Menschenrechte und Nationalsozialismus

Im Prinzip kannst du bei der Goldenen Regel ansetzen. Die lässt sich in dem Kinderreim "Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem andern zu" zusammenfassen. Als Goldene Regel bezeichnet das der Evangelist Matthäus.

Dann ist die Aufklärung wichtig, die Schriften über Gesetzgebung der frühneuzeitlichen Philosophen anch denen Herrschaft und gesetze dazu dienten, dass Homo eben nicht homini lupus sei. (Homo homini lupus - der Mensch ist des Menschen Wolf.) 1776 folgt die Virginia Declaration of Rights, die jeden berechtigt nach Glück zu streben (nicht glücklich zu sein), quasi das Vorläuferdokument zur amerikanischen Unabhängigkeitserklärung.

1788 veröffentlichte Kant die Kritik der praktischen Vernunft, darin findet sich der Katgeorische Imperativ:
"Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde." - also letztendlich inhaltlich nichts anderes als der obige Kinderreim.

Im darauffolgenden Jahr wurde die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen) in der französischen Nationalversammlung vom 26. August 1789 verlesen. Olympe de Gouges verfasste daraufhin die Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne (schon damals Genderproblematik ;) ).

Unser Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mitsam Strafrecht stammt aus Kaisers Zeiten, aus dem 19. Jhdt. und hat sich seitdem nur unwesentlich verändert. (Die Mord-Paragraphen sind sogar unter den Nationalsozialisten noch verschärft worden.)

Also von dieser Seite kann es keinen Freispruch für die Nazis geben, auch wenn die heutige Fassung der Menschenrechte erst von 1948 ist.
 
Die Weimarer Verfassung enthielt Bürger- & Menschenrechte, die aber durch die Ermächtigungsgesetze außer Kraft gesetzt wurden.
 
Ich staune über Euer Entgegenkommen, nichts für ungut. Wenn die Fragestellerin weiß, dass es den Nationalsozialismus gab, dürfte ihr auch dessen verbrecherische Natur klar sein. Aus seiner Natur folgt zwangsläufig, dass die NS-Ordnung die Menschenrechte entweder nicht garantierte, oder zumindest eine allfällige Garantie krass missachtete. Das Ergebnis ist das gleiche. Ein Recht, das nicht durchgesetzt werden kann, ist wertlos. Es könnte ebenso gut abgeschafft werden.
 
Schau dir die Weimarer Verfassung an und wisse, dass die Weimarer Verfassung erst von den Alliierten im Mai 1945 außer Kraft gesetzt wurde.
 
Vielen Dank für die Antworten! Sind die aktuellen Menschenrechte im Grundgesetz niedergeschrieben?

Ja, sind sie.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – Wikipedia

GG - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Zur Weimarer Verfassung:

Weimarer Verfassung – Wikipedia

https://www.jura.uni-wuerzburg.de/f...exte/Die_Weimarer_Reichsverfassung_2017ge.pdf

Eine Anmerkung vielleicht noch, weil du nach Menschenrechten fragst (im Gegensatz zu Bürgerrechten): Im GG (und ich vermute auch in der Weimarer Reichsverfassung) heißt es in machen Artikeln "Jeder Deutsche...", diese Rechte haben deutsche Staatsbürger (Bürgerrechte); in anderen "Jeder...", diese Rechte genießen alle, auch Nicht-Staatsbürger (Menschenrechte). Die Freiheit der Person zB ist in beiden Verfassungen einen Menschenrecht (Art. 2 GG bzw Art. 114 WRV). Die Gleichheit vor dem Gestz ist im GG ein Menschenrecht (Art. 3 GG), in der Weimarer Republik nur ein Bürgerrecht (Art. 109 WRV).
 
Zuletzt bearbeitet:
Gab es im Nationalsozialismus bereits Menschenrechte?

Es steht im Alten Testament geschrieben, dass man seinen Nächsten lieben soll wie sich selbst. Ich bin zu faul, die Stelle herauszusuchen. Auf die goldene Regel hat El Quichote bereits verwiesen, und seit mehr als 1000 Jahren gab es in Europa die 10 Gebote.

