Widerstandskämpfer

K

karo000

Gast
Hallo,

warum sollte man eurer Meinung nach dem Widerstand bzw. insbesondere konkret den Widerstandskämpfern gedenken? Was sind da Argumente dafür?
 
Liebe Karo,

wenn ich das mal so frank und frei von der Leber wegschreiben darf, dann verwundert mich deine Frage etwas. Ich kann sie mir nur so erklären, dass du eigentlich nicht weißt, worum es bei dem Thema geht. Streng genommen weiß ich es auch nicht, da du keine weitere Information als "Widerstandskämpfer" gibst, wenn ich auch sofort ein Bild vor Augen habe. Mein Bild ist, dass es sich um Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus handelt. Liege ich damit richtig?

Hier wäre nun die Frage, was weißt du
a) über den Nationalsozialismus
und
b) über die Bedingungen, unter denen Widerstand geleistet wurde?

Letztendlich handelt es sich um eine Bewertungsfrage und wir können zwar deine Argumente auf Validität prüfen, aber die Bewertung musst du schon selbst unternehmen.

EQ
 
Eine recht diffizile Frage.

Damit man weiß welche Art von Widerstandskämpfer/Widerstandskampf Sie meinen, wären konkretere Angaben (Name, Hausnummer) hilfreich.

Widerstand an sich sagt ja nur aus, man ist gegen etwas.

Wenn ich mich so in der Welt umsehe, habe ich manches Mal den Eindruck, die halbe Welt versteht sich als Widerstandskämpfer.
 
Nichts für ungut, aber es sollte eine Forenregel geben, dass Fragen von Gast-Nutzern ohne den Beweis einer gewissen Eigeninitiative komplett ignoriert werden. Es hilft den Schülern und Studenten nicht, wenn sie sich die Antworten für ihre Hausarbeiten im Internet zusammenklauben. Gelernt wird dadurch nichts.

Und manchmal – eben wie hier –, sind die Antworten so offensichtlich, dass es fast ein bisschen dreist ist, hier aufzuschlagen und zu erwarten, dass die Forengemeinde mundgerechte Bissen zum Abschreiben liefert.
Wenn ich mich so in der Welt umsehe, habe ich manches Mal den Eindruck, die halbe Welt versteht sich als Widerstandskämpfer.
:D
 
Nichts für ungut, aber es sollte eine Forenregel geben, dass Fragen von Gast-Nutzern ohne den Beweis einer gewissen Eigeninitiative komplett ignoriert werden. Es hilft den Schülern und Studenten nicht, wenn sie sich die Antworten für ihre Hausarbeiten im Internet zusammenklauben. Gelernt wird dadurch nichts.
Und manchmal – eben wie hier –, sind die Antworten so offensichtlich, dass es fast ein bisschen dreist ist, hier aufzuschlagen und zu erwarten, dass die Forengemeinde mundgerechte Bissen zum Abschreiben liefert.:D

Zumindest eine Antwort, wenn schon kein Dank, wäre zu erwarten. Ich fürchte aber, dass manchem Fragesteller sogar die Fähigkeit zur Präzisierung fehlt.
Das o.g. Thema ist einfach zu breit, um hier zufriedenstellend abgehandelt werden zu können. Zum Problem fand ich z.B. folgendes:
Wir Menschen
 
Zumindest eine Antwort, wenn schon kein Dank, wäre zu erwarten. Ich fürchte aber, dass manchem Fragesteller sogar die Fähigkeit zur Präzisierung fehlt.
Das ist die Generation Wikipedia. Einfach alles aus dem Internet abschreiben, mit wenig oder gar keiner Eigenleistung. Als ich aufs Abitur zuging, kamen gerade Internetportale in Mode, wo man sich z.B. Übersetzungen aus dem Lateinischen besorgen konnte. Zwei Jahre davon, und ich blieb wegen Latein sitzen. Ein Riesenfehler.

Um hier jetzt aber nicht nur den alten Furzer zu geben, der der guten alten Zeit nachtrauert; bis zu einem gewissen Grad werden die Schüler und Studenten auch in dieses Verhalten getrieben.

Neulich fand ich die Schulbücher meines Vaters, der 1966 sein Abitur in den gleichen Fächern ablegte wie ich. Die Schlussfolgerung: Ich bekam mehr beigebracht als er, aber er dasjenige, das man ihm beibrachte, besser.

