Ernst Haeckel

sakk

Mitglied
habe bei http://de.wikipedia.org/wiki/Haeckel

folgende formulierung gefunden:

Diese und andere Aussagen wurden später durch die Nazi-Ideologie vereinnahmt und als Begründung für Rassismus und "Sozial-Darwinismus" missbraucht. Ein ebensolcher Missbrauch seiner Schriften findet sich bei einer Reihe anthroposophischer Autoren. Er war ein wichtiger Vordenker der Rassenhygiene.

darüber muss ich mich jetzt wirklich wundern, denn ich habe eben einen text von ihm gelesen in dem es unter anderem heißt:

"...Dies ist aber größtenteils nur Eigentum der höheren Menschrassen und bei den niederen nur unvollkommen oder gar nicht entwickelt. Diese Naturmenschen (z.B. Weddas, Australneger) stehen in psychologischer Hinsicht näher den Säugetieren (Affen,Hunden), als dem hochzivilisierten Europäer...."

interpretiere ich das falsch? denn ich bin der meinung, dass sich das nicht so wirklich mit der oben gemachten aussage in einklang bringen lässt.....

wie sehr ihr das bzw. gibt es andere "gute" quellen, anhand man das beurteilen kann...



sakk :)



ps: ich weiß, dass wikipedia keine "garantie" für richtigkeit sein kann und das dort nicht allein die wahrheit steht, aber finde das schon ein bisschen "krass"....
 
Ernst Haeckel schrieb:
"Diese Naturmenschen (z.B. Weddas, Australneger) stehen in psychologischer Hinsicht näher den Säugetieren (Affen,Hunden), als dem hochzivilisierten Europäer...."
Der Satz findet sich in: Die Lebenswunder, Volksausgabe Stuttgart 1906, S. 159.

Eine Seite weiter liest man dann:

Ernst Haeckel schrieb:
"Der Abstand zwischen dieser denkenden Seele des Kulturmenschen und der gedankenlosen tierischen Seele des wilden Naturmenschen ist aber ganz gewaltig, größer als der Abstand zwischen der letzteren und der Hundeseele."
 
Haeckel unterschied 10 oder 12 Menschenarten und 36 Menschenrassen.
Besonders auffällig ist seine deutliche Abwertung der "Hottentotten", "Autralneger", "Tasmanier" und "Feuerländer". Dies muss durchaus im Kontext des europäischen Kolonialismus des 19. Jahrhunderts gesehen werden. Die Ureinwohner Feuerlands und Tasmaniens, wurden im 19. Jahrhundert innerhalb weniger Jahre fast vollständig ausgerottet, gerade ihnen unterstellte eine Nähe zu Affen oder Urmenschen - quasi eine Art Rechtfertigung.
Haeckels "Erkenntnisse" über jene Bevölkerungsgruppen basierten vor allem die Gerüchte und Unterstellungen. Kaum erforschte Völker dienten als Projektionsfläche für darwinistische Phantasien vom Missing Link.

Auf der anderen Seite müssen aber die Unterschiede zwischen Haeckel Rassetheorien und dem Nationalsozialismus beachtet werden. Haeckels Systematik unterschied sich in einigen Punkten fundamental von der NS-Ideologie. Für Haeckel waren Semiten Teil der mitteländischen oder mediterranen Spezies. Den Begriff Arier verwendete er nur für bestimmte indische Volksgruppen, die aufgrund ihrer Sprachfamilie zur arischen Rasse zusammengefasst wurden. Bei der Unterscheidung dieser Rassen bediente sich Haeckel keinen morphologischen Methoden der Biologie sondern denen der Sprachwissenschaft, entlehnte die Bezeichnungen und Gruppenbildung direkt von August Schleicher.

