Das handelnde Individuum in der Geschichte

Yuval Noah Harari sieht das so:

"Geschichte ist etwas, das eine kleine Minderheit tut, während die anderen Äcker pflügen und Wasser schleppen."
(Harari, Eine kurze Geschichte der Menschheit)​

Sofern das die Position von Harari beschreibt, ist das eine polemische und unsinnige Beschreibung von Geschichte. Nicht zuletzt, da das Handeln der "Eliten" determiniert wird durch die Leistungsfähigkeit der "Nicht-Eliten". Insofern stehen sie in einem dialektischen Verhältnis zueinander und dieses ist auch als solches zu rekonstruieren.

An anderer Stelle wurde im Forum ja versucht auf der Basis vorhandener interdisziplinärer Ansätze, das Verhältnis von "Agent" und "Struktur" zu beschreiben. Und in # 10 auch den Bezug herzustellen zu den gängigsten Vorstellungen, wie Geschichte rekonstruierbar wird. Und ist auf Desinteresse gestoßen ;-)

https://www.geschichtsforum.de/thema/das-handelnde-individuum-in-der-geschichte.43556/
 
Sofern das die Position von Harari beschreibt, ist das eine polemische und unsinnige Beschreibung von Geschichte. Nicht zuletzt, da das Handeln der "Eliten" determiniert wird durch die Leistungsfähigkeit der "Nicht-Eliten".
Wie ich an anderer Stelle schon schrieb: Ich halte Harari für lesenswert aber auch für überschätzt. Nun ist es so, dass ich den Satz - auch wegen seiner Griffigkeit - aus dem Kontext herausgeschält habe. Und deshalb muss ich Harari verteidigen. Es ist nämlich überhaupt nicht so, dass Harari hier die unteren Schichten/Stände/Klassen beiseite schiebt. Harari kritisiert zunächst den HSS der Altsteinzeit und der Mittelsteinzeit als größten Masssenmörder der Geschichte, beschreibt den Menschen des Neolithikums als peitschenschwingenden Affen, der dem Weizen in die Falle gegangen sei - nicht der Mensch habe den Weizen domestiziert, sondern umgekehrt, der Weizen den Menschen. Vor der Neolithisierung bekamen die Frauen alle 3 bis 4 Jahre Kinder, man arbeitete drei bis sechs Stunden am Tag, ansonsten hätte man Zeit, nach der Neolithisierung stillte man früher ab und bekam jedes Jahr ein Kind, was einerseits zur Bevölkerungsvermehrung beitrug aber andererseits zu einer weniger gesunden Menschheit führte, einfach weil man die Arbeitskräfte fürs Tagwerk brauchte: Weizen pflanzen und ihn gegen Parasiten, Tiere, andere Menschen verteidigen, Wasser schleppen, Häuser, Zäune und Mauern bauen, Wachen aufstellen... nun ist er in einem weiteren Kapitel angekommen, nämlich dem Pyramidenbau. Und Harari will im Prinzip sagen, dass die Menschheit sich mit dem angeblichen Fortschritt selbst versklavt habe. Das ist eine sehr pointierte Sichtweise, die man absolut nicht teilen muss, aber in diesem Kontext fällt eben diese Äußerung.
 
Zurück
Oben