Die Lehrpläne müssten dringend entschlackt werden, glaube ich, damit wieder mehr Zeit zur geistigen Reflexion bleibt, und man nicht nur das Gefühl hat, ohne Sinn und Plan den Kopf vollgestopft zu bekommen.
Das o.g. Thema ist einfach zu breit, um hier zufriedenstellend abgehandelt werden zu können. Zum Problem fand ich z.B. folgendes:
Wir Menschen
Aber hallo.

Das Wort "Widerstandskämpfer" wird zwar meistens in einer positiven Bedeutung verwendet, aber der Widerstand gegen eine rechtmäßige und gerechte Ordnung kann durchaus auch unmoralisch und verbrecherisch sein.

Ist hier der Widerstand gegen die Nazis gemeint, wird das Thema um etliche Facetten bereichert, die den Hintergrund der Widerstandskämpfer betreffen, von denen nicht wenige den Nazis ideologisch nahestanden oder, in einigen wenigen Fällen, sogar Anteil an ihren Untaten hatten.

Wobei für meinen Geschmack in Deutschland bei diesem Thema zu wenig differenziert wird. In meinem Geschichts- und Sozialkunde-Leistungskurs hieß es damals etwa, Stauffenberg tauge nicht als Vorbild, weil er den Nazis anfangs positiv gegenüberstand – eine recht verbreitete Sichtweise.

Das Konzept der tätigen Reue oder der zweiten Chance wird schnell vergessen, wenn der schnurrbärtige Österreicher ins Spiel kommt – was ich, plakativ gesprochen, interessant finde in einem Land, in dem man dutzende Vorstrafen haben und immer noch auf Bewährung freigelassen werden kann.
 
Das ist die Generation Wikipedia. Einfach alles aus dem Internet abschreiben, mit wenig oder gar keiner Eigenleistung. Als ich aufs Abitur zuging, kamen gerade Internetportale in Mode, wo man sich z.B. Übersetzungen aus dem Lateinischen besorgen konnte. Zwei Jahre davon, und ich blieb wegen Latein sitzen. Ein Riesenfehler.

Um hier jetzt aber nicht nur den alten Furzer zu geben, der der guten alten Zeit nachtrauert; bis zu einem gewissen Grad werden die Schüler und Studenten auch in dieses Verhalten getrieben.

Neulich fand ich die Schulbücher meines Vaters, der 1966 sein Abitur in den gleichen Fächern ablegte wie ich. Die Schlussfolgerung: Ich bekam mehr beigebracht als er, aber er dasjenige, das man ihm beibrachte, besser.

Die Lehrpläne müssten dringend entschlackt werden, glaube ich, damit wieder mehr Zeit zur geistigen Reflexion bleibt, und man nicht nur das Gefühl hat, ohne Sinn und Plan den Kopf vollgestopft zu bekommen.
Aber hallo.

Das Wort "Widerstandskämpfer" wird zwar meistens in einer positiven Bedeutung verwendet, aber der Widerstand gegen eine rechtmäßige und gerechte Ordnung kann durchaus auch unmoralisch und verbrecherisch sein.

Ist hier der Widerstand gegen die Nazis gemeint, wird das Thema um etliche Facetten bereichert, die den Hintergrund der Widerstandskämpfer betreffen, von denen nicht wenige den Nazis ideologisch nahestanden oder, in einigen wenigen Fällen, sogar Anteil an ihren Untaten hatten.

Wobei für meinen Geschmack in Deutschland bei diesem Thema zu wenig differenziert wird. In meinem Geschichts- und Sozialkunde-Leistungskurs hieß es damals etwa, Stauffenberg tauge nicht als Vorbild, weil er den Nazis anfangs positiv gegenüberstand – eine recht verbreitete Sichtweise.

Das Konzept der tätigen Reue oder der zweiten Chance wird schnell vergessen, wenn der schnurrbärtige Österreicher ins Spiel kommt – was ich, plakativ gesprochen, interessant finde in einem Land, in dem man dutzende Vorstrafen haben und immer noch auf Bewährung freigelassen werden kann.


Stauffenberg war lange Zeit ein Verehrer Hitlers, und ein überzeugter Demokrat war er sicher nicht. Es spricht durchaus einiges dafür, Claus Graf Schenk von Stauffenberg kritisch zu sehen. Es bleibt aber Stauffenbergs Verdienst, dass er, der durchaus große Gewissenskonflikte mit dem Tyrannenmord hatte, sich dazu entschlossen hat. Er hat sich dazu entschlossen, trotz relativ geringer Erfolgsaussichten und im Bewusstsein, dass er dafür keinen oder wenig Dank zu erwarten hatte von der Mehrheit der Deutschen.