Haekels These über Tierhaftigkeit der Papua wurden schon zeitgenössisch durch die ethnografische Forschung wiederlegt:
https://www.uni-jena.de/200526_Miklucho_Maclay

Zum Zusammenhang zwischen Stammbaum der Sprachen und Haeckels Stammbaum des Menschen:
https://www.shh.mpg.de/63429/origin_evo_research_jena
 
Auf seinen Forschungsreisen hat Haeckel sich Haeckel vor allem mit der Meeresbiologie beschäftigt und sehr viel über Quallen, Schwämme u.a. geforscht und diese Tiere auch fast fotorealistisch gezeichnet. Der Kontrast zu seinen seltsamen Zeichnungen zum Stammbaum des Menschen und zu den Menschenrassen könnte nicht höher sein. Der Widerspruch ist jedoch leicht erklärbar.

Nur eine einzige seiner Reisen führte Haeckel ihn in die Tropen aus die Insel Ceylon (Sri Lanka), dort habe tatsächlich tamilische Teepflücker gesehen - wahrscheinlich die einzige Begegnung mit nicht-weißen Menschen.
Er hat mit Sicherheit auch nie im Leben einen Gorilla und einen Tasmanier gesehen, geschweige denn untersucht - konnte daher kaum realistische Zeichnungen oder fundierte Theorien liefern. Gorillas wurden erst im 19. Jahrhundert von den Europäern entdeckt und waren seinerzeit noch so gut wie unerforscht. Auch Völkerschauen waren noch nicht in Mode. Seiner Behauptung, dass die "Naturmenschen" den Gorillas ähnlicher seien als denn Europäern, fehlt daher die Forschungsgrundlage.

Bei der Unterscheidung der Menschenarten spielten Haare eine große Rolle - so unterschied er woll- und schlichthaarige Menschen. Die Haare der anderen kannte er aber nur vom Hören-Sagen. Erst nach der Niederschlagung des Herero-Aufstandes gelangten Skalps und Schädel der Herero als Kriegsbeute in die Sammlung der Universität Jena. Eine naturwissenschaftliche Erforschung der vermeintlichen Menschenrassen bzw. Menschenarten fand also erst statt, als Rassismus längst ein Herrschaftssystem war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei der Unterscheidung der Menschenarten spielten Haare eine große Rolle - so unterschied er woll- und schlichthaarige Menschen. Die Haare der anderen kannte er aber nur vom Hören-Sagen. Erst nach der Niederschlagung des Herero-Aufstandes gelangten Skalps und Schädel der Herero als Kriegsbeute in die Sammlung der Universität Jena. Eine naturwissenschaftliche Erforschung der vermeintlichen Menschenrassen bzw. Menschenarten fand also erst statt, als Rassismus längst ein Herrschaftssystem war.

Zum Teil wurden wissenschaftliche Forschungen schlicht ignoriert. So hat – zumindest was die Papua betrifft – der von Dir oben erwähnte Miklucho-Maclay einige Mythen über Haut und Haare durch eigene gründliche Beobachtungen widerlegt und dies bereits 1873 veröffentlicht:

"Ich kann durchaus nicht den Autoren beistimmen, die den Papuas eine besonders rauhe Haut zuschreiben. Nicht bloss die Kinder und Frauen, aber auch die Männer haben eine glatte Haut, die sich in dieser Beziehung in gar nichts von der der Europäer unterscheidet.
[...]
In der Anordnung und der Beschaffenheit des Haares wollte man das eigenthümlichste Merkmal der Papuas gefunden haben; desshalb habe ich dem Papua-Haar besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
[...]
Von einer gruppen- oder büschelweisen Anordnung habe ich durchaus nichts bemerkt; die Haare wachsen auf dem Papuakopf ganz ähnlich wie beim Europäer und nicht anders wie überhaupt auf dem menschlichen Körper.
[...]
Das einzelne Haar, wenn es aus einer Locke getrennt ist, stellt eine Spirale dar, die von einem jeden andern gelockten Haare (auch eines Europäers) sich nur durch seine enge Ringelungen unterscheidet. Sind die Papua-Haare vorher gut ausgekämmt, so erscheinen die Ringelungen viel weiter und dann scheint es mir sehr schwierig, das einzelne Papua-Haar makro- und mikroskopisch von einem Locken-Haar einer anderen Menschenrace zu unterscheiden. Mikroskopisch untersucht zeigen die Papua-Haare (bei Männern) ungefähr die Dicke eines mitteldicken europäischen Haares."​
Anthropologische Bemerkungen ueber die Papuas der Maclay-Küste in Neu-Guinea : Miklukho-Maklai, Nikolai Nikolaevich, 1846-1888 : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive
 
Haeckel griff bei der Einteilung der Menschheit in unterschiedliche Arten und Rassen auf die Rassentheorie von Friedrich Müller und Oscar Peschel zurück. Schon bei Peschel und Müller geht das Sortieren nach Sprachen und äußeren körperlichen Merkmalen durcheinander.