Im Zeitalter der Aufklärung wurden erstmals universale Menschenrechte formuliert, und prinzipiell galt die Auffassung, dass diese Menschenrechte für alle Menschen Gültigkeit haben. In der Unabhängigkeitserklärung steht, dass die Gründerväter folgende Wahrheiten für verbindlich, dass alle Menschen gleich geschaffen sind und mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind, dazu gehören Leben, Freiheit und das Streben nach Glück.

Während der Französischen Revolution wurde die Erklärung der Menschenrechte verabschiedet.

Es gab also sehr wohl bereits vor 1933 bestimmte Menschenrechte- Sie wurden aber außer Kraft gesetzt und in einer Weise mit Füßen getreten, die man bis dahin für unvorstellbar gehalten hatte. Die Nazis akzeptierten nur ein Recht-das des Stärkeren.
 
Im Zeitalter der Aufklärung wurden erstmals universale Menschenrechte formuliert, und prinzipiell galt die Auffassung, dass diese Menschenrechte für alle Menschen Gültigkeit haben. In der Unabhängigkeitserklärung steht, dass die Gründerväter folgende Wahrheiten für verbindlich, dass alle Menschen gleich geschaffen sind und mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind, dazu gehören Leben, Freiheit und das Streben nach Glück. […] Es gab also sehr wohl bereits vor 1933 bestimmte Menschenrechte- Sie wurden aber außer Kraft gesetzt und in einer Weise mit Füßen getreten, die man bis dahin für unvorstellbar gehalten hatte.
"Unvorstellbar" in Deutschland vielleicht. Die Menschenrechte wurden jedoch auch vor 1933 regelmäßig verletzt, in großem Maßstab durch Diktaturen wie die Sowjetunion, aber auch in geringerem Maßstab durch demokratische Rechtsstaaten wie die USA, Frankreich und Großbritannien, die, obzwar Wiegen des Menschenrechtsgedankens, Teile ihrer Bevölkerung oder ihre kolonialen Untertanen entrechteten.

Als Grund würde ich anführen, dass der Gedanke universeller Menschenrechte bis 1945 ein eher abstraktes Konstrukt war, mit dem sich die Volksmasse (und die Politiker, die ihr nach dem Mund redeten) weniger beschäftigte. Hätte man einen Deutschen 1930 gefragt, was er unter Rechten verstehe, hätte Otto Normalverbraucher wohl etwas skizziert, das sich eher unter dem Begriff "Bürgerrechte" subsumieren lässt.

Mit gutem Grund ist die Weimarer Reichsverfassung oft dafür kritisiert worden, dass sie keine absoluten Rechte garantierte, sondern sie im Wege des Art. 48 zur Disposition stellte. Trotzdem ist diese Kritik auch anachronistisch. Das Urteil Plessy vs. Ferguson beweist, dass selbst vergleichsweise eindeutig formulierte Grundrechte in vergleichsweise gut funktionierenden Rechtsstaaten wie den USA ausgehebelt werden können.

Rührt man dann noch deutsche Obrigkeitsgläubigkeit, Antisemitismus, die Furcht vor einer kommunistischen Revolution und revanchistischen Opportunismus in die Mischung, erhält man einen toxischen Cocktail.

Es brauchte den Schock des Holocausts, um – zumindest in Europa und Nordamerika – die Gewissheit unveräußerlicher Menschenrechte in einer Weise zu verankern, dass zumindest schwere Menschenrechtsverletzungen durch die eigene Regierung nicht mehr hingenommen werden.

Eine Regierung, die die Menschenrechte deiner Nachbarn beschneiden kann, kann auch deine beschneiden, egal wie zu deinen Nachbarn stehst. Nicht zuletzt deshalb ist die deutsche Verfassungsgerichtsbarkeit dazu übergegangen, fast alle Bürgerrechte des Grundgesetzes auch Ausländern zu eröffnen.
 
"An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. "
Und wie weit war "deines Volkes" zum damaligen Zeitpunkt gemeint?
 
Die Nazis gaben sich alle Mühe, ihre Feindbilder verbal zu entmenschlichen, sodass sich die Frage nach dem Umgang mit dem "Nächsten" gar nicht stellte. Juden, Zigeuner und so weiter waren für sie Gewürm, Ungeziefer, Krankheitserreger. Zynisch gefragt: Hat eine Bazille Menschenrechte?