Wie du selbst schreibst, fanden aber auch Leute zum Widerstand, die den Nazis ideologisch nahestanden oder sogar Anteil an deren Verbrechen hatten. Zu nennen wäre in diesem Zusammenhang vor allem Arthur Nebe - Wikipedia

Nebe hatte eine Einsatzgruppe befehligt. Er hatte maßgeblichen Anteil am Porajmos, der Vernichtung der Sinti und Roma und war auch an Euthanasiemaßnahmen beteiligt. Es ist möglich, dass die Idee der Tötung durch Kohlenmonoxid auf ihn zurückgeht. Nach einem feuchtfröhlichen Abend war Nebe neben seinem Fahrzeug eingeschlafen und wäre beinahe dabei draufgegangen. Ein Mitarbeiter fragte Nebe, ob Tiere oder Menschen getötet werden sollten, worauf Nebe antwortete, die Maßnahmen gelten "Tieren in Menschengestalt".

Wieweit Nebe tatsächlich in den Umsturzversuch des 20. Juli 1944 verwickelt war, ist umstritten. Tatsache ist allerdings, dass er vom Volksgerichtshof 1945 wegen Beteiligung hingerichtet wurde.
 
Hallo,

warum sollte man eurer Meinung nach dem Widerstand bzw. insbesondere konkret den Widerstandskämpfern gedenken? Was sind da Argumente dafür?

Vielleicht beantwortet sich deine Frage von selbst, wenn du sie einfach umkehrst. Was wären denn Gründe dafür, dass man Leute, die im Widerstand Gesundheit, Leib, Leben und Karriere riskierten, der Vergessenheit anheim fallen lässt?
 
Hallo,

warum sollte man eurer Meinung nach dem Widerstand bzw. insbesondere konkret den Widerstandskämpfern gedenken? Was sind da Argumente dafür?
Weil wir vielleicht mal selber in die gleiche schlimme Situation kommen und dann Personen brauchen, die uns Vorbild und moralischer Kompass sein können. Und weil es wichtig ist, zu zeigen, dass eben nicht alle Deutschen damals nur Mitläufer und radikale Nazis waren, sondern es auch andere Menschen gab die sich weigerten, mitzumachen.
 
Es mag eine provokante These sein, aber ich halte gerade diejenigen Widerstandskämpfer gegen Hitler für vorbildtauglich, die sich trotz ideologischer Nähe gegen ihn wandten (vorausgesetzt natürlich, dass sie nicht selbst in großes Unrecht verstrickt waren). Es ist nämlich leider so, dass totalitäre Bewegungen immer schon danach getrachtet haben, möglichst viele Menschen zu Mittätern zu machen, und sei es nur im Geiste. Viele Verbrechen wurden und werden nur deshalb begangen, weil Menschen glauben, sie steckten "zu tief drin", um noch umzukehren – weswegen es praktisch keine Rechtsordnung gibt, die nicht durch Strafrabatte oder gar -erlasse dazu animieren will, von einer Straftat zurückzutreten.

Meiner Meinung nach ist auch dies ein Grund für die Verachtung, die Stauffenberg selbst von vielen Nicht-Tätern der Kriegsgeneration entgegenschlug. Innere Opposition ist nun mal im Ergebnis wertlos, und Stauffenbergs "Nein" beschämte ihr Schweigen. Wenn Männer, die sich zunächst für Hitler und die "Wiederaufrichtung" Deutschlands begeisterten, das Unrecht erkennen und handeln konnten, dann konnten das alle.

Aus diesem Grund halte ich es auch für extrem kurzsichtig, wie heutzutage alle historischen Persönlichkeiten aussortiert werden, die nicht über jeden Zweifel der nachgeborenen Moral erhaben sind. Wer in Zeiten des Unrechts auf den strahlenden Ritter ohne Fehl und Tadel wartet, um den Tyrannen zu Fall zu bringen, der kann verflixt lange warten. Die moralische Perfektion, die jene verlangen, die heute in Stadträten, Redaktionsräumen und an Universitäten über alten Biographien brüten und nach verwerflichen Äußerungen suchen, die gibt es einfach nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es mag eine provokante These sein, aber ich halte gerade diejenigen Widerstandskämpfer gegen Hitler für vorbildtauglich, die sich trotz ideologischer Nähe gegen ihn wandten (vorausgesetzt natürlich, dass sie nicht selbst in großes Unrecht verstrickt waren).

