Keltische Oppida in germanischer Hand

Ein wenig fatal wird das ganze, wenn dann in völlig anderem Zusammenhang darauf Bezug genommen wird und eine Ansiedlung von etwa Alamannen in Regionen postuliert wird, wo sie vom historischen Kontext kaum hingehören.
Es ist aber auch vertrackt. Durch die Schlacht von Tolbiacum (apud Tulbiacensium oppidum) 496 traut man den Alamannen eine Machtausübung bis zum Niederrhein zu. Es gibt ja genug Leute, die irgendwo in der tiefsten germania magna die Römer im heimischen Vorgarten verorten. Die haben es wegen der antiken Schriftquellen schwer, der Ablehnung durch die Wissenschaft etwas entgegen zu setzen. Da hat es jemand mit einem Faible für Alamannen besser, da dort die Schriftquellen nochmals dürftiger sind als bei den Römern.

Und ja, wir können auf die gefühlt 101. Diskussion über die Verortung von Tulbiac verzichten. Da gibt es ja schon eigene Fäden für.
 
Im Vorgarten der Römer kann im 4. und 5. Jahrhunderten so einiges vermutet werden, z.B. Alanen, Sueben, Vandalen, Burgunden etc.;)

Zugegebenemaßen ist mein folgendes Zitat schon etwas in die Jahre gekommen, aber es verdeutlicht sehr gut warum die Dünsberg-Funde alamannisiert wurden.

Zudem konnte, ebenfalls anhand von "Einzelfunden", eine "dichte Fundstreuung" aus alamannischer Zeit - v.a. Waffen - festgestellt werden; dabei handelt es sich entweder um eine "alamannische Gauburg des 4./5. Jahrhunderts" oder um Kampfhinterlassenschaften. Hierbei ist festzuhalten, dass bei der Grabung 2003 kein einziger alamannischer Fund zutage kam.
https://www.archaeologie-online.de/artikel/2004/alle-jahre-wieder/

Die scheinbare Ethnisierung al alamannisch ergibt sich vor allem aus der Datierung in eine "alamannische Zeit".
Das Konstrukt der "alamannischen Gauburg" bedarf jedenfalls eines politischen Überbaus, der irgendwie nicht nachgewiesen werden.
Namen und Ausdehnungen bestimmter Gaue und zugehörige Bevölkerunggruppen sind für Mittelhessen erst wieder ab dem 8. Jahrhundert im Zusammenhang mit Bonifatius überliefert. Ganz unspektakulär hieß die Gegend Lahngau und ihrer Bewohner ebenso - nur eben auf Latein.
 
Im Vorgarten der Römer kann im 4. und 5. Jahrhunderten so einiges vermutet werden, z.B. Alanen, Sueben, Vandalen, Burgunden etc.;)
Alamannen in Südhessen sind im 4. Jahrhundert durch Ammianus bezeugt. Deren Bezeichung als Bucinobanten wurde spekulativ mit der späteren Landschaftsbezeichnung Buchonia in Verbindung gebracht. Vielleicht erklärt sich daraus die Eingemeindung ganz Hessens in die Alamannia.
 
Die Buche ist hierzulande ja nicht unbedingt selten.
Z.B. könnte die Gegend um Buchen im Odenwald (773 als Bucheim genannt) von der Lage her schon besser passen.
Nicht wirklich. Die von Ammianus erwähnten Bucinobanten saßen gegenüber von Mainz (contra Mogontiacum), und die erste Station des in diesem Zusammenhang erwähnten Feldzugs gegen Macrian war Aquae Mattiacorum (Wiesbaden).
 
Wenn man Ammianus liest, und versucht sich vom Gedankengut des letzten Jahrhunderts frei zu machen, dann waren die Bucinobanten eher eine mobile Kriegertruppe, die an den verschiedensten Plätzen auftauchten, weshalb es den Römern nicht gelang ihrer oder ihres Anführers Macrian habhaft zu werden. Als die Römer erfuhren, dass die Bucionobanten nahe Wiesbaden lagerten, ließ Valentinian heimlich und auf die Schnelle eine Schiffsbrücke bauen, um sie anzugreifen, ehe sie wieder verschwunden waren.
Am Ende aber lösten die Römer das Problem dadurch, dass sie einen erheblichen Teil der Bucinobanten in ihre regulären Truppen aufnahmen und sich mit dem Rest vertraglich einigten.

