Morisk(inn)en in den spanischen Kolonien

Thalassa

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Wurde bestimmt schon angesprochen, aber Christen haben auch Muslime im Mittelmeer versklavt. Das hatte mediterrane Piraterie so an sich. Spanier hatten sogar weibliche muslimische Sklavinnen, die sie auf den Eroberungszügen gegen die Azteken in Amerika mitgenommen hatten. Genauso interessant ist, dass der erste Schwarze auf dem amerikanischen Kontinent ein ehemaliger muslimischer Sklave war, der dann zum Christentum konvertiert ist.
 
Wurde bestimmt schon angesprochen, aber Christen haben auch Muslime im Mittelmeer versklavt. Das hatte mediterrane Piraterie so an sich.
Das ist soweit richtig.

Spanier hatten sogar weibliche muslimische Sklavinnen, die sie auf den Eroberungszügen gegen die Azteken in Amerika mitgenommen hatten.
Dafür hätte ich gerne eine belastbare Quelle.

Genauso interessant ist, dass der erste Schwarze auf dem amerikanischen Kontinent ein ehemaliger muslimischer Sklave war, der dann zum Christentum konvertiert ist.
Auch hierfür hätte ich gerne eine belastbare Quelle.
 
Dafür hätte ich gerne eine belastbare Quelle.
Great Inca Rebellion - YouTube bei 4:36, Quellen sind in der Beschreibung. Es waren doch Moriscas, also ebenfalls bereits konvertierte Frauen, die mal Musliminnen waren.
[Mod:Bitte Hinweise zu YT-Links beachten/mod]


Auch hierfür hätte ich gerne eine belastbare Quelle.
Ich habe da wohl etwas verwechselt, es war der erste Nordafrikaner (Estevanico - Wikipedia), auch wieder ein Morisk.
Allerdings habe ich noch kurzem Googeln Folgendes gefunden: Juan Garrido - Wikipedia
Ein kongolesischer Konquistador, der als erster Schwarzer Amerika (wortwörtlich USA) betrat. Für Lateinamerika gilt sicher das Gleiche, ein von den Spaniern/Portugiesen Versklavter, der später zum Katholizismus konvertierte und dann nach Amerika ging. Für Mittel-/Südamerika finde ich jetzt auf die Schnelle keine Namen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich will mal meine Probleme skizzieren:

1.) Es gab ein Verbot, das von der Casa de Contratación überwacht wurde, Muslime und Juden nach den Indias (also in die amerikanischen Kolonien) zu lassen.
2.) In den mir bekannten Quellen (und ich habe ein paar gelesen) kommen Muslimas nicht vor. Nun ist die Abwesenheit eines Belegs kein Beleg für Abwesenheit und die Konquistadoren waren Haudegen, die sich sicher nicht darum scherten, was die Casa de Contratación vorgab, die war weit weg in Sevilla.
Es kommen bei der Eroberung Tenochtitlans Sklaven vor: Kubaner, die in ihren dünnen Baumwollschürzen in den mexikanischen Bergen erfroren. Frauen bekamen die Spanier von den Indigenen geschenkt, nicht immer gefiel ihnen das. Cortés selbst war auf Kuba verheiratet, was ihn freilich nicht davon abhielt, mit anderen Frauen (Spanierinnen, er hatte mit seinen Schwagern einen Händel wegen Ehebruchs) wie auch Malintzin Beziehungen zu unterhalten.
Die Frauen, die auf dem Feldzug nach Tenochtitlán dabei waren, soweit sie in den zeitgenössischen Quellen vorkommen, waren aber ausschließlich Indígenas, entweder aus einem der Maya-Reiche oder aus einem der mit den Azteken verfeindeten Städte oder diesen unterstellten Städte.
 
Das Video erwähnt "morisco women". Jetzt erst habe ich gesehen, dass der Link entfernt wurde. Einfach "Great Inca Rebellion" von "Kings and Generals" eingeben, bei Minute 4:30 im Video siehst du es. Quellen sind in der Beschreibung. Mit Morisken sind ehemalige Musliminnen gemeint. Zum Zeitpunkt ihres Aufenthalts in der Neuen Welt waren sie Katholiken. Ein paar wenige waren allerdings Krypto-Muslime, eines der Gründe der Spanischen Inquisition.
 
Das Video erwähnt "morisco women". Jetzt erst habe ich gesehen, dass der Link entfernt wurde. Einfach "Great Inca Rebellion" von "Kings and Generals" eingeben, bei Minute 4:30 im Video siehst du es. Quellen sind in der Beschreibung. Mit Morisken sind ehemalige Musliminnen gemeint. Zum Zeitpunkt ihres Aufenthalts in der Neuen Welt waren sie Katholiken. Ein paar wenige waren allerdings Krypto-Muslime, eines der Gründe der Spanischen Inquisition.