Zwar gehöre ich nicht zu denen, die bloße Worte mit Gewalt gleichsetzen und jeder rassistischen Bemerkung gleich das Potential beimessen, den nächsten Völkermord vorzubereiten, doch ist die Wirkung der allumfassenden v.a. antisemitischen Propaganda der Nazis unzweifelhaft.

Zumal sie insofern auf fruchtbaren Boden fiel, als sie psychologische Eigenarten ansprach, deren Vorhandensein erwiesenermaßen mit Empfänglichkeit für rechtsextremes Gedankengut korrelieren, z.B. ein gesteigerte Angst vor Krankheitserregern und Schmutz. Deshalb waren auch viele führende Nazis Reinlichkeitsfanatiker.
 
Interessanter ist doch eigentlich die Frage, wie weit der "Nächste" gemeint ist.

So ist es! In 3. Mose, 33-34 heißt es:

Wenn bei dir ein Fremder im Lande lebt, so sollt ihr ihn nicht unterdrücken. Der Fremde der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst, denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen.

Das ist doch recht eindeutig, dass sich der Begriff des Nächsten nicht auf "Angehörige des eigenen Volkes beschränkt. Naheliegend wäre eine Interpretation, dass mit dem Nächsten prinzipiell alle Menschen gemeint sind.

1933 gehörte die überwältigende Mehrheit der Deutschen einer der beiden großen Konfessionen an. So ganz ist die Gleichschaltung der Kirchen nie gelungen. Obwohl vor allem ländliche protestantische Milieus sich als sehr empfänglich für den NS erwiesen und bei einem Großteil der Landbevölkerung etwa Nordhessens große Zustimmung zum NS-Regime vorhanden war, zeigte sich, dass anti-kirchliche Maßnahmen oder -Reden von Parteigrößen auf Kritik, Besorgnis und zuweilen auch aktiven oder passiven Widerstand stießen.

Der Feldzug gegen die Sowjetunion wurden von zahlreichen Vertretern beider Konfessionen begrüßt, es wurden die Glocken geläutet und Dankgottesdienste organisiert.
Verhaltene Kritik kam auf, als "Judenchristen", Juden, die zum Christentum konvertiert waren, Juden gleichgestellt und in antisemitische Maßnahmen und Aktionen einbezogen wurden. Allerdings war das eine kleine Zahl von Leuten.
 
Die Nazis gaben sich alle Mühe, ihre Feindbilder verbal zu entmenschlichen, sodass sich die Frage nach dem Umgang mit dem "Nächsten" gar nicht stellte. Juden, Zigeuner und so weiter waren für sie Gewürm, Ungeziefer, Krankheitserreger. Zynisch gefragt: Hat eine Bazille Menschenrechte?

Zwar gehöre ich nicht zu denen, die bloße Worte mit Gewalt gleichsetzen und jeder rassistischen Bemerkung gleich das Potential beimessen, den nächsten Völkermord vorzubereiten, doch ist die Wirkung der allumfassenden v.a. antisemitischen Propaganda der Nazis unzweifelhaft.

Zumal sie insofern auf fruchtbaren Boden fiel, als sie psychologische Eigenarten ansprach, deren Vorhandensein erwiesenermaßen mit Empfänglichkeit für rechtsextremes Gedankengut korrelieren, z.B. ein gesteigerte Angst vor Krankheitserregern und Schmutz. Deshalb waren auch viele führende Nazis Reinlichkeitsfanatiker.

In Nord- und Mittelhessen lebten vor 1933 relativ viele Juden, mehr als im Reichsdurchschnitt. Manche jüdische Familien lebten seit 300 Jahren in Hessen, etliche sogar noch viel länger. Sie waren gut integriert, nahmen am öffentlichen Leben teil, waren Mitglieder in verschiedenen Vereinen. Es gab natürlich Antisemitismus, dennoch gab es viele Holocaustüberlebende, die in der Zeit vor oder nach dem 1. Weltkrieg aufgewachsen waren, die berichteten, dass das Zusammenleben mit ihren Nachbarn relativ harmonisch war. Das änderte sich fast schlagartig nach der Machtübernahme der Nazis. Eine recht große Anzahl schien zu glauben, dass mit der Machtergreifung der Nazis alle finanziellen Verpflichtungen und Schulden gegenüber Juden null und nichtig seien. Ein Vater einer kleinen Tochter, das Kind war "Halbjüdin" nach der Naziideologie berichtete, dass er das Kind zur Schule eskortieren musste, weil das Mädchen immer wieder attackiert und gequält wurde, nicht von Gleichaltrigen, sondern von Halbstarken und Erwachsenen. Da waren Leute darunter, die früher mit der Familie befreundet waren, das Kind auf den Armen getragen hatten und sich später einen Spaß daraus machten, das Mädchen mit Schlachtabfällen zu bewerfen.
Eine junge Lehrerin, die dagegen interveniert hatte, wurde vom Dienst suspendiert.

Ein Regime wie das der Nazis, das permanent an die niedrigsten menschlichen Instinkte appellierte, musste fast zwangsläufig die niedrigsten Instinkte entfesseln. Bei der Reichspogromnacht wurde in meiner Heimatstadt mit einer Dreistigkeit und Selbstverständlichkeit geplündert und geklaut wie man es wohl seit dem Dreißigjährigen Krieg nicht mehr erlebt hat, außerdem kam es dabei zum ersten Mord und einer Vergewaltigung. Das waren wohlgemerkt nicht irgendwelche Außerirdischen oder Vandalen, sondern die Nachbarn von nebenan, mit denen die meisten Juden seit Generationen friedlich gelebt hatten.

Vor 1933 hätten sie sich das niemals getraut, es mag sein, dass Mancher den Juden im Stillen einen Dämpfer gegönnt hat, aber es hätte ein solches Verhalten Regeln des Anstands verletzt, es wäre von der Dorfgemeinschaft missbilligt worden, der eine oder andere Pastor hätte Kritik geäußert.

Die Nazis erklärten Juden, Sinti und Roma zu Parasiten und Ungeziefer, dieses antisoziale Verhalten gegenüber Minderheiten mochte im Sinne des NS-Regimes als erwünscht gelten, die physische Vernichtung zur Notwendigkeit stilisiert werden- Im Grunde aber war doch jedem, der bei so etwas mitmachte klar, dass das ethisch einfach nur unterirdisch war, widerlich und gemein. So etwas wie ein Gewissen, hat doch fast jeder Mensch, mag es noch so rudimentär ausgeprägt sein, und jeder muss es innerlich totschlagen.
 
Hitler lehnte die christliche Humanität und die des Humansismus entweder als "wider der Natur" ab oder deutete sie im Sinne seiner Ideologie um. „Kampf ist die Humanität der Natur“

Auf dieser Seite kann man Hitlers Positionen zu Humanität, Gerechtigkeit, Menschenrechten und Recht geneuer nachlesen:

https://www.iirf.eu/site/assets/files/91882/iirf_bulletin_2011_1b.pdf#page=4&zoom=140,-41,842

"Dementsprechend tauchen der Begriff „Menschenrecht“ und ähnliche Ausdrücke wie „Gleichheit“ vor
dem Gesetz bei Hitler nur negativ auf. „Ein Menchenrecht“ gibt „es nicht“. Der Kampf ums Dasein
hebt alle Menschenrechte auf. Der Stärkere hat alle
Rechte zu leben, der Schwächere hat keine Rechte, nur
das Recht, auszusterben. Es geht um „das Herrenrecht
des Daseins“, um „die moralische Berechtigung mit
Lebensansprüchen vor die Welt zu treten“. Denn „das
letzte Recht“ liegt „immer in der Macht“, ja, es gilt,
„dass das Recht immer nur dort sei, wo die Macht ist
und dass letzten Endes Recht ohne Macht eben kein
Recht sei“. „Nicht der Gedanke der Gleichheit, sondern das Vorrecht der Kraft“ zählt, der Schwächere
„hat jedes Recht zum Leben verloren“. Auch „Menschenwürde“ gibt es nur für fleißige Deutsche, nicht
aber für Juden, die schließlich auch Jesus aus dem
Tempel geworfen habe."
 
Guten Tag,

ab wann gibt es in Deutschland die Menschenrechte und gab es diese zu Zeiten des Nationalsozialismus?
 
Sabine oder Marie oder wie auch immer du wirklich heißt: du hast dieselbe Frage schon vor einem halben jahr gestellt. Die Threads wurden daher zusammengeführt.
 
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