Sollte es sich also bei den Bucinobanten eher um eine marodierende Beutegemeinschaft gehandelt haben, brauchen wir nicht nach ihrer "Urheimat" oder nach "Wehrbauern" zu suchen, weder im Vogelsberg, noch im Odenwald oder sonst wo.
 
Sollte es sich also bei den Bucinobanten eher um eine marodierende Beutegemeinschaft gehandelt haben, brauchen wir nicht nach ihrer "Urheimat" oder nach "Wehrbauern" zu suchen, weder im Vogelsberg, noch im Odenwald oder sonst wo.
Ich suche ja nicht nach der "Urheimat", sondern nur nach einer Erklärung, wie man auf die Idee kommen kann, Hessen nach Alemannien einzugemeinden.
Und der dünne Faden, an dem man versuchen könnte, so eine These aufzuhängen, scheint mir die Bucinobanten-Geschichte zu sein. Auch wenn diese gens tatsächlich nichts als eine mobile Beutegemeinschaft gewesen sein sollte, dürfte sie doch für einige Zeit ihr "Hauptquartier" contra Mogontiacum aufgeschlagen haben. Denn auch als die Römer sich ein paar Jahre nach dem Feldzug mit Macrian auf einen Friedensvertrag einigten, traf man sich am Rheinufer prope Mogontiacum - in der Nähe von Mainz.
 
Ich suche ja nicht nach der "Urheimat", sondern nur nach einer Erklärung, wie man auf die Idee kommen kann, Hessen nach Alemannien einzugemeinden.

Schon klar, mein letzter Satz war auch weniger an dich gerichtet. Eher rückwirkend an all die Heimatforscher, die verzweifelt die entfernteste Namensähnlichkeit bemühen. Wir haben hier ja auch genug davon.

... dürfte sie doch für einige Zeit ihr "Hauptquartier" contra Mogontiacum aufgeschlagen haben.

Da Valentinian erst durch Überläufer vom Aufenthaltsort erfuhr, und sich mit der Brücke so beeilte, scheint das zumindest nichts dauerhaftes gewesen zu sein.
 
Wenn man Ammianus liest, und versucht sich vom Gedankengut des letzten Jahrhunderts frei zu machen, dann waren die Bucinobanten eher eine mobile Kriegertruppe, die an den verschiedensten Plätzen auftauchten, weshalb es den Römern nicht gelang ihrer oder ihres Anführers Macrian habhaft zu werden. Als die Römer erfuhren, dass die Bucionobanten nahe Wiesbaden lagerten, ließ Valentinian heimlich und auf die Schnelle eine Schiffsbrücke bauen, um sie anzugreifen, ehe sie wieder verschwunden waren.
Am Ende aber lösten die Römer das Problem dadurch, dass sie einen erheblichen Teil der Bucinobanten in ihre regulären Truppen aufnahmen und sich mit dem Rest vertraglich einigten.

Sollte es sich also bei den Bucinobanten eher um eine marodierende Beutegemeinschaft gehandelt haben, brauchen wir nicht nach ihrer "Urheimat" oder nach "Wehrbauern" zu suchen, weder im Vogelsberg, noch im Odenwald oder sonst wo.
Also abgesehen davon, dass der Zeitgenosse Ammianus Marcellinus (dem man nicht unbedingt Gedankengut des vorigen Jahrhunderts unterstellen kann) die Bucinobanten ausdrücklich als "gens" bezeichnet (29,4), stellt sich schon die Frage, wieso der Kaiser bei einer "mobilen Kriegertruppe" einen "König" einsetzen sollte.
Außerdem: "Mobile Kriegertruppen" bzw. "marodierende Beutegemeinschaften" gab es in der Geschichte zwar durchaus, man denke an manche stehende Söldnerheere des Mittelalters, aber diese verdingten sich entweder bei wechselnden Auftraggebern oder zogen marodierend umher, was - weil sie das Land wenig nachhaltig aussaugten - rasches Weiterziehen erforderte (oder sie ließen sich dafür bezahlen weiterzuziehen). Andernfalls machte sich rasch Not breit und sie liefen auseinander.
Wie also sollten sich die Bucinobanten langfristig in einem doch recht überschaubaren Raum gehalten haben? Wovon sollen sie gelebt haben? Wer sollte dort als zahlungskräftiger Auftraggeber infrage kommen wenn nicht die Römer selbst?

