Kann Geschichte sich wiederholen?

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Aus Artikel 21 GG:
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

Hervorhebung von mir.
 
Geschichte wiederholt sich nicht, aber die Handlungsmotive von Menschen lassen sich auf stets dieselben Gemeinsamkeiten reduzieren, was nicht nur ähnliche Verläufe begünstigt, sondern auch unsere evolutionär angelegte Neigung anspricht, Muster zu erkennen.

Deswegen ist leider auch jeder Kampf gegen politische oder religiöse Extremismen – oder z.B. auch der Kampf gegen Korruption – ex ante zum Scheitern verurteilt, zumindest sofern er in der irrigen Absicht geführt wird, eine Welt ohne diese leidigen Phänomene läge im Bereich des Möglichen.

Denn dazu müsste sich die Menschheit ihrer essentiellsten Emotionen entledigen – Liebe, Gier, Hass, Neid…

Freilich: Die Philosophie streitet seit Jahrhunderten darüber, ob nicht der Mensch in der Annahme, dass sich die Geschichte wiederhole, sein Handeln gerade darauf anlegt (bewusst oder unbewusst), eine vermeintliche Wiederholung zu begünstigen.

Die Argumente für diese Sichtweise sind nicht wenig überzeugend. Zum Beispiel wird in den Medien dieser Tage oft vor "Weimarer Verhältnissen" gewarnt, sei es hier in Deutschland, sei es in den USA ob der dräuenden Wahlen.

Aber vom Wahrheitsgehalt dieser düsteren Prophezeiungen einmal abgesehen; sollten sie sich bewahrheiten, und da sei Gott vor, würde es sich gerade nicht um Weimarer Verhältnisse handeln.

Zwischen 1930 und 2020 liegen neunzig Jahre mit all ihren sozialen, ökonomischen und technischen Veränderungen, die sich alle auf die Kausalketten, die zu großen Ereignissen führen, auswirken. Unter anderem können sie zu Entwicklungen führen, die 1930 schlicht unmöglich gewesen wären.Mit Sicherheit nicht, und das ist auch gut so. Ich sage: gut so, weil die wehrhafte Demokratie nicht um sich schlagen darf, denn das würde ihren Gegnern in die Hände spielen.

Genügte es für ein Parteienverbot, dass sich irgendein Trottel im rhetorischen Repertoire der rechts- und linksextremen Gewalttäter und ihrer Verharmloser der Vergangenheit bediente, wäre heute keine Partei mehr übrig.

Man sieht ja leider in den USA, dass solche Deppen heute noch an die Macht kommen können:
Dass es dort zu einem Präsidenten Trump kommen konnte, zeigt wie anfällig und verletzlich westliche Demokratien mittlerweile sind.
Die Frage ist aber, wie kann man gegen die Afd vorgehen kann, ohne dass die Demokratie um sich schlägt, wie du es nennst
Und unsere Zeit ist sicherlich nicht komplett wie die Weimarer Zeit. Aber es gibt da unschöne Parallelen und der Fehler der Demokratie ist, dass sie die vielen Verlierer des Kapitalismus, Menschen die in der knallharten Leistungsgesellschaft nicht mehr mithalten können, nicht mitnimmt.
Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer, es wäre Aufgabe der demokratischen Parteien diese Kluft wieder zu schließen und wieder mehr Kontakt zum Bürger zu suchen, leider ist da in den letzten Jahren eine große Distanz zwischen Bürgern und Politik entstanden.
Will die Demokratie wehrhaft bleiben, muss sie endlich auch mal das Thema "soziale Gerechtigkeit" intensiver bearbeiten, denn ich vermute, dass die meisten Afd Wähler Protestwähler sind die mit ihrer Wahl nur sagen wollen:"Warum hat kein Politiker mehr Verständnis für meine Sorgen und Nöte"
Wir haben in Deutschland 15 Millionen Menschen die unter der Armutsgrenze leben, das ist für die Afd der perfekte Nährboden.
Meiner Meinung nach könnte die Demokratie noch wehrhafter werden, wenn sie dafür sorgt, dass die Leistungsgesellschaft nicht zu knallhart wird und nicht so viele Menschen auf der Strecke bleiben.
 
Aus Artikel 21 GG:
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

Hervorhebung von mir.

Ja, damit wäre die Grundlage für ein Parteiverbot ja schon gegeben, denn warum sollte die Demokratie ihren Gegnern die Möglichkeit geben, die Vorteile der Demokratie zu nutzen um diese abzuschaffen versuchen?
Und jeder sollte bedenken: Die Afd hätte, wenn sie heute an die Macht käme, Möglichkeiten den einzelnen Bürger zu überwachen, von denen Hitler nur träumen konnte. Das mag man sich lieber nicht vorstellen.
 
