Rechnungswesen und Planvorgaben in DDR-Betrieben

1963/1964...
Da war ich noch im Maschinenbau-Baumaschinen Studium.

1963/1864 war ja die Zeit wo Herr Apel mit Herrn Mittag unter Regie von Herrn Ulbricht „NÖS“ oder auch „NÖSPL“ kreierten.

Ich hörte immer nur von älteren Leuten, dies ist sowas wie eine Symbiose sozialistische Planwirtschaft mit kapitalistischer Marktwirtschaft, aber mehr sozialistische Planwirtschaft.

Bei den Leipziger Professoren mit denen ich dann ab den 70igern ständigen Kontakt hatte, ging es oft um den Stellenwert der Kategorie Gewinn.

Der Zankapfel -> Priorität Volkswirtschaftlich „Gewinn“ oder „Befriedigung der Bedürfnisse“.

Zu „NÖS“ oder „NÖSPL“ hatten wir nur ein paar Vorlesungen darüber. Wir wurden ja als Konstrukteure für Baumaschinen ausgebildet. Wenn gähnen in der Vorlesung der Ökonomie erlaubt gewesen wäre, bei der Seminar-/Studentenstruktur, ich glaube ¾ hätten da sogar Laut vor sich her gegähnt.

Aber ich erinnere mich, 1963/1964 gabs wohl auch eine Umbewertung des Grundmittelbestandes.

Natürlich führte der höhere Bruttowert/Anschaffungswert zu Veränderung des Amortisationsaufkommens.

Bei Neuinvestitionen war ja alles klar.

Als Bruttowert galt der Anschaffungspreis z. zgl. eventueller Leistungen zur Inbetriebnahme.

Auf die Anschaffungspreisproblematik bei Anlagen (bauliche und/oder Ausrüstungen) gehe ich jetzt aber nicht ein. Da war immer zu entscheiden welche materielle/finanzielle Leistung gehören dazu.

Aber wie nun vorhandener Bestand?
Wenn ich mich richtig erinnere, gabs da einen Koeffizienten.
Der bezog sich auf die statistische Meldenummer. Diese Meldenummer war immer zu buchen und man fand diese im staatlich vorgegebenen Abschreibungsverzeichnis.
War wohl ein 6steller. Jedes Grundmittel hatte so eine Meldenummer. Nach 90ig war ja dies auch so.

Die Nutzungsdauern wurden wohl nicht verändert. Durch den Neuen – Bruttowert wurde der neue/höre wertmäßige Restverschleiß auf die Restnutzungsdauer verteilt. Wir schrieben ja in der DDR in der Regel „zeitlich Linear“ ab.
Andere Abschreibungsarten (Sonderabschreibung, progressive Abschreibung, leistungsbezogene Abschreibung) mussten mit der vorgesetzten Dienstelle und der staatlichen Finanzrevision abgestimmt werden. Inventarobjekt weise!
Diese Umbewertung hatte folgende Ergebnisse:
· Der Bruttowertbestand des vorhanden Bestand stieg.

· Der Abschreibungsbetrag stieg.

· Die Gewinnabführung durch die PfA stieg und weil das viele nicht verkrafteten wurde dann Branchenspezifisch von alten Normativ 6 % abgewichen.

· Der Instandhaltungsfonds war weiterhin hoch belastet.

· Die Kostenbelastung - sichtbar in der GuV oder BWA - (Abschreibung- Instandhaltung) stieg auch.

Was vielleicht auch noch interessant ist...
Wer denkt bei der Bruttowertbildung bei Maschinen des NSW Importes galt der Einkaufpreis von Hersteller, der irrt.
Man bekam einen Rechnungspreis vom Außenhandel der DDR und der war i.d.R. höherer als der Verkaufspreis des Herstellers.
 
Diese Umbewertung hatte folgende Ergebnisse:
· Der Bruttowertbestand des vorhanden Bestand stieg.

· Der Abschreibungsbetrag stieg.

· Die Gewinnabführung durch die PfA stieg und weil das viele nicht verkrafteten wurde dann Branchenspezifisch von alten Normativ 6 % abgewichen.

Die ersten beiden Punkte verstand ich gleich - beim dritten wunderte ich mich, bis mir dank auch Deiner weiter oben geposteten Ausführungen klar wurde, das die PFA auf die Grundmittel erhoben wurden und vom Bruttogewinn abgezogen wurden.
Die PFA für die Grundmittel war also kein Bestandteil der GuV, wie etwa ein Aufwand analog den Abschreibungen für die Grundmittel, wenn ich das richtig verstanden habe.

Guter Punkt, um die so komplexen wie divergierenden Steuerungsversuche der Zentralverwaltungswirtschaft in der DDR zu illustrieren, bilde ich mir ein.
 