Gerade der letzte Punkt macht es allerdings etwas kompliziert, denn da müsste man sich doch sehr stark die Frage stellen, wo großes Unrecht anfängt?

Betrifft jetzt nicht unbedingt Stauffenberg persönlich, aber einige der beteiligten Militärs waren doch bereits in den ersten Jahren des Hitler-Regimes oder jedenfalls vor Beginn des Weltkrieges hohe Tiere.
Beck war Generalstabschef des Heeres, v. Witzleben Oberbfehlshaber des Wehrkreises Berlin und Befehlshaber des III. Armeekorps in Berlin, Hoepner Stabschef des Gruppenkommandos I Berlin und kommandierender General des XVI. Armeekorps in Berlin.

Diese Herrschaften gehörten zu den Spitzen der Wehrmacht und sie wussten um Hitlers Expanionsphantasien und Kriegspläne, taten aber effektiv wennig dagegen, arbeiteten dem teilweise zu.
Es gab da zwar die "Septemberverschwörung" und die "Westwallverschwörung", bei der der Plan Hitler aufzuhalten erörtert und gefasst wurde, aber letztendlich trat damals niemand wirklich in Aktion.

Ich würde an der Stelle mal provokant die These in denn Raum stellen, dass sich die Herrschaften größeren Unrechts allein schon durch Unterlassen schuldig gemacht hätten.
Sie wussten was Hitler vorhatte, sie erkannten den Unrechtsgehalt dessen oder zumindest die notwendig eintretenden katastrophalen Folgen, sie erkannten auch, dass das aufgehalten werden musste, taten aber nichts dagegen oder machten dabei auch noch mit, in dem sie innerhalb des Krieges aktiv Truppen führten.

Als Generalstabschef des Heeres, Wehrkreiskommandanten von Berlin und Befehlshaber in oder bei Berlin stationierter Truppen, hätten sie ohne zweifel eine Möglichkeit gehabt, eine auf das Militär gestützte Revolte zu koordinieren oder auch eigenständig handelnd Hitler auszuschalten.
Taten sie aber nicht.

Wenn Männer, die sich zunächst für Hitler und die "Wiederaufrichtung" Deutschlands begeisterten, das Unrecht erkennen und handeln konnten, dann konnten das alle.
Mindestens bei den Militärs die zugegen waren, als Hitler den Spitzen der Wehrmacht seine Kriegsplanungenn eröffnete musste klar sein, dass es hier nicht nur darum ging Deutschland "Wieder aufzurichten", sondern das gannz konkrete Planungen und Vorbereitungen im Gange warenn halb Europa der deutschen Herrschaft zu unterwerfen.


Aus diesem Grund halte ich es auch für extrem kurzsichtig, wie heutzutage alle historischen Persönlichkeiten aussortiert werden, die nicht über jeden Zweifel der nachgeborenen Moral erhaben sind.
Wer tut denn das?
Es ist im Faden nur angemerkt worden, dass es nicht angehen kann, die Leute um Stauffenberg kritiklos als Vorbilder darzustellen, Kommunisten, die Widerstand geilestet haben ihren persönlichen Mut, den sie als Personnen, die Widerstand betrieben haben an den Tag legten aber auf Grund ihrer Beweggründe und ihrer Ideologie abzusprechen und sie von vorn herein zu Unpersonen zu erklären.

Es hat doch niemand in diesem Faden geschrieben, dass der Versuch der Gruppe um Stauffenberg Hitler auzuschalten nicht verdienstvoll gewesen wäre.
Wenn dann allerdings, einer Gruppe von Militärs, von denen sich einige durchaus schuldig gemacht hatten, in dem sie Hitler geholfen hatten den Weltkrieg vorzubereiten kritiklos zu Vorbildern erklärt werden, einem Kommunisten, der anscheinend im KZ sich um seine Mithäftlinge durchaus verdient gemacht zu haben scheint, allerdings ohne jeden Anlass attestiert wird, er sei alleine schon auf Grund seiner Ideologie eine zutiefst verachtenswerte Person, deren Verdienst man auf keinen Fall anerkennen dürfte, dann stimmt da einfach das Koordinatensystem nicht so ganz.
 
