Wie rechtfertigte man die Sonderrolle Frankreichs?

Griffel

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Und wieder ein Thema, aus der Zeit des Kalten Krieges, dass es verdient, näher beleuchtet zu werden! Finde ich jedenfalls. Ich werde mal darauf verzichten, irgendwas zu verlinken, da ich davon ausgehe, dass alle Fakten hinlänglich bekannt sind.

Also in aller Kürze:
Aufgrund massiver politischer Differenzen schied Frankreich 1966 aus der militärischen Integration der Nato aus! Dies geschah auf Betreiben von Präsident de Gaulle, der Frankreichs Ehre verletzt sah und deshalb beleidigt reagierte.:rolleyes: Soweit so gut. Aber! Die Hauptaufgabe, der Nato, war ja die militärische Verteidigung gegen den Osten! Damit stellt sich doch die Frage, was aus einem militärischen Bündnis wird, wenn man die militärische Zusammenarbeit faktisch aufkündigt? Und das hat Frankreich ja getan. Gut! Man hat dann eine Reihe von Sonderabkommen mit den Franzosen geschlossen, aber am Ende war Frankreich nur noch zur Hälfte Natomitglied.

Mich wundert schon, dass die anderen Mitglieder, Frankreich dies durchgehen ließen? Denn immerhin war ja die militärische Integration und Kooperation, das Kernelement der gemeinsamen Verteidigung. Und ohne eine militärische Integration wäre eine effektive militärische Verteidigung nicht möglich gewesen. Außerdem hätte ja die "Gefahr" bestanden, dass im Falle einer Krise auch andere Mitglieder, die Gefolgschaft verweigern. Und somit wäre die Nato handlungsunfähig gewesen. Mittlerweile hat man das in Frankreich wieder revidiert. Aber es stellte sich doch die Frage nach der Zuverlässigkeit von Frankreich.
 
Außerdem hätte ja die "Gefahr" bestanden, dass im Falle einer Krise auch andere Mitglieder, die Gefolgschaft verweigern.

Zwei Aspekte als Anmerkung:
1. Klaus von Dohnanyi hatte in einer Talk-Show in den letzten 2 bis 3 Monaten eine "ungewöhnliche" Situation geschildert. Er war als Stellvertreter von BK H. Schmid zu einer Nato-Übung entsandt worden. Im Ergebnis wurde das simuliert, auf dem die damalige Verteidigung aufbaute, die "erfolgreiche" Verteidigung der BRD mit Hilfe einer Vielzahl taktischer Atomwaffen. Zu dem Preis, dass Deutschland faktisch nicht mehr bewohnbar war.

Auf den Hinweis von Dohnanyi hin, dass das nicht im nationalen Interesse Deutschland sei, atomar verwüstet zu werden im Rahmen der Nato-Verteidigung, soll Schmid geantwortet haben, dass er in diesem Fall die BRD für "neutral" erklärt hätte. Eine sehr bemerkenswerte Aussage für einen Politiker, der sehr überzeugend den "Nachrüstungsbeschluss" verteidigt hatte und auf die Gefahr einer Entkoppelung von den USA hingewiesen hatte.

Diese Äußerung von Schmid ist ein Aspekt, der extrem bemerkenswert ist, mir nicht bekannt war und ein erstaunlich geringes Echo gefunden hat, nachdem v. Dohnanyi es geäußert hatte. Aber dennoch auch die berechtigte Frage aufwirft, in welchem Verhältnis das "Bündnisinteresse" zum "nationalen Interesse" steht. Eine nach wie vor offene politische Frage.

2. Die Frage der Geschlossenheit kann man sicherlich aus westlicher Sicht betrachten. Man sollte sich aber auch immer vergegenwärtigen, und darauf hatte H. Schmid mit einer Reihe von Büchern hingeweisen, dass die Militärmacht der UdSSR neben der Machtprojektion und der vorhandenen offensichtlichen Fähigkeit zur Bedrohung von West-Europa auch die Rolle einer "Besatzungsarmee" zu erfüllen hatte.

Und in diesem Sinne der WP auch ein "Kartenhaus" hätte sein können und u.a. Polen immer eine besondere Rolle gespielt hat.

