Nebenschauplatz Afghanistan im Kalten Krieg

lotharius

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Hallo zusammen,
Anhand der folgenden, selbst ausgedachten Fragestellung werde ich demnächst eine Präsentation ausarbeiten:

Inwiefern stellt die Niederlage der Sowjetunion 1989 in Afghanistan, die mit einem Truppenabzug resultiert, die Aufhebung der bipolaren Weltordnung und den Zerfall der Sowjetunion dar?

Ich bin zunächst davon ausgegangen, dass Gorbatschow ab 1985 im Zuge der von ihm eingeführten Sinatra-Doktrin keinen Sinn für die Fortsetzung des Krieges in Afghanistan sah, welcher noch ein Überbleibsel der Politik unter Breschnew darstellte und ihn somit 1989 beendete.

Kann ich aber auch davon ausgehen, dass die militärische Misere in Afghanistan ein Faktor für die Neustrukturierung unter Gorbatschow war und ein Überdenken der Breschnew Doktrin zur Folge hatte? Immerhin wurde das invasive Eindringen der SU in Afghanistan mit Sanktionen von Seiten der Westmächte, der Nicht-Ratifizierung von SALT II von Seiten des US-amerikanischen Senats und dem Nato-Doppelbeschluss beantwortet, was zu einer noch brisanteren, verschärften Lage und einer immer schlechteren russischen Wirtschaft führte.

Deswegen meine abschließende Frage; war Afghanistan ein Grund für den Zerfall der SU? oder ist Afghanistan nur ein unbedeutender Nebenschauplatz, der aufgrund von Perestroika und Glasnost 1989 beendet wurde, aber keine größeren Einfluss in die Entscheidungen der politischen Führung in der SU hatte?

Vielen Dank im Voraus für Antworten und Ratschläge :)
 
Eines vorweg, du weißt sicher mehr darüber als ich. Ich habe ein paar Verdächtige hier im Forum, von denen ich mir vorstellen kann, dass sie geeigneter sind, dir zu antworten als ich. Warum melde ich mich trotzdem zu Wort? Weil ich glaube, dass man hier militärische Niederlage und Bankrott des Sowjetsystems eher als zeitliche Koinzidenz sehen muss, denn als wechselseitig ursächlich.
 
Wenn man über Afghanistan spricht macht sich in den allermeisten Fällen immer gut, mit dem Gedicht oder Ballade von Theodor Fontane über die Schlacht von Gandamak am 13.01.1842 einen Vortrag zu beginnen.

Dann weiter erstmal ein paar Worte zu den Engländer die aus Indien kommend operierten und dann zur Ausgangslage/-situation im Dezember 1979.

1. Lage in Afghanistan,
2. Was die Russen veranlasste in Afghanistan einzumarschieren. Grund des Einmarsches.
3. Wie die Welt, die USA unter Jimmy Carter und die EU unter Roy Jenkins dazu Stellung bezog. Olympiade in Moskau nicht vergessen!
4. Das Ergebnis dieses Krieges. Unter anderen da die Stärke der Mudschahedin und Entstehung der Taliban nicht vergessen.
Aus einen Spaziergang wurde dann ein Krieg der Roten Armee von Dezember 1979 – Februar 1989.

Ich darf gar nicht daran denken als wir nach Weihnachten/Neujahr 1979 zu 1980 wieder im Kombinat die Arbeit aufnahmen und sich die Führung einen abkrampften uns plausibel aus Sicht des Bündnispartners die Notwendigkeit des Einmarsches zu erläutern.
Und mit der Zeit kam so mancher auf die Idee, die Russen könnten auch Soldaten des Warschauer Paktes rekrutieren.
 
