Black far West - Nicht alle Cowboys waren weiß

Maglor

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Im Klischee des Western geht es um weiße Helden im Kampf gegen Indianer und weiße Schurken. Schwarze gab es in der Hollywood-Version nicht und sie tauchten erst in den letzten Jahren in den Kinos auf.
(Ironischerweise ist Mel Brooks Westernparodie von 1974 eines der frühesten Beispiele. Der schwarze Siedler im Wilden Westen ist hier bereits eine Irritation für das Publikum.)

Die historische Realität sah jedoch anders aus. Der Western spielt typischerweise direkt nach dem Bürgerkrieg und die freigelassenen Sklaven waren omnipräsent. 1875 waren ca. 1/4 der Cowboys schwarz. Die ersten Cowboys waren noch Sklaven, daher auch der Begriff "boy". Es gab auch schwarze Indianer, schwarze Sheriffs, schwarze Revolverhelden, Buffalo Soldiers usw. Im Dokumentarfilm werden einige Biografien historischer Afroamerikaner im Wilden Westen nacherzählt.
Gleichzeitig wird auch die Entstehung der weißgewaschenen Western-Film-Klischees (insbesondere der John-Wayne-Filme) erklärt.

https://www.arte.tv/de/videos/102989-000-A/black-far-west-nicht-alle-cowboys-waren-weiss/

Mein Fazit: Diese brandneue Dokumentation ist ein Muss für alle Western-Fans!
 
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Für mich nichts neues, die Besiedlung des Wilden Westen ging ja mit Abraham Lincolns Edict und nach dem Sezessionkrieg aus.

Für die Schwarzen war es Teil ihrer (teilweisen) Befreiung, den Indianern tat Lincoln viel Unrecht. Derjenige Präsident der sowohl Schwarze und Indianer als Menschen sah Grant, war wiederrum Antisemit. Wie Lincoln zu den Indianern stand weiß ich nicht, sein Edikt hat viel Leid den Indianern angetan.

Abraham Lincoln and the West (U.S. National Park Service) (nps.gov)
 
In der Tat prägen natürlich Filme unser Bild. Und Hollywood hat natürlich auch eine „schwarze“ Hautfarbe diskriminierende Geschichte. Aber auch das ist nicht durchgehend. Gibt es überhaupt vor den 1980ern einigermaßen bekannte Hollywood-Schauspieler, die zur Black Community gehörten? Außer Sidney Portier?

In The Quick and the Dead (1994) hat der „schwarze“ Revolverheld zwar nur eine Nebenrolle - die drei Hauptcharaktere sind Sharon Stone, Gene Hackman und Rüssel Crowe, sowie schon sehr zentral als tragische Nebenfigur Leonardo di Caprio - aber er ist dabei.
Aber bereits Sidney Portier hat 1972 einen „schwarzen“ Cowboy gespielt. (Weg der Verdammten - Buck and the Preacher) . Wiki sagt über die historische Bedeutung des Films:

This film broke Hollywood Western traditions by casting black actors as central characters and portraying both tension and solidarity between African Americans and Native Americans in the late 19th century.
Morgan Freeman spielte in Unforgiven 1992 und 1997 nahm sich Buffalo Soldiers dem Thema „schwarze“ Cowboys explizit an.
 
Im Klischee des Western geht es um weiße Helden im Kampf gegen Indianer und weiße Schurken.

Im "Klischee des Western" geht es zentral um den "Frontier-Mythos", den u.a. Roosevelt stark politisch mit geprägt hatte.

Interessant und lesesnwert ist folgender Thread

American Dream, frontier-Mythos

Zu erwähnen wären vor allem auch die Arbeiten von Slotkin, wie vor allem "Gunfighter nation", um den US-Narrativ besser verstehen zu können. Und seine Wirkungsmächtigkeit, die heute so ungebrochen ist wie eh und je, besser zu verstehen. Mit allen rassistischen und klassenkämperischen Bezügen.

Slotkin, Richard (1993): Gunfighter nation. The myth of the frontier in twentieth-century America. New York: Harper Perennial.
Slotkin, Richard (1995): The fatal environment. The myth of the frontier in the age of industrialization, 1800-1890. 1st HarperPerennial ed., 2. print. New York, NY: HarperPerennial.
Slotkin, Richard (post 2006], 2000): Regeneration through violence. The mythology of the American frontier, 1600-1860. Norman: University of Oklahoma Press.

OT: Sollte es jemand zufällig interessieren, heute Abend im ZDF ("auslandsjournal") eine Doku von Theveßen zur Situation in den USA
 
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Gibt es überhaupt vor den 1980ern einigermaßen bekannte Hollywood-Schauspieler, die zur Black Community gehörten? Außer Sidney Portier?
Neben Sidney Poitier bekannt und in Western zu sehen waren zu der Zeit noch Harry Belafonte und Sammy Davis Jr.
Sammy Davis Jr. spielte in "The Trackers (Die Verfolger )" 1971 durchaus gelungen einen Deputy US Marshal in einer der beiden Hauptrollen und in "Sergeants 3" Die siegreichen Drei – Wikipedia 1962 etwas weniger ernsthaft einen Sklaven, der davon träumt als Trompeter in die US Cavalry aufgenommen zu werden, was dann auch gelingt.

1960 machte John Ford den Film "Sergeant Rutledge", Der schwarze Sergeant – Wikipedia , mit Woody Strode in der Hauptrolle.

Daneben könnte man noch Lola Colt… sie spuckt dem Teufel ins Gesicht – Wikipedia mit Lola Falana erwähnen. Ein nicht besonderer Italo-Western von 1967, aber immerhin steht eine farbige Heldin im Mittelpunkt.

