Egodokumente der Weimarer Abgeordneter

sashu

Neues Mitglied
Hallo,

ich suche Egodokumente von Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik der 4. und 5. Wahlperioden. Das sind Autobiographien, Tagebücher und Briefen oder Äußerungen im administrativen Kontext, wie etwa in Strafprozessakten. Zum Beispiel,

Franz Dahlem, 1892–1981, KPD, Redakteur
Paul Bader, 1865-1945, SPD, Schriftsteller
Rudolf Breitscheid, 1874–1944, SPD, Schriftsteller

Klar gibt es etwas im Bundesarchiv, aber das sind keine Egodokumente.

Danke und viele Grüße, sashu
 
Ich nehme zwar an, dass du das selber schon gefunden hast, aber falls nicht, Wikipedia führt Listen der Abgeordneten:
Liste der Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik (4. Wahlperiode) – Wikipedia
Liste der Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik (5. Wahlperiode) – Wikipedia
Da kannst du dir jetzt die Sisiphos-Arbeit machen und die einzelnen Abgeordneten durchklicken, wenn es von denen veröffentlichte Ego-Dokumente gibt, sind die sicher zitiert (und finden sich in den Fußnoten) oder werden im Quellen- und Literaturverzeichnis erwähnt.
 
Ja, natürlich. Habe in Wikipedia angeschaut und auch
Schumacher, Martin (Hg.) (1994): M.d.R., die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung 1933 - 1945.

Jetzt habe ich z.B. Franz Dahlem entdeckt, der später ein SED-Funktionär geworden ist. Im Wikipedia-Artikel stehen seine Hauptwerke, aber keine Egodokumente, die sein Handeln 1928-1933 beschreiben. Wie komme ich an sie ran? Was würde ein Geschichtler in dem Fall tun?
 
Die Frage ist eben, ob es solche Dokumente überhaupt gibt. Dann müssen sie veröffentlicht sein. Wenn sie nicht veröffentlicht sind, es also keine Edition gibt, dann müsste man schauen, wo die im Einzelfall liegen. Du nanntest schon das Bundesarchiv. Aber es können auch Landesarchive oder sogar Kommunalarchive sogenannte Deposita beinhalten (Repositum: behördliche Überlassung (archivpflichtiges Archivgut), Depositum: private Überlassung). Oder eben gewerkschaftliche bzw. Partei-Archive. Oder eben im Nachlass der Familien (bei Briefen, sofern es kein Doppel gibt, auch der Empfängerfamilien). Es dürfte bei einigen Egodokumenten wirklich schwierig sein, da heranzukommen, wenn sie denn überhaupt (noch) existieren. Und du musst deine Egodokumente differenzieren. Ein Tagebucheintrag von Lieschen Müller oder Hans Wurst, den nach seiner Niederschreibung selbst Hans Wurst und Lieschen Müller nicht mehr lesen, steht unmittelbar zum Geschehen. Ein Tagebucheintrag, wo bereits bei der Anlage des Tagebuchs die Veröffentlichung ins Auge gefasst wird, ist, wie Memoiren, auf ein Zielpublikum ausgerichtet. Und das gilt auch für die meisten Briefe. Bereits Cicero hat vor über 2000 Jahren Briefe geschrieben, die zur Veröffentlichung bestimmt waren und von Goebbels (der ja auch Reichstagsabgeordneter in der von dir abgefragten Periode war) wissen wir, dass der seine Tagebucheinträge stets überarbeitete (die sind im Übrigen veröffentlicht).
 
Ja, natürlich. Habe in Wikipedia angeschaut und auch
Schumacher, Martin (Hg.) (1994): M.d.R., die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung 1933 - 1945.

Jetzt habe ich z.B. Franz Dahlem entdeckt, der später ein SED-Funktionär geworden ist. Im Wikipedia-Artikel stehen seine Hauptwerke, aber keine Egodokumente, die sein Handeln 1928-1933 beschreiben. Wie komme ich an sie ran? Was würde ein Geschichtler in dem Fall tun?

Ich habe mich jetzt nicht wirklich mit Dahlem und den andern auseinandergesetzt. Was ich tun würde, wenn ich an solche Ego-Dokumente (falls überhaupt vorhanden) herankommen möchte - dann mal schauen ob es Biographien über die Personen gibt und dort in den Quellenverzeichnissen nachschauen und mir diese Quellen oder Literatur besorgen. Und weiter suchen, in die Archive und Bibliotheken gehen (wie El es ausgeführt hat)
 
Lohnt es sich Sitzungsprotokolle der KPD oder der SPD anzuschauen?

Ich glaube, das Problem 'ob' ist genauso akut wie das Problem 'wo'. Wie kann ich erkennen, in welchem Archiv eine Person eher zu suchen wäre? Oder es gibt etwas über eine Person, aber nur vor Ort.
 
Lohnt es sich Sitzungsprotokolle der KPD oder der SPD anzuschauen?

Ich glaube, das Problem 'ob' ist genauso akut wie das Problem 'wo'. Wie kann ich erkennen, in welchem Archiv eine Person eher zu suchen wäre? Oder es gibt etwas über eine Person, aber nur vor Ort.

Zu deiner ersten Frage. Das kommt ja auf deine Fragestellung, Forschungsfrage etc. an. Ich würde es auf jeden Fall tun.

Die Archive habe ja ihre Bestände meistens online (also nicht die Quellen, ausser es wurde digitalisiert).

Für eine erste Suche kannst du im Archivportal Europa deine Suchanfrage mal eingeben ob du fündig wirst:

ARCHIVES SEARCH - Archives Portal Europe

Und wenn ja dann über die entsprechenden Archive - ist halt schon Detektiv-Arbeit die historische Recherche.
 
Meistens muss man sich überlegen, inwieweit in Artikeln, die allgemein beschriftet sind, das zu finden ist, was man sucht. Bspw. ob es sich lohnt, reichstagsprotokolle zu untersuchen, um nützliche Informationen zu finden. In wie weit ist es in der Geschichte vertretbar, von fremden Erzählungen auf Gedanken von anderen zu schließen?
 
Ich habe in meiner Forschung unzählige Dokumente angeschaut - viele Archivschachteln durchforstet um eine Quelle zu finden die mich weiter bringt. Das ist normal und gehört dazu. Es gibt Tage da findet man nichts und andere da findet man vieles.

Was ist denn deine Thema? Welche Forschungsfrage stellst du denn an deine Quellen?
 
Ich untersuche, warum Journalisten in der Weimarer Republik so wenig gegen Radikalisierung unternommen haben. Dabei nehme ich an, dass Reichstagsabgeordnete, die Journalisten waren, dafür am geeignetsten sind, weil sie die Gesellschaft von Amts wegen abbildeten, worüber sie in ihren Egodokumenten ausführlich berichteten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Jetzt habe ich z.B. Franz Dahlem entdeckt, der später ein SED-Funktionär geworden ist. Im Wikipedia-Artikel stehen seine Hauptwerke, aber keine Egodokumente, die sein Handeln 1928-1933 beschreiben. Wie komme ich an sie ran? Was würde ein Geschichtler in dem Fall tun?
Ermitteln, wo der Nachlaß der Leute liegt, und den durchschauen. Eintweder im Denecke/Mommsen, Nachlässe in deutschen Archiven, oder über Kalliope
 
Nö, danke, ich bin im Bereich historische Untersuchungen ein Neuling...

Warum möchtest du denn nicht über die genannten Suchportale weiter recherchieren? Habe jetzt mal nach Franz Dahlem im Kalliope gesucht und bin fündig geworden:

Kalliope | Verbundkatalog für Archiv- und archivähnliche Bestände und nationales Nachweisinstrument für Nachlässe und Autographen

Sein Nachlass befindet sich im Bundesarchiv Berlin. Inhaltsangabe: Persönliches und Biographisches; Korrespondenzen; Arbeitsmaterialien aus der politischen Tätigkeit; Reden und Aufsätze; Lebenserinnerungen

Die Dokumente sind nicht digitalisiert, da müsstest du vor Ort die Quellen anschauen. (Im Moment aber sehr schwierig einen Platz im Lesesaal zu bekommen).
 
Warum möchtest du denn nicht über die genannten Suchportale weiter recherchieren? Habe jetzt mal nach Franz Dahlem im Kalliope gesucht und bin fündig geworden:

Kalliope | Verbundkatalog für Archiv- und archivähnliche Bestände und nationales Nachweisinstrument für Nachlässe und Autographen

Sein Nachlass befindet sich im Bundesarchiv Berlin. Inhaltsangabe: Persönliches und Biographisches; Korrespondenzen; Arbeitsmaterialien aus der politischen Tätigkeit; Reden und Aufsätze; Lebenserinnerungen
Selbstverständlich recherchiere ich weiter (sorry, habe mich wohl schief ausgedrückt). Habe mir deinen Kalliope-Link angeschaut und verstehe nicht, wie du auf Bundesarchiv Berlin kommst. Bei mir steht:

Links in Kalliope
Handschriften an Dahlem, Franz (1892-1981) in Kalliope: 11

Handschriften von Dahlem, Franz (1892-1981) in Kalliope: 28

Sonstige Nennungen von Dahlem, Franz (1892-1981) in Kalliope: 2

Externe Quellen
Angaben in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Dahlem

Angaben in allgemeine und neue deutsche Biographie: http://www.deutsche-biographie.de/pnd118523325.html?anchor=index

Angaben in Zentrale Datenbank Nachlässe: http://www.historische-kommission-muenchen-editionen.de/beacond/zdn.php?pnd=118523325


Außerdem sehe ich öfter Verweise auf ein Findbuch, der bei mit nicht funktioniert.
 