Da frage ich mich, woher der Ersteller dieser Youtube-Dokumentation seine Kenntnisse herhaben mag. Es geht im Video um die Belageung von Cuzco im Jahr 1536 (s. Belagerung von Cuzco – Wikipedia ). Ich habe nur den Wiki-Artikel auf Deutsch, Spanisch und Englisch überflogen, aber da finde ich nichts von Moriscos oder Moriscas (weibliche Form im Spanischen).

Hier ist noch etwas zu dem Thema auf Spanisch, ich habe jetzt allerdings auf die Schnelle den Artikel noch nicht gelesen, aber es geht um "esclavas moriscas": CVC. Tensiones en los orígenes del Perú colonial. Españolas y moriscas en el siglo XVI, por Leyla Bartet.

Wundern tut mich aber, dass Moriscos, christlich getaufte frühere Moslems bzw. deren Abkömmlinge, Sklaven waren. Denn unabhängig von ihrer früheren Religion bzw. der Religion ihrer Vorfahren, waren sie doch Christen, und dürften doch eigentlich von Mitchristen nicht versklavt werden.

(Vielleicht sollte man die Diskussion in einen neuen Thread auslagern, denn das hat mit dem eigentlichem Thema nun nichts mehr zu tun.)
 
Da frage ich mich, woher der Ersteller dieser Youtube-Dokumentation seine Kenntnisse herhaben mag. Es geht im Video um die Belageung von Cuzco im Jahr 1536 (s. Belagerung von Cuzco – Wikipedia ). Ich habe nur den Wiki-Artikel auf Deutsch, Spanisch und Englisch überflogen, aber da finde ich nichts von Moriscos oder Moriscas (weibliche Form im Spanischen).
In der Literaturliste unter dem Video sind diverse Titel angegeben. Unter anderem der von Kim MacQuarrie, The Last days of the Incas. Darin ist sowohl von moriscas, als auch von moorish knights die Rede. In den anderen Werken kommen morisc@s nicht vor. Leider ist das Buch nur unzureichend mit Quellenangaben versehen.

Also habe ich mir Quellen angeschaut, da gibt es ja mit dem Corpus Diacrónico del Español (Corde) ein tolles Tool, das zwar eigentlich für Sprachwissenschaftler geschaffen ist, aber auch dem Historiker gute Dienste tut.

Bei Pedro Cieza de León, dem Chronisten der Eroberung des Inka-Reiches (obwohl er erst bei späteren Ereignissen Augenzeuge war), habe ich einen Erwähnung einer Morisca gefunden, als im Bürgerkrieg der spanischen Eroberer untereinander Juan de Ampudia, ein weiterer Spanier und eine Moriskin sowie einige indianische Verbündete sterben.

Con gran trabajo se juntaron todos en lo alto, e grandemente se holgaron de verse, y abrazáronse como si de muchos días no se hubieran visto; no hubo más muerto de Juan de Ampudia e otro español, e una morisca, e algunos indios de los amigos que llevaban.

Unter großen Strapazen trafen sie sich wieder auf der Höhe und groß war ihre Freude sich zu sehen und sie umarmten sich, als wenn sie sich über viele Tage nichtgesehen hätten und es gab keine weiteren Toten als Juan de Ampudia und einen weiteren Spanier und eine Moriskin und einige verbündete Indianer die sie mit sich führten.

Aus:
Cieza de León, Pedro: Las guerras civiles peruanas, cap. XIII. (obwohl Cieza de León 1554 verstarb, blieb das Werk ein unveröffentlichtes Manuskript, das erstmals 1877 ediert wurde).
Nun, was ist eine Morisca? Dem Wortsinn nach eine "kleine Maurin". Aber es handelt sich nicht um Sklaven, noch notwenigerweise um Muslime. Es sind maurischstämmige Personen, die an ihrer Art, das Spanische zu sprechen auffallen (es gibt da einen Inquisitorenleitfaden aus Spanien, wonach man Mauren an der Art der Aussprache von s und c/z erkennen könne), zumindest formal handelt es sich um Christen, als Bsp. sei eine Aussage Pedro Pizarros (vielleicht ein Cousin von Francisco Pizarro und seinen Halbbrüdern*) präsentiert:

Yten declaro que una moça que naçió en mi casa llamada doña Ysabel Pizarro, hija de una morisca que se llamaba Beatriz de Idiáquez, que me la echó diziendo quera mi hija e yo le hize çierta donaçión después de ser casado con doña María Cornejo, my muger, e la dicha doña Ysabel se casó con un Entrambasaguas contra mi boluntad, e por rruegos de personas le dí más plata de la donaçión, mando a mis herederos se la pidan.

