Homosexualität Friedrich des Großen

Das sehe ich ganz anders. Seine eigene Äußerung zu Darget und die Kommentare von berühmten Zeitgenossen, die mit Friedrichs Favoriten gesprochen haben, lassen keinen anderen Schluss zu als den, dass er den passiven Analverkehr praktizierte, ob es uns nun passt oder nicht. Offenbar wird das bis heute von vielen als unwürdig für einen preußischen Herrscher empfunden, weshalb man es lieber leugnen möchte.
 
Der französische Begriff "la verge" steht für Penis oder Rute. Die Schweizerin Ursula Pia Jauch, die oben zitiert wurde, übersetzt: "Schwanz". Wenn Friedrich selbst in seinem Brief an den bekanntermaßen schwulen Vorleser Darget schreibt: "Meine Hämorrhoiden grüßen liebevoll Ihren Schwanz", kann es ja wohl keinen Zweifel darüber geben, dass er seine Homosexualität ausgelebt hat.
Das ist ein Indiz, aber kein Beweis für den Vollzug. Das kann genausogut eine Art Flirt oder ein schelmisches "Désolé(e)" sein. Hab jetzt keine Schoßgebete zur Hand, aber der persönliche Lustgewinn, der sich ergibt, wenn die Hämorrhoiden rhythmisch stoßbelastet werden, mag durchaus begrenzt sein...

Was Voltaire und Casanova angeht: Das Verhältnis zwischen Voltaire und Fritze war zeitweise recht belastet und V. ein spitzzüngiger Autor: Hier wäre also durchaus auf den Zeitpunkt seiner Aussage zu achten. Und auch C. hatte m. W. Memoiren zu verkaufen. Er wird da für sexuell konnotierten Klatsch & Tratsch am Hofe bösen Mannes in Potsdam durchaus offen gewesen sein.
Das soll ja alles nicht vehement Fritzens mögliche homosexuelle Neigungen widerlegen und plausibel scheint es zu sein. Die 'smoking gun' ist es jedoch nicht.
 
Das sehe ich ganz anders. Seine eigene Äußerung zu Darget und die Kommentare von berühmten Zeitgenossen, die mit Friedrichs Favoriten gesprochen haben, lassen keinen anderen Schluss zu als den, dass er den passiven Analverkehr praktizierte, ob es uns nun passt oder nicht. Offenbar wird das bis heute von vielen als unwürdig für einen preußischen Herrscher empfunden, weshalb man es lieber leugnen möchte.

Sexuelle Eskapaden, Exzesse sind ein beliebtes Thema und sie wurden schon in der Antike benutzt, um politische Gegner zu diskreditieren. Die Kaiserbiographien des römischen Historiographen Sueton sind voll von Gerüchten über sexuelle, homosexuelle und pädophile Neigungen von Caesar, Tiberius, Caligula und Nero. Sueton war Leiter des Archivs, er konnte auf eine Reihe von sehr persönlichen Quellen zurückgreifen. Sueton ist durchaus eine wichtige Quelle, aber kein Historiker würde Sueton wirklich alles glauben, was er über Caesar, Tiberius und Nero an Gerüchten überliefert.

Voltaire gehörte einige Zeit zur Tafelrunde Friedrichs, aber zwei solche eitlen Gockel in Sanssoucci- das ging nicht lange gut! Friedrich war ein eiskalter Zyniker, der für eine Pointe auch schon mal einen "Freund" opferte. Voltaire aß für drei und war ein furchtbarer Schmeichler- er hatte aber schnell raus, wie der Hase lief. Friedrich schrieb über Voltaire: "Ich behalte ihn höchstens 1 Jahr noch- Man presst die Orange aus-die Schalen schmeißt man weg."

Als die beiden sich satt hatten und Voltaire abreiste, ließ ihn Friedrich festsetzen. Diese Kränkung hat er dem König nie vergeben. Friedrich und Voltaire schrieben sich später wieder, aber es hat Voltaire teilweise sehr abfällig sich über Friedrich geäußert. Voltaire ist durchaus ein zwiespältiger Zeitzeuge. Voltaire kann man durchaus in seiner Potsdamer Zeit als Insider bezeichnen, was den preußischen Hof betrifft.