Da Valentinian erst durch Überläufer vom Aufenthaltsort erfuhr, und sich mit der Brücke so beeilte, scheint das zumindest nichts dauerhaftes gewesen zu sein.
Der Kaiser erfuhr durch die Überläufer nicht vom Aufenthaltsort der gesamten Bucinobanten, sondern dem des Macrianus, den er fassen wollte.
 
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Also abgesehen davon, dass der Zeitgenosse Ammianus Marcellinus (dem man nicht unbedingt Gedankengut des vorigen Jahrhunderts unterstellen kann) die Bucinobanten ausdrücklich als "gens" bezeichnet (29,4), stellt sich schon die Frage, wieso der Kaiser bei einer "mobilen Kriegertruppe" einen "König" einsetzen sollte.

Fragt sich, was die Römer oder speziell Ammianus unter "gens" und" "rex" versteht.

Außerdem: "Mobile Kriegertruppen" bzw. "marodierende Beutegemeinschaften" gab es in der Geschichte zwar durchaus, man denke an manche stehende Söldnerheere des Mittelalters, aber diese verdingten sich entweder bei wechselnden Auftraggebern oder zogen marodierend umher, was - weil sie das Land wenig nachhaltig aussaugten - rasches Weiterziehen erforderte (oder sie ließen sich dafür bezahlen weiterzuziehen). Andernfalls machte sich rasch Not breit und sie liefen auseinander.

Ein Großteil der uns bekannten "Völkerschaften" der Völkerwanderungszeit waren nichts anderes als "Mobile Kriegertruppen" bzw. "marodierende Beutegemeinschaften", bis hin zu Attilas Hunnen.

Der Kaiser erfuhr durch die Überläufer nicht vom Aufenthaltsort der gesamten Bucinobanten, sondern dem des Macrianus, den er fassen wollte.

War das ein Unterschied? Von mehreren Gruppen von Bucinobanten ist nicht die Rede.
An dieser Stelle scheint Ammianus irgendetwas zu beschönigen, denn die Aussage, dass Fraomarius zum König gemacht wurde, nachdem die Bucinobanten sich aus Angst zerstreut hatten, lässt die Frage offen, von was er dann eigentlich König war. Zumal er gleich danach nach Britannien verfrachtet wurde.
 
Fragt sich, was die Römer oder speziell Ammianus unter "gens" und" "rex" versteht.
Welche Stellen kennst Du, in denen eine marodierende Kriegerhorde als gens bezeichnet wurde?

Ein Großteil der uns bekannten "Völkerschaften" der Völkerwanderungszeit waren nichts anderes als "Mobile Kriegertruppen" bzw. "marodierende Beutegemeinschaften", bis hin zu Attilas Hunnen.
Solange sie marodierten, zogen sie umher oder erpressten ihre Nachbarn. Zwischendurch gab es aber immer wieder längere - oft jahrzehntelange - Phasen, in denen sie sich irgendwo niederließen und mehr oder weniger friedlich siedelten. Die Forderung nach Land war sogar oft das zentrale Anliegen.

War das ein Unterschied? Von mehreren Gruppen von Bucinobanten ist nicht die Rede.
Nein, aber von Macrianus und seinem Gefolge.
Während die Bucinobanten als Stamm ein bestimmtes Gebiet bewohnten, hielt sich der König mit seiner Umgebung an einem bestimmten Ort auf, und den erfuhr der Kaiser.

Denke zum Vergleich an das mittelalterliche deutsche Reisekönigtum. Dass der deutsche König bzw. römische Kaiser von einem Ort zum nächsten zog, bedeutet auch nicht, dass das ostfränkische/deutsche Reich bzw. das HRR nur eine mobile Kriegertruppe gewesen wäre.

An dieser Stelle scheint Ammianus irgendetwas zu beschönigen, denn die Aussage, dass Fraomarius zum König gemacht wurde, nachdem die Bucinobanten sich aus Angst zerstreut hatten, lässt die Frage offen, von was er dann eigentlich König war. Zumal er gleich danach nach Britannien verfrachtet wurde.
Diese Frage bleibt nur offen, wenn man die Bucinobanten lediglich als mobile Kriegertruppe versteht. Dann ist freilich unklar, wen Fraomarius beherrscht haben soll, nachdem sie auseinandergelaufen war, sich also aufgelöst hatte.
Wenn man sie hingegen als Stamm versteht, liegt nahe, dass nur die Krieger Makrians auseinandergelaufen waren, der Stamm aber weiterbestand.