Ebenso erkläre ich, dass ein Mädchen, das in meinem Haus geboren ist, Doña Ysabel Pizarro genannt, Tochter einer Moriskin, die sich Beatriz de Idiáquez nannte, die sie mir zeigte, und sagte, dass sie meine Tochter sei und ich machte ihr eine Schenkung nachdem ich mich mit Doña María Cornejo , meine Frau, verheiratet hatte, und die genannte Doña Ysabel verheiratete sich gegen meinen Willen mit einem Entrambasaguas (Zwischenbeidengewässern) und auf Bitte von Personen gab ich ihr mehr Geld [als] von der Schenkung und ich befehle meinen Erben, dass sie das von ihr zurückverlangen.

Aus: Pizarro, Pedro: Relación del descubrimiento y conquista de los reinos del Perú
Mir wird aus den Ausführungen von Pedro Pizarro nicht ganz klar, ob diese Tochter noch in Spanien oder bereits in Perú geboren wurde, also ob ihre als Moriskin bezeichnete Mutter in Peru war, oder nicht. Allerdings waren die Coqnuistadoren zunächst mit einheimischen Coyas ("Inkaprinzessinnen") liiert, bevor spanische Frauen nachkamen. Jedenfalls ist die Mutter als Christin gekennzeichnet: Beatríz de Idiáquez. Sie kam also aus dem Baskenland, der Nachname de+Toponym verweist auf Neuchristen (konvertierte Juden oder Muslime); genauso ist es beim Ehemann der Tochter: Entramabasaguas ist ein Ort in Kantabrien. Wir müssen unterstellen, dass der gute Mann mit Nachnamen also de Entrambasaguas hieß und entweder maurisch- oder jüdischstämmiger Christ war, wobei die Familie schon 200 Jahre zuvor konvertiert sein kann.


*mindestens ein spanischer Historiker meinte, es handele sich nur um eine zufällige Namensgleichheit.
 
Ach so: gesucht habe ich nach morisca und moriscas, als Suchfenster habe ich den Zeitraum 1520 - 1620 eingegeben, ich hatte drei Treffer (also natürlich hatte ich mehr Treffer, aber die übrigen Treffer hatten keinen Bezug zu Moriskinnen in Lateinamerika), der dritte Treffer ist Unklar: Bei Francisco López de Gomara eine Stelle, wo eine Moriskin Pánfilo de Narváez Unheil voraussagt. Allerdings war López de Gomara der Beichtvater von Hernán Cortés nach dessen Rückkehr nach Spanien und gilt allgemein als unglaubwürdig. Dass er ex post eine Moriskin Hernán Cortés Gegner mit Weissagungen und Moriskinnen in Zusammenhang bringt, mag noch mal eine nachträgliche Schmähung des Mannes sein, der Hernán Cortés Position gegenüber den bereits besiegt geglaubten Azteken schwächte.
Zudem ist bei Lopez de Gomara unklar, wo die Moriskin Narváez die Weissagung gemacht haben soll:

Este Pámfilo de Narváez es a quien venció, prendió y sacó un ojo Fernando Cortés en Zempoallán de la Nueva España, como más largo se dirá en su corónica. Una morisca de Hornachos dixo que avría mal fin su flota y que pocos escaparían de los que saliessen a la tierra donde él yva.

Dieser Pánfilo de Narváez war es, den Hernán Cortés ein Zempoallán in Neuspanien (=Mexiko) besiegte, ergriff und ihm ein Auge ausriss, wie es weiter ausgebreitet wird in seiner Chronik. Eine Moriskin aus Hornachos sagte, dass seine Flotte ein böses Ende nähme und dass nur wenige entkämen, die nach dem Land, wo er sich befand, hinausfuhren.
War die Dame in Spanien? War sie auf Kuba?
 
es gibt da einen Inquisitorenleitfaden aus Spanien, wonach man Mauren an der Art der Aussprache von s und c/z erkennen könne

Ich vermute, dass die Morisken noch Arabisch sprachen und die arabische Aussprache des s die Aussprache im Spanischen beeinflußt hat.