Ich verstehe, aber ganz wird man um Bezüge zur Tagespolitik nicht herumkommen angesichts der hochpolitischen Natur des Themas. Vielleicht wäre es also besser, die Diskussion ganz abzubrechen?
 
Wieso ist Tagespolitik eigentlich hier im Forum verboten? Leider hat die Tagespolitik oft erschreckende Parallelen zur Gegenwart, so dass es schwierig ist, bei geschichtlichen Themen nicht darauf zurückzukommen. Könnte man hier nicht auch einen Diskussionsthread zur Tagespolitik einrichten?
Denn auch die heutige Tagespolitik wird eines Tages Geschichte sein.
 
Ich bin hier auch nur Mitglied.
Wenn hier Tagespolitik reinkommt bin ich raus.

Ich möchte gern zu dem einen oder anderen historischen Thema was wissen und mich hier und da auch selbst beteiligen, aber Tagespolitik nein danke.
 
Wieso ist Tagespolitik eigentlich hier im Forum verboten? Leider hat die Tagespolitik oft erschreckende Parallelen zur Gegenwart, so dass es schwierig ist, bei geschichtlichen Themen nicht darauf zurückzukommen. Könnte man hier nicht auch einen Diskussionsthread zur Tagespolitik einrichten?
Denn auch die heutige Tagespolitik wird eines Tages Geschichte sein.
Ganz einfach deswegen, weil wir hier keine weltanschaulichen Bekenntnisse wollen. Wir wollen eine sachliche historische Debatte, die von Fakten, nicht von Emotionen geprägt ist. Es ist uns egal, ob jemand Anhänger der CDU, FDP, SPD, GRÜNEN oder wem auch immer ist, ob jemand Christ, Muslim, Buddhist, Anhänger des fliegenden Spaghetti-Monsters oder Atheist ist. Das hat alles draußen zu bleiben. Wir wollen hier keine politischen und religiösen Missionare. Wer allerdings Opfer verhöhnt oder direkt oder indirekt zum Mord auffordert, der hat hier nix verloren.
 
Wieso ist Tagespolitik eigentlich hier im Forum verboten? Leider hat die Tagespolitik oft erschreckende Parallelen zur Gegenwart, so dass es schwierig ist, bei geschichtlichen Themen nicht darauf zurückzukommen. Könnte man hier nicht auch einen Diskussionsthread zur Tagespolitik einrichten?
Denn auch die heutige Tagespolitik wird eines Tages Geschichte sein.
Ich bin der Meinung, dass das in diesem konkreten Fall überhaupt nicht schwer ist. Man kann sowohl die heutigen verfassungsmäßigen Maßnahmen verschiedener Staatswesen mit früheren vergleichen oder Vorgehensweisen damaliger Extremisten mit heutigen.

Letztlich wird man zu dem Schluss kommen,dass man etwaige politische Umbrüche niemals vollständig ausschließen kann, trotzdem kann man vergleichend mit früher Wahrscheinlichkeiten abstecken und historische Probleme erörtern.

Dazu braucht es keine weltanschauliche Einfärbung.
 
Grundsätzlich ist alles vorstellbar.

  • Hinkel reloaded
  • DDR 4.0
  • die Türken ein drittes mal vor Wien.
Man stelle sich einen Höhenweg vor. Links geht es steil bergab. Rechts geht es steil bergab. Wenn man versucht, so weit wie möglich von einer Seite weg zu bleiben, kann man ungewollt die andere Seite runterstürzen. Auch unschön. Die Mitte ist daher vielleicht gar nicht die schlechteste Wahl auf diesem Weg. Der Faden scheint mir doch absturzgefährdet. Gut, dass Ursi mit einem Licht uns die Richtung weist.
 
Wieso ist Tagespolitik eigentlich hier im Forum verboten?
Weil es ein Fachforum für Geschichte ist.

Denn auch die heutige Tagespolitik wird eines Tages Geschichte sein.
Das ist gewiss so.
Historiker jedoch beschäftigen sich mit der Vergangenheit.
Und natürlich lässt sich aus der Betrachtung dieser das Heute besser verstehen. Es gibt auch Historiker die auch mal den riskanten Blick in die Zukunft wagen.
Das ändert aber nichts daran, dass das Geschichtsforum ein solches ist und bleiben sollte.
Wenn hier Tagespolitik reinkommt bin ich raus.
Ich auch.
Denn wenn man sich anschaut wie sogenannte Politikforen vom radikalen Unfug überschwemmt werden, dann bin ich froh, dass unsere Moderatoren nicht von so Etwas platt gedrückt werden.
 
hatl Du sagst es.

