Karikatur "Die Familie der Schweine" 1792

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Goldecaddy

Gast
Liebe Mitglieder,

ich interessiere mich erneut für eine Karikatur aus der Zeit der Französchen Revolution.

https://www.alamy.de/familienschwei...mpe-paris-muse-carnavalet-image349562054.html

Dargestellt ist die königliche Familie nach ihrer Flucht bzw. ihrer Gefangennahme in Varenne. Sie werden nach Paris escortiert, von der Nationalgarde, wie ich annehme.
Folgende Aspekte würde ich gerne ergründen:
Begleidet der Nationalgardist mit der roten Uniform etwa einen besonderen Rang/Offiziersrang, mir sind nur blaue Uniformen geläufig. Ich nehme an, vorne sitzt Marie Antoinette und hinten Ludwig XVI.? Kann mir jemand etwas zu Hüten oder den Scherpen sagen, welche die "Schweine" tragen?

Vielen Dank!
 
Ich nehme an, vorne sitzt Marie Antoinette und hinten Ludwig XVI.?
Und ich nehme an, du meinst mit »hinten« ›dahinter‹, denn Ludwig sitzt vorne, gleich neben Marie Antoinette mit zum Betrachter gerichtetem Kopf, wie er damals auf zahlreichen Karikaturen dargestellt wurde.

(Da die von Ralf angegebene Seite bei mir nicht will, noch paar Anmerkungen: ) Die Haube mit Feder (bonnet à plumes) war weit verbreitet in Frankreich. Auch Marie Antoinette wurde vielfach befedert gezeigt. Dennoch wollte auch die Revolutionsmode nicht darauf verzichten.
Was den hohen Hut angeht, wird’s schwieriger. Solche Hüte kamen um 1790 auf, nachdem im letzten Viertel des Jhs. der Hut bei Frauen generell beliebter geworden war. Habe jedoch keine Ahnung, wie man den Typus genannt haben könnte, vielleicht »chapeau girondin«, wie dies das Internet nahelegt. Soll von den Girondisten bevorzugt worden sein und wurde dann im directoire zur Mode.(hatte evtl. den welsh hat inspiriert). Dass der Hut hier eine politische Bedeutung haben könnte, bezweifle ich, zumal ich den Sinn für einen Bezug auf die Girondisten nicht sehe.
Bei den blauen Scherpen würde ich auf einen ›Ersatz für Ketten‹ tippen, quasi ›in der Obhut der Nationalgarde‹.
Habe aber nicht mal Vermutungen, warum der Kutscher Rot trägt und ob er überhaupt zur Garde gehört. Eine andere, sehr ähnliche aber mehr ausgearbeitete Karikatur in der BnF zeigt den Kutscher in Blau als Gardisten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine Möglichkeit wäre, dass der Kutscher garkein Militärangehöriger sein soll. Er hat keinerlei militärische Attribute, nichtmal eine Kokarde am Hut.
Ich würde das mit dem Kutscher aber auch wirklich nicht überbewerten. Die ganze Karikatur scheint mir vom Niveau her nicht so besonders - gelinde gesagt. Die königliche Familie wird als Familie von Schweinen diffamiert. Es werden ihr nichtmal irgendwelche negativen Eigenschaften angehangen sondern diese einfach als Schweine dargestellt. Die Köpfe sind offensichtlich von zeitgen. Abbildungen wie Porträts genommen. Die männlichen Familienangehörigen werden durch die Darstellung des Cordon Bleu, also des blauen Bandes vom Ordre de Saint Esprit, deutlich gemacht. Das eine männliche Familienmitglied hat eine typische Kinderfrisur mit langen offenen Haaren, welche das Individuum als Dauphin charakterisiert.
Bei den Nationalgardisten wurde sich auch nicht viel Mühe gegeben. Die Krägen, die Paspellierungen an den Rabatten und die Aufschläge wären in Rot gewesen. Die goldene Epaulette an dem einzigen deutlicher sichtbaren Grenadier (Grenadier, da mit Bärenfellmütze) ist offenbar auch ein Fehler in der Kolorierung, da Offiziere zu dieser Zeit keine Gewehre in der französischen Armee trugen und wenn es sich um einen normalen Mannschaftsdienstgrad handeln würde, wäre die Epaulette (das Ding mit den Fransen dran) in Rot. Offiziere haben auch keine gekreuzten Bandeliers, da sie kein Patronentaschenbandelier brauchen.
Man erkennt auf der rechten Bildseite sehr schematisch dargestellte Reiterei von hinten an der aber auch fast alle Details fehlen. Weil Dragoner Helme trügen, dürfte es sich am ehesten um ein schweres Kavallerieregiment handeln. Von denen waren schon vor 1789 zahlreiche Regimenter blau uniformiert. Das Gebäude im Hintergrund ist nicht zuzuordnen - typische französische Architektur des 17.Jh. hätte ich jetzt gesagt.
Insgesamt eine inhaltlich wie künstlerisch wenig anspruchsvoll gemachte Darstellung aus der man m.E. wenig lesen kann außer der Verachtung des Künstlers für die königl. Familie.
 
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