Wundern tut mich aber, dass Moriscos, christlich getaufte frühere Moslems bzw. deren Abkömmlinge, Sklaven waren. Denn unabhängig von ihrer früheren Religion bzw. der Religion ihrer Vorfahren, waren sie doch Christen, und dürften doch eigentlich von Mitchristen nicht versklavt werden.

ich habe noch etwas gefunden: nach dem Morisken-Aufstand (2. Aufstand in den Alpujarras (1568–1571) – Wikipedia ) wurde ein Dekret erlassen, dass Morisken versklavt werden durften, obwohl sie zumindest formell Christen waren.

http://www2.ual.es/ideimand/esclavitud-morisca/
 
Ich vermute, dass die Morisken noch Arabisch sprachen und die arabische Aussprache des s die Aussprache im Spanischen beeinflußt hat.
Nee, haben sie witzigerweise eher nicht. Es gibt sie sogenannte Aljamiado-Literatur, das ist Literatur in arabischer Schrift, aber auf spanischer Sprache. Und das witzige ist, dass Arabische Begriffe oder Namen in dieser Aljamiado-Literatur, obwohl diese sich ja arabischer Buchstaben bedient, meist in spanischer Lautung, die mit arabischen Buchstaben nicht immer ganz korrekt wiedergegeben werden kann, geschrieben wird, anstatt in arabischer Lautung.
Ich habe das auch schon mal hier im Forum ausgebreitet.

ich habe noch etwas gefunden: nach dem Morisken-Aufstand (2. Aufstand in den Alpujarras (1568–1571) – Wikipedia ) wurde ein Dekret erlassen, dass Morisken versklavt werden durften, obwohl sie zumindest formell Christen waren.

http://www2.ual.es/ideimand/esclavitud-morisca/
Ja, das ist richtig, ist aber später und bezieht sich eben auf ein Ergebnis des Aufstands. Und war eben nicht unumstritten.
 
Ich habe das auch schon mal hier im Forum ausgebreitet.
Gefunden:
D
Moriskische Dokumente aus der Zeit beginnen eigentlich fast immer mit der ḥamdala oder ähnlichen Glaubensformeln, bevor sie dann im jeweiligen iberoromanischen Idiom ihrer Zeit weitergehen. Hin und wieder findet man auch Schmähungen darin. [...] die Morisken im Wesentlichen Muslime waren. [...]
Sprachwissenschaftlich sind die Dokumente ganz interessant. Da wird z.B. der Begriff al-faqīh (الفقيه) im Aljamiadotext alfaki (الفكِ) geschrieben, oder die Stadt Calatayud (Qala'at Ayyub,
قلعة أيوب) Kalatayud (کلتيد).
Das zeigt natürlich, dass die Morisken bzw. Mudéjares sich nicht nur in der Alltagssprache des Arabischen kaum noch bedienten, sondern auch in der Phonetik des Arabischen überhaupt nicht mehr firm waren und eigentlich bedeutungsunterscheidende Phoneme nicht mehr zu unterscheiden wussten.
Bzw. sich der spanischen Lautung anpassten.
 
Nee, haben sie witzigerweise eher nicht. Es gibt sie sogenannte Aljamiado-Literatur, das ist Literatur in arabischer Schrift, aber auf spanischer Sprache.

Meine Vermutung, dass die Morisken noch Arabisch sprachen, beruhte auf der Pragmática (1567) – Wikipedia .

Danach galt u. a. folgendes:

  • I. Es ist ab drei Jahren nach dem Erlass verboten, Arabisch zu sprechen, zu schreiben und zu lesen.
  • II. Alle in dieser Sprache abgefassten Verträge werden für ungültig erklärt.
  • III. Auf Arabisch verfasste Bücher müssen innerhalb von 30 Tagen dem Präsidenten des Gerichtshofs von Granada vorgelegt werden. Dieser wird sie beurteilen und zurückgeben, so darin keine unerwünschten Elemente gefunden werden.
Das Sprachverbot macht aber nur dann Sinn, wenn die Bevölkerung die arahische Sprache benutzte. Ob die Morisken daneben auch noch Romanisch sprachen, ist eine andere Frage. Nach meinem Verständnis hat die Bevölkerung im maurischen Spanien nach der Conquista den islamischen Glauben angenommen und sukzessive den Sprachwechsel vom Romanischen zum Arabischen vorgenommen. Ich vermute eine parallele Entwicklung wie in Nordafrika, als nach der Eroberung durch die Araber das Christentum und das Lateinische durch den Islam und das Arabische ersetzt wurden.
 
Zugegeben, hier war ich unpräzise. Die Morisken aus dem Königreich Granada und dem Königreich Valencia spielen eine gewisse Sonderrolle. In Valencia, weil sie einen erheblichen Bevölkerungsanteil ausmachten, in Granada, weil dies zuletzt erobert wurde.
 
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