Zeigt der Menhir von Schnalstal Ötzis Ermordung?

Hm... Ich hatte kurzzeitig an Jagdhunde gedacht. Habe das dann aber hinantangestellt, weil die als Hunde/Wölfe interpretierten Figuren zu abstrakt sind. Könnte sich genausogut um Rehe oder Hirschkälber handeln.

Der Jagdkontext scheint jedenfalls recht eindeutig.
Ginge es um eine prominente Ermordung, würde man doch erwarten, dass diese zentral dargestellt ist.
 
ein vierrädriger Ochsenkarren

Dies ist die Umzeichnung der von Naresuan verlinkten Seite. Sie unterscheidet sich dadurch, dass man viel mehr zoomorphe Wesen (Hirsche) sieht, auch solche, die von den beiden anthropomorphen oder menschlichen Figuren überlagert werden.

Der vierrädrige Ochsenkarren ist dafür gänzlich verschwunden.
Der Interpretationsspielraum ist schon beachtlich.
 
Hallo

@Sepiola
Der vierrädrige Ochsenkarren ist dafür gänzlich verschwunden.
Der Interpretationsspielraum ist schon beachtlich.


Ich frage mich bei der Frage der Interpretation des Menhirs,was bleibt von der Bogenschützentheorie,wenn Ötzi nie gefunden worden wäre.
Dann wäre die ganze Bogenschützentheorie Schall und Rauch und kein Hahn hätte das so interpretiert.Für mich ist diese Interpretation reine PR der Autoren und hat mit Wisschenschaft wenig zu tun,eher mit SF.
Wenn nämlich Ötzi wegfiele könnte man ja unvoreingenommen diese Szene,mangels Perspektive auch als Darstellung zweier Menschen verstehen,die nebeneinander, aber versetzt stehen und die 2.Person nicht in der Schußlinie des Bogenschützen steht,aber das ist nat. trivial und nicht PR trächtig.Scheint so,als ob heute jeder Archäologe unbedingt ein Howard Carter werden möchte,wobei Howard Carter und Lord Carnavon auch Diebe (Grabräuber) waren!

mfg
schwedenmann
 
Der vierrädrige Ochsenkarren ist dafür gänzlich verschwunden.
Der Interpretationsspielraum ist schon beachtlich.
Stimmt, das war mir gar nicht aufgefallen.

Hallo
Scheint so,als ob heute jeder Archäologe unbedingt ein Howard Carter werden möchte,
Naja, Leitner ist ja nicht jeder. Aber immerhin: ich würde ohne Ötzi und Leitner nie etwas vom Menhir von Schnalstal gehört haben. Oder vom Menhir von Tirano. Ich glaube einige hier im Forum haben das erste Mal vom Valcamonica gehört.
 
Weitaus griffiger als Leitners Überlegung einer Verbindung zum Bildstein von Latsch finde ich seinen Hinweis darauf, dass im direkten Umfeld von Ötzis Fundort fußballfeldgroße Bereiche von teilweise meterhoch liegendem Schnee, Firn und Eis bedeckt sind. Vielleicht liegt da ja noch Aufschlussstiftendes drunter - oder eben auch nichts.

“Zink [Leiter des Instituts für Mumienforschung in Bozen] ist wie Leitner davon überzeugt, dass es sich lohnen würde, das Schnee- und Eisfeld in der Nachbarschaft des Tatorts genau zu untersuchen. Diesmal in streng wissenschaftlicher Begleitung, die bei der Bergung von Ötzi vor 30 Jahren noch fehlte.“
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Wenn ich das richtig auf dem Schirm habe, lag Ötzi in einer Mulde. Dinge, die außerhalb der Mulde gelegen hätten, da würde ich nicht drauf wetten, dass die überhaupt noch erhalten sind. Ein Gletscher fließ5 ja, Ötzi in seiner Mulde blieb erhalten, weil er außerhalb des Gletscherflusses lag und so von dem Gletscher nicht zerrieben wurde. Ich halte es aber auch für wenig plausibel, dass es da fußballfeldweit Dinge verstreut herumgelegen haben sollen.
 
Wie man nun aus dieser Zeichnung auf eine Darstellung von Ötzis Tod kommen kann, ist mir schleierhaft.
In dem Zusammenhang gäben doch die Tierdarstellungen wenig Sinn, selbst in einer wie auch immer gearteten mythologischen Bedeutung.
Nach einem ersten Blick auf das Bild wäre meine erste Interpretation, dass hier zwei Jäger ihre Jagdbeute(Hirsche) gegen angreifende Wölfe verteidigen.
Meine erste Interpretation wäre, dass ein kreativer Mensch ein Bild basteln wollte.
Mei, der hat halt gekritzelt und geritzelt was ihm grad so einfiel.