Ich habe keine Angst vor Diskussionen betreffs Tagepolitik.

Aber mit dem Müll der seit geraumer Zeit in solch Art Foren diskutiert wird – das ist allerunterste Schublade. Und diesen Müll würden wir uns dann zwangsläufig hier reinholen.
 
Ich habe keine Angst vor Diskussionen betreffs Tagepolitik.

Es gibt genügend Beispiel - auch in diesem Forum - dass historische Themen polemisch, inkompetent und provozierend diskutiert werden können, wie letztens zum "Marxismus".

Und es gibt auch genügend Beispiele, dass ein rechtsextremer Narrativ zur Deutschen Geschichte versuchte, sich hier im Forum zu etablieren. Die Themenpalette war dabei sehr breit und reichte von der Relativierung des NS-Systems bis hin zu der Frage einer rassistischen Variante einer pseudo-genetisch begründeten Ethnogenese.

Man kann durchaus auch aktuelle Probleme mit Hilfe von aktueller wissenschaftlicher Literatur diskutieren. Und es wird auch in diesem Fall unterschiedliche wissenschaftliche Meinungen geben.

Das zentrale Problem ist, dass die "Wahrheitsfähigkeit" von aktuellen Studien noch schwerer für Nicht-Fachleute einzuschätzen ist wie ein großer Teil der historischen Forschung. Zumal der Korpus der historischen Forschung trotz revisionistischer Diskussionen relativ stabil ist. Die Problematik den Überblick zu behalten liegt bei aktuellen Forschungsthemen zum einen an der hohen Dichte von neuen Publikationen und zum anderen an der anspruchsvollen - empirischen - Methodik, die relativ hohe Anforderungen an die Vorbildung setzt.

Vor diesem Hintergrund würde es noch aufwendiger und noch schwieriger werden, sich einen halbwegs kompetenten Überblick zu verschaffen. Und zwar in den sehr komplexen Bereichen, Politologie, Soziologie, Volkswirtschaftslehre etc. In der Konsequenz würde die Wahrscheinlichkeit ansteigen, dass eine intersubjektive Nachprüfbarkeit von Ergebnissen hinsichtlich ihrer "Wahrheitsfähigkeit" nur schwer zu leisten wäre.

Das bedeutet, dass Blubberköpfe, Alu-Hutspinner, Verschwörungsphantasten, links- und rechtsextreme Dogmatiker etc. nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand zu widerlegen wären. Und darauf hat vermutlich niemand Lust.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gibt genügend Beispiel - auch in diesem Forum - dass historische Themen polemisch, inkompetent und provozierend diskutiert werden können, wie letztens zum "Marxismus".

Interessanterweise gibt es hier im Forum durchaus Themen mit tagespolitischen Bezug, die nicht aus dem Ruder gelaufen sind. Da geht die Moderation eben auch nicht mit dem Holzhammer los, sondern lässt gewähren. Ich denke da an den Ikonoklasmus-Thread, den Pandemie-Faden im Smalltalk oder "These are the times..."

Trotzdem, oder vielleicht sogar deshalb, begrüße ich die Forenpolitik bezüglich der Tagespolitik. Ich sehe das wie Hatl und Ralf.
 
Jedes autoritäre Regime braucht (mindestens) eine Gruppe, auf die der "Volkszorn" von den Herrschenden weg umgelenkt werden kann. Gibt es gerade keine "traditionell" Ausgegrenzte, dann werden welche geschaffen.

Ich finde das erwähnenswert bei diesem Thema.
Dann da wiederholt sich Geschichte über einen langen Zeitraum.
Und wo soll man beginnen?
Doch sicher schon vor dem Massenmord an den Leprakranken zu Beginn des 14. Jhds..
Gefolgt von den Morden an den Juden im Rahmen der Pest wenig später, mit genau diesem Schema der Begründung und weiter über den Hexenwahn danach.
Immer immer wieder, bis zu den jüngsten Tagen.
.. und bis zum Jüngsten Tag womöglich, wird das grausame Spiel stets neu auf die Bühne gebracht.

Geschichte kann sich nicht nur wiederholen, sie tut es auch. Leider zum Schlechten.
 