Zuletzt bearbeitet:
Widerstandskämpfer gabs ja eigentlich immer.
Ich glaube wir können da wohl nur die >Urzeit< ausklammern.
Widerstandskämpfer finden wir damit in:
  • Frühgeschichte,
  • Antike,
  • Mittelalter,
  • Neuzeit und da:
  • Frühe Neuzeit (1450 bis 1650),
  • Jüngere Neuzeit (1650 bis 1789) und
  • Neueste Zeit (1789 bis zur Gegenwart).
Ich nenne mal ein paar Namen zur „Neusten Zeit“ – Vormärz (Deutschland 1815 – 1848) bis zum Sozialistengesetz (Deutschland 1878-1890):
  • Pfarrer Fridrich Ludwig Weidig (1791 – 1837),
  • Friedrich List (1789 – 1846),
  • Robert Blum (1807 – 1848),
  • Alfred Michel (1825 – 1849),
  • Max Dortu (1826 – 1849),
  • Gustav Adolph Schoeffel (1828 – 1849),
  • Wilhelm Adolph von Trützschler (1818 – 1949),
  • Friedrich Neff (1821 – 1849),
  • Wilhelm Rüstow (1821 – 1878),
  • Theodore Althaus (1822 – 1852),
  • Daniel Lehmann (1835 – 1883),
  • Louis Lingg (1864 – 1887),
  • Georg Engel (1836- 1887),
  • August Spies (1855 – 1887) und
  • Adolph Fischer (1858 – 1887).
 
Gerade der letzte Punkt macht es allerdings etwas kompliziert, denn da müsste man sich doch sehr stark die Frage stellen, wo großes Unrecht anfängt?

Betrifft jetzt nicht unbedingt Stauffenberg persönlich, aber einige der beteiligten Militärs waren doch bereits in den ersten Jahren des Hitler-Regimes oder jedenfalls vor Beginn des Weltkrieges hohe Tiere.
Beck war Generalstabschef des Heeres, v. Witzleben Oberbfehlshaber des Wehrkreises Berlin und Befehlshaber des III. Armeekorps in Berlin, Hoepner Stabschef des Gruppenkommandos I Berlin und kommandierender General des XVI. Armeekorps in Berlin.

Diese Herrschaften gehörten zu den Spitzen der Wehrmacht und sie wussten um Hitlers Expanionsphantasien und Kriegspläne, taten aber effektiv wennig dagegen, arbeiteten dem teilweise zu.
Es gab da zwar die "Septemberverschwörung" und die "Westwallverschwörung", bei der der Plan Hitler aufzuhalten erörtert und gefasst wurde, aber letztendlich trat damals niemand wirklich in Aktion.

Ich würde an der Stelle mal provokant die These in denn Raum stellen, dass sich die Herrschaften größeren Unrechts allein schon durch Unterlassen schuldig gemacht hätten.
Sie wussten was Hitler vorhatte, sie erkannten den Unrechtsgehalt dessen oder zumindest die notwendig eintretenden katastrophalen Folgen, sie erkannten auch, dass das aufgehalten werden musste, taten aber nichts dagegen oder machten dabei auch noch mit, in dem sie innerhalb des Krieges aktiv Truppen führten.

Als Generalstabschef des Heeres, Wehrkreiskommandanten von Berlin und Befehlshaber in oder bei Berlin stationierter Truppen, hätten sie ohne zweifel eine Möglichkeit gehabt, eine auf das Militär gestützte Revolte zu koordinieren oder auch eigenständig handelnd Hitler auszuschalten.
Taten sie aber nicht.


Mindestens bei den Militärs die zugegen waren, als Hitler den Spitzen der Wehrmacht seine Kriegsplanungenn eröffnete musste klar sein, dass es hier nicht nur darum ging Deutschland "Wieder aufzurichten", sondern das gannz konkrete Planungen und Vorbereitungen im Gange warenn halb Europa der deutschen Herrschaft zu unterwerfen.



Wer tut denn das?
Es ist im Faden nur angemerkt worden, dass es nicht angehen kann, die Leute um Stauffenberg kritiklos als Vorbilder darzustellen, Kommunisten, die Widerstand geilestet haben ihren persönlichen Mut, den sie als Personnen, die Widerstand betrieben haben an den Tag legten aber auf Grund ihrer Beweggründe und ihrer Ideologie abzusprechen und sie von vorn herein zu Unpersonen zu erklären.