"Ausnahmslos" war es nicht, aber natürlich zu wenig.
 
In den Italowestern sieht man regelmäßig hervorragende Schauspieler wie Woody Strode ("Spiel mir das Lied vom Tod", "Hügel der blutigen Stiefel") oder auch Brock Peters (1968 "Ace High") als Repräsentanten einer Realität, dass eben nicht nur Weiße den Westen bevölkerten. Noch deutlicher wird es in "Mein Name ist Nobody", wo mir sehr gut die antirassistischen Untertöne gefallen. Als Arbeiter im Hafen, Handlanger in Westernstädten und ähnliches tragen Komparsen auch sehr stark m.E. zu einem realistischeren Bild der Zeit bei. Die Tendenz heute Schwarzen einfach Rollen von Weißen zu geben führt bei mir eher dazu, dass ich aussteige und mir das nicht anschauen will, weil ich mich einfach nicht in die Zeit oder das Setting herein geholt fühle.
Man merkt halt, dass so ein gutes Auge für stimmige Settings nur den größeren Regisseuren wie Solima, Colizzi, Leone oder Corbucci gelangen oder etwas bedeuteten. Daneben gibt's auch die Italowestern-Massenware, wo nichts dergleichen wie Eisenbahn, Träger, ein Saloon mit mehr als dem Barmann etc. vorkommt.

Ich bin auch immer noch ein großer Fan von Ossie Winters in "Scalphunters". Vom Aussehen kam der Streifen aber eh einem Italowestern schon sehr nahe.
 
Die Blütezeit des Filmgenres fällt in die 1940er und 1950er Jahre, also noch in die Zeit der Rassentrennung. Zu der Zeit gab es kaum einen Platz für schwarze Schauspieler.

In dem Bürgerkriegsmelodram "Vom Winde verweht" (1939) hatte schwarze Schauspieler Sprechrollen als Sklaven bekommen. Hattie McDaniel bekam für ihre Darstellung der schwarzen Sklavin Mammy einen Oscar. Der Film steht seit einigen Jahren in der Kritik für seine rassistische Stereotypen, aber seinerzeit war er es schon progressiv, dass die Sklaven überhaupt von schwarzen Schauspielern und nicht von Weißen mit Blackface gespielt wurden.
Auf die Entwicklung des Western hatte diese Neuerung aber erstmal keine Auswirkungen. Der Western blieb erstmal weiß. Die Indianer-Rollen wurde in der Regel von weißen Schauspielern gespielt und schwarze Rollen gab es nicht. Die Bürgerkrieg ist in den Plots häufig präsent, aber die Frage der Sklaverei bleibt in der Regel außen vor. Im Fokus stehen das Trauma des Bürgerkrieges und die neue Rolle der weißen Veteranen.

Die ersten Schwarzen im amerikanischen Western traten in Filmen des Blaxploitation-Genre der 1970er auf. Inspiriert von der Bürgerrechtsbwegung produzierten Afroamerikaner Filme mit schwarzen Schauspielern speziell für ein afroamerikanisches Publikum. Es handelt sich um B-Movies abseits des Mainstreams.
Die Entwicklung im Italo-Western ist wahrscheinlich auch eher losgelöst vom Rassismus in der amerikanischen Gesellschaft. Der Bezug zum Western ist in Europa auch anders. Hier hat der Western immer auch etwas von Exotik, während er in der USA für das eigene steht. Der Italo-Western ist kein Heimatfilm sondern der Traum von der weiten Welt.
Django unchained besteht vor allem aus Zitaten aus Italo-Western und Blaxploitation. Bildsprache und Dramaturgie entsprechen zwar durchaus dem Western, aber Ort und Zeit haben eher weniger mit dem Wilden Westen zu tun. Die Story spielt im "tiefen Süden" und Jahre vor dem Bürgerkrieg. Im Subtext geht es aber vor allem um die 1960er, Black Power gegen Ku Klux Klan. Quentin Tarentino lieferte also eine völlig ahistorische Collage verschiedener Film-Genres. (Ein brisanter Punkt ist, dass der moderne Ku Klux Klan selbst durch den frühen Kino-Film The Birth of a Nation (1915) inspiriert ist und diese ganze Neugründung weitgehend auf dem Film basiert. Das frühe Kino hatte hier tatsächlich entscheidenden Einfluss auf das Geschichtsbewusstsein rassistischer Extremisten. Tarentino projeziert diesen neuen Ku Klu Klan bzw. eine Karikatur des Ku Klu Klan zurück ins Jahr 1858. Tatsächlich es es den Klan aber zu der Zeit und in dieser Form nicht gegeben.)


Die Tendenz heute Schwarzen einfach Rollen von Weißen zu geben führt bei mir eher dazu, dass ich aussteige und mir das nicht anschauen will, weil ich mich einfach nicht in die Zeit oder das Setting herein geholt fühle.
Bzgl. des Western-Genres war es über Jahrzehnte geradezu umgekehrt.
In der Dokumentation Black Far West wird vor allem der John-Wayne-Film Der Schwarze Falke/The Searchers (1956) als Beispiel genannt. Der Filmfigur Ethan Edwards (verkörpert durch John Wayne) basiert lose auf der historischen Figur des schwarzen Cowboys Britton Johnston. Bereits der Autor Alan Le Mey hat die Geschichte in seiner Novelle "The Searchers" umgeschrieben bzw. weiß gewaschen. Aus dem ehemaligen Sklaven wurde so ein Veteran der Konföderierten.
Zum Kontext gehören sicherlich auch noch die politischen Aussagen des Schauspielers John Wayne, der sich auch außerhalb der Bühne offen rassistisch äußerte.
 
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