Das aber war Casanova nicht, als er nach Potsdam kam, war er aus Polen mehr oder weniger geflüchtet. Berühmt geworden war er durch seine Flucht aus den Bleikammern, und als Goldmacher, Spieler und Glücksritter. Casanova hatte in Petersburg und Potsdam nach einer Stelle gesucht. Er hatte Katherina II. vorgeschlagen, die Odyssee ins Russische zu übersetzen und den gregorianischen Kalender einzuführen. In Potsdam war Casanova nur kurze Zeit. Er berichtete, der König habe ihn einen schönen Mann genannt. Casanova war aber nicht Mitglied der Hofgesellschaft.

Homosexualität war im 18. Jahrhundert als "widernatürliche Unzucht" in den meisten Territorien strafbar. Das 18. Jahrhundert gilt als galantes Zeitalter, und die erotische Literatur war durchaus reich. Die Sittengesetzgebung für das gemeine Volk war aber knallhart. Etliche Paare hatten gar keine Chance, heiraten zu dürfen, weil sie das Mindest-Vermögen nicht besaßen. Die restriktive Sittengesetzgebung war ein Mittel der Sozialdisziplinierung.

Für den Adel galten diese Prinzipien nicht. Die Könige von Frankreich hatten ihre Maitresses en titre. Als Ludwig XIV. auf den Kriegspfad zog, zur Belagerung nahm er die Königin und seine Maitressen Francoise Athenais de Montespan und Louise de La Vallkiere mit. Bei Ludwig XV. war die Kirche erst auf dem Totenbett knallhart, und er bekam erst die letzte Ölung, nachdem er die Dubarry wegschickte.

Homosexualität war durchaus verbreitet. Louis XIV. Brüder war ziemlich offen homosexuell, und von Prinz Eugen wurde kolportiert, dass er für "schöne Spiele" empfänglich sei.

Es gab auch im 18. Jahrhundert Kulturkodes. Eingeweihte konnten an bestimmten Accessoires, an einem Schönheitspflaster, einer Tabatiere oder einem Fächer erkennen, ob eine Dame offen für Abenteuer war. Es gab an europäischen Höfen dienstbare Geister jeden Geschlechts, die für so etwas zu haben waren. Man versicherte sich aber deren Diskretion. Für so etwas sucht man sich garantiert nicht einfache Soldaten aus-jedenfalls nicht, wenn man Oberster Kriegsherr ist. Für so etwas sucht man sich Gardeoffiziere, Adelige, Junker aus, Leute die zur Hofgesellschaft, zu Garderegimentern gehören über so etwas nicht reden.



Eine einzige Quelle, ein schlüpfriges Zitat Friedrichs an Darget, das man in diesem Sinne interpretieren kann, dass aber keineswegs zwingend belegt, dass Friedrich passiven Verkehr mit Darget hatte, ist einfach zu dürftig, als dass sich daraus nur die eine, einzige Schlussfolgerung ziehen lässt.
 