Es hat doch niemand in diesem Faden geschrieben, dass der Versuch der Gruppe um Stauffenberg Hitler auzuschalten nicht verdienstvoll gewesen wäre.
Wenn dann allerdings, einer Gruppe von Militärs, von denen sich einige durchaus schuldig gemacht hatten, in dem sie Hitler geholfen hatten den Weltkrieg vorzubereiten kritiklos zu Vorbildern erklärt werden, einem Kommunisten, der anscheinend im KZ sich um seine Mithäftlinge durchaus verdient gemacht zu haben scheint, allerdings ohne jeden Anlass attestiert wird, er sei alleine schon auf Grund seiner Ideologie eine zutiefst verachtenswerte Person, deren Verdienst man auf keinen Fall anerkennen dürfte, dann stimmt da einfach das Koordinatensystem nicht so ganz.
Ich selbst habe bis vor kurzem die kommunistischen Widerstandskämpfer eher verachtet, weil ich sie nur als fanatische Kommunisten sehen konnte und sonst nichts. Ich habe mich aber intensiver mit ihren Biographien beschäftigt, und da wurde mir klar, dass ich da doch etwas voreilig geurteilt hatte. Ich habe mir ein Buch, das er selbst noch geschrieben hat, in der Bücherei besorgt, und konnte dadurch dann auch mehr über seine Persönlichkeit erfahren. Das war eher jemand der sich Karl Marx Ideen verbunden fühlte, aber nicht so sehr den kommunistischen Diktaturen. Und er hatte ziemlich zutreffend beschrieben, wie viele Deutsche von den Lagern gewusst und einfach weggeschaut haben. Es ist doch besser, sich mit solchen Widerstandskämpfern intensiver zu beschäftigen, anstatt nur zu sagen: "Bäh, das war ein Kommunist, also kann das kein guter Mensch gewesen sein."
Ich mag den Kommunismus nach wie vor überhaupt nicht, kann aber jetzt auch neutraler urteilen und auch anerkennen, dass eben nicht jeder von ihnen automatisch ein schlechter Mensch war, nur weil er Kommunist war.
Was ich aber wirklich sehr traurig und beschämend für Deutschland finde, ist, dass es fast keine nicht kommunistischen Widerstandskämpfer gab, da fragt man sich schon, warum die Demokraten im Widerstand nicht oft vertreten waren.
 
Widerstandskämpfer gabs ja eigentlich immer.
Ich glaube wir können da wohl nur die >Urzeit< ausklammern.
Widerstandskämpfer finden wir damit in:
  • Frühgeschichte,
  • Antike,
  • Mittelalter,
  • Neuzeit und da:
  • Frühe Neuzeit (1450 bis 1650),
  • Jüngere Neuzeit (1650 bis 1789) und
  • Neueste Zeit (1789 bis zur Gegenwart).
Ich nenne mal ein paar Namen zur „Neusten Zeit“ – Vormärz (Deutschland 1815 – 1848) bis zum Sozialistengesetz (Deutschland 1878-1890):
  • Pfarrer Fridrich Ludwig Weidig (1791 – 1837),
  • Friedrich List (1789 – 1846),
  • Robert Blum (1807 – 1848),
  • Alfred Michel (1825 – 1849),
  • Max Dortu (1826 – 1849),
  • Gustav Adolph Schoeffel (1828 – 1849),
  • Wilhelm Adolph von Trützschler (1818 – 1949),
  • Friedrich Neff (1821 – 1849),
  • Wilhelm Rüstow (1821 – 1878),
  • Theodore Althaus (1822 – 1852),
  • Daniel Lehmann (1835 – 1883),
  • Louis Lingg (1864 – 1887),
  • Georg Engel (1836- 1887),
  • August Spies (1855 – 1887) und
  • Adolph Fischer (1858 – 1887).
Für die Antike fällt mir da noch Spartakus ein. Der war ja wohl auch eine Art Widerstandskämpfer.
Und die Christen, die in der frühen Antike sogar für ihren Glauben starben wohl auch.
 
Für die Antike fällt mir da noch Spartakus ein. Der war ja wohl auch eine Art Widerstandskämpfer.
Und die Christen, die in der frühen Antike sogar für ihren Glauben starben wohl auch.
Freiheitskämpfer mag es in der Antike gegeben haben. Ich finde aber, dass der Begriff Widerstandskämpfer in der Antike nichts zu suchen hat, weil der Begriff und das was er beinhaltet im Grunde nur vor dem Hintergrund eines totalitären modernen Terrorstaats verständlich ist. Das Imperium Romanum war kein totalitärer Terrorstaat. Wenn alles was irgendwie Widerstand leistet zum Widerstandskämpfer wird, dann wird der Begriff total entwertet und ausgehöhlt.

Da kommt es auch auf den Standpunkt an. Des einen Widerstandskämpfer ist des anderen Terrorist.