Wenn man 80. ist kann man ja auch mal schreiben...

Man konnte in der DDR sogar das Fach „Grundfondswirtschaft“ studieren.
War ein postgraduales Studium an der Hochschule für Ökonomie Berlin Karlshorst. Voraussetzung zur Aufnahme war ein Diplom.
Das Studium 10mal a 14 Tage direkt im Abstand von 8 Wochen. Freistellung vom Unternehmen war geregelt.
Man schloss nach erfolgreichen Abschluss mit einer Urkunde und einem Zeugnis ab.
Die Berufsbezeichnung: „Fachökonom für Grundfondswirtschaft“.

Meine Abschlussarbeit damals in den 70iger:
„Der westlichste Inhalt einer Maschinentechnologie als Bestandteil der Bautechnologie und die Verbindungen zur komplexen Grundfondsplanung und Kapazitätsplanung“.
Wurde in Abstimmung mit der Hochschule von einem Leipziger Professor der damaligen Technischen Hochschule betreut.
 



Nu das wäre ein Ding gewesen.
Natürlich der wesentlichste Inhalt.

Betreffs der PfA.
Habe noch mal in meine Bücher geschaut.
Grundlage zur Berechnung des Betrages war da der Ø Bruttowertbestand.
Also nicht der Jahresanfang oder Jahresendbestand.
Ich glaube ich habe da immer das arithmetische Mittel gebildet. Auf das geometrische Mittel haben wir verzichtet.
Hätte ja sowieso keinen Sinn gehabt. Wäre ja dann über die Nettogewinnabführung geregelt worden.
Arithmetisches Mittel = Jahresanfangsbestand + monatliche Endbestände / 13.
 
entspricht: Kalkulatorische Verzinsung in der Kostenrechnung für Herstellkosten (Substanzwertbezug anstelle von / ersatzweise zu Eigenfinanzierung/wg „Eigentum des Volkes“)
 
Die PFA war als Zins auf die Produktionsmittel begründet worden, um die Anhäufung der selbigen in den Betrieben einzudämmen, lese ich - und damit deren produktive Verwendung, produktiven Einsatz zu fördern, schätze ich.
 
Ich nehme mal den Text aus meinen Buch „Sozialistische Betriebswirtschaft - Industrie“, Verlag die Wirtschaft Berlin, 1982. War in der DDR auch Fachschullehrbuch für Ökonomen.
Auf Seite 82 liest man u.a. so was wie eine Definition:

Die Produktionsfondsabgabe ist eine Abführung vom Gewinn an den Staatshaushalt, die in einem festgelegten Prozentsatz vom Wert der im Durchschnitt beanspruchten materiellen Fonds erhoben wird. Sie ist ein staatliches Normativ der wirtschaftlichen Rechnungsführung und stellt eine Mindestanforderung an das von den Betrieben in Abhängigkeit von der Größe ihrer materiellen Fonds zu erwirtschaftende Reineinkommen dar.“​

Wie geschrienen, der Prozentsatz war 6 % auf Grund-und Umlauffonds und nach der Umbewertung wurde dieser Prozentsatz für den Grundfonds Branchenspezifisch geregelt. Wie hoch, daran erinnere ich mich nicht mehr.
 
In diesen Thread ist so viel von den Ökonomen die Rede.
Da fällt mir doch glatt ein Gespräch zwischen einem Ingenieur und Ökonom ein.
Die arbeiteten erstaunlicherweise in einem Dienstzimmer.

Jeden Tag verspeiste die Ing. Äpfel und legte die Kerner der Äpfel auf ein sauberes Tuch. Dann verspeiste er stückweise diese Kerne.
Das war für den Ökonom schon etwas verwunderlich.
Er fragte dann seinen Kollegen warum er denn die Apfelkerne stückweise verspeist.
Die Antwort des Ingenieur, dies Kerne stückweise essen bilden Hirn.
Darauf der Ökonom, na dann gebe mir mal ein paar.
Die Antwort des Ing, aber schenken kann ich Dir die nicht. Ein Stück kostet 2,- €.
Der Ökonom gibt ihm 10,- €.
Der Ing. gibt ihn dafür 5 Kerne, aber bitte nur Stückweise essen.

Der Ökonom fängt an den ersten Kern zu verspeisen.
Und dann nachdenklich zum Ingenieur, ich hätte mir auch für meine 10,- € mehrere Kilo Äpfel ja kaufen können.
Darauf der Ingenieur, sagte ich doch, das bildet Hirn.
 
Recht ruhig hier geworden.
Thread hatte mir gefallen, war interessant. Danke für die Mitarbeit.

Zum Witz...
Es gab zu DDR-Zeiten so einige Witze über die Ökonomen.
Hatte auch ein Hintergrund.

Beide (Ökonom-Ingenieur) hatten studiert (Unis, Hochschulen, Ing-Schulen, Fachschulen).

· Aber sie wurden ungleich behandelt.

Die Entlohnungen -> Ingenieure I-Gruppe, Ökonomen W-Gruppe.
Lohngruppen (LG), Angestelltengruppen (A-Gruppe), Meistergruppen (M-Gruppe) und Sondergehälter S-Gruppe) hatten dies überhaupt nicht.

Die I-Gruppe hatte bis zum Untergang Treueprämie. Für W-Gruppe gabs dies nicht.
Es ist lang her, ich glaube es war eine Prozentzahl bezogen auf Brutto und gebunden an Treuejahre. Ich glaube lag so bei ab 10 Jahren Betriebszugehörigkeit.

· Ökonomen waren im Verhältnis zu den Ingenieuren deutlich weniger in der Neurerbewegung involviert/beteiligt.

Da wurde gut Geld verdient, vor allem mit Neurervereinbarungen (NVE), aber auch mit Neurervorschläge (NV). Das Geld war Steuerfrei (Brutto für Netto). Lief über die Abteilung Neurerwesen. Das Geld floss vom Fonds Wissenschaft und Technik. Belastete also nicht den Lohnfonds bzw. Prämienfonds.

· Durch die bessere monatliche Entlohnung fiel da auch i.d.R. die „Jahresendprämie“ beim Ing-Personal höher aus.

· Die Unterschiede wurden schon in der Ära von Otto Grotewohl gelegt.

Damals – fiel allerdings nach dem Mauerbau sofort weg – erhielten Ingenieure bei Westreisen von der „Deutschen Notenbank/spätere Staatsbank Devisen 1:1 in gewünschter Höhe.
Auch erhielt mancher Ingenieur einen Einzelvertrag. War auch für die Rente interessant. Lief aber m.W. in den 70igern dann aus.
 
So hat die Umwertung der Grundmittel eben eine respektable Geschichte, angefangen 1963/1964, 1971, 1982, anscheinend auch in den späteren 1980ern nochmals. Die PFA auf Grundmittel und Umlaufmittel/Anlage- und Umlaufvermögen wurde ebenfalls, soweit ich sehe, in den 1960 eingeführt, ebenfalls im Rahmen der NÖSPL, 1965, meine ich.

Der MfS-Bericht vom Januar 1982 hatte die neueste Umwertung problematisiert, ohne auf die ursprünglich betrieblich-ökonomischen Gründe bzw. Steuerung einer gewissen Fehlentwicklung bzw. einer fehlenden einheitlichen Grundlage /Bewertung der damals (1960er) vorhandenen Grundmittel einzugehen....

@Ralf.M , hast bei Deinem Engagement Anfang der 1980er für die Hauptbuchhaltung im Baukombinat via dem EDV-Programm zwecks elektronisch gestützter Umwertung der Grundmittel erfahren, warum die Umwertung durchgeführt wurde?

Die Ökonomen galten natürlich nicht als produktiver/produzierender (werktätiger) Beruf, im Arbeiter- und Bauernstaat, schätze ich...:)
 
Noch mal eine etwas andere Perspektive auf die Aufwertung der Grundmittel: Es scheint ja klar, dass es keine gute ökonomische (oder sonstige) Begründung dafür gab. Ausschlaggebend war vielleicht einfach, dass es die einfachste Möglichkeit war, das Plansystem ohne komplizierte Eingriffe weiter laufen zu lassen. Denn so konnten die Abschreibungen in alter Höhe für die nächste Zeit weiter angewendet werden.
 
@Ralf.M , Andre Steiner schreibt nicht nur in Von Plan zu Plan, dass Betriebe in nennenswertem Umfang bei der Staatsbank bis 1989 Schulden gemacht hatten - neben den Etats des Staates. Ist dir davon etwas bekannt?
 
@Ralf.M , Andre Steiner schreibt nicht nur in Von Plan zu Plan, dass Betriebe in nennenswertem Umfang bei der Staatsbank bis 1989 Schulden gemacht hatten - neben den Etats des Staates. Ist dir davon etwas bekannt?


Mit der Staatsbank der DDR hatte ich in meiner Funktion nur insofern was zu tun, wenn es um die Finanzierung von Investitionen im Betriebsmittel Bereich ging.
DDR Betriebsmittel = Grundmittel.
Das Gleichheitszeichen ist nach den Erfahrungen die ich nach der Wende, dann als kaufmännischer Geschäftsführer und später Geschäftsführer, machte im Großen und Ganzen gerechtfertigt.

Dabei handelte ich nicht den Kredit aus. Meine Aufgabe bestand darin den Nutzen, die Effektivität der Anschaffung nachzuweisen. Das Geschah auf Grundlage einer Methodik die unter meiner Leitung für den Bereich Wohnungsbau der DDR erarbeitet wurden war.

