quot patibula, quae SCROBES

Carolus

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Die Aussage mit den patibula und scrobes ist nur die Wiedergabe einer Rede, die Arminius während der Schlacht gehalten hat (oder zumindest gehalten haben soll). Tacitus hat diese Rede nicht zeitgleich mitstenographiert, sondern hat erst etwa 100 Jahre nach den Ereignissen die Annalen geschrieben. Wie gut und zuverlässig seine Aussagen sind, hängt damit natürlich von seinen Quellen ab (über die wir leider nicht mehr verfügen). Laut dem Text wurde die Rede durch Überlebende der Schlacht überliefert. Wieviel Wahrheit und wieviel Dichtung in diesen Aussagen stecken mag, wird man heute nur noch schwer beurteilen können.

Aber davon ausgehend, dass dieses so von Arminius gesagt worden ist, muß man sich fragen, was mit damit gemeint ist:

Patibulum heißt laut Pons zum einen Marterholz (d. h. das ist der Querbalken bei einer Kreuzigung, an den gefesselt ein Verurteilter zum Hinrichtungsort gehen mußte). Die häufig anzutreffende bildliche Darstellung, dass Jesus das ganze Kreuz tragen mußte, ist wohl unzutreffend. Das war "nur" der Querbalken. Zum anderen heißt es Galgen. Die Übersetzung Marterpfahl empfinde ich als irreführend. Ich muß dann an den Marterpfahl bei einigen nordamerikanischen Indianerstämmen denken. Dieser kommt auch häufiger bei diversen Western vor. Ich habe bei dem Begriff Marterpfahl Szenen aus Karl-May-Verfilmungen oder aus Lucky-Luke-Comics vor Augen. patibulum - Latein-Deutsch Übersetzung | PONS

Scrobis heißt Grube oder Grab scrobis - Latein-Deutsch Übersetzung | PONS . Allerdings wird normalerweise Grab mit sepulcrum übersetzt. Jetzt müßte man vielleicht die lateinische Literatur durchsuchen, um zu schauen, in welchem Kontext scrobis benutzt wird. Bei den beiden Bedeutungen Grube und Grab denke ich nicht unbedingt an ein reguläres Grab, sondern an ein Massengrab, wo die Toten pietätlos verscharrt werden sollen. Das würde auch im Zusammenhang mit patibulum Sinn ergeben: erst werden die Römer gehängt oder gekreuzigt, dann anschließend ins Massengrab geworfen. Was eine Martergrube sein soll, kann ich mir nicht vorstellen. Aber ich bin auch kein Experte für germanische Foltermethoden. Vielleicht ist auch eine Art Grube für Gefangene gemeint (Erdkerker?).
 
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Germanen die Toten noch verscharrt haben, denn der Schilderung nach hingen die Köpfe noch an den Bäumen und die Knochen bleichten im Gras.
 
Die Aussage mit den patibula und scrobes ist nur die Wiedergabe einer Rede, die Arminius während der Schlacht gehalten hat (oder zumindest gehalten haben soll). Tacitus hat diese Rede nicht zeitgleich mitstenographiert, sondern hat erst etwa 100 Jahre nach den Ereignissen die Annalen geschrieben.
Eigentlich nicht. Es ist die Begehung des Schlachtfeldes, die Überlebenden und der Gefangenschaft Entkommenen berichten. Subjekt und Verb des Satzes sind cladis eius superstites, pugna aut vincula elapsi, referebant

Also:
Da hat sich Varus den Todesstoß gegeben.
Da fielen die Legaten.
Dort wurden die Adlerträger überwältigt.
Dort hat Arminius Gericht gehalten.
Es hat viele Galgen gegeben. Und Gruben/Gräber.

Dass die Legaten und die Adlerträger nicht alle an jeweils einem Ort fielen, dürfte auf der Hand liegen, das ist eben die geraffte und klimakterische Form, die Tacitus uns liefert.
 
Man könnte lediglich fragen, weshalb sie nicht an verschiedenen Stellen kleinere abgedeckte Haufen angelegt haben. Viel mühsamer war es doch, Gruben auszuheben und diese sogar noch mit Steinen auszukleiden.
Warum machen wir uns heute die Mühe Gruben auszuheben anstatt die Toten schlicht mit Erde zu bedecken? Könnte es mit tradierten Ritualen zusammenhängen? o_O
 
Warum machen wir uns heute die Mühe Gruben auszuheben anstatt die Toten schlicht mit Erde zu bedecken? Könnte es mit tradierten Ritualen zusammenhängen? o_O
Vorsicht: sowohl die Römer als auch die Germanen vollzogen damals weitgehend Brandbestattung. Da gab es verschiedene Formen: Ustrina, Bustum etc. Die Körperbestattung war selten (aber sie fand statt). Die gens Cornelia ("Scipionen") waren bekannt dafür, dass sie entgegen dem mehrheitlich üblichen usus Körperbestattung vollzogen und auch in Ara Ubiorum (Köln) gibt es aus der augusteischen Zeit Körperbestattungen, die den Remern (sic!) zugeschrieben werden.
 