Merkwürdig, wie man auch hier immer noch das Offensichtliche zu relativieren versucht. Dieses Herumgeeiere kennzeichnet einen Großteil der traditionellen deutschen historischen Forschung. Friedrichs Zeitgenosse Joseph Richter schrieb über den Preußenkönig: "Statt, daß er seinen Hang nach einem wollüstigen Leben hätte unterdrücken sollen, gab er ihm nur eine andere Richtung. Was sonst ein Weib getan hatte, verrichtete nun ein Page." Und weiter: "Als König und als Mann beschäftigte er sich, wenn es auswärts nichts zu thun gab, mit seinen schönen Pagen, mit seiner Wachparade und mit seinen Windspielen." Klingt nicht gerade nach platonischen Liebesbeziehungen mit Männern. Wie weit Friedrichs Sucht nach jungen Männern ging, schildert Anton Friedrich Büsching in seiner Charakterstudie über ihn: "Nichts konnte Er weniger an Seinen Domestiken leiden, als Gemeinschaft mit Frauenspersonen. Er verlangte, daß sie nicht nur unverheirathet seyn und bleiben, auch keine Maitressen haben, sondern nicht einmal mit Frauenspersonen sprechen sollten. Erfuhr Er von ihnen das Gegentheil, oder nahm Er es Selbst wahr, so war entweder ihre Verabscheidung, oder doch wenigstens ihre harte Behandelung, die unausbleibliche Folge davon." Friedrich suchte sich also seine männlichen Bediensteten nach deren sexuellen Vorlieben aus. Doch sicher nicht nur, um mit ihnen in einen rein platonischen Kontakt zu treten. Und Büsching wusste nur allzu gut Bescheid, weil er Friedrich persönlich kannte. Das, was Voltaire und Casanova schilderten, haben sie vor Ort erfahren, und es passt in das Gesamtbild und auch zu Friedrichs Brief an Darget.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Scorpio
Es gab auch im 18. Jahrhundert Kulturkodes.
...und diese konnten, oberflächlich betrachtet harmlos, tatsächlich sehr drastisch und komisch sein! Damit meine ich jetzt nicht die offensichtlichen "indiskreten Kleinode" von Diderot, sondern Sternes Tristram Shandy. Die literarische Deskription sexueller Vorgänge war nicht von der direkten Art a la Bukowski, Henry Miller oder William S. Burroughs, aber nicht minder drastisch und - komisch. Gerade ich als Festungsfreak müsste Zeter und Mordio vor Empörung schreien, weil sämtliche Finessen und Fachvokabular der Fortifikation und Belagerungskunst zu Metaphern für sexuelle Vorgänge satirisch verarbeitet werden. Onkel Toby... ich hab Tränen gelacht!!!! Goethe fand viel ungehöriges in diesem Roman, den er aber als einzigartig bezeichnete und sehr schätzte (er selber konnte auch recht deutlich werden: "hab ich als Mädchen sie satt, mag sie als Knabe mir dienen"...) -- Rokoko/Empfindsamkeit, die unterschätzte Epoche :) (na ja, das späte 18. Jh. brachte dann ja auch einen de Sade hervor...)

Wohl schon im 18., deutlicher im 19. Jh. die "Herrenfreundschaft", z.B. die Adoption d’Anthès (Duell mit Puschkin) durch Baron de Heeckeren, dergleichen war hinter den Chiffren Herrenfreundschaft, Bruderschaft etc ein offenes Geheimnis. Und wo Heine über Platen lästert (Bäder von Lucca), sind die von ihm verwendeten Chiffre nicht eben subtil, aber deutlich-drastisch.

dass die offizielle gesellschaftliche Ächtung von Homosexualität im 19. Jh. oft genug tragische, erschütternde Folgen aufwies, kann man an der Biografie von Tschaikowski nachlesen - der Musikwissenschaftler Prof. Kohlhase hat da viel lesenswertes publiziert.

Man versicherte sich aber deren Diskretion. Für so etwas sucht man sich garantiert nicht einfache Soldaten aus-jedenfalls nicht, wenn man Oberster Kriegsherr ist. Für so etwas sucht man sich Gardeoffiziere, Adelige, Junker aus, Leute die zur Hofgesellschaft, zu Garderegimentern gehören über so etwas nicht reden.
ich kann und will das nicht etwa widerlegen, denn es ist plausibel - - dennoch fällt mir da "der Kini", König Ludwig II von Bayern ein. Dieser soll seine Neigungen mit Reitersoldaten und Stallburschen (letztere als Walküren verkleidet) ausgelebt haben, zwar halbwegs diskret auf seinen Liegenschaften, aber nicht so "standesgemäß".
 
Attraktive Leibgardisten wird Friedrich sicher nicht verschmäht haben, wenn er sie mit goldenen Uhren für ihre sexuellen Dienste belohnte, wie sie selbst gegenüber Casanova ganz offen zugegeben haben. Auch Étienne-François de Choiseul schrieb übrigens, als er zum Liebesleben des Monarchen Stellung nahm, wie wohl sich Friedrich in den Armen seiner Tamboure fühlte.
 
Merkwürdig, wie man auch hier immer noch das Offensichtliche zu relativieren versucht. Dieses Herumgeeiere kennzeichnet einen Großteil der traditionellen deutschen historischen Forschung.
also sooo streng würde ich das nicht sehen, denn Zweifel gehören doch dazu, und sei es, um sie auszuräumen. Und nicht jeder geäusserte Zweifel ist automatisch relativierend oder herumeiernd.