Wenn man über Afghanistan spricht macht sich in den allermeisten Fällen immer gut, mit dem Gedicht oder Ballade von Theodor Fontane über die Schlacht von Gandamak am 13.01.1842 einen Vortrag zu beginnen.
Ich weiß nicht. Die englisch-indische Afghanistan-Geschichte und Fontane sind in den letzten zwanzig Jahren arg strapaziert worden. In einer Dissertation könnte man darauf eingehen. In einem Vortrag, von dem wir die Länge nicht kennen, sehe ich da eher Verzettelungspotential.
 
Eines vorweg, du weißt sicher mehr darüber als ich. Ich habe ein paar Verdächtige hier im Forum, von denen ich mir vorstellen kann, dass sie geeigneter sind, dir zu antworten als ich. Warum melde ich mich trotzdem zu Wort? Weil ich glaube, dass man hier militärische Niederlage und Bankrott des Sowjetsystems eher als zeitliche Koinzidenz sehen muss, denn als wechselseitig ursächlich.
Danke dir schon mal für deine Antwort,
Würde man nur die materiellen und physischen Schäden, die durch die Militärintervention in Afghanistan auf der Seite der SU entstanden sind, betrachten, gäbe ich dir Recht, allerdings verschärften die Westmächte als Reaktion auf die Intervention in Afghanistan auch gegen die SU gerichtete Sanktionen, die der Sowjetwirtschaft zusetzten. Deswegen fällt es mir schwer von einer zeitlichen Koinzidenz zu reden, da es für mich einen kausalen Zusammenhang zwischen militärischer Niederlage in Afghanistan und Bankrott der SU, in Form der eben aufgeführten wirtschaftlichen Sanktionen, gibt.
 
Ich weiß nicht. Die englisch-indische Afghanistan-Geschichte und Fontane sind in den letzten zwanzig Jahren arg strapaziert worden. In einer Dissertation könnte man darauf eingehen. In einem Vortrag, von dem wir die Länge nicht kennen, sehe ich da eher Verzettelungspotential.
Da hast du Recht, die Obergrenze für meinen Vortrag liegt bei 15 Minuten, sodass ich stark selektiv vorgehen muss und ein so großer zeitlicher Rückgriff in die Historie Afghanistans den Rahmen vermutlich sprengen würde...
 
@lotharius was hältst du von der Idee, anstelle einer monokausalen (und damit zu engen) Interpretation mehrere Deutungsmodelle als miteinander verzahnt vorzustellen?
- versteckter Stellvertreterkrieg
- scheiterndes militärisches Prestigeobjekt
- kalter Krieg plus Wirtschaftskrieg schwächen die Weltmacht
- zunehmende "Parteimüdigkeit" der Bevölkerung und damit schwindender ideologischer Rückhalt
- Loslösungsbestrebungen von Teil"republiken" als Reaktion auf zunehmende militärische und wirtschaftliche Schwäche
All das zusammen als Ursachenmix.
 
Ein Bekannter von mir, Afghane, meint, zunächst habe die sozialistische Regierung Afghanistans die Sowjets um Hilfe gebeten, dann aber hätten die Sowjets die legitime (sozialistische) afghanische Regierung abgesetzt. Mir ist das aus seinen Erzählungen immer ein wenig undurchsichtig geblieben.
 
Dieser Krieg dauerte 10 Jahre und verlief keineswegs kontinuierlich.
Erst 1985 erhielten die Mudjaheddin von den USA infrarot-gelenkte Stinger-Raketen mit denen die Guerilla sowjetische Hubschrauber und Flugzeuge abschießen konnte. Erst danach wendete sich das Blatt.

Eher zufällig fällt diese Wende im Krieg mit dem Beginn von Gorbatschows neuer Politik zusammen.

Im übrigen halte ich die Formulierung "Nebenschauplatz des Kalten Krieges" für Afghanistan ziemlich daneben. Afghanistan ist in den 1980ern die Hauptkampfzone - zumindest für die Sowjet-Union.
Für die USA war es hingegen nur ein Stellvertreterkrieg.
 
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Warum sind die Russen dort einmarschiert?