Vorsicht: sowohl die Römer als auch die Germanen vollzogen damals weitgehend Brandbestattung. Da gab es verschiedene Formen: Ustrina, Bustum etc. Die Körperbestattung war selten (aber sie fand statt). Die gens Cornelia ("Scipionen") waren bekannt dafür, dass sie entgegen dem mehrheitlich üblichen usus Körperbestattung vollzogen und auch in Ara Ubiorum (Köln) gibt es aus der augusteischen Zeit Körperbestattungen, die den Remern (sic!) zugeschrieben werden.

Mir ging es dabei lediglich um den Punkt, dass man etwas nicht gemacht hätte, weil es "Mühe" machte! Das ist kein Faktor um Bestattungsarte zu beurteilen.
 
Vorsicht: sowohl die Römer als auch die Germanen vollzogen damals weitgehend Brandbestattung. Da gab es verschiedene Formen: Ustrina, Bustum etc. Die Körperbestattung war selten (aber sie fand statt). Die gens Cornelia ("Scipionen") waren bekannt dafür, dass sie entgegen dem mehrheitlich üblichen usus Körperbestattung vollzogen und auch in Ara Ubiorum (Köln) gibt es aus der augusteischen Zeit Körperbestattungen, die den Remern (sic!) zugeschrieben werden.
Ungeachtet der Form der Bestattung- die Römer legten besonderen Wert auf Erinnerung an die Verstorbenen. Deshalb die prachtvollen überirdischen Grabbauten oder Grabhügel, letztere auch östlich de Rheines. Eine ausgekleidete Grube erfüllt diese Ansprüche nicht, wohl aber ein noch so kleiner Tumulus. Mir erscheinen die Knochengruben in K. deshalb eher so, als wenn man nur geringe Restbestände zusammengetragen hätte. Wer und wann das war, bleibt davon unberührt.
 
Ungeachtet der Form der Bestattung- die Römer legten besonderen Wert auf Erinnerung an die Verstorbenen. Deshalb die prachtvollen überirdischen Grabbauten oder Grabhügel, letztere auch östlich de Rheines. Eine ausgekleidete Grube erfüllt diese Ansprüche nicht, wohl aber ein noch so kleiner Tumulus. Mir erscheinen die Knochengruben in K. deshalb eher so, als wenn man nur geringe Restbestände zusammengetragen hätte. Wer und wann das war, bleibt davon unberührt.

Es wurde ja ein würdevoller Tumulus errichtet! Es ist aber wohl nicht zu erwarten, dass alle aufgefundenen Gebeine des langezogenen Schlachtfeldes dort zusammengetragen wurden. Inwieweit Gruben zur Bestatung üblich oder unüblich waren, mag ich micht beurteilen, aber einige Überreste wird abseits des Tumulus, an deren Fundort, bestattet haben.
 
Anscheinend waren bereits vor der Knochensammelaktion Gruben vorhanden:

In den Jahren 2003/2004 wurden im Vorfeld der Wallanlage zwei weitere Knochengruben untersucht. Unter den Knochengruben entdecken die Ausgräber ältere Gruben, die wahrscheinlich während der Schlacht offen waren, denn in der Füllung befanden sich auch römische Funde, darunter zwei Goldmünzen und eine Silbermünze. Bei den Gruben könnte es sich um Fallgruben handeln, die von den Germanen angelegt wurden, um den Marsch der römischen Truppen zu behindern.
Ausgrabungen in Kalkriese | Archäologie | Forschung | Varusschlacht im Osnabrücker Land

Ob die archäologische Interpretation "Fallgruben" nun stimmt oder nicht - mit scrobes können jedenfalls auch Fallgruben gemeint sein. Wenn Caesar im Zusammenhang mit der Belagerung von Alesia von scrobes schreibt, meint er jedenfalls Fallgruben.
 
Anscheinend waren bereits vor der Knochensammelaktion Gruben vorhanden:


Ausgrabungen in Kalkriese | Archäologie | Forschung | Varusschlacht im Osnabrücker Land

Ob die archäologische Interpretation "Fallgruben" nun stimmt oder nicht - mit scrobes können jedenfalls auch Fallgruben gemeint sein. Wenn Caesar im Zusammenhang mit der Belagerung von Alesia von scrobes schreibt, meint er jedenfalls Fallgruben.
Durchaus möglich. Und es ist sogar denkbar, dass der Zeitzeuge auch Fallgruben zeigte. Und sicherlich werden diese Gruben auch einer sekundären Verwendung zugeführt worden sein. Man weiß auch nicht, ob es in den damaligen Fallgruben gespitzte Pfähle gab. Auf jeden Fall waren sie nicht flach, sondern spitz und tief. Das ist an der Schichtung noch feststellbar. Und sie waren nicht mit Steinen ausgekleidet. Die Knochengruben wurden mit großer Wahrscheinlichkeit neu ausgehoben.
 