Spartacus hat es fertig gebracht, das Imperium Romanum auf der Höhe seiner Macht herauszufordern, und er hat mehrmals römische Legionen in Italien geschlagen, was zuvor nur Hannibal geschafft hat. Man wird Spartacus und seinen Leuten zubilligen, dass sie Widerstand leisteten gegen bedrückendste Sklaverei.

Das ist vielleicht interessant Thomas Grünewald Räuber, Rebellen, Rivalen und Rächer Studien zu Latrones (Räuber)im Römischen Reich

Die Christen waren Sündenböcke für den Brand von Rom 64 n. Chr. Die wurden so scheußlich umgebracht, dass es manchen Römern zu viel wurde, wenn man Tacitus glaubt. Seiner These dass ihnen Recht geschah, dass sie es verdienten wegen Hass auf das Menschengeschlecht hingerichtet zu werden, auch wenn sie das mit dem Brand womöglich gar nicht waren, sondern nur als Sündenböcke verheizt wurden.
Der These von Tacitus mag man sich nicht anschließen, aber der jüngere Plinius hat doch vielleicht gar nicht so unrecht, wenn er die bithynischen Christen die sich weigerten dem Genius des Kaisers zu opfern für Narren hält. Das Christentum für einen Aberglauben hält.


Weil jemand für etwas stirbt, macht dessen Sache nicht automatisch richtig. Und weil jemand aus niederträchtigen Motiven umgebracht wird, macht ihn das nicht gut.

Rein logisch gesehen ist das Christentum dem Polytheismus nicht überlegen, es ist eine Hypothese, und gewisse Glaubenssätze widersprechen der erfahrbaren Realität.


Mir sind Leute höchst suspekt, die für eine gute Sache sterben (wollen). Wer das eigene Leben wegwirft hat meist auch nicht viel Respekt für das von anderen.

Von allen "großen Sachen" erscheint der Glaube als das wofür es sich am wenigsten lohnt zu sterben. Liebeskummer und der Glaube das sind meiner Ansicht nach die sinnlosesten Gründe das Leben wegzuwerfen.
Keine Frau und kein Mann auf der Welt sind es wert, ihretwegen das Leben wegzuwerfen. Und wenn es kein menschliches Wesen wert ist, dann kann es ein göttliches möglicherweise rein fiktives Wesen noch weniger wert sein, das Leben wegzuwerfen.

Ich bin der Ansicht, dass der Begriff Widerstandskämpfer tatsächlich nur auf den Zeitraum der NS-Diktatur angewendet Sinn macht, dass er völlig farblos, beliebig, schwammig und banal wird, wenn er wahllos auf antike oder gar vor-geschichtliche Gesellschaften angewendet wird.
Widerstandskämpfer wird man dann womöglich, weil einer mit Fred Feuerstein in der Steinschleuderkompanie einen Flüsterwitz gerissen hat.
 
Gerade der letzte Punkt macht es allerdings etwas kompliziert, denn da müsste man sich doch sehr stark die Frage stellen, wo großes Unrecht anfängt? […]
Vielleicht mache ich es mir als Jurist zu einfach, aber wenn ich die Frage mit den Mitteln der hiesigen Rechtsordnung bzw. der ihr zugrunde liegenden Werte beantworten sollte, komme ich zu einer raschen Antwort: Die Schwere eines Unrechts bestimmt sich nicht nach dem Ergebnis der Tat, sondern nach dem Tatvorsatz. Denn ein und dieselbe Tathandlung, z.B. ein tödlicher Schuss auf einen Menschen, kann eine Vielzahl von Tatbeständen verwirklichen: vom Mord, der verwerflichsten Tat überhaupt, über Totschlag, Körperverletzung mit Todesfolge, bis hinab zu weniger verwerflichen wie Tötung auf Verlangen oder fahrlässiger Tötung. Sogar eine gerechtfertigte, nicht mit Strafe bedrohte Notwehr käme in Betracht.