Und schon kommen bei mir Erinnerungen hoch zu Peter Scholl Latour (West-Fernsehen) und viele, viele Diskussionen zwischen meinen Chef und mir. Mein Chef ging zu regelmäßigen Diskussionsabenden die im Rahmen der „Urania“ stattfanden und da brachte er so manches mit.

Ein bissel kompliziert wegen deren Namensgebungen. Ich hoffe ich habe da alle richtig geschrieben.

Da gab es mehrere Gründe.

1. Im Sommer 1973 wurde König >Mohammed Zahir Schah< gestürzt. Politisch war daraufhin Afghanistan instabil.
An die Macht kam >Mohammed Daoud Khans<.
>Daoud< verfolgte seit 1975 ein Blockfreiheit. Dies brachte ihn die Feindschaft der Führung der UdSSR ein.
2. Es gab dann eine Spaltung der Partei DVPA (Demokratische Volkspartei Afghanistan).
3. Auf der einen Seite Kommunisten unter >Nur Muhammad Taraki< und >Hafizulla Amin< geführten paschtunisch geprägten Ghilzai (einer der großen Paschtunen Stammesverbände).
4. Auf der anderen Seite die Partschami unter >Babrak Karmal<.
5. Beide mussten sich aber auf Druck Breschnew 1977 wiedervereinen.

6. Nun gab es am 17.04.1978 in Kabul ein Attentat.
Ermordet wurde >Mir Akbar Khyber<. Er war ein kommunistischer Ideologe des Partschamflügels (Flügel von >Babrak Karmal<).
7. Die Beerdigung des Ermordeten wurde zu einer Demonstration gegen das Regime von >Mohammed Daoud Khans< und gegen die USA. Die fraglichen USA Präsidenten in dieser Zeit: 1. Richard Nixon, 2.Gerald Ford und 3. Jimmy Charter und natürlich immer der CIA.
Den Attentäter konnte man nicht identifizieren, er blieb unbekannt.
8. Die Führer der Proteste wurden festgenommen, doch drei Tage später putschten DVPA-Offiziere in der Armee, ließen >Daoud< und seine Familie ermorden und riefen die DRA (Demokratische Republik Afghanistan) aus.
9. dieser Putsch ist in die Historie eingegangen unter den Namen: „Saurrevolution“ (zu Deutsch: Revolution im Monat des Tierkreiszeichen Stier)
10. In der DVAP gingen wieder die alten Grabenkämpfe los.

11. >Hafizulla Amin< kam an die Macht.
Uns erklärte man was dieser >Amin< doch für ein guter Kommunist ist. Waren fast dieselben Worte die man verwendete als in Ägypten >Gamal Abdel Nasser< an die Machte kam.
12. Es lief dann wie es anfangs Sitte bei den Russen war, nämlich mit brutalen Mitteln, eine revolutionäre Umgestaltung des Landes, insbesondere der Landwirtschaft, durchzuführen. Es kam zu Aufständen. Dies führte zu einen Zerfall des labilen Regierungsapparates unter >Hafizulla Amin<.
13. Die Sowjets forderten ihn auf sich zu mäßigen, was er aber nicht tat.
14. Den Plan der Sowjets >Amin< durch eine Koalition von >Taraki< und >Karmal< abzulösen, schlug fehl.
15. >Taraki< hatte zwischenzeitlich ein Hilfeersuchen an die Russen gerichtet.

16. Daraufhin ließ >Amin< ihn ermorden.
17. >Amin< gab dann Versicherungen an die USA – bei ihm sei alles in Lot.
18. Die Sowjets fürchteten daraufhin eine Anlehnung an die USA.

19. Und so beschloss das Politbüro unter Breschnew den Einmarsch. Im damaligen Politbüro saß u.a. auch Gorbatschow.

20. Der Präsidentenpalast wurde von der Roten Armee gestürmt. >Amin< wurde getötet.
21. >Karamal< wurde eingesetzt.
Muster wie Alexander Dubček und Gustáv Husák mit dem Unterschied, man suchte in der CSSR etwas länger nach einen geeigneten Führer der KSČ. >Karamal< in Afghanistan stand Gewehr bei Fuß.