Bankbeziehungen lagen ansonsten im Leitungsbereich des Ökonomischen Direktors und des Hauptbuchalter.

Soweit ich weiß, das Unternehmen hatte ein Konto bei der Staatsbank wo alle Forderungen und Verbindlichkeiten erfasst waren/darüber liefen. Investitionskredite liefen aber darüber nicht.
Eine Pleite/Zahlungsunfähigkeit war in der sozialistischen Wirtschaft für ein gesellschaftlich notwendiges Unternehmen aber ausgeschlossen.
Stichwort -> Liquiditätskredit(e) langfristig oder kurzfristig.
Wenn so was auftrat musste das Unternehmen einen Maßnahmeplan vorlegen. Dieser wurde aber nicht nur von der Bank ständig kontrolliert, er war verstärkt unter der Kontrolle der „staatlichen Finanzrevision“.
Staatliche Finanzrevision war sowas ähnliches wie eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
 
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Respekt.
Doch ich dachte, Investitionsmittel wurden damals gänzlich staatlich zugeteilt. Konnte dein Betrieb zusätzlich bei der Staatsbank Grundmittel/BetriebsmittelInvestitionen finanzieren lassen, und eigenständig?
 
oder anders formuliert: hatte dein Betrieb aufgrund notorisch zu geringer Zuweisungen an Investitionsmitteln aus Berlin, selbst für Erhaltungs- u. Ersatzinvestitionen, begonnen, eigenständig Investitionsfinanzierungen zu organisieren, bei der Staatsbank?
 
Respekt.
Doch ich dachte, Investitionsmittel wurden damals gänzlich staatlich zugeteilt. Konnte dein Betrieb zusätzlich bei der Staatsbank Grundmittel/BetriebsmittelInvestitionen finanzieren lassen, und eigenständig?

Richtig, für Investitionen gab es staatliche Vorgaben. Aber zur Erläuterung muss ich leider ein paar Zeilen mehr schreiben.

Grundlage/Berücksichtigung war da immer der vom Unternehmen eingereichten Invest-Plan. Vorranig Jahresplan, aber auch Füntjahrplan.

Und da gab es:
· eine materielle Kennziffer getrennt nach Bau und Ausrüstung und
· Fonds in der Regel auf einige Ausrüstungen. Diese Fonds waren getrennt nach Importen (NSW darunter BRD und/oder SW) oder Eigenproduktion des Landes.
Beispiele:
- Autokran Liebherr -> materieller Fonds mit Typenbezeichnung aus NSW.
- Sattelzugmaschine i.d.R. MAS oder KRAS -> materieller Fond SW/UdSSR.
- Mehrzweck/Radlader der Firma Massey-Ferguson/USA -> materieller Fonds aus NSW
- Mehrzweckgerät/Radler der Minsker/Belarussland Traktorenwerke -> materielle Kennziffer Import aus SW.

Das Unternehmen durfte ohne Fondskennziffer keine Fonds gebundene-Ausrüstung anschaffen!

Ein Dresdener Kollege musste sich mal vor dem Vertragsgericht verantworten, weil er als Baubetrieb vom Autokranhersteller in Sebnitz/Sachsen einen Autokran kaufte den der Hersteller aus Überplanbestände zum Verkauf anbot. Es war für ihn kein Strafverfahren, es war eine Ordnungswidrigkeit, verbunden mit einer nicht übertragbaren persönlichen Geldstrafe.
Für jemanden aus der BRD ist dies kaum nachvollziehbar, aber so war’s in der Planwirtschaft.

Das war aber nur die materielle Seite der Investition. Die finanzielle Seite war Angelegenheit des Unternehmens. Und da wurde unterschieden nach Eigenmittel (z.B. Quelle Amortisationen oder Gewinne, Gewinne allerdings nach und nicht vor Steuer (PfA) sowie Investkredite.

Wenn man also beim vorgesetzten wirtschaftsleitenden Organ (im Wohnungsbau waren dies grundsätzlich die Bezirksbauämter; in der Z-Industrie-Industriebau war dies das Mf-Bauwesen) musste man mit Abgabe der materiellen Wünsche/Forderungen nachweisen das man dies auch finanzieren kann.

Ja, ja, so manschest aus der DDR klingt für so manchen aus der BRD wie aus einer anderen Welt.

Das Gegenstück dann...

Ich kaufte 1994/1995 Maschinen für mehrere Millionen DM von der Firma Bühler/Uzwill/Schweiz und Ricciarelli/Pistoia/Italien ein, da hatte ich es nur noch mit der deutschen Bank, unserer Haubank, zu tun. Natürlich bedurfte der Kauf eines Beschlusses des Gesellschafter.
 
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