Ergo: Es sind eine Reihe von "Unbekannten" in der geostrategischen Gleichung der Nato und des WP während des Kalten Krieges.

Mastny, Vojtech; Byrne, Malcolm (2005): A cardboard castle? An inside history of the Warsaw Pact, 1955-1991. Budapest, New York: Central European University Press
 
Mich wundert schon, dass die anderen Mitglieder, Frankreich dies durchgehen ließen? Denn immerhin war ja die militärische Integration und Kooperation, das Kernelement der gemeinsamen Verteidigung. Und ohne eine militärische Integration wäre eine effektive militärische Verteidigung nicht möglich gewesen.

Im Unterschied zum WP, in welchem nur die UdSSR über Atomwaffen verfügte, verfügten in der NATO gleich drei Mitgliedsstaaten über solchige und damit über eine große Bedeutung im Bündnis.
Die militärische Autonomie und eigenständige Abschreckungsmacht war im Sinne von Paris mit den eigenen Atomwaffen gewährleistet, eine Unter- bzw. Einordnung in die militärischen Befehlsstrukturen der NATO stand dem entgegen, zumindest aus Sicht von de Gaulle.

Jeder Mitgliedsstaat hat das Recht, jederzeit aus der NATO auszutreten, auch ein teilweiser Rückzug im Form eines Ausscheidens aus den militärischen NATO-Strukturen ist möglich, unter dem bleibenden Schutzschirm der politischen Verbindung zur NATO.

Ansonsten war der mit Abstand wichtigste militärische NATO-Abschreckungsfaktor in Europa der Atomwaffen-Schutzschirm der USA in der BRD sowie die in der BRD stationierten US-Truppen mitsamt den konventionellen Waffen.
 
Die Nato war ja nicht nur durch de Gaulles, die USA brüskierend, Austritt aus den militärisch integrierten Organisation der Nato im März 1966 in eine Krise geraten.

Die Krise hatte nicht zuletzt auch mit dem nationalen Interesse der USA, wie es damals in Washington definiert wurde, zu tun. In der US Regierung gewann seiner Zeit ein Denkmodell an Boden zu gewinnen, die zugespitzt formuliert aussagte, ein atomares Einverständnis mit der Sowjetunion auch um den Preis der Erosion der NATO in Kauf genommen würde. Der Einfluss von Außenminister Rusk war im Sinken. Domminierend waren die Verhandlungen über die Nichtverbreitung von Atomwaffen. Foster hatte gegenüber der Zeitschrift Foreign Affairs klargestellt, dass die Entspannung mit der Sowjetunion unbedingt Priorität gegenüber der Solidarität den Verbündeten einzuräumen sei.

Ein solche Politik der USA stellte Deutschland nicht nur vor die Alternative, ob das Ziel der Wiedervereinigung vor dem der Abrüstung rangiere oder die umgekehrte Reihenfolge von Bonn anzuerkennen war. Jedenfalls stellte diese Politik der USA die Bundesrepublik vor die Wahl der Isolierung oder Anpassung. Ebenfalls von Bedeutung war, das der amerikanisch-sowjetische Dialog die Sicherheit der Bundesrepublik gefährdete. Denn der von den USA in Kauf genommene Lockerung der Nato mit ihren für die Bundesrepublik nachteiligen Folgen entsprach ja keineswegs eine gegenüber Bonn freundlich geführter Politik von der Seiten der Sowjets. Im Gegenteil; die Bemühungen Moskaus die Bundesregierung zu isolieren, hielten ebenso an wie die sowjetische Propaganda.
 
Und wieder ein Thema, aus der Zeit des Kalten Krieges, dass es verdient, näher beleuchtet zu werden! Finde ich jedenfalls. Ich werde mal darauf verzichten, irgendwas zu verlinken, da ich davon ausgehe, dass alle Fakten hinlänglich bekannt sind.

Also in aller Kürze:
Aufgrund massiver politischer Differenzen schied Frankreich 1966 aus der militärischen Integration der Nato aus! Dies geschah auf Betreiben von Präsident de Gaulle, der Frankreichs Ehre verletzt sah und deshalb beleidigt reagierte.:rolleyes: Soweit so gut. Aber! Die Hauptaufgabe, der Nato, war ja die militärische Verteidigung gegen den Osten! Damit stellt sich doch die Frage, was aus einem militärischen Bündnis wird, wenn man die militärische Zusammenarbeit faktisch aufkündigt? Und das hat Frankreich ja getan. Gut! Man hat dann eine Reihe von Sonderabkommen mit den Franzosen geschlossen, aber am Ende war Frankreich nur noch zur Hälfte Natomitglied.

Mich wundert schon, dass die anderen Mitglieder, Frankreich dies durchgehen ließen? Denn immerhin war ja die militärische Integration und Kooperation, das Kernelement der gemeinsamen Verteidigung. Und ohne eine militärische Integration wäre eine effektive militärische Verteidigung nicht möglich gewesen. Außerdem hätte ja die "Gefahr" bestanden, dass im Falle einer Krise auch andere Mitglieder, die Gefolgschaft verweigern. Und somit wäre die Nato handlungsunfähig gewesen. Mittlerweile hat man das in Frankreich wieder revidiert. Aber es stellte sich doch die Frage nach der Zuverlässigkeit von Frankreich.

Frankreich hatte Anfang 960 in Algerien die erste Kernwaffenexplosion gestartet, und Frankreich war damit in den Kreis der Atommächte getreten. 1958 wurden die ersten Atomraketen vom Typ Thor in GB stationiert. Diese Atomwaffen unterlagen aber dem Zuständigkeitsbereich der Royal Air Force. De Gaulles Rolle während des 2. Weltkriegs war zeitweise eine überaus schwierige gewesen. Es gab lange Zeit auf Seiten der Briten große Vorbehalte gegen de Gaulle, ob es überhaupt zu einem Treffen mit diesem obskuren General kommen sollte und unter welchen Voraussetzungen. De Gaulle war während des Krieges immer wieder Demütigungen- realen und eingebildeten- von Seiten der Briten und Amerikaner ausgesetzt.

De Gaulle hielt eine starke Dominanz der USA innerhalb der Nato zumindest für bedenklich und fürchtete, dass französische Interessen nicht genügend berücksichtigt würden, dass Frankreich außenpolitisch zu einem Juniorpartner der USA werden würden. In gewissen politischen Fragen, etwa in der Indochina-Politik gab es durchaus Konfliktpotenzial zwischen amerikanischen und französischen Interessen. Er wünschte sich, dass in Frankreich stationierte amerikanische und kanadische Truppen unter französischen Oberbefehl gestellt werden. Bereits 1959 hatte Frankreich seine Flotte dem Nato-Oberbefehl entzogen.
Nachdem de Gaulles Wunsch, die in Frankreich stationierten kanadischen und amerikanischen Einheiten unter französischen Oberbefehl zu stellen, von den USA abgelehnt wurden, forderte de Gaulle Februar 1966 deren Abzug mit der Begründung, dass Frankreich seine volle Ausübung seiner Souveränität anstrebe. 30.000 Soldaten verließen daraufhin Frankreich und Frankreich zog sich aus der Nato zurück.

Die Militärdoktrin der Nato sah im Ernstfall das Konzept der "massiven Vergeltung (massive retalliation) vor. Auf jegliche Attacke der WP-Staaten, gleichgültig ob mit konventionellen oder atomaren Waffen, sollten sofort die SU und ihre Verbündeten massiv mit Atomwaffen beschossen und vernichtet werden.

Erst 1968 wurde das Konzept der massiven Vergeltung durch das der "Flexible Response" ersetzt, da das enorme Zerstörungspotenzial der Atomwaffen eine flexiblere Vorgehensweise geboten sein ließ.
 
Im wesentlichen ging es um das "Nationale Interesse" Frankreich`s bzw. seiner "Sicherheitsinteressen". Und daraus abgeleitet die Bewertung der Rolle der USA als nicht-europäische Macht und ihrer Rolle für die europäische Außenpolitik.

"The 1960s are the crucial decade for studying the political dimension of NATO, not least because at the time the future of the alliance seemed uncertain. As NATO's twentieth anniversary in 1969 approached, one member – France under President Charles de Gaulle – seriously seemed to consider using its right under Article 13 of the North Atlantic Treaty to cease its alliance membership. De Gaulle's opposition to military integration and central nuclear control is also well documented. At the heart of the Gaullist challenge to NATO, however, was the questioning of NATO's political legitimacy: was NATO, dominated by the United States, the right political forum for achieving German and European unity, for proceeding with détente with Eastern Europe, and for negotiating a lasting European settlement? De Gaulle was convinced that the Europeans had to assume political leadership outside of NATO's structures.2 The fact that policy makers in Bonn and other European capitals at times raised the possibility of dissolving NATO and the Warsaw Pact as an alternative model for designing a new European order stirred considerable anxiety in NATO's corridors."

Andreas Wenger, Christian Nuenlist, and Anna Locher (Eds) Transforming NATO in the Cold War: Challenges beyond Deterrence in the 1960s (CSS Studies in Security and International Relations) . Taylor and Francis. (S.3)

Und die Sicht von Nato:
France and NATO - 1949
SHAPE History | that France did not leave NATO in 1966 but continued to play a very active role in the Alliance?

Reintegration:
France to Rejoin NATO Command
 
Und deshalb habe ich ja auch geschrieben:

Die Nato war ja nicht nur durch de Gaulles, die USA brüskierend, Austritt aus den militärisch integrierten Organisation der Nato im März 1966 in eine Krise geraten.

Hervorhebung durch mich.
 
Zuletzt bearbeitet:
In der US Regierung gewann seiner Zeit ein Denkmodell an Boden zu gewinnen, die zugespitzt formuliert aussagte, ein atomares Einverständnis mit der Sowjetunion auch um den Preis der Erosion der NATO in Kauf genommen würde. Der Einfluss von Außenminister Rusk war im Sinken. Domminierend waren die Verhandlungen über die Nichtverbreitung von Atomwaffen. Foster hatte gegenüber der Zeitschrift Foreign Affairs klargestellt, dass die Entspannung mit der Sowjetunion unbedingt Priorität gegenüber der Solidarität den Verbündeten einzuräumen sei.

Ein solche Politik der USA stellte Deutschland nicht nur vor die Alternative, ob das Ziel der Wiedervereinigung vor dem der Abrüstung rangiere oder die umgekehrte Reihenfolge von Bonn anzuerkennen war.

Jau...und da wieder die internationale politische Situation reflektiert wird:

  • nach der Kuba-Krise 1963 versuchten die Administrationen in Moskau und Washington solche hochriskanten Eskalationsmomente einzudämmen...1964 wurde Chruschtschow von Breshnew abgelöst...was die Sache schon mal wesentlich erleichterte
  • die US-Außenpolitik der Johnson-Regierung hatte sich in Südostasien militärisch mit hohen Kosten in einen unerklärten Krieg verstrickt, gleichzeitig versuchten sowohl Moskau und Washington die auf eine Dénte hinlaufenden direkten Beziehungen zwischen beiden Staaten weiter aufrecht zu erhalten...daher die Signale/Gespräche der Verständigungsbereitschaft zwischen den beiden Supermächten
  • damit waren aber diverse andere mögliche Spannungsquellen bei bzw. in den 'kleinen' Staaten innerhalb der NATO wie des WP eher unerwünscht...die Supermächte tendierten damit zur Verständigung ohne größere Berücksichtigung der kleinen Staaten in NATO und WP
  • gerade die BRD, Berlin und DDR waren eine zuverlässige, brisante Spannungsquelle gewesen und die US-Regierung wie auch der US-Kongress drängten spätestens unter Johnson teils massiv auf höhere Kostenbeteiligungen beispielsweise der Bonner Regierung am gewaltigen militärischen Engagement der US-Militärs in der BRD
  • doch damit nicht genug...der Kongress drängte die Johnson-Administration u.a. auch auf deutliche Truppenreduzierungen in Europa, besonders natürlich in der BRD. Diverse, inzwischen veröffentliche Dokumente in den entsprechenden Editionen belegen dies, u.a. mit Briefen Willy Brandts an die US-Regierung, an bedeutende Kongress-Akteure (der sich übrigens entschieden gegen eine Truppenreduzierung aussprach)
  • de Gaulle hatte ab den frühen 1960 Jahren recht erfolgreich angefangen, eine eigenständige, auf Verständigung und vielfältige Kontaktintensivierung ausgerichtete Sowjetunion-Politik zu betreiben; u.a mit deutlich verstärkten Bemühungen um intensivere politische, wissenschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen.
  • In diesem Rahmen gehören seit den frühen 1960er Jahren auch de Gaulles Bemühungen um eine (west-)deutsch-französische Aussöhnung und Freundschaft
 
Und wieder ein Thema, aus der Zeit des Kalten Krieges, dass es verdient, näher beleuchtet zu werden! Finde ich jedenfalls. Ich werde mal darauf verzichten, irgendwas zu verlinken, da ich davon ausgehe, dass alle Fakten hinlänglich bekannt sind.

Also in aller Kürze:
Aufgrund massiver politischer Differenzen schied Frankreich 1966 aus der militärischen Integration der Nato aus! Dies geschah auf Betreiben von Präsident de Gaulle, der Frankreichs Ehre verletzt sah und deshalb beleidigt reagierte.:rolleyes: Soweit so gut. Aber! Die Hauptaufgabe, der Nato, war ja die militärische Verteidigung gegen den Osten! Damit stellt sich doch die Frage, was aus einem militärischen Bündnis wird, wenn man die militärische Zusammenarbeit faktisch aufkündigt? Und das hat Frankreich ja getan. Gut! Man hat dann eine Reihe von Sonderabkommen mit den Franzosen geschlossen, aber am Ende war Frankreich nur noch zur Hälfte Natomitglied.

Mich wundert schon, dass die anderen Mitglieder, Frankreich dies durchgehen ließen? Denn immerhin war ja die militärische Integration und Kooperation, das Kernelement der gemeinsamen Verteidigung. Und ohne eine militärische Integration wäre eine effektive militärische Verteidigung nicht möglich gewesen. Außerdem hätte ja die "Gefahr" bestanden, dass im Falle einer Krise auch andere Mitglieder, die Gefolgschaft verweigern. Und somit wäre die Nato handlungsunfähig gewesen. Mittlerweile hat man das in Frankreich wieder revidiert. Aber es stellte sich doch die Frage nach der Zuverlässigkeit von Frankreich.

Die Westintegration Frankreichs stand aber nie in Frage, und es hat auch nach Frankreichs Teilaustritt aus der Nato noch eine Reihe von gemeinsamen Projekten gegeben. Nach den Gründungsstatuten der Nato blieb jedem Nato-Mitglied überlassen, das Militärbündnis jederzeit auch wieder verlassen zu können. Es gab innerhalb der Nato keine "Breschnew-Doktrin", die die staatliche Souveränität der Mitgliedstaaten einschränkte. Frankreich bewegte sich mit seinem Teilrückzug aus der Nato völlig innerhalb der Regularien.
 
Die Westintegration Frankreichs stand aber nie in Frage,

So ist es, obwohl man noch 1969 erwartete, das Frankreich den auslaufenden NATO Vertrag in der damals bestehenden Form jedenfalls nicht erneuern würde.

Eine Einleitung mit "Jau" schenke ich mir einmal.

De Gaulles Entschluß, die militärische Mitarbeit in Rahmen der Nato einzustellen spiegelte grundsätzlich Motive, die von Überlegungen über die Würde und Souveränität Frankreichs getragen worden waren. In Briefen an Johnson, Wilson und Erhard führte de Gaulle aus, was von französischer Seite auch in anderen Zusammenhang immer wieder betont wurde; dass Frankreich nämlich auf gar keinen Fall durch die asiatischen Ereignisse (Vietnamkrieg) in europäische Konflagrationen hineingezogen werden wollte, nicht ganz unverständlich. Demgemäß postulierte de Gaulle eine Teilbarkeit des Friedens. Er unterschied zwischen einen durch die Politik der Entspannung beruhigten Europa und einem von Spannungen sowie militärischen Auseinandersetzungen heimgesuchten Asien. Diese asiatische Krise durfte aber den europäischen Frieden nicht stören. Amerikanisch-sowjetische Dissonanzen sollten auf jenem fernen Teil der Welt begrenzt werden und nicht auf Europa übergreifen können.
Daher bestand de Gaulle auch darauf, Frankreich die Freiheit zu erhalten, in einem europäischen Kriegsfall entscheiden zu können, ob es sich um einen provozierten oder unprovozierten Angriff von Seiten der Sowjetunion handle. Mit anderen Worten: Frankreich wollte abseits stehen bleiben, wenn die Sowjetunion sich, nach ihrem Verständnis, beispielsweise in begrenzten Maße in Europa für ein Handeln revanchieren würde, das mit den Aktionen der Amerikaner in Vietnam zusammenhing.
 
Zuletzt bearbeitet:
dass Frankreich nämlich auf gar keinen Fall durch die asiatischen Ereignisse (Vietnamkrieg) in europäische Konflagrationen hineingezogen werden wollte, nicht ganz unverständlich.

Nicht ganz unverständlich, aber erstaunlich inkonsequent, nachdem gerade Frankreich einen nicht gerade geringen Beitrag dazu geleistet hatte dieses Konfliktfeld in Süd-Ost-Asien aufzumachen und man in Frankreich ja auch nicht daran dachte sich auf das Format eines auf Europa beschränkten Akteurs zu reduzieren.

Zumal das Handeln in Vietnam ja speziell die USA betraf, der französische Austritt aus dem militärischen Teil der NATO-Kooperation allerdings weniger Rückwirkung auf die USA, als viel mehr auf die europäischen Verbündeten haben musste.
 
Er unterschied zwischen einen durch die Politik der Entspannung beruhigten Europa und einem von Spannungen sowie militärischen Auseinandersetzungen heimgesuchten Asien.

Da war er nicht allein, die Johnson-Administration hat nach Berlin-Krise II und Kuba-Krise 1962 und im Kontext der wachsenden militärischen Verstrickung/Intervention in Vietnam ebenfalls den europäisch-sowjetischen Bereich eher auf Entspannung gesetzt. Entsprechend wirkte sich beispielsweise der sowjetisch initiierte Prager Umsturz 1968 nur kurz und nicht nachhaltig auf die us-sowjetischen Beziehungen aus.

Diese asiatische Krise durfte aber den europäischen Frieden nicht stören. Amerikanisch-sowjetische Dissonanzen sollten auf jenem fernen Teil der Welt begrenzt werden und nicht auf Europa übergreifen können.
Da ging de Gaulle wohl Konform mit der Johnson-Administration, welche gleichzeitig im direkten Verhältnis zu Moskau die Verhandlungen zum Atomwaffenteststop und Atomwaffensperrvertrag führte. Woran sich die französische Regierung 1963 bzw. 1968 bezeichnenderweise wiederum nicht beteiligt hatte.
 
Gerade wegen Letzterem und da die NATO in keinem der Kalter-Krieg-Ereignissen an den Hotspots und oder den militärischen us-amerikanischen Containment-Aktionen (Korea, Vietnam beispielsweise) involviert gewesen war, involviert wurde und beteiligt werden konnte entsprechend dem Washingtoner Vertrag, dürften de Gaulles unausgesprochene Motive für den Austritt aus der militärischen Struktur der NATO 1966 eher nicht darin gelegen haben, dass er die Möglichkeit sah, via US-Außenpolitik (Vietnam usw.) dank Pariser NATO-Mitgliedschaft ins Fahrwasser europäischer Konfrontationen im Schatten möglicher massiver, direkter us-sowjetischer Spannungen zu geraten.

Schon beim/nach dem Berliner Mauerbau 1961 war ja deutlich geworden, dass die Washingtoner Administration die Situation - in Europa - nicht weiter eskalieren lassen wollte, wie Willy Brandt feststellen musste.
Erst recht gilt dies für die Phase nach der Kubakrise.
 
Das ist ja alles interessant und informativ. Danke dafür! Aber es stellt sich doch die Frage, wie man eine Organisation, wie die Nato, funktionsfähig erhält, wenn, theoretisch jedes Mitglied machen darf, was es für richtig hält? Eine sinnvolle und effektive militärische Verteidigung, hängt von einer Menge Faktoren ab!

Somit hätte es Grundsätze geben müssen, die unveränderlich sind! Ansonsten, machte eine Nato, keinerlei Sinn. Eine bloße Absichtserklärung, wäre wirkungslos gewesen, angesichts der Stärke des WP.

Dass Truppenstationierungen im Ausland, immer mit Kosten verbunden sind, ist allgemein bekannt. Da wäre meine Frage aber, wie sich die BRD, noch mehr an den Kosten hätte beteiligen sollen? Immerhin, war man ja noch immer mit der Aufstellung der Armee beschäftigt, die man der Nato versprochen hatte! Außerdem, gab es in den Verträgen, ja klare Bestimmungen über die Beteiligung oder Unterstützung bei der Stationierung von Nato-Truppen.:cool: Und man muss ja klar sagen, dass kein Land sowie die BRD, von der Nato profitiert hat.

Hätte man im Gegenzug westdeutsche Soldaten in den USA stationieren sollen? Gut! Das wäre politisch und militärisch sicherlich sinnvoll gewesen. Und geschah später ja auch! Wenn auch, in kleinerem Maßstab. Neben der Luftwaffe, wurden ja auch Heeressoldaten in den USA ausgebildet. Hauptsächlich Leute des fliegenden Personals und der Flugabwehr. Weil, dies aufgrund von Platzgründen, in der BRD, nur bedingt ging.
 
Hätte man im Gegenzug westdeutsche Soldaten in den USA stationieren sollen? Gut! Das wäre politisch und militärisch sicherlich sinnvoll gewesen. Und geschah später ja auch! Wenn auch, in kleinerem Maßstab. Neben der Luftwaffe, wurden ja auch Heeressoldaten in den USA ausgebildet. Hauptsächlich Leute des fliegenden Personals und der Flugabwehr. Weil, dies aufgrund von Platzgründen, in der BRD, nur bedingt ging.

Nein! Das wäre totaler Unsinn gewesen. Die Bundeswehr war nach eigenen Statuten eine reine Verteidigungsarmee, der allein die Verteidigung des eigenen Territoriums oblag.

Deutschlands Sicherheit wurde nicht an der Beringstraße oder an den Rocky Mountains garantiert.
 
Mir fielen auch andere Kandidaten ein, als die BRD. Die Türkei zum Beispiel wäre mein Favorit.

Ich würde auch an Portugal denken, ohne Aufnahme in die NATO 1949 wäre das Land als extrem rechtsgerichtete Diktatur in Europa vermutlich ähnlich lange weitgehend isoliert gewesen, wie Spanien.

Auch die Be-Ne-Lux Länder profitierten sicherlich sehr von der Einbindung in eine militärische Struktur, die nachdem dass Gebiet in den letzten 50 Jahren 2 mal Kriegsschauplatz war endlich wirksam garantierte, dass es von seinen größeren Nachbarn so schnell nicht wieder verwüstet würde.

Auch für Griechenland war das ein sehr großer Gewinn.
 
Ich sehe das folgendermaßen:
So etwas wie eine "Verteidigungsarmee", existiert nicht! Aber worum es eigentlich geht. Die USA hatten und haben mehrere Tausend Meilen von ihrem Zuhause, Truppen stationiert, um ein anderes Land zu schützen. Gemäß den Verträgen. Das kostet den amerikanischen Steuerzahler, eine Menge Geld! Deshalb, gibt es ja Paragrafen, die regeln, wie die Stationierungsländer, sich an den Kosten beteiligen.

Und praktisch gesehen, spielt es keine Rolle, an welcher Grenze, die Bundeswehr, das Nato-Gebiet verteidigt. Im Falle eines Konfliktes, wäre zum Beispiel Alaska, genauso ein Einfallstor für sowjetische Truppen gewesen, wie die Fulda-Gap. Norwegen zum Beispiel hatte ja auch eine lange gemeinsame Grenze mit der SU. Und hat diese aus diesem Grund militärisch gesichert. Auch wenn, es dort keine Mauer gegeben hat.

Mal abgesehen davon, dass Alaska, sehr dünn besiedelt ist und es dort genug Platz für eine deutsche Basis gegeben hätte! Auch wenn, Alaska, räumlich getrennt von den USA, oder besser gesagt, dem Hauptteil der USA ist, so ist es dennoch nach den Verträgen Vertragsgebiet. Daraus folgt, dass die Bundeswehr theoretisch dazu berechtigt gewesen wäre, auch dort zu kämpfen. Immer vorausgesetzt, dass die USA darum gebeten hätten. Was zugegeben, mehr als unwahrscheinlich gewesen wäre.:D:rolleyes: Die USA, wie auch die Nato, waren ja bestrebt, einen Konflikt zu vermeiden und so er nicht vermeidbar gewesen wäre, ihn auf den europäischen Kontinent zu beschränken.

Für einen solchen Fall hätte es aber erst einmal eine Anfrage bzw. ein Angebot an die USA geben müssen von deutscher Seite. Und selbst wenn, es ein solches Angebot gegeben hätte, wäre eine etwaige Zustimmung durch den Kongress erforderlich gewesen. Die Zustimmung, aus Alaska, wäre sicherlich erfolgt! Immerhin bedeuten Soldaten auch Infrastruktur und zusätzliche Arbeitsplätze. Und ob nun US-Soldaten ihr Geld in Deutschland ausgeben oder deutsche Soldaten in den USA. Der Effekt ist der Gleiche und bei den jeweiligen Ländern, durchaus gerne gesehen. Immerhin, wurden für die Natotruppen, ganze Wohnsiedlungen gebaut. Das hat zwar Geld gekostet, weil Grund und Boden gekauft, seltener Beschlagnahmt werden musste. Aber dadurch, dass durch die Bautätigkeit, Arbeitsplätze gesichert und geschaffen wurden, hat sich das mehr als Ausgeglichen. Im Übrigen sehe ich nicht ein, warum in den USA nicht klappen sollte, was in Deutschland geklappt hat. Auch in den USA gibt es intelligente und kompetente Menschen. Somit hätte es kein Problem darstellen sollen, etwaige Einrichtungen, nach europäischem Standard, von US-Firmen errichten zu lassen. Nicht zu reden davon, dass es sehr sinnvoll gewesen wäre, das benötigte Material vor Ort zu beschaffen. Mir kann niemand einreden, dass es billiger gekommen wäre, Dinge wie Zement, Bauholz oder Nägel über den Atlantik zu karren. Und auch geliebte Dinge wie Brezeln und Weißbier muss der deutsche Soldat nicht missen! Die gibt es mittlerweile auch in den USA.

Natürlich ist es so, dass die Sicht, eine einseitige ist! Die USA, sehen es gerne, wenn, ihre Truppen überall dort sind, wo es Ärger geben könnte. Das ist seit Theodore Roosevelt so. Die Amerikaner haben halt einen anderen Sicherheitsbegriff. Die Vorstellung hingegen, dass sich ausländische Truppen, auf US-Boden aufhalten, macht noch heute manchem Amerikaner Angst. Wofür eigentlich kein Grund besteht! Und wie gesagt, auch die BW unterhält seit fast 50 Jahren ein Verbindungskommando in den USA! In früheren Zeiten waren mehrere Hundert Angehörige der deutschen Streitkräfte in den USA stationiert. In der Hauptsache in Texas. Wer mehr wissen will, kann auf den Seiten der BW fündig werden! Inzwischen wurde der Personalbestand, natürlich reduziert. ;) Kann sein, dass sich das wieder umkehrt im Lichte jüngster Ereignisse.

Früher hatte die Luftwaffe, ja ein ganzes Geschwader in Portugal stationiert. Und dort auch einen eigenen Luftbodenschießplatz. Natürlich wäre es am vernünftigsten, wenn, man Standorte gemeinsam nutzen würde! Was ja schon geschieht. In Kanada, beispielsweise, wird ja das Gebiet von Goose Bay zur fliegerischen Ausbildung genutzt.
Was sich bei Ländern, wie den USA oder Kanada, natürlich einfacher machen lässt, da es dort mehr Platz gibt und weniger Beschränkungen, als in Europa.
 
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