petri principis apostolorum. Postea vero tres ecclesias consecrauit. unam ad Quartinaha in honore sancti Iohannis euangeliste. alteram ad Muzzilicheskirchen. tertiam ad ablanza. quibus constituit proprios sacerdotes. Tempore igitur quo dato et precepto Karuli Imperatoris orientalis Panonie populis a Iuuauensibus regi cepit presulibus usque in presens tempus sunt anni LXXV. quod nullus episcopus alicubi veniens potestatem habuit ecclesiasticam in illo confinio nisi Salzburgenses rectores.​

Nachrichten vom Zustande der Gegenden und Stadt Juvavia
 
Ein Erzbischof in offizieller Mission geht nicht zu Fuß. Der sitzt auf einem Pferd - oder in einem Wagen. Zu Fuß ging damals nur das Volk ...
Das war überhaupt nicht meine Intention. Mir ging es um die Nähe. Du hattest gemeint, dass die drei Kilometer an einem Wintertag mit einem Pferd leicht zu bewältigen seien. Also für drei Kilometer benötigt man, wenn nicht gerade Tiefschnee liegt keinen Tagesritt. Das hättest du einfach als Bestätigung deiner Auffassung lesen können.
 
Natürlich hatte der Ritt oder die Fahrt nur kurz gedauert, aber der Erzbischof war an diesem Tag auch damit beschäftigt eine Kirche zu weihen und sich dem Volk zu zeigen. Beschlossen wurde der offizielle Teil vielleicht von einem Mahl bevor es wieder zurück zur Unterkunft in einem der Salzburger Stützpunke ging, der irgendwo in der Nähe von Weride gelegen haben muss.
Meine Text stammt von Fritz Losek, erschienen 1997 in Latein und Deutsch .
Aber Respekt Sepiola, was du alles findest. Deine Ausgabe ist allerdings bereits 236 Jahre alt. Ich kann dir erst in einigen Stunden meine nicht digital vorliegende Textversion zeigen.
El Quijote, schau dir die Figur im Wagen noch einmal an. Die beiden erhobenen Arme könnten doch "adorierend" gedeutete werden.
 
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