Was "das offensichtliche" betrifft: es gibt Briefe des jungen Frederic Chopin, bevor er Warschau verließ https://de.wikipedia.org/wiki/Frédéric_Chopin#Jugendfreundschaften aber es bleiben, wie da nachzulesen ist, zu viele Zweifel - gut möglich, dass "das offensichtliche" nicht immer so eindeutig offensichtlich sein muss.

das soll jetzt nicht missverstanden werden! Ich eiere weder um die Vorlieben vom alten Fritz herum, noch relativiere ich irgendwas.
 
Zunächst mal @EmilWeinhaus : Willkommen an Bord ;-)


Der französische Begriff "la verge" steht für Penis oder Rute. Die Schweizerin Ursula Pia Jauch, die oben zitiert wurde, übersetzt: "Schwanz".

Das allerdings ist reine Interpretation.

Wenn Friedrich selbst in seinem Brief an den bekanntermaßen schwulen Vorleser Darget schreibt: "Meine Hämorrhoiden grüßen liebevoll Ihren Schwanz", kann es ja wohl keinen Zweifel darüber geben, dass er seine Homosexualität ausgelebt hat.

Dabei kann es sich, immer vorausgesetzt, dass hier tatsächlich "Schwanz" gemeint war, was nach wie vor nur eine Hypothese ist, genau so gut um eine nicht ausgelebte Phantasie oder einfach um einen derben Scherz auf Kosten Dargets gehandelt haben.

Das lässt sich möglicherweise als Indiz für homoerotische Phantasien und Neigungen verwenden aber nicht als Nachweis auf ganz konkrete Praktiken.

Friedrich wollte wollte offenbar das Wort in seinem Brief nicht ausschreiben, weil es damals als unschicklich galt. Wenn eine schweizerische Expertin, die des Französischen mächtig ist, meint, dass "v..." mit "Schwanz" übersetzt werden muss, dann dürfte sie richtig liegen. Welche andere plausible Erklärung sollte es denn sonst dafür geben, das Wort nicht auszuschreiben?

Fragen wir mal anders:

Gesetzt Friedrich und Darget hätten tatsächlich homosexuellen Verkehr miteinander gehabt, welche Veranlassung hätte Friedrich haben sollen, dass in einem persönlichen Brief zu zensieren?
Denn in diesem Fall hätte es sich zwischen beiden ja von selbst verstanden, gesellschaftliche Konventionen in dieser Hinsicht eher für zu vernachlässigend zu betrachten, immerhin wäre dann ihre ganze Beziehung an und für sich gegen die gesellschaftlichen Konventionen gewesen.
Warum dann ausgerechnet in solchen Feinheiten sklavisch an Konventionen festhalten, zumal in einem persönlichen Brief, der weder für die Öffentlichkeit noch für einen größeren Kreis von Vertrauten gedacht war?


die Kommentare von berühmten Zeitgenossen, die mit Friedrichs Favoriten gesprochen haben
.... sollte man mit äußerster Vorsicht genießen.

Das Unterstellen homosexueller Praktiken war, wie von anderer Seite schon angesprochen wurde ein durchaus gängiges Mittel um eine unliebsame Person zu diskreditieren und Friedrichs wohl etwas barsche Art wird Anlass zu so einigen Streitereien und bösen Blut gegeben haben, die Tatsache, dass nicht jeder der an den Hof kam die Vergünstigungen oder Stelle erhielt, die er sich möglicherweise versprochen hatte kommt hinzu.

Und der Umstand dass Friedrich sich ostentativ von seiner Frau distanzierte ohne dass in seinem Leben als Erwachsener etwas über tiefergehende Beziehungen zu Frauen oder Maitressenwirtschaft bekannt geworden wäre, war natürlich dazu geeignet Gerüchte in diesem Sinne nachgerade zu provozieren.


Offenbar wird das bis heute von vielen als unwürdig für einen preußischen Herrscher empfunden, weshalb man es lieber leugnen möchte.

Du solltest in diesem Forum ein paar Dinge beachten.