Der Zufall, dass gerade das erhalten blieb, ist ein willkommenes Geschenk für Fremdenverkehr und Museumsbetreiber. Da gleitet man ja gern mal in die Radosophie ab.
Stellen wir uns mal vor in 5000 Jahren ist so gut wie nichts mehr bekannt von unserer Gegenwart, und dann finden Archäologen ausgerechnet deine Kritzeleien vom Rand des Schulhefts, oder deine ersten Versuche ein Comic zu zeichnen. Na dann geht's ab in die Tiefen und Höhen der Interpretationen.
 
Meine erste Interpretation wäre, dass ein kreativer Mensch ein Bild basteln wollte.
Mei, der hat halt gekritzelt und geritzelt was ihm grad so einfiel.

Der Zufall, dass gerade das erhalten blieb, ist ein willkommenes Geschenk für Fremdenverkehr und Museumsbetreiber. Da gleitet man ja gern mal in die Radosophie ab.
Stellen wir uns mal vor in 5000 Jahren ist so gut wie nichts mehr bekannt von unserer Gegenwart, und dann finden Archäologen ausgerechnet deine Kritzeleien vom Rand des Schulhefts, oder deine ersten Versuche ein Comic zu zeichnen. Na dann geht's ab in die Tiefen und Höhen der Interpretationen.

Wie viele Menhire hast Du schon zum Zeitvertreib mit Comics vollgraviert?
Zeichnungen in einen Felsbrocken einzugravieren ist doch ein ganz anderer Aufwand als in ein Schulheft zu kritzeln.
 
Wie hoch würdest Du den Aufwand über den Daumen peilen?
Den von einem Menhir.
Kann das ein Einzelner machen? Vielleicht sogar nebenbei?
Oder muss das eine Gruppenleistung sein?

Keine rhetorischen Fragen. Ich weiß es nicht.
 
Kann das ein Einzelner machen? Vielleicht sogar nebenbei?
Normalerweise wird das ein Einzelner machen. Mit drei Fingern bekommst Du ja keine Kerbe in den Stein. Und ein paar Tage wird er schon brauchen. Eine Grabinschrift, auch wenn sie nur aus einem Namen besteht, macht ein heutiger professioneller Steinmetz nicht in wenigen Stunden.
 
Der vierrädrige Ochsenkarren ist dafür gänzlich verschwunden.
Der Interpretationsspielraum ist schon beachtlich.
Trotz inzwischen ausgefeilten Techniken zur Erfassung der Steinritzungen in 3D mittels Scanner, Drohnen etc. ist die Frage um den Ochsenkarren noch nicht vom Tisch.
Hubert Steiner von der Landesarchäologie in Bozen schreibt dazu:
Oberhalb davon [dem Dolch] will man einen Wagen erkannt haben. Dies bleibt allerdings ungewiss, vermutlich handelt es sich dabei um zwei weitere Tiere.
Zeichnungen in einen Felsbrocken einzugravieren ist doch ein ganz anderer Aufwand als in ein Schulheft zu kritzeln.
Mit Schulheft-Kritzeleien würde ich diese Stein-Ritzungen auch nicht gleichstellen, trotzdem kann man bei der Interpretation auch davon ausgehen, dass sich das Gesamtbild über Generationen rein zufällig so ergeben hat und nicht eine bestimmte Situation darstellt. Selbst von einer Jagdszene zu sprechen scheint mir schon gewagt.
Niemand weiß, was die anthropomorphen und zoomorphen Figuren darstellen. Reinkarnationen von Ahnen? Symbole für jedesmal, wenn es in der Familie eine Geburt gab oder wenn es im Juli schneite? Heute wurde ein Steinbock gesichtet und alle freuten sich?
Interessanterweise werden die alpinen Menhire in männliche (mit Attributen wie Beil, Dolch) und weibliche Steine (Kamm, Schmuck) klassifiziert. Die vermeintlichen Jagdszenen kommen vorwiegend bei männlichen Steinen vor, aber nicht nur. Die These, dass die weiblichen Steine mit "Jagdszenen" im Laufe der Zeit in männliche umfunktioniert worden seien, scheint mir seltsam, passt aber zu einer Annahme, nämlich dass die Tiere und menschlichen Figuren einzelne Generationen eines Clans repräsentieren, die jeweils ein eigenes Symbol hatten. Dann wäre so ein Menhir quasi eine Art Stammbaum.

The Valtellina and Valcamonica Statue-Menhirs: Their Characters, Chronology and Context, S. Casini, Archaeological Museum of Bergamo, Bergamo, 2015
 
Ich habe ja selbst die 500 Jahre zwischen Ötzis Tod und der Entstehung des Bildsteins von Schnalstal für eine Zeitspanne erklärt, die es höchst unwahrscheinlich macht, dass ein Zusammenhang zwischen Ereignis und Bild besteht. Selbst wenn man das Bild so liest, dass da Person A von Person B in den Rücken geschossen wird, so ist - bei aller räumlichen Nähe - doch die Art der Tötung an sich jetzt nicht so außergewöhnlich, dass man da ein singuläres Ereignis identifizieren könnte.
Gleichwohl muss man natürlich eingestehen, dass das historische Gedächtnis bis ins 20. Jhdt. anders funktionierte, als heute. Heute verbringen wir unsere Abende an Fernseher und Computer, in Singlehaushalten und Kleinfamilien. Wir wissen kaum noch etwas aus dem Leben unserer Großeltern (außer dem, was auf Dokumenten festgehalten ist).
Vor der Erfindung der Massenmedien dürfte man viel mehr erzählt haben und da hörte man eben als Kleinkind das erste Mal die Geschichte, wie Großvater einmal alleine einen Bären getötet hatte und man hörte sie zwar nicht jeden Tag, aber immer wieder und jeder von uns weiß, dass, wenn man ein Erlebnis erzählt, die ersten Male die Erzählung (nicht deswegen der Inhalt) noch variiert, während im Laufe der Zeit die Struktur der Erzählungen sich immer weiter angleicht. Und so hört ein Kind also von seinen Verwandten diese Geschichte immer wieder, wahrscheinlich sogar mit theatralischen Elemente gespickt, also dass der Erzähler etwa brüllt und läuft wie ein Bär. Das Kind wächst heran und bekommt selber Kinder und die Geschichte wird tradiert. Natürlich ist irgendwann nicht mehr klar, wie viele Generationen die Geschichte eigentlich alt ist, aber sie wird wahrscheinlich immer gleich erzählt, weil die früheren Erzähler sie immer gleich erzählt haben und die neuen Erzähler sie von kleinauf gehört haben und daher im Schlaf nacherzählen können. Und so ist es schon plausibel, dass Geschichten auch in mündlichen Gesellschaften über Generationen einigermaßen stabil tradiert werden.
500 Jahre sind etwa auch die Zeit zwischen der Zerstörung Trojas und der Entstehung der Ilias. Über einen Großteil des Zeitraums wurde die Überlieferung vermutlich auch mündlich weitergegeben. Man sieht ja, was daraus wurde.
 
500 Jahre sind etwa auch die Zeit zwischen der Zerstörung Trojas und der Entstehung der Ilias.
...mehr als nur 500 Jahre sind vom Untergang der rheinischen Burgunden Anfang 5.Jh. bis zum Niebelungenlied, vom Ostgotenkönig Theoderich bis zum Dietrich von Bern vergangen - Ilias, Odyssee, Burgunden und Theoderich/Dietrich sagen uns aber exakt nichts über die mutmaßlichen Sagenstoffe der Ötzizeit ;)
 
Mir ist nicht bekannt dass Menhire an ein einzelnes Ereignis erinnern. Man muss diesen Menhir im Kontext zeitgleicher Bilddarstellungen sehen. Es sind meist Jagdbeschwörungen und Herrschaftssymbole.

Glücksfunde der Archäologie wie Fürstengrab und Stelen vom Glauberg, die Bilddarstellung und Grabausstattung im direkten Vergleich ermöglichen, sind sehr selten.
Die Tötung des Mannes im Eis war ja eine Tat die zum einen nichts Ungewöhnliches war, zum anderen haben wir Indizien für einen mehrtägigen Konflikt (ältere Abwehrverletzung der Hand). Die Täter raubten das Opfer nicht aus: Hinweis für eine beabsichtigte Vertuschung der Tat. Also wussten die Angehörigen des Toten nichts über die Tötung, noch weniger die Tötungsart, nur über sein Verschwinden.

Die anatomische Stelle der Verletzung bedeutete einen raschen aber nicht sofortigen Tod, somit könnte das Opfer selbst noch versucht haben den Pfeil zu entfernen oder der Pfeil bei einem vorherigen Sturz abgebrochen sein, eine Fortsetzung der Flucht über das Tisenjoch hinaus wäre vielleicht möglich gewesen. Der Leichenfundort muss keineswegs der Tatort sein.
Und bei aller landschaftlichen Schönheit legt sich keiner beim Tisenjoch in 3210 m Höhe auf die Lauer.
 
Der Artikel im Spektrum geht 2016 noch davon aus, dass "der Gletschermann eine Axt bei sich [hatte], deren Schneide aus Kupfer gemacht war, das vom Mitterberg im Salzburger Pongau stammte".
 
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