22. Mein Chef damals im Gespräch mit mir, der stirbt auch nicht in seinem Bett.

Ja so wars nach meiner Kenntniss.
 
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Ja so wars nach meiner Kenntniss.

Du erinnerst Dich ziemlich gut! Meiner Erinnerung nach...;)

Gut aufgebaut , vor allem ab Punkt 13 wird die von außen/westlicher Seite auch bis heute kaum wahrgenommene, innerafghanische Dynamik/Entwicklung, die dann zum Einmarsch sowj. Truppen führte, zutreffend formuliert.

allerdings verschärften die Westmächte als Reaktion auf die Intervention in Afghanistan auch gegen die SU gerichtete Sanktionen, die der Sowjetwirtschaft zusetzten. Deswegen fällt es mir schwer von einer zeitlichen Koinzidenz zu reden, da es für mich einen kausalen Zusammenhang zwischen militärischer Niederlage in Afghanistan und Bankrott der SU, in Form der eben aufgeführten wirtschaftlichen Sanktionen, gibt.

1. hatte die Sowjetunion bereits nach dem vorübergehenden, fulminanten wirtschaftlichen Aufschwung der 1960er ab den 1970er eine zunehmende wirtschaftliche Stagnation/Lähmung erfahren, die die Führung unter Breschnew mit seiner mehr konservativen, beharrenden und sichernden Politik förderte (fälschlich 'Neustalinismus' geschimpft).
2. dynamisierte sich die Weltwirtschaft ab den 1970ern zu einer merklichen Ausweitung globaler Märkte mit 'Markpreisen', der sich auch die Sowjetunion auf Dauer nicht entziehen konnte - und auch nicht entzog gegenüber ihren eigenen sozialistischen Handelspartnern, beispielsweise im RGW.
3. führte die Explosion der Ölpreise ab 1973 zum Ölpreisschock und zu einer nachhaltigen, dauerhaften wie massiven Rohstoffverteuerung, welche auch die Sowjetunion betraf.
4. hatte die sowjetische Führung unter Breschnew seit den 1970ern das Militär mit Armee und Marine massiv gefördert und ausgebaut, das war finanziell gar nicht auf Dauer durchhaltbar und war eine erkennbare 'Fehlentwicklung' seit den frühen 1970ern. Die Sowjets wollten damals entsprechend immer und überall weltweit Militärausrüstung verkaufen. Breschnew war ja eh ein Schwerindustriefreak.
5. wirtschaftliche Sanktionen konnten die Sowjetunion vor allem deshalb Schwierigkeiten bereiten, da die sowjetische Wirtschaft von nicht ausreichend erfolgreichen und funktionierenden 'sozialistischen Prinzipien' geprägt war und weiterhin die Punkte 1-4 bereits seit Ende der 1960er/Anfang 1970er wirkten.
 
Ich glaube bald mit den Afghanistankrieg hatte man die Russen am Haken. Es machte ja auch die Aussage seine Runde bei uns: „so jetzt habt ihr euer Vietnam“.

Mitten Kriegsgeschehen waren in den USA wieder Wahlen. Man wechselte von den Demokraten (Jimmy Carter) zu den Republikanern.

Und da tauchte Ronald Reagan (aus Hollywood) auf und verkündete das SDI Programm. Offiziell wurde es ja am 23.03.1983 verkündet.

Und dann begann die Phase die wir kleinen Leute „die Phase des Todrüstens nannten/erkannten.“.
Und dies verschlang Ressourcen en gros.
Und deshalb glaube ich auch die Aussage von Helmut Kohl als er im Fernsehen anfangs der 90iger äußerte (sinngemäß): >Gorbatschow sah in seine Bücher und stellte fest er ist Pleite<.

In diese Zeit fallen auch solche Filme wie z.B.:
* „firefox“ 1982 und
* die Dreharbeiten zu „Jagt auf Roten Oktober“ (er kam 1990 in die Kinos).
Und "Rambo III" 1983, da meine ich, einige Details entsprachen sicher der Wahrheit, sind historisch echt.
 
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8. Die Führer der Proteste wurden festgenommen, doch drei Tage später putschten DVPA-Offiziere in der Armee, ließen >Daoud< und seine Familie ermorden und riefen die DRA (Demokratische Republik Afghanistan) aus.
Beachtet man die Tatsache, dass Präsident Daoud selbst der Königsfamilie entstammte, ist die Ermordung von Daouds Familie eine Replikation der Ermordung der Romanows durch die Bolschewisten.

11. >Hafizulla Amin< kam an die Macht.
Uns erklärte man was dieser >Amin< doch für ein guter Kommunist ist. Waren fast dieselben Worte die man verwendete als in Ägypten >Gamal Abdel Nasser< an die Machte kam.
Anders als Nasser war Amin tatsächlich ein "guter Kommunist".
Die Kommunisten in Afghanistan waren Leninisten und Stalinisten nach dem Lehrbuch - viel radikaler als Moskau.

Zu den erstaunlichstenen Wendungen im sowjetischen Afghanistan-Krieg gehört, dass die Sowjets direkt nach ihrer Invasion und der Absetzung Amins mit einer Generalamnestie tausende politische Gefangene befreite. Gedankt es ihnen niemand. Das Terror-Regime der afghanischen Kommunisten wurde schnell vergessen.

Zur jüngeren Geschichte Afghanistan gibt es eine sehr gute vierteilige Fernseh-Dokumentation, in der erstaunlich viele prominente Zeitzeugen zu Wort kommen: "Afghanistan - das verwundete Land." (aktuell noch in Mediatheken verfügbar)

Ich glaube bald mit den Afghanistankrieg hatte man die Russen am Haken.
Die Frage ist nur, wer die Russen am Haken hatte. Nach der Islamischen Revolution im Iran ein paar Monate war aus dem Nichts ein Regime ganz neuen Typs entstanden. Mit einer Ausweitung der Islamischen Revolution und einer iranischen Einmischung in Aghanistan hätte man jedenfalls rechnen müssen.
 
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1. hatte die Sowjetunion bereits nach dem vorübergehenden, fulminanten wirtschaftlichen Aufschwung der 1960er ab den 1970er eine zunehmende wirtschaftliche Stagnation/Lähmung erfahren, die die Führung unter Breschnew mit seiner mehr konservativen, beharrenden und sichernden Politik förderte (fälschlich 'Neustalinismus' geschimpft).

Nachrecherchiert: Mit Ausnahme 1940-1950 bis Anfang der 1970er erstaunlich konstante und recht hohe Wachstumsraten. Abflachung ab 1970, deutlicher und eindeutiger Knick ab 1975, 1980 dann 'Nullwachstum'.

3. führte die Explosion der Ölpreise ab 1973 zum Ölpreisschock und zu einer nachhaltigen, dauerhaften wie massiven Rohstoffverteuerung, welche auch die Sowjetunion betraf.

Aber die profitierte zumindest als bedeutendes Erdöl-Förderungsland davon, welches nun Erdöl mit deutlich höheren bzw. hohen Erlösen massiv exportierte. Womit nun der Import von Konsumgütern und moderner (westlicher) Technologie weit besser finanziert werden konnte. Bis die Erdölpreise ab 1981/1982 drastisch bis dramatisch sanken.

Die stagnierende sowjetische Wirtschaft ab den 1970ern, die Zentralverwaltungswirtschaft sowjetsozialistischer Prägung u.a. mit ihrer zunehmenden Auslandsabhängigkeit aufgrund ihrer Ineffizienz und zunehmenden technologischen Rückständigkeit im Vergleich zu den technologischen Modernisierungsschüben der nichtsozialistischen (westlichen) Wirtschaftsgebiete sind die eigentliche, wesentliche Ursache für den 'Bankrott' der SU, und nicht spätere Wirtschaftssanktionen gegen die SU in Folge des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan oder gar die angebliche 'Überrüstung' in der ersten Hälfte der 1980er Jahre im Fahrwasser von Nato-Nachrüstung und SDI-Programm in den USA usw.

Ein sehr kurze Übersicht zu den Gründen für den wirtschaftlichen Zusammenbruch der SU bietet dieser Online-Artikel, der durchaus mit diversen anderen wissenschaftlichen (Zeitschriften)Publikationen wesentlich übereinstimmt.
 
Anders als Nasser war Amin tatsächlich ein "guter Kommunist".
Die Kommunisten in Afghanistan waren Leninisten und Stalinisten nach dem Lehrbuch - viel radikaler als Moskau.

Hatten halt, im Unterschied zu den Sowjets, auch keinerlei substanzielle und vieljährige Regierungserfahrung, schon gar nicht mit einem 'entwickelten' Land.

Zu den erstaunlichstenen Wendungen im sowjetischen Afghanistan-Krieg gehört, dass die Sowjets direkt nach ihrer Invasion und der Absetzung Amins mit einer Generalamnestie tausende politische Gefangene befreite. Gedankt es ihnen niemand.

Jau, stimmt, gut erinnert. Die Sowjets wollten keinesfalls ein Pol-Pot-Regime oder ähnliches fördern/installieren, auch kein Nordkoreanisches Modell usw.
 
Das vorbereitende und KGB-Gutachten (der hier massiv involviert war) als "Treiber" stammt auch bereits vom 1.9.1979. Die Verschärfung der Lage führte dann zur Umsetzung, wobei schon vor dem Beschluss militärische Vorbereitungsmaßnahmen veranlasst waren.

@silesia , manche Details sind der Rede wert, so auch das des KGB-Gutachtens, wohl zu Afghanistan, vom 1.9.1979, welches Dein Beitrag erwähnt. Und der sich dahin gehend verstehen lässt, in jenen KGB-Gutachten wäre die entscheidende problematisierende Darstellung der aktuellen Situation in Afghanistan gegeben und ein darauf reagierendes, mögliches militärisches Interventionsszenario bereits postuliert worden. Kannst Du vielleicht eine Quelle dazu angeben?
 
Nicht optimal, den Faden in Fragen & Antworten weiter zu spinnen, doch hilfsweise sinnvoll.

Vom 17. - 19. März 1979 gab es drei Politbüro-Treffen in Moskau zu Lage in Afghanistan...Taraki wie Amin als die maßgebenden Machthaber nach der Saurrevolution im April 1978 durch sozialistische Kräfte vor allem in der afghanischen Armee, baten und erhielten nach und nach vielfache Hilfe und Unterstützung von der sowjetischen Führung. Doch die Situation in Afghanistan beruhigte sich nicht, im Gegenteil, und das zum erheblichen Teil durch missratene Entscheidungen, Ausführungen und repressive Maßnahmen selbst gegen wichtige Teile der Unterstützer der Saurrevolution.

An den drei Politbüro-Treffen am 17., 18. und 19. März wurde ausführlich die Lage untersucht, beleuchtet, diskutiert und Entscheidungen getroffen.

KGB-Chef Andropow äußert sich am 18. März, nach den neuesten Erkenntnissen und Infos zur Lage in Afghanistan u.a.

Genossinnen und Genossen, ich habe mich mit all diesen Fragen eingehend beschäftigt und bin zu dem Schluss gekommen, dass wir sehr, sehr ernsthaft darüber nachdenken müssen, wessen Sache wir unterstützen, wenn wir Truppen nach Afghanistan entsenden. Es ist uns völlig klar, dass Afghanistan zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereit ist, alle Probleme, mit denen es konfrontiert ist, durch Sozialismus zu lösen. Die Wirtschaft ist rückständig, die islamische Religion überwiegt, und fast die gesamte Landbevölkerung ist analphabetisch. Wir kennen Lenins Lehre über eine revolutionäre Lage. Von welcher Situation wir in Afghanistan auch immer sprechen, es ist keine derartige Lage. Deshalb glaube ich, dass wir eine Revolution in Afghanistan nur mit Hilfe unserer Bajonette niederschlagen können, und das ist für uns völlig unzulässig. Ein solches Risiko können wir nicht eingehen.
(Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)​

Am 19. März bemerkt Andropow in der Fortsetzung der Afghanistan-Diskussion u.a.

Die erste Frage, die entschieden werden muss, betrifft die Schwierigkeit der Situation. Hinzu kommt, dass die Situation zunehmend unzuverlässig ist. Was genau ist in Afghanistan los? Es hat mit der Führung zu tun. Die Führung erkennt die Kräfte nicht an, die sie unterstützen und auf die sie sich verlassen könnte. So hat heute in Kabul und Herat eine ziemlich große Demonstration stattgefunden, aber die Führung hat diese massiven Maßnahmen nicht im notwendigen Umfang genutzt. Die Aufklärungsarbeit ist nicht nur in der Armee, sondern in der Bevölkerung insgesamt schlecht gelungen. Sie richten ihre politischen Gegner hin. [...] Amin hatte im Grunde die ganze Macht in der Hand, aber erst gestern wurde ein neuer Leiter der Staatssicherheit und ein Staatschef bestätigt. Dies ist der Weg, um die politische Basis der Führung zu verbreitern. [...] Was die Entsendung von Truppen betrifft, so denke ich, dass es nicht ratsam wäre, eine solche Entscheidung zu treffen. Der Einsatz unserer Truppen würde bedeuten, Krieg gegen das Volk zu führen, das Volk zu zerschlagen, auf das Volk zu schießen. Wir würden wie Aggressoren aussehen, und das können wir nicht zulassen.
(Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator kostenlose Version)​


Taraki wie Amin baten, forderten auch danach immer wieder um mehr Hilfe, u.a. Militärausrüstung, Munition, dann auch um sowjetische Militäreinheiten, getarnt, usw. Schließlich wurde Taraki im Machtkampf mit Amin ausgebootet, Amin lässt ihn schließlich ermorden (September/Oktober 1979). Und Amin, inzwischen im Terrorrausch, beginnt nun offenbar, um endlich mehr und schneller sowjetische Hilfe zu bekommen, Gerüchte zu streuen zu lassen, er würde streng geheim Kontakte und Gespräche zu entsprechenden us-amerikanischen Institutionen/Behörden usw. herstellen und pflegen, um möglicherweise auch von dieser Seite Hilfe zu bekommen, in angeblicher Perspektive, dafür Afghanistan für die US-Administration zu öffnen.
Was nicht stimmte, die sowjetischen Inventionstruppen fanden dafür keinerlei Belege/Unterlagen/Notizen usw. in Kabul, in Amins Residenz, dem Präsidentenpalast. Und anscheinend auch keine involvierten Mitwisser.

Anfang Dezember 1979 beginnt sich die Einstellung der sowjet. Administration rasch zu ändern, eine Ablösung Amins wird von Andropow am 1.12. Breschnew gegenüber ventiliert; eine möglicherweise notwendige militärische Unterstützung der entsprechenden Pläne der oppositionellen, gemäßigteren sozialistischen Kräfte um Karmal, die von Taraki/Amin systematisch verdrängt und verfolgt worden waren - als Teil der sozialistisch-kommunistischen Partei Afghanistans, wird mit zwei in Kabul bereits vorhandenen sowjet. Bataillonen als völlig ausreichend angesehen.
 
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