Dann klick doch einfach mal den letzten Link bei den Externen Quellen. Und da kommt das Bundesarchiv. Wenn du nun zur Seite des Bundesarchives gehst und über Invenio bei den Nachlässen nachschaust - siehe da - da kommt alles.

Bei invenio kannst du ohne Anmeldung suchen und so in den Beständen suchen. Habe ich mal für dich gemacht und hier das Resultat:

https://invenio.bundesarchiv.de/invenio/direktlink/77f86469-7a0f-445e-8de1-9655cc03f34c/

Welche Verweise funktionieren denn nicht?

Hier noch der Link zu Invenio:
https://invenio.bundesarchiv.de/invenio/login.xhtml
 
Super, danke. Invenio kenne ich. Bei Invenio steht auch Berlin-Lichterfelde, Schriftgut, Nachlass. Was drin steht, ist unklar. Würdest du trotzdem dich in den Lesesaal setzen?

Wie würdest du Paul Bader, SPD, Journalist recherchieren (http://kalliope-verbund.info/gnd/116215828 )? Aus irgendeinem Grund sagt keiner, dass er im Ernst Thape, Von Rot zu Schwarz-Rot-Gold, 1969, erwähnt ist. Gibt es eventuell berufsbezogene Archive, wo ich vielleicht recherchieren kann?
 
Super, danke. Invenio kenne ich. Bei Invenio steht auch Berlin-Lichterfelde, Schriftgut, Nachlass. Was drin steht, ist unklar. Würdest du trotzdem dich in den Lesesaal setzen?
Hast du die Bestandsgeschichte angeschaut? Da steht folgendes: Der Nachlass umfasst nach der Bearbeitung 255 Akteneinheiten mit Dokumenten aus der Zeit von 1892 bis 1981. Er enthält persönliche Dokumente und Korrespondenzen, darunter die Korrespondenz zwischen Franz und Käthe Dahlem aus der Zeit seiner Internierung in Frankreich. Daneben sind umfangreiche Materialsammlungen zu seiner Tätigkeit im zentralen Apparat der KPD, in der Emigration in Frankreich und während des Spanischen Bürgerkrieges sowie aus seiner politischen und beruflichen Tätigkeit nach 1945 überliefert. Ein großer Teil der vorhandenen Korrespondenz befasst sich mit seiner politischen Tätigkeit bzw. der Sammlung von Informationen dazu.

Und zur Benutzung dies: Für die Benutzung des Nachlasses gibt es Auflagen seitens der Eigentümer. Für wissenschaftliche Zwecke ist der Nachlass mit Ausnahme der Akten NY 4072/1-12, 46, 47, 50, 52, 182-191, 240, 244 frei zugänglich. Für Veröffentlichungen von persönlichen Dokumenten, für alle anderen Benutzungen sowie für die Auswertung der aufgeführten Akten ist bis zum Jahr 2025 die Zustimmung der Eigentümer erforderlich.

Wenn es dir möglich ist und du einen Platz bekommst im Lesesaal dann würde ich auf jeden Fall die Akten anschauen.

Warst du schon einmal im Bundesarchiv?

Wie würdest du Paul Bader, SPD, Journalist recherchieren (http://kalliope-verbund.info/gnd/116215828 )? Aus irgendeinem Grund sagt keiner, dass er im Ernst Thape, Von Rot zu Schwarz-Rot-Gold, 1969, erwähnt ist. Gibt es eventuell berufsbezogene Archive, wo ich vielleicht recherchieren kann?

Ich würde hier mit der Recherche beginnen:
HOME - Archives Portal Europe
 
Und zur Benutzung dies: Für die Benutzung des Nachlasses gibt es Auflagen seitens der Eigentümer. Für wissenschaftliche Zwecke ist der Nachlass mit Ausnahme der Akten NY 4072/1-12, 46, 47, 50, 52, 182-191, 240, 244 frei zugänglich. Für Veröffentlichungen von persönlichen Dokumenten, für alle anderen Benutzungen sowie für die Auswertung der aufgeführten Akten ist bis zum Jahr 2025 die Zustimmung der Eigentümer erforderlich.

Wenn es dir möglich ist und du einen Platz bekommst im Lesesaal dann würde ich auf jeden Fall die Akten anschauen.

Warst du schon einmal im Bundesarchiv?
Nein, ich war noch nicht im Bundesarchiv. Was soll ich darüber wissen? Wo hast du die Auflagen der Eigentümer her?

Klar ist es besser, das Archiv zu besuchen. Allerdings handelt es bei mir um 60 Personen oder vielleicht mehr, die in Frage kommen. Da ist Reiseplanung ziemlich aufwendig, wenn ich 60 Archive bundesweit besuchen müsste. Oder gehört das zur historischen Recherche dazu?
 
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