Österreichische Nazis

Das Österreich seine Schuld nach dem WWII unter dem Teppich kehrte und sich als "erstes Opfer Hitlers" glorifizierte, is ja net wirklich diskussionswürdig.

Solange eine der wichtigsten Straßen Wiens - der Karl Lueger Ring, benannt nach dem Bürgermeister den Hitler anhimmelte - immer noch Karl-Lueger-Ring heißt,s olange zeigt sich das die Diskussionen in Austria gerade erst am Anfang stehen.

In Deutschland ist man etwas weiter: eine vollständige Aufarbeitung ist jedoch auch hier noch weit entfernt.
 
Der Anlass ist OT:
Las ich gestern in der Regional-Zeitung einen Nachruf auf Jörg Heider.

Zitat: Über die NS-Zeit wird in Österreich nicht gesprochen.

Wie soll ich denn das verstehen?
(Mein persönlicher Eindruck ist ein ganz anderer.
Der sich allerdings aus rein privaten Gesprächen gebildet hat)

Das ist doch ein saudummes Geschwätz des Zeitungsschreibers?
Das kann doch wohl nicht sein?
 
Zitat: Über die NS-Zeit wird in Österreich nicht gesprochen. ...
Das ist doch ein saudummes Geschwätz des Zeitungsschreibers? Das kann doch wohl nicht sein?

Da hast Du sicher recht! Vermutlich können die Österreicher unter den GF-lern das authentischer kommentieren, deshalb nur kurz:

Es gibt nach wie vor ein gewisses Milieu, das vor allem die eigene Opfer- bzw. Zuschauer-Rolle betont, so wie das Qualtinger und Merz dem "Herrn Karl" vor fast 50 Jahren in den Mund gelegt haben:
Dann is eh da Hitler kummen. […] Samma olle. Na, i waaß no. Am Ring und am Heldenplatz g'standen. De Polizistn mit de Hakenkreuzbinden - Fesch! Furchtbar, furchtbar, ein Verbrechen, wie diese gutgläubigen Menschen in die Irre geführt wurden!!
Friedrich Heers wichtiges Buch "Gottes erste Liebe" über das Verhältnis von Judentum und Christentum ist auch wegen des Untertitels "Genesis des österreichischen Katholiken Adolf Hitler" dort kein Verkaufserfolg geworden...
 
Der Anlass ist OT:
Las ich gestern in der Regional-Zeitung einen Nachruf auf Jörg Heider.

Zitat: Über die NS-Zeit wird in Österreich nicht gesprochen.

Wie soll ich denn das verstehen?
(Mein persönlicher Eindruck ist ein ganz anderer.
Der sich allerdings aus rein privaten Gesprächen gebildet hat)

Das ist doch ein saudummes Geschwätz des Zeitungsschreibers?
Das kann doch wohl nicht sein?

Du leitest aus deinem persönlichen Eindruck ab, dass Journalisten ein saudummes Geschwätz haben ?
Es kommt auch auf die Personen an mit denen du dich unterhälst - Historiker oder historisch Interessierte werden sich eher über die NS-Zeit in Österreich unterhalten, als andere.
Natürlich "nicht gesprochen" lässt arg wenig Spielraum - ich denke, es wird aufgearbeitet, aber nicht in einem Mase wie in Deutschland. Wobei bei der Jährung des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich ich einen anderen Eindruck erhielt.
 
Da hast Du sicher recht! Vermutlich können die Österreicher unter den GF-lern das authentischer kommentieren, deshalb nur kurz:

Es gibt nach wie vor ein gewisses Milieu, das vor allem die eigene Opfer- bzw. Zuschauer-Rolle betont, so wie das Qualtinger und Merz dem "Herrn Karl" vor fast 50 Jahren in den Mund gelegt haben:
Dann is eh da Hitler kummen. […] Samma olle. Na, i waaß no. Am Ring und am Heldenplatz g'standen. De Polizistn mit de Hakenkreuzbinden - Fesch! Furchtbar, furchtbar, ein Verbrechen, wie diese gutgläubigen Menschen in die Irre geführt wurden!!
Friedrich Heers wichtiges Buch "Gottes erste Liebe" über das Verhältnis von Judentum und Christentum ist auch wegen des Untertitels "Genesis des österreichischen Katholiken Adolf Hitler" dort kein Verkaufserfolg geworden...

Das gegenteilige Rumgeunke gibt es allerdings auch, sogar hier im Forum. Da wird dann darauf gepocht, dass Hitler, Eichmann und noch ein paar andere Österreicher gewesen wären.
 
Das gegenteilige Rumgeunke gibt es allerdings auch, sogar hier im Forum. Da wird dann darauf gepocht, dass Hitler, Eichmann und noch ein paar andere Österreicher gewesen wären.

Naja naja,

mein Vater erzählte aber, wie sie plötzlich im Gefangenenlager mit einem rotweißroten Bändel an der Uniform rumgerannt wären.

Eben Versuche den Kopf aus der gemeinsam "erarbeiteten" Schlinge zu ziehen.
 
8% des "Großdeutschen Reiches" waren Österreicher, aber mehr als 40% der Bewachungsmanschaften in den Konzentrationslagern.

Diese Zahlen gehen offenbar tatsächlich auf Simon Wiesenthal zurück, wie ich einem sehr interessanten Bericht über den "7. Österreichischen Zeitgeschichtetag" im vergangenen Mai entnehme (Nationalsozialismus und Erinnerungspolitik in Österreich. Querschnittsberichte zum 7. Österreichischen Zeitgeschichtetag - H-Soz-u-Kult / Tagungsberichte, Panel 32).

Der Bericht zeigt im Übrigen, wie intensiv die Diskussion über die Nazizeit und deren Aufarbeitung im Nachbarland mittlerweile geführt wird.

PS: Siehe auch noch dieses Symposoum: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=10443
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier ein Beitrag von gestern aus der 3Sat Kulturzeit:

3sat.online

Schaut auch mal am Montag in die Mediathek, dort müsste dann hoffentlich der sehr interessante Beitrag abzurufen sein.
LG. :)
 
Danke @Carolus.
..es ist auch interessant, dass er ab Minute 15:53 nahelegt, dass hinter der Kritik an seiner Person eine Verschwörung gegen ihn zu vermuten sei.
 
Danke @Carolus.
..es ist auch interessant, dass er ab Minute 15:53 nahelegt, dass hinter der Kritik an seiner Person eine Verschwörung gegen ihn zu vermuten sei.
ist ja schon lange her, aber ich vermeine mich erinnern zu können dass das irgendwie Thema bei einen Parteitag der SPÖ Burgenland gewesen ist, was dann nach sonderbaren Verwicklungen dazu geführt hat dass hochrangige Funktionäre der SPÖ wegen falscher Zeugenaussage verurteilt worden sind.^^
 
Besten Dank^^

Die Zeugin Matysek war vorher Lanzeitgeliebte des Langzeitlandeshauptmanns Kery, dafür mit irgendeinem Schuldirektorsposten belohnt und die vernichtende Aussage wurde allgemein als Racheakt einer verstoßenen Geliebten gesehen; die Verurteilung wegen falscher Zeugenaussage hat übrigens keinem der Verurteilten politisch geschadet, ich liebe es im Balkan zu leben.^^

PS: die SPÖ regiert noch immer im Burgenland, derzeit absolut, mit 19 von 36 Sitzen im Landtag.
 
@balkanese

Das hat erneut nur bedingt mit dem Thema zu tun, und wieder ist keine Quelle angegeben.
Folge ich dem Link von Sepiola, dann entstand ein Rechtsstreit darüber ob der amtierende Bundeskanzler Fred Sinowatz im Sommer 1985 gesagt habe, dass man zum geeigneten Zeitpunkt eine Kampagne lostreten wolle um die Bevölkerung über die "braune Vergangenheit" des Kandidaten für das Präsidentenamt Kurt Waldheim zu informieren.
In zweifelhafter Weise stützte sich ein Gericht auf die Aussage einer einzigen Zeugin um den Sinowatz der Lüge zu 'überführen'.

Während der Waldheim ganz offenkundig seine eigene Vita im kritischen Zeitraum der Judendeportationen auf dem Balkan fälschte.

Dass dann der Sinowatz auch noch als Bundeskanzler zurücktrat, weil er die Wahl Waldheims für unerträglich hielt, wirft auch ein Licht auf die mangelnde Bereitschaft Österreichs sich seiner geschichtlichen Verantwortung zu stellen.

"Wir nehmen zur Kenntnis, dass nicht er bei der SA war, sondern nur sein Pferd bei der SA gewesen ist.."
 
Gerne verweise ich auf Quellen:
Waldheim-Affäre: Brisante Lücke in den Memoiren
- Das Ende des österreichischen Opfer-Mythos
http://www.demokratiezentrum.org/fileadmin/media/pdf/wodak.pdf
Die Affäre Waldheim
Waldheim-Affäre – Wikipedia
http://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/download/pdf/2808848?originalFilename=true
und nicht zuletzt die gute Arte-Dokumentation "Waldheims Walzer" die @Carolus bereits verlinkte.
..wir können das auch gerne gemeinsam durchgehen.
Das ist das Eine.

Das Andere aber ist, wie Du dazu kommst zu meinen es sei dem Thema "Österreichische Nazis" auch nur entfernt angemessen, über irgendwelche Affären der Sozialdemokraten nach dem Krieg in nebulöser Weise daher zu schwadronieren.
(Man könnte nämlich durchaus schließen, dass auch Du ein Beispiel für eine mangelnde Bereitschaft bist, sich der geschichtlichen Verantwortung zu stellen.)
 
Bei dieser "guten" Dokumentation sollte man aber schon berücksichtigen, dass sie von einer Anti-Waldheim-Aktivistin gemacht wurde, was durchaus Fragen nach Objektivität und Ausgewogenheit rechtfertigt.

Generell war die "Waldheim-Affäre" zwar ein wichtiger Schub bei der Vergangenheitsbewältigung, aber das war nur die positive Nebenwirkung, nicht die Intention. Diese Intention der sozialdemokratischen SPÖ und der ihr nahestehenden Kreise in Gesellschaft, Medien und Kultur war die innenpolitisch motivierte Verhinderung von Waldheim als Bundespräsident, weil er von der "falschen" Partei aufgestellt worden war. Die Ausmaße, die die Affäre letztlich tatsächlich annahm, waren wohl auch von der SPÖ nicht intendiert.

Kurz zur innenpolitischen Lage:
In den Jahren 1985/86 lief es für die SPÖ nicht gerade gut. Bei der Nationalratswahl 1983 hatte sie ihre absolute Mehrheit verloren und regierte seither in einer Koalition mit der nationalliberalen FPÖ. Bei mehreren Landtagswahlen lief es für die SPÖ auch nicht besonders gut. Die Amtszeit von Bundeskanzler Sinowatz war mit allerhand Problemen belastet, vor allem dem Streit um die Hainburger Au. (Dort an der Donau sollte ein Wasserkraftwerk errichtet werden, was zu massiven Protesten und einer Au-Besetzung durch Umweltaktivisten führte. Letztlich musste das Projekt abgeblasen werden. Der jungen Grün-Bewegung gab das massiven Auftrieb, wodurch der SPÖ nebenbei eine neue Konkurrenz im linken Lager erstand. 1986 klappte dann tatsächlich der Einzug der Grünen in den Nationalrat.)
Die seit 1970 in Opposition befindliche konservative ÖVP befand sich hingegen im Aufwind, hatte mehrere erfolgreiche Landtagswahlen geschlagen und verfügte zu allem Überdruss seit 1982 über die absolute Mehrheit im Bundesrat. (Der Bundesrat ist die Länderkammer des österreichischen Parlaments, die von den Bundesländern entsprechend den Landtagswahlergebnissen beschickt wird. Sein tatsächlicher Einfluss ist zwar gering, er kann der Regierung aber lästig sein.)
Und nun noch das: Die SPÖ stellte seit 1945 ohne Unterbrechung den Bundespräsidenten. (Der von 1974 bis 1986 amtierende Bundespräsident Kirchschläger war zwar offiziell parteilos, war aber von der SPÖ aufgestellt worden.) Und nun drohte nach vier Jahrzehnten erstmals der Verlust dieses Amtes an einen Kandidaten der oppositionellen ÖVP, denn der Wahlsieg Waldheims schien fast sicher. Für Sinowatz und die SPÖ wäre das jedenfalls ein Desaster gewesen. Waldheims Sieg musste also um jeden Preis verhindert werden.

Wie wenig Probleme die SPÖ übrigens in Wahrheit mit echten und vermeintlichen Ex-Nazis in der Politik hatte, hatte man bei ihrer ersten, unter Bruno Kreisky 1970 gebildeten, Alleinregierung gesehen, der gleich vier Minister mit NS-Vergangenheit angehörten, darunter ein ehemaliger SS-Untersturmführer. Letzterer musste nach Protesten zwar "freiwillig" zurücktreten, wurde aber prompt durch ein anderes ehemaliges NSDAP-Mitglied ersetzt.
 
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