Übrigens schreibt Ammianus auch davon, dass der Kaiser das feindliche Land verwüstet habe. Welches Land, wenn die Bucinobanten nur eine Kriegertruppe waren?
 
Zuletzt bearbeitet:
Welche Stellen kennst Du, in denen eine marodierende Kriegerhorde als gens bezeichnet wurde?

Ich sehe, du weichst der Frage aus. Auf Rom bezogen war "gens" eine Sippe, wie etwa die Gens Julia. Von einem "Stamm" kann da keine Rede sein, was immer man unter einem Stamm versteht. Die Aussagen, was unter einer "gens" zu verstehen ist, gehen sehr weit auseinander.

Auch bei den frühen Franken etwa dürfte man nicht falsch liegen, sie als "marodierende Kriegerhorde" zu sehen, denen sich viele auf Grund des Erfolges und des Prestiges anschlossen.

Die Forderung nach Land war sogar oft das zentrale Anliegen.

Richtig. Und vermutlich um es auszubeuten, wie es auch ein römischer Senator etwa in Gallien tat.
Weder dieser Senator, noch Attila hatten die Absicht, sich hinter den Pflug zu stellen.

Übrigens schreibt Ammianus auch davon, dass der Kaiser das feindliche Land verwüstet habe. Welches Land, wenn die Bucinobanten nur eine Kriegertruppe waren?

Das Land, aus dem die Krieger sich hauptsächlich versorgten.

Hört doch endlich mal auf mit dieser Fabel von den "Wehrbauern". Ein Krieger hat teure Waffen, er muss trainieren, er lebt ein ganz anderes Leben als ein Bauer, der das alles sich nicht leisten kann und an seine Scholle gebunden ist.
Diese Krieger waren Profis, die nicht mal eben zwischen der Ernte auf Kriegszug gingen. Die führten ein Leben als Krieger, raubten, plünderten, verdingten sich den Römern oder wem auch immer.
 
Wir sind hier nicht im feudalen Mittelalter mit seinen hochspezialisierten Reiterkriegern.

Wer, glaubst Du, waren die Männer, die die Perser bei Marathon schlugen? Eine marodierende athenische Kriegerbande? Nein, das waren Athener Bauern, Handwerker und Geschäftsleute, unter ihnen ein Stückeschreiber namens Aischylos. Auch die Athener, die den Peloponnesischen Krieg führten, waren keine mobile Kriegertruppe, sondern u. a. ein geschwätziger Bildhauer namens Sokrates.
Wer, glaubst Du, waren die Männer, die Italien eroberten und die Punier besiegten? Eine marodierende römische Kriegerbande? Wurde bei Cannae eine mehrere zehntausend Mann starke mobile Kriegertruppe vernichtet? Nein, das waren römische Bauern, Handwerker und Geschäftsleute, die zwischendurch mal eben auf Kriegszug gingen. Genau das wurde in der fortgeschrittenen Republik ja zum Problem, als die Feldzüge sich nach Übersee verlagerten und die Männer zu lange weg waren, um ihren eigentlichen Tätigkeiten nachgehen zu können. Aber auch schon in der sagenumwobenen frühen Republik wurden die Ständekämpfe der Überlieferung nach u. a. dadurch ausgelöst, dass die Bürgersoldaten durch zu lange Abwesenheit in finanzielle Schwierigkeiten gerieten. Es waren eben keine Profikrieger, sondern Bauern etc., die zeitweise zu Soldaten wurden.

Also ja, Abwesenheiten waren ein Problem, vor allem wenn sie lange dauerten. Bei den Bucinobanten kann es sich allerdings nur um ein vergleichsweise kleines Problem gehandelt haben, da sie ja gleich neben ihrem Einsatzgebiet wohnten.

Natürlich, je mehr Zeit ein Krieger für das Kriegshandwerk erübrigen kann, umso besser wird er sein. Nur sollte man sich nicht von unserer heutigen Zeit mit ihrer entmilitarisierten Zivilgesellschaft irreleiten lassen. Viele antike Gesellschaften waren Kriegerkulturen, in denen das Kriegshandwerk ein selbstverständlicher Teil des Lebens aller Bürger war.
Mehr oder weniger professionelle Krieger gab es bei den Germanen durchaus, siehe das Gefolgschaftswesen in Tacitus, Germania 13-14. Aber das betraf nicht den ganzen Stamm. Vergleiche auch in späteren Jahrhunderten im angelsächsischen/skandinavischen Raum die Huskarls als überschaubare Schar von Profikriegern um einen König und den Fyrd als Bauernmiliz.
 
Es waren eben keine Profikrieger, sondern Bauern etc., die zeitweise zu Soldaten wurden.
Seit der Heeresreform des Marius 107 v.Chr. kann man doch bei den Römern zumindest von "Profikriegern" reden, wenn man von einer Dienstzeit der Legionäre von 16 Jahren ausgeht. Ob man das auf Allemannen bzw. Bucinobanten übertragen kann, ist ein anderes Blatt.
 
Marathon? Cannae? Da musst du aber weit zurückgehen.
Ende des 4. /Anfang des 5. Jahrhunderts reden wir über Leute wie Radagaisus.
Multiethnische Truppen durch das Prestige ihrer Anführer zusammengehalten, eventuell morgen unter neuem Namen mit neuem Anführer. Permanenter Kriegszustand an den Grenzen. Und Rom mit seinen Legionen ist nicht mehr in der Lage, diese Grenzen gegen "Bauernmilizen" zu verteidigen ?
 
Seit der Heeresreform des Marius 107 v.Chr. kann man doch bei den Römern zumindest von "Profikriegern" reden, wenn man von einer Dienstzeit der Legionäre von 16 Jahren ausgeht.
Ja natürlich. Aber nicht bei den Soldaten, die die Volsker, Etrusker, Samniten etc. bezwangen, Italien eroberten und die Punier (deren Söldner zu einem Gutteil tatsächlich Profikrieger waren) niederrangen.
 
Ja natürlich. Aber nicht bei den Soldaten, die die Volsker, Etrusker, Samniten etc. bezwangen, Italien eroberten und die Punier (deren Söldner zu einem Gutteil tatsächlich Profikrieger waren) niederrangen.

Von denen redet aber auch niemand. Auch rechts des Rheines gab es zu Augustus' und auch Tacitus' Zeiten sicherlich Bauern, die gelegentlich zur Waffe griffen, ansonsten friedlich siedelten.
Diese Zeiten waren aber 300 Jahre später vorbei, da herrschten völlig andere Zustände an Roms Grenzen.
 
Ich sehe, du weichst der Frage aus. Auf Rom bezogen war "gens" eine Sippe, wie etwa die Gens Julia. Von einem "Stamm" kann da keine Rede sein, was immer man unter einem Stamm versteht. Die Aussagen, was unter einer "gens" zu verstehen ist, gehen sehr weit auseinander.
Im Wort "gens" steckt der Wortstamm "gen-", der in Wörtern des Bedeutungskreises "erzeugen, gebären" zu finden ist. Eine "gens" ist also ein Personenverband, bei dem angenommen wurde, dass er auf eine gemeinsame Abstammung zurückgeht, dass seine Angehörigen miteinander verwandt sind, sei es das "Geschlecht" in Rom, sei es ein "Stamm". Dass das nicht unbedingt historisch fundiert sein muss, dass in einen "Stamm" auch Stammesfremde aufgenommen werden konnten: ja. Dennoch wurde eine derartige Verbindung zumindest fingiert. Daher erscheint es mir abwegig, dass Ammianus eine bloße Horde temporär zusammengerotteter Marodeure, also einen Haufen, der nicht einmal rein theoretisch etwas von einem Verwandtschaftsverband hatte, als "gens" bezeichnet haben sollte.

Das Land, aus dem die Krieger sich hauptsächlich versorgten.
Und wer bewirtschaftete dieses Land, wenn es nicht Angehörige der Bucinobanten waren?

Marathon? Cannae? Da musst du aber weit zurückgehen.
Ende des 4. /Anfang des 5. Jahrhunderts reden wir über Leute wie Radagaisus.
Multiethnische Truppen durch das Prestige ihrer Anführer zusammengehalten, eventuell morgen unter neuem Namen mit neuem Anführer. Permanenter Kriegszustand an den Grenzen. Und Rom mit seinen Legionen ist nicht mehr in der Lage, diese Grenzen gegen "Bauernmilizen" zu verteidigen ?
Von denen redet aber auch niemand. Auch rechts des Rheines gab es zu Augustus' und auch Tacitus' Zeiten sicherlich Bauern, die gelegentlich zur Waffe griffen, ansonsten friedlich siedelten.
Diese Zeiten waren aber 300 Jahre später vorbei, da herrschten völlig andere Zustände an Roms Grenzen.
Deine These war:
Hört doch endlich mal auf mit dieser Fabel von den "Wehrbauern". Ein Krieger hat teure Waffen, er muss trainieren, er lebt ein ganz anderes Leben als ein Bauer, der das alles sich nicht leisten kann und an seine Scholle gebunden ist.
Diese Krieger waren Profis, die nicht mal eben zwischen der Ernte auf Kriegszug gingen. Die führten ein Leben als Krieger, raubten, plünderten, verdingten sich den Römern oder wem auch immer.
Ich habe gezeigt, dass in der Geschichte nicht nur Profikrieger, sondern auch "Wehrbauern" zu kämpfen verstanden. In den punischen Kriegen besiegten römische Bauern und Handwerker letztlich punische Söldner, die sicher die professionelleren Krieger waren. Auch die persischen Krieger, die in den Perserkriegen geschlagen wurden, waren professionellere Kämpfer als die Bürgeraufgebote der meisten griechischen Staaten (wenn man von Sparta einmal absieht).
(Um "Wehrbauern" zu finden, muss man in der Geschichte übrigens nicht bis Marathon oder Cannae zurückgehen. Auch die Themenordnung des mittelalterlichen byzantinischen Reiches basierte auf einer Art Wehrbauerntum, und noch später die "Militärgrenze" zwischen Österreich und dem Osmanischen Reich.)
In der Spätantike entwickelte sich ein Teil der römischen Armee, die "Limitanei", selbst zu einer Art Wehrbauerntum.

Man sollte sich die "Wehrbauern" nicht als eine Art Sonntagskrieger vorstellen. In Zeiten, in denen bewaffnete Konflikte zwischen Nachbarn häufig vorkamen, hatte so mancher "Wehrbauer" vermutlich mehr militärische Erfahrung und Motivation als so mancher "Profikrieger", der möglicherweise zwangsrekrutiert war und nur dann und wann mal in einem großen Feldzug einen Feind zu sehen bekam.
 
Daher erscheint es mir abwegig, dass Ammianus eine bloße Horde temporär zusammengerotteter Marodeure, also einen Haufen, der nicht einmal rein theoretisch etwas von einem Verwandtschaftsverband hatte, als "gens" bezeichnet haben sollte.

Ich gehe davon aus, dass Ammianus nicht die geringste Ahnung davon hatte, ob diese "Bucinobanten" miteinander verwandt waren oder nicht.

Woher du allerdings die Definition nimmst, dass "Marodeure" nicht miteinander verwandt sein können, weiß ich auch nicht.

Ich gehe bei den Bucinobanten von einer Kriegergefolgschaft aus, die wie fast alle diese Gruppierungen in der Grenzzone von Überfällen, Plünderungen, aber auch von Söldneraufträgen lebte. Oder sich auch eine zeitlang fest als Legionäre verdingten. In wie weit Kriegergefolgschaften auch teilweise auf Verwandtschaftsverhältnissen beruhten, wissen wir nicht.

Und wer bewirtschaftete dieses Land, wenn es nicht Angehörige der Bucinobanten waren?

Die einheimischen Bauern, wer sonst? Leider sind uns diese - wie fast durchgängig in der Geschichtsschreibung - nicht namentlich überliefert.
 
Dennoch wurde eine derartige Verbindung zumindest fingiert. Daher erscheint es mir abwegig, dass Ammianus eine bloße Horde temporär zusammengerotteter Marodeure, also einen Haufen, der nicht einmal rein theoretisch etwas von einem Verwandtschaftsverband hatte, als "gens" bezeichnet haben sollte.

Du setzt also voraus, dass Ammianus Nachforschungen darüber angestellt hat, ob die Bucinobanten tatsächlich eine verwandtschaftliche Verbindung untereinander zumindest fingiert haben, bevor er sich traute, das Wort gens zu verwenden?
 
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