Waschen und Baden

Minelle

Mitglied
Ich muss mal das Thema Waschen und Baden im 18. Jahrhundert hervorholen, da die alten Threads leider nicht sehr ergiebig waren. Nach dem, was ich per Google so gefunden habe, gab es erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts die ersten richtigen Badezimmer. Natürlich noch ohne fließend warmes oder kaltes Wasser, aber immerhin. Wenn ich jetzt für meinen Protagonisten im Roman ein solches Zimmer/Alkoven beschreibe, dann wird die Einrichtung nur aus einem Waschtisch und eventuell Toilettenstuhl/Nachttopf bestehen, oder? Land ist Frankreich.
 
Badewannen gab es auch schon, ob nun als hölzernen Zuber oder als Wanne aus Metall. Wenn es einen spezielles Badezimmer gab, könnte es vielleicht auch schon fest eingebaute Badewannen geben.
 
Badewannen gab es auch schon, ob nun als hölzernen Zuber oder als Wanne aus Metall. Wenn es einen spezielles Badezimmer gab, könnte es vielleicht auch schon fest eingebaute Badewannen geben.
Der Roman spielt 1723, nach meinen Recherchen gab es auch Badewannen in Privathäusern erst später? Oder ich habe noch nicht die richtigen Quellen gefunden.
 
Ich bin bei dem Thema kein Experte, aber ich dachte im 18.Jahrhundert hat man sich in Europa ziemlich wenig gewaschen bzw. gebadet. Puder war wohl das Mittel der Wahl, um Körpergerüche zu überdecken. Noch bis zum 17.06.2021 gibt es in der arte Mediathek eine Doku "Auf Leben und Tod - Meilensteine der Hygiene", in der auch das 18. Jahrhundert und die unhygienische Seite von Versailles angeschnitten wird.
 
Ich bin bei dem Thema kein Experte, aber ich dachte im 18.Jahrhundert hat man sich in Europa ziemlich wenig gewaschen bzw. gebadet. Puder war wohl das Mittel der Wahl, um Körpergerüche zu überdecken. Noch bis zum 17.06.2021 gibt es in der arte Mediathek eine Doku "Auf Leben und Tod - Meilensteine der Hygiene", in der auch das 18. Jahrhundert und die unhygienische Seite von Versailles angeschnitten wird.
Leider werden in dieser Doku aber auch die gängigen Vorurteile wiederholt, dass die Menschen sich im Barock und Rokoko nicht gewaschen haben sollen. Versailles litt natürlich an ständiger Überfüllung, weswegen die wenigen Plätze für die Notdurft und Hygiene nicht ausreichten.
Körperpflege Hygiene im 18. Jahrhundert
 
Ich kenne nur das Badezimmer des Papstes Clemens VII, in der Engelsburg, das ich selbst einmal besichtigt habe, wobei ich nicht weiß, ob das das erste Badezimmer der Neuzeit ist.

Vielleicht bringt der Link mehr?
Die Geschichte des Badezimmers | Monumente Online
Danke für den Link. Da es sich im Roman um den Landsitz eines wohlhabenden Mannes handelt, begehe ich also keinen historischen Fauxpas, wenn ich ihm eine Badewanne spendiere?
 
Lyrisches aus dem späten 18. Jh., zum einen Goethe:

Zauberlehrling

Hat der alte Hexenmeister
sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
auch nach meinem Willen leben.
Seine Wort und Werke
merkt ich und den Brauch,
und mit Geistesstärke
tu ich Wunder auch.

Walle! walle
Manche Strecke,
daß, zum Zwecke,
Wasser fließe
und mit reichem, vollem Schwalle
zu dem Bade sich ergieße

(...)



Und dann Novalis:

Das Bad

Hier badete Amor sich heute
Der Unvorsichtge entschlief
Da kamen die Nymphen voll Freude
Und tauchten die Fackel ihm tief
Ins Quellchen, da mischten sich Wellen
Und Liebe; sie täuschten sich sehr
Die Nymphen, sie tranken mit hellem
Gewässer die Liebe nur mehr.
O! Mädchen, die Liebe nicht scheuen,
Die trinken die liebliche Flut.
Die Liebe, die wird sie erfreuen
Mit sanfter entzückender Glut.
Ich hab mich hier oftmals gebadet
Mit meiner Laura allein,
Und nach dem Bade so ladet
Der Schlummer im Grase uns ein.


Wenngleich bei Zweiterem auch an ein öffentliches Bad zu denken sein könnte, ich schätze, einem wohlhabenden Mann kannst du getrost eine Badewanne "spendieren". Der verfügt womöglich auch über Angestellte in seinen Diensten und ausreichend Töpfe in der Küche, was ihm die Herstellung von ca. 40 l kochenden Wassers für ein temperiertes Wohlfühlbad erleichtern könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn wir im 18.Jh sind, kann Rousseau vielleicht weiterhelfen. Er empfiehlt häufiges Baden der Kinder: "Lavez souvent les enfants; leur malpropreté en montre le besoin." (Émile, Buch 1). Und das soll man sein Leben lang fortführen: "Cet usage du bain une fois établi ne doit plus être interrompu, & il importe de le garder toute sa vie." Hierfür hat man schon im 18.Jh auch warmes Wasser zur Verfügung (natürlich nicht über eine Leitung wie das beim Papst Clemens der Fall war): "Pour cela je voudrois qu’en grandissant on s’accoutumât peu à peu à se baigner quelquefois dans des eaux chaudes à tous les degrés supportables, & souvent dans des eaux froides à tous les degrés possibles."
Für einen bürgerlich Denkenden wie Rousseau kam wohl das "Waschverbot", das man von Louis XIV kennt, nicht in Betracht.

Deutschland im Biedermeier. Dort empfahl man den Frauen, Sägespäne in die Badewanne zu schütten, damit sie ihre Brüste und ihre Scham nicht sehen konnten (!) (Gelesen bei H.-P. Duerr, Nacktheit und Scham, 1988, S.103). Woraus ich schließe, dass in bürgerlichen Haushalten selbst um 1830 in Deutschland, das ja ökonomisch hinter England und Frankreich weit zurücklag, Badewannen üblich waren.

Dennoch schien man noch Anfang des 18.Jh ein gespaltenes Verhältnis zur Badewanne zu haben, was ja der Sägespäne-Rat auch erhellt. Duerr zitiert das "Amaranthes Frauenzimmer-Lexicon": "Bade Wanne ist ein von Holtz zusammengesetztes kleines Gefäße, worinnen die gemeinen Weiber statt der Bade-Molde [eine spezielle Säuglingswanne aus Kupfer] ihre kleinen Kinder zu baden pflegen." (S.114) (Das passt dann wieder zum Émile.) Also eher die Kinder als die Erwachsenen. Und von Samuel Pepys, englischer Minster, berichtet er (1664), dass ihn seine Frau mit Tricks zum Baden bringen musste.

Für mich ergibt sich aus diesen wenigen Bemerkungen: Badezimmer / Badewannen waren im 18.Jh im Bürgertum bekannt und wurden genutzt, aber nicht immer gern.

Einiges mehr über die Geschichte des Badewesens findet man im Zedler-Lexikon 1731ff:

Baduhennae Lucus - S. Badulphus - Badypikron - Baebius Macrinus - Bäbro - Bacca - Baeck (Theodorus) - Bäcken-Scheider - Baecks (Ioachimus) - Baecula - Bäder - Blättern im Zedler-Lexikon Bd. 3, Seite 66 )
 
Dennoch schien man noch Anfang des 18.Jh ein gespaltenes Verhältnis zur Badewanne zu haben,

In seinen Ausführungen "Über den Prozeß der Zivilisation" (Bd 2) beleuchtet N. Elias das Gefühl von Scham und das der Peinlichkeit. Es wird stark durch soziale Unterschiede und durch das Geschlechterverhältnis geprägt.

Dabei gilt allgemein, dass der Ranghöhere sich gegenüber einem niedrigeren entkleidet zeigen konnte, dabei galt die Frau gegenüber dem Mann als "rangniedriger". Das gleiche Verhalten gegenüber gleichgestellten oder höhergestellten jedoch als "unschicklich" oder provozierend.

Insgesamt gehört die Frage der Körperhygiene jedoch in den Gesamtprozess der "Zivilsation" und der "Anpassung" des Menschen an komplexer werdende soziale Einheiten.
 
Beim Adel war das Baden eigentlich eine Art Statussymbol im 18.Jh.. Ein beredthes Zeugnis sind die sogenannten Badeburgen in Schwetzingen und Nymphenburg - auch wenn letztere wohl von Kurfürst Carl Theodor m.W. nie genutzt wurde.
Zeitgenössische pornographische Graphiken thematisieren das Baden gern, weil man dabei unter Umständen natürlich auch Genitalien sah. Aber auch v.a. die pornographische Literatur behandelte das Thema Baden.
Zeitgenössische Literatur erwähnt die Unabdingbarkeit des Waschens für die Reinlichkeit. Ich glaube mich zu erinnern, dass den Offizieren empfohlen wurde im Falle eines Gewässers die Soldaten sich baden zu lassen. Vereinzelt gibt es auch noch Quellen über Badehäuser im Barock, die öffentliche Badeanstalten waren. Das Problem scheint hier eher der verordnete geringe Eintrittspreis bei steigenden Kosten für die Betreiber gewesen zu sein.
 
was ich per Google so gefunden habe, gab es erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts die ersten richtigen Badezimmer. Natürlich noch ohne fließend warmes oder kaltes Wasser, aber immerhin. Wenn ich jetzt für meinen Protagonisten im Roman ein solches Zimmer/Alkoven beschreibe,

Frühes oder spätes 18. Jahrhundert? Mithin, können hier schon feine Unterschiede wie in der Mode vorhanden sein.
Von einem "echten" Badezimmer würde ich in derRegel eher nicht ausgehen was man auch aus Wikipedia folgern kann. Aber ich halte es nicht für abwegig, dass sich Betuchtere eine mobile Kupferwanne ins Zimmer gestellt haben.

"...im Schloss von Versailles soll es unter Ludwig XIV. über 100 mobile Wannen gegeben haben – aber kein fließendes Wasser. Das änderte sich unter Ludwig XV. Man empfand nun mobile Wannen als unkomfortabel und begann verstärkt intimere Badezimmer in die Schlösser einzubauen..." Quellenauszug https://de.wikipedia.org/wiki/Badekultur

Für mich ergibt sich aus diesen wenigen Bemerkungen: Badezimmer / Badewannen waren im 18.Jh im Bürgertum bekannt und wurden genutzt, aber nicht immer gern.

Das deckt sich ja mit Ludwig XIV. Der ein Wasssernarr (siehe sein Prunkbad) war. Aber nicht alle am Hofe hatten diesen ausgeprägten Hang zum Wasser. Und bevor es jetzt wieder weiter geht: Ja,möglicherweise stank Ludwig der XIV. aber nach meiner festen Überzeugung eher aus gesundheitlichen Gründen. Unter anderem die mögliche Folge von den komplett herausgerissenen Zähnen, die Zeit seines Lebens Verdauungsprobleme machten. Man war ja der Meinung, alles schlehte ginge von den Zähnen aus.... Was für Qualen Irrlehren erzeugen. Des Weiteren hatte man früher eben keine Chemische Reinigung und, Prunkgewänder (Oberkleidung) konnte sicher nicht ohne Schaden gewaschen werden wie das einfache Hemd eines Bauern. Somit mussten die sich ansammelnden Schweißgerüche mit anderen Düften überdeckt werden. Doch Gerüche waren jetzt ja nicht das Thema.

@ Minelle: Viel Spaß und Erfolg beim Roman
 
Dennoch schien man noch Anfang des 18.Jh ein gespaltenes Verhältnis zur Badewanne zu haben, was ja der Sägespäne-Rat auch erhellt.
Und das nachdem es in der Antike eine hohe Badekultur ohne diese übertrieben Scham gab. Erst die rückkehrenden Kreuzfahrer brachten die Badekultur wieder nach Europa, allerdings konnte sie sich wegen fehlender Infrastruktur – es gab keine Wasserleitungen – nur auf einer niedrigen Stufe für ein paar Jahrhunderte etablieren; dann schlugen Pest, Syphilis und Gegenreformation zu, wobei dieser letzten der Sägespäne-Rat zu verdanken sein dürfte. :D
 
Wenn ich jetzt für meinen Protagonisten im Roman ein solches Zimmer/Alkoven beschreibe, dann wird die Einrichtung nur aus einem Waschtisch und eventuell Toilettenstuhl/Nachttopf bestehen, oder? Land ist Frankreich.
Der Alkoven kam in Pariser Appartements um die Mitte des 17. Jhs. in Mode und war eine durch Täfelung abgetrennte Schlafkammer mit (meist) zwei Seitenkammern, in denen sich Toilettenstühle befanden (die dann morgens geleert wurden). Hier ein typisches Beispiel, aber aus Basel: Alkoventäfer, Inv. 1903.316, Historisches Museum Basel. Dort steht zwar »von zwei zu Ankleide- und Toilettenkabinetten führenden Türen flankiert«, wobei ich »Ankleide« in Frage stelle. Einen kleinen Waschtisch darin (ähnlich einer kleinen Chiffonnière, aber mit Marmorblatt) plus Waschbecken und Wasserkanne kann ich mir aber zusätzlich zum Toilettenstuhl vorstellen, würde aber Waschmöbel dennoch nicht als typisch für die Ausstattung eines Alkovens bezeichnen, da zu dunkel und zu eng. Als Waschtisch dienten häufig relativ große Kommoden (für Unterwäsche und Tücher), darüber an der Wand ein Spiegel. Interessanter sind Möbel für die Selbstrasur: die haben sich im Laufe des 18. Jhs. stark gewandelt. Hier ein Modell aus etwa 1755/1770 im Met (dort fälschlicherweise als Poudreuse bezeichnet), das der sitzende Mann von der Schmalseite her zwischen die Beine nahm und sich zum Spiegel vorbeugte. Dieser Typus, der von mehreren Pariser Möbelmachern hergestellt wurde, verschwand etwa um 1770, als Modelle für die Selbstrasur im Stehen aufkamen (und weit bis ins 19. Jh. gebaut wurden). Hier so eine barbière aus einer Auktion. Und zu guter Letzt eine hübsche Badewanne aus etwa 1740/1760, und gleich noch eine beim gleichen Auktionshaus, wobei bei der letzteren zumindest der “galvanized metal liner” aus dem 19. Jh. stammen muss, oder der Beschrieb ist falsch.
Zum Schluss noch eine kleine Anmerkung: im 19. Jh. wurde so einiges der Barockzeit angedichtet. Generell gilt ja beim Menschen, dass seine ersten Themen »Sex« und »übler Geruch« sind, wenn er andere miesmachen will.
 
Und das nachdem es in der Antike eine hohe Badekultur ohne diese übertrieben Scham gab. Erst die rückkehrenden Kreuzfahrer brachten die Badekultur wieder nach Europa, allerdings konnte sie sich wegen fehlender Infrastruktur – es gab keine Wasserleitungen – nur auf einer niedrigen Stufe für ein paar Jahrhunderte etablieren;
Diese Behauptung würde ich nicht unterschreiben wollen. Nehmen wir doch mal die berühmte Stelle aus Einhard, Vita de Caroli Magni:

Delectabatur etiam vaporibus aquarum naturaliter calentium, frequenti natatu corpus exercens; cuius adeo peritus fuit, ut nullus ei iuste valeat anteferri. Ob hoc etiam Aquisgrani regiam exstruxit ibique extremis vitae annis usque ad obitum perpetim habitavit. Et non solum filios ad balneum, verum optimates et amicos, aliquando etiam satellitum et custodum corporis turbam invitavit, ita ut nonnumquam centum vel eo amplius homines una lavarentur.

[Karl] genoss auch die Dämpfe der heißen Quellen (der natürlich heißen Gewässer), er formte seinen Körper mit häufigem Schwimmen. Deswegen errichtete er auch die Königsstadt Aachen dort und lebte dort in seinen späteren Lebensjahren bis zum Tod. Und nicht nur seine Söhne, sondern auch die Adeligen und Freunde lud er zum Bad ein, manchmal auch Gefolgsleute und die Schar der Wächter, so dass manchmal hundert oder noch mehr Männer in einem badeten.
Selbst über die Zerstörung der Badeanlagen durch die Wikinger hinaus wurden diese genutzt, später belehnt und besteuert.
In Aquae Sulis erhielt sich die Badekultur, so dass bereits im 9. Jhdt. die Münze dort Nominale mit der Aufschrift BAD herausgab, was als Baðum gelesen wird: bei den Bädern. Heute handelt es sich um die Stadt Bath. Ein angelsächsisches apokalyptisches Gedicht aus dem 10. Jhdt., welches heute als The Ruin bekannt ist, wird - aufgrund der Erwähnung der Bäder, auf die Stadt Bath bezogen. Dort ist von altem durch Krieg und Fäulnis vergangenem Glanz die Rede, es wird die Pracht der alten Bäder (burnsele monige) beschrieben: Die Steinhöfe standen (Stanhofu stodan) der Strom warf heißes [Wasser] auf (stream hate wearp), eine Mauer umfing den hellen Schoß [das Wasserbecken?] (weal eall befeng beorhtan bosme).
Da wo die Bäder waren (þær þa baþu wæron), heiß im Herzen (hat on hreþre). Es war üblich, sich über einen Harnestein[?] mit heißen Strömen begießen zu lassen (þæt wæs hyðelic leton þonne geotan ofer harne stan hate streamas). Das heiße Ringmeer (þæt hringmere hate) [vermutlich ein ringförmig gemauertes Becken]
da war das Bad (þær þa baþu wæron). Dieses Gedicht, das im Exeter Book überliefert ist, vermutlich von benedektinischen Mönchen zusammengestellt, bedauert den Niedergang der Badekultur, die es nicht etwa religiösen Verboten zuschreibt, sondern Krieg und Pestilenz und dem daraus resultierenden Verfall. Der Verfasser des Gedichtes schreibt zwar in der Vergangenheitsform, scheint aber einigermaßen eine Vorstellung gehabt zu wie das heiße Wasser über den Harnestein auf die Badenden geleitet wurde (wohl, um es ein wenig abzukühlen?).

Beim Mittelalter muss man auch immer schauen, was die Bibel zu einem Sachverhalt sagt und - als in den Klosterbibliotheken nach der Bibel zweithäufigstes Buch -: Die Etymologien von Isidor von Sevilla.
Das Baden kommt in der Bibel vor. Vorwiegend im Alten Testament, aber auch im Neuen Testament, im NT als Heilungswunder, was von Jesus nicht angezweifelt, aber übertroffen wird (da der Bethesda-Teich immer nur den ersten heilt, der nach einer Bewegung des Wassers den Teich erreicht, und daher die Lahmen und Krüppel benachteiligt sind). Bei der Erzählung von Suzanna im Bade, wo das Bad zwar nur am Rande vorkommt, ist Suzanne die Keuschheit selbst, die sich gegen die Unzucht zweier Alter erfolgreich zu Wehr setzt. Baden ist also biblisch nicht verpönt.

Und bei Isidor? Der schreibt:

Sed et balnea et loca cursorum et athletarum gymnasia sunt, eo quod illic homines in suae artis studio exercitentur. [...] Thermas appellatas quod caleant; Graeci enim THERMON calorem vocant. Balneis vero nomen inditum a levatione maeroris; nam Graeci BALANEION dixerunt, quod anxietatem animi tollat. Haec et gymnasia dicuntur, quia ibi athletae uncto corpore et perfricato manibus exercitantur; nam GUMNASION Graece, Latine exercitium dicitur. [41] Apodyterium, ubi lavantium vestimenta ponuntur, ab exuendo scilicet dictum; APODUEIN enim Graece exuere dicitur. [42] Propina Graecus sermo est, quae apud nos corrupte popina dicitur: est autem locus iuxta balnea publica, ubi post lavacrum a fame et siti reficiuntur.

Aber Bäder und Orte des Laufs und der Athletik sind die Gymnasien, dies ist wo Menschen auf ihre Weise Eifer betreiben. [...] Thermen werden die genannt, die erhitzen, denn die Griechen sagen zur Hitze Thermon. Bäder aber ist der Name wo man sich hineinbegibt, um seine Stimmung (Trauer) zu heben, denn die Griechen sagen dazu Balaneion, was die Ängstlichkeit des Geistes aufhebt. Und man nennt sie Gymnasien, weil dort die Athlethen die Salbung des Körpers und Einreibung der Hände[???] betreiben, den Gymnasion auf griechisch heißt auf Latein exercitium. Das Apodyterium, wo man die zu waschende Kleidung hinlegt, nämlich von entkleiden, denn apodyein nennt man auf griechisch das entkleiden. Propina ist griechische Rede, welche bei uns korrupt popina (Gasthaus) genannt wird, dies aber ist ein Ort neben den öffentlichen Bädern, wo nach dem Bad Hunger und Durst gestillt werden.
So schreibt der Bischof von Sevilla, im Mittelalter nach der Bibel die zweitwichtigste Autorität des lateinischen Christentums* über das Bad. Die Herleitung für balneis von balaneion dürfte allerdings falsch sein. Aber es geht ja nicht darum, ob seine Etymologie korrekt sind, sondern wie Isidor das Baden bewertet: Gut gegen Missstimmungen.



*zumindest was die Häufigkeit seiner Etymologien in den mittelalterlichen Klosterbibliotheken anbelangt. Über 500 überlieferte HSS. Außer der Bibel ist kein Text häufiger in mittelalterlichen HSS überliefert.
 
Zurück
Oben