Kurzum, es kommt in der Einzelfallbetrachtung auf den Vorsatz an, nicht auf das Ergebnis. Demnach wäre im Dienste der NS-Ideologie gewolltes Unrecht größer als geduldetes oder fahrlässig ermöglichtes.
Mindestens bei den Militärs die zugegen waren, als Hitler den Spitzen der Wehrmacht seine Kriegsplanungenn eröffnete musste klar sein, dass es hier nicht nur darum ging Deutschland "Wieder aufzurichten", sondern das gannz konkrete Planungen und Vorbereitungen im Gange warenn halb Europa der deutschen Herrschaft zu unterwerfen.
Zugegeben, ich bin kein Experte für die Weltkriegszeit, aber ich war immer der Meinung, dass bis zur Blomberg-Fritsch-Krise im Offizierskorps der Glauben vorgeherrscht habe, es gehe Hitler in territorialer Hinsicht vor allem darum, die Folgen des ersten Weltkriegs zu revidieren. Selbstverständlich stellte auch dies das Verbrechen der Aggression dar, aber berücksichtigt man die vorherrschende Meinung nach 1918, wundert es mich nicht, dass gerade die Eliten z.B. die verlorenen Gebiete in der Zweiten Polnischen Republik als deutsches Eigentum betrachteten.
Wer tut denn das?
Es ist im Faden nur angemerkt worden, dass es nicht angehen kann, die Leute um Stauffenberg kritiklos als Vorbilder darzustellen

Es hat doch niemand in diesem Faden geschrieben, dass der Versuch der Gruppe um Stauffenberg Hitler auzuschalten nicht verdienstvoll gewesen wäre.
Das habe ich auch nicht behauptet. Mein Kommentar bezog sich auf die gesellschaftliche Rezeption (siehe auch der vorangegangene Kommentar von mir), nicht die hiesige. Und eine kritiklose Würdigung habe ich schon gar nicht gefordert, sondern mich nur gegen das Argument gewandt, das ich sogar im Geschichtsunterricht zu hören bekam, dass nur diejenigen Widerstandskämpfer zu würdigen seien, die immer in Fundamentalopposition zum Nationalsozialismus gestanden hatten.

Aber dieses Missverständnis liegt wohl an mir.
 
sondern mich nur gegen das Argument gewandt, das ich sogar im Geschichtsunterricht zu hören bekam, dass nur diejenigen Widerstandskämpfer zu würdigen seien, die immer in Fundamentalopposition zum Nationalsozialismus gestanden hatten.
Ich kenne deine Geschichtslehrer ja nicht, aber bei uns wurde im Geschichtsunterricht debattiert. Und wir hatten einen Lehrer, der gerne mal Positionen überspitzte (was er einfach besonders gut konnte). Das waren die besten Diskussionsanreize.

Wenn man nur die Widerstandskämpfer würdigte, die immer in Fundamentalopposition gestanden hatten, dann würde es dünn, denn weder die Weiße Rose (deren Jugendlichkeit sicher einiges entschuldigen würde), noch etwa Claus Schenk würden in diese Kategorie fallen. Es wären derer wenige.
 
Für die Antike fällt mir da noch Spartakus ein. Der war ja wohl auch eine Art Widerstandskämpfer.
Spartacus war kein „Widerstandskämpfer“. Er kämpfte weder gegen die Sklaverei als solche noch gegen das Römische Reich als solches, sondern floh lediglich selbst mit anderen aus der Sklaverei. Andere Sklaven schlossen sich ihm zwar an, aber er kämpfte nicht, um die Befreiung aller Sklaven im Reich zu erzwingen, sondern um zu überleben. Er selbst wollte Italien verlassen, seine Gefährten zum Teil lieber bleiben und plündern (was keine sonderlich zukunftsträchtige Option war).
Würde man ihn zum „Widerstandskämpfer“ stilisieren, wäre auch jeder Häftling, der ausbricht und sich auf der Flucht Schießereien mit der Polizei (die ihn wieder einzufangen versucht) liefert, ein „Widerstandskämpfer“ gegen den Staat.
Und die Christen, die in der frühen Antike sogar für ihren Glauben starben wohl auch.
Die frühen Christen leisteten keinen aktiven Widerstand, sondern weigerten sich fallweise lediglich, obrigkeitlichen Anordnungen Folge zu leisten. Das Römische Reich als solches und sein System stellten die meisten nicht infrage, auch nicht das Kaisertum als solches, nur seinen Anspruch auf kultische Verehrung. (Siehe schon das Matthäusevangelium: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört.“)
 
(Siehe schon das Matthäusevangelium: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört.“)
Wobei es durchaus Interpretationen dieser Passage gibt, die sich auf das jüdische Bilderverbot beziehen, das sich mit der Darstellung von Kaisern, Göttern und Allegorien - euphemistisch ausgedrückt - reibt, je nach Ausleger wird die Stelle als ironisch gedeutet, andere deuten sie im Gegenteil als kreuzbrav, andere vom Punkt des "Aussteigers" Jesus, dem radikalen Wanderprediger, der alles Weltliche hinter sich gelassen hat.
 
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