Wirklich neu hingegen ist bei Haeckel die Theorie, dass der Mensch vom Affen abstamme. Noch vor Darwin publizierte Haeckel eine Evolutionstheorie des Menschen. Während Darwin bereits bereits die Out-of-Africa-Theorie vorlegte, vermutete Haeckel, dass die Menschenrassen getrennt voneinander entstanden seien. Haeckel ging von einer gemeinsamn Abstammung der angeblich "wollhaarigen" Mensch in Afrika, Australien und Papua. Als Erklärung hierfür musste auch Lemuria herhalten, eine angeblich versunkene Landbrücke zwischen Australien und Madagaskar. Vor dem Hintergrund der Kolonialpolitik ist es ein wichtiger Punkt, dass Haeckel von einer engen Verwandtschaft der "Hottentotten" und Papua ausging und beide Gruppen als besonders minderwertig einordnete. Dafür musste er natürlich behaupten, dass die Haare bei den Papuas genauso büschelweise angeordnet seien wie bei den Hottentotten. Makaberes Detail ist noch, dass Haeckel Skalps und Schädel der Herero anforderte, um seine Theorie zu belegen.

Zum Teil wurden wissenschaftliche Forschungen schlicht ignoriert. So hat – zumindest was die Papua betrifft – der von Dir oben erwähnte Miklucho-Maclay einige Mythen über Haut und Haare durch eigene gründliche Beobachtungen widerlegt und dies bereits 1873 veröffentlicht:
Das ist nicht das einzige Fall, in dem Haeckel die Beweise für seine Theorie frei erfunden hat. Haeckel wurde über 100 Jahre seine Forschungen zur Embrionalentwicklung gefeiert. Demnach rekapitulieren Embrionen der Wirbeltiere die Evolution im Ei oder im Mutterleib nach. Für Haeckel war dadurch ein Zusammenhang zwichen "Ontogenese" und Phylogenese" hergestellt, was auch für seine pantheistisch-esoterische Weltanschauung ein sehr wichtiger Punkt war.

Diese Zeichnung Haeckels kennen die meisten wahrscheinlich aus den Schulbüchern.
800px-Haeckel_drawings.jpg

Bildquelle Wikipedia

Die Qualität der Zeichnungen ist umstritten. Haeckel soll hier bei der Ähnlichkeiten der Embrionen übertrieben haben.
 
Haeckel soll hier bei der Ähnlichkeiten der Embrionen übertrieben haben.
Das wurde ihm - nicht ganz zu unrecht - um die Ohren gehauen. Um den Vorwurf zu parieren, sah sich Haeckel gezwungen, folgendes einzuräumen:

Um dem ganzen wüsten Streite kurzerhand ein Ende zu machen, will ich nur gleich mit dem reumütigen Geständnis beginnen, daß ein kleiner Teil meiner zahlreichen Embryonenbilder (vielleicht 6 oder 8 von Hundert) wirklich (im Sinne von Dr. Braß) „gefälscht“ sind – alle jene nämlich, bei denen das vorliegende Beobachtungsmaterial so unvollständig oder ungenügend ist, daß man bei Herstellung einer zusammenhängenden Entwicklungskette gezwungen wird, die Lücken durch Hypothesen auszufüllen, und durch vergleichende Synthese die fehlenden Glieder zu rekonstruieren. Welche Schwierigkeiten diese Aufgabe hat, und wie leicht der Zeichner dabei fehlgreift, kann nur der Embryologe von Fach beurteilen.

DFG-Viewer: Berliner Volkszeitung
 
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