Aber die Frage ist doch, was könnte eine Demokratie tun, wenn die Afd in der Wählergunst aufsteigen würde?
Welche Möglichkeiten außer einem Verbot hätte sie, eine Machtergreifung im Stil von 1933 noch zu verhindern?
Parteienverbote sind immer eine Gratwanderung (und eine Bevormundung bzw. Beschränkung der Wähler, denen in einer Demokratie normalerweise die Entscheidung zusteht, welche Parteien sie unterstützen möchten).

Im Extremfall könnten sie dazu führen, dass am Ende nur noch eine Partei übrigbleibt, weil sie es schafft, alle anderen Parteien als "antidemokratisch", "extremistisch", "außerhalb des Wertesystems stehend" oder was auch immer zu verbieten oder (von einem Gericht, dessen Besetzung sie, da Richter nicht vom Himmel fallen, sondern irgendwie bestellt werden, beeinflussen kann) verbieten zu lassen. Wie also kann man einen Missbrauch von Parteienverboten verhindern? Irgendjemand, sei es das Parlament (dessen Noch-Mehrheit vielleicht unliebsame Konkurrenz loswerden möchte), sei es ein Gericht, muss schließlich über ein Verbot entscheiden. Parteiverbote sind eine ganz gefährliche Waffe, die bislang zu recht nur ganz behutsam eingesetzt wird.

Es läuft auch darauf hinaus, inwieweit man es als legitim erachtet, die Demokratie mit undemokratischen Maßnahmen zu schützen. Zugespitzt könnte es darauf hinauslaufen, eine Diktatur zu errichten, um den demokratischen Aufstieg einer bestimmten Partei zu verhindern.
 
oh Gott, ich stelle mir gerade vor, was wäre, wenn es in den USA Präzedenz zum Parteienverbot gäbe, so wie in Deutschland.

Es gibt bereits zahlreiche vor allem rethorische Versuche von Seiten der Regierung, den politischen Gegener zu kriminalisieren.
  • Die Versuche Trumps, Barr zu beeinflussen, damit dieser eine Untersuchung von Hunter Biden einleitet.
  • "Lock her up"-Chants nicht mehr nur bei H. Clinton sondern diversen politischen Gegnern.
  • Versuche Antifa als Terror-Organisation zu klassifizieren. Versuche die Proteste zu kriminalisieren.
Wenn Trump das Instrument des Parteiverbots zur Hand hätte, würde er es nicht zu nutzen versuchen? Die Rhetorik ist schon lange entsprechen angeheizt. Die Idee, dass die Demokraten die Demokratie abschaffen und ein sozialistisches/kommunistisches Regime errichten wollten.
 
Parteienverbote sind immer eine Gratwanderung (und eine Bevormundung bzw. Beschränkung der Wähler, denen in einer Demokratie normalerweise die Entscheidung zusteht, welche Parteien sie unterstützen möchten).

Im Extremfall könnten sie dazu führen, dass am Ende nur noch eine Partei übrigbleibt, weil sie es schafft, alle anderen Parteien als "antidemokratisch", "extremistisch", "außerhalb des Wertesystems stehend" oder was auch immer zu verbieten oder (von einem Gericht, dessen Besetzung sie, da Richter nicht vom Himmel fallen, sondern irgendwie bestellt werden, beeinflussen kann) verbieten zu lassen. Wie also kann man einen Missbrauch von Parteienverboten verhindern? Irgendjemand, sei es das Parlament (dessen Noch-Mehrheit vielleicht unliebsame Konkurrenz loswerden möchte), sei es ein Gericht, muss schließlich über ein Verbot entscheiden. Parteiverbote sind eine ganz gefährliche Waffe, die bislang zu recht nur ganz behutsam eingesetzt wird.

Es läuft auch darauf hinaus, inwieweit man es als legitim erachtet, die Demokratie mit undemokratischen Maßnahmen zu schützen. Zugespitzt könnte es darauf hinauslaufen, eine Diktatur zu errichten, um den demokratischen Aufstieg einer bestimmten Partei zu verhindern.

Ja, aber was sonst kann man tun, wenn beispielsweise irgendwann eine antidemokratische Partei es schaffen würde, mit den Mitteln der Demokratie, also durch Wahlen, in der Wählergunst aufzusteigen?
Oder müsste man dann die Regierung einer solchen Partei dulden, nur weil sie demokratisch gewählt wurde?
 
Ja, aber was sonst kann man tun, wenn beispielsweise irgendwann eine antidemokratische Partei es schaffen würde, mit den Mitteln der Demokratie, also durch Wahlen, in der Wählergunst aufzusteigen?
Oder müsste man dann die Regierung einer solchen Partei dulden, nur weil sie demokratisch gewählt wurde?

Und wer entscheidet was eine antidemokratische Partei ist?
 
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