Unter den Knochengruben entdecken die Ausgräber ältere Gruben, die wahrscheinlich während der Schlacht offen waren

Die Knochengruben wurden mit großer Wahrscheinlichkeit neu ausgehoben.

Deine Interpretation wäre also: Nach der Schlacht wurden die Gruben erstmal verfüllt (ohne Knochen), einige Zeit später wurden an denselben Stellen erneut Gruben ausgehoben und diesmal mit Knochen gefüllt.

Interessant.

Und was schließt Du daraus?
 
Deine Interpretation wäre also: Nach der Schlacht wurden die Gruben erstmal verfüllt (ohne Knochen), einige Zeit später wurden an denselben Stellen erneut Gruben ausgehoben und diesmal mit Knochen gefüllt.

Interessant.

Und was schließt Du daraus?
Auch das geht nicht mal als Spott durch. Natürlich hätte man vorhandene Gruben sekundär nutzen können. Das zeigt sich spätestens beim Grabungsschnitt. Mir ist nicht bekannt, dass unter den Knochengruben ein verfülltes v-förmiges Loch gefunden wurde. Also müssen sie neu angelegt worden sein. Ob allerdings der Legionär in eine vorhandene Grube geworfen oder diese zweckmäßig angelegt wurde, ist noch offen.
 
Was die scrobes betrifft:
Tacitus ordnet die Erzählungen der Überlebenden so, dass der zeitliche Ablauf des Geschehens vor Augen geführt wird. Das geht auch aus der Paraphrasierung von El Quichote hervor. Deshalb sollte der Leser nach den Marterhölzern an Massengräber denken und nicht an Fallgruben, die ja eher zum zeitlich vorgelagerten Kampf gehören würden.
 
Was die scrobes betrifft:
Tacitus ordnet die Erzählungen der Überlebenden so, dass der zeitliche Ablauf des Geschehens vor Augen geführt wird. Das geht auch aus der Paraphrasierung von El Quichote hervor. Deshalb sollte der Leser nach den Marterhölzern an Massengräber denken und nicht an Fallgruben, die ja eher zum zeitlich vorgelagerten Kampf gehören würden.
Warum sollten sich denn die Sieger die Mühe machen, Massengräber anzulegen, wo sie doch die Köpfe an den Bäumen und die Knochen im Gelände zur Abschreckung beließen?
 
Tacitus schreibt das jedenfalls so. Ich weiß auch nicht, ob wir so gut einschätzen können, was damals vernünftigerweise an Gräßlichkeiten zu tun war. Massengräber werden ja nicht nur aus Pietät ausgehoben.
 
Tiefe und spitze Gruben ergeben keinen Sinn, selbst eine Wolfsgrube wird quadratisch und mit ebenem Boden, aber senkrechten Wänden angelegt sein. Und ich weiß nichts von Wolfsgruben vor dem Mittelalter.
Martergruben stelle ich mir eher flach vor, aber tiefer angelegt als Vorratskeller oder eingetiefte Wohnhäuser.
Als verdeckte Näherungshindernisse ergäben diese Gruben einen Sinn.
 
Auch das geht nicht mal als Spott durch. Natürlich hätte man vorhandene Gruben sekundär nutzen können. Das zeigt sich spätestens beim Grabungsschnitt. Mir ist nicht bekannt, dass unter den Knochengruben ein verfülltes v-förmiges Loch gefunden wurde. Also müssen sie neu angelegt worden sein. Ob allerdings der Legionär in eine vorhandene Grube geworfen oder diese zweckmäßig angelegt wurde, ist noch offen.

Ich verstehe leider nicht, was Du mir sagen willst. Wer sagt denn etwas von v-förmigen Löchern unter den Knochengruben?

Wir haben in Kalkriese den archäologischen Beleg, dass man vorhandene Gruben sekundär genutzt hat.
Und wir haben bei Tacitus den Bericht, dass bei der Begehung des Schlachtfeldes Gruben vorhanden waren.

Dass das Fallgruben waren, steht bei Tacitus natürlich nicht, ich nur darauf hingewiesen, dass mit scrobes auch Fallgruben gemeint sein könnten. Und zwar - auch das habe ich ausdrücklich geschrieben - unabhängig davon, wie die Archäologen die Gruben deuten.
 
In eine Wolfsgrube muss ja noch eine Ziege oder Schaf als Lockmittel eingebracht werden. Flache Fallgruben sind aber sonst nur sinnvoll, wenn sie mit spitzen Pfählen gespickt werden. Für Menschen sind ungespickte flache Gruben wenig wirksam, genau so wenig, wie flache Lagergräben. Aber- wir wissen nicht, was damals war.
 
Nur ganz kurz zum Exkurs Wolfsgrube: In Spanien kenne ich loberas, auf die laufen trichterförmige Mauern zu. Da muss man die Wölfe nur reintreiben, benötigt keinen Köder.
 
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