Dazu gehört unter anderem, dass globale Anschuldigungen hinsichtlich irgendwelcher politischer und sonstiger weltanschaulicher Agenden, wenn sie sich nicht näher begründen lassen, hier nicht so gern gesehen werden.

Diese Einlassung unterstellt letztendlich nichts anderes, als dass du die Teilnehmer dieser Diskussion, die deinen Interpretationen nicht folgen für einen Verein von homophoben Ewiggestrigen hältst, die mehr Interesse an der Heldenverehrung eines seit bald 250 Jahren toten Königs haben, als an der Diskussion historischer Themen.

Das ist ehrlich gesagt etwas daneben.

Zum ersten leben wir im 21. Jahrhundert und die wenigesten in diesem Forum dürften Homosexualität für irgendwas ehrenrühriges halten.
Zum zweiten ist das hier ein Geschichtsforum, keine Hohenzollern-Hofschranzenvereinigung. Wenn du dich hier ein wenig durch die Fäden ließt wirst du feststellen, dass Leute, denen es vor allem um Heldenverehrung irgendeiner Form geht in diesem Forum i.d.R. ziemlich schnell frustrieren und aufstecken, weil das hier nicht ihren Vorstellungen entspricht.


Zur Betrachtung gehört neben dem kummulativen Sammeln von Quellen und Literatur auch deren Einordnung in Quellengattungen und die unvermeidliche Quellenkritik.

Unter diesem Gesichtspunkt wird man was dritte wie Casanova und Voltaire über Friedrich geschrieben haben und aus dem Mund anderer Wissen wollten, von dem was Friedrich selbst geschrieben hat, unterscheiden.

Was von Seiten Dritter behauptet wird, die mit irgendjemandem gesprochen haben wollen, der angeblich dies und das behauptet habe, werden wir bei dem Thema weitgehend vergessen können, zumal wenn nicht einmal konkret Namen als Gewärsleute sondern nur pauschal "Leibgardisten" o.ä. genannt werden.

Das kann sowohl Erfindung der jeweiligen Autoren sein (die Figur wäre nicht ungewöhnlich) als auch Aufnahme kursierender Gerüchte, die sich möglicherweise mehr aus Friedrichs zurückhaltung gegenüber Frauen speisten, als durch tatsächliche greifbare Beziehungen zu Männern.

Das ist extrem unsicher.

Was Friedrich selbst geschreiben hat, ist sicherlich ernster zu nehmen, und die eine oder andere homoerotische Figur wird man da sicherlich finden, wobei gerade in persönlichen Briefen, sofern es sich beim Adressaten um jemanden mit bekannten homosexuellen Neigungen handelt, natürlich auch immer die Möglichkeit mitschwingt, dass Friedrich damit auch einfach mehr den Empfänger auf die Schippe nahm, als damit tatsächliches über sich selbst Preis zu geben.
Bei der von dir heranzitierten Stelle übergehst du völlig den Umstand, dass die vorgeschlagene Deutung lediglich eine Hypothese ist, die du aber als Tatsache behandelst.

Und selbst wenn dem so wäre, könnte man die Stelle als Beleg homoerotischer Phantasien verhandeln (oder eben als derben Scherz auf Kosten eines homosexuellen Adressaten), aber er wäre nach wie vor kein Beleg für homosexuelle Praktiken, geschweigedenn ein Beleg dafür um welche Praktiken es sich da gehandelt habe und ob Friedrich in diesem Fall homosexuell oder möglicherweise auch bisexuell oder pansexuell veranlagt gewesen sein mag.

Ich würde eine dezidiert homosexuelle Veranlagung nach wie vor für eher unwahrscheinlich halten, einfach weil der Einwand, dass da Überlieferungen über seine Jugendzeit dagegen sprechen nicht vom Tisch ist.
Das Friedrich homosexuellen Verkehr hatte halte ich nach wie vor durchaus für denkbar, sehe aber keinen tatsächlichen Beweis, der das untermauern würde.

Es ist und bleibt hypothetisch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe Casanova nicht gelesen. Woher will er das überhaupt gewusst haben? Doch wohl nur in Form verleumderischer Gerüchte. Aber das erscheint mir vollkommen unglaubwürdig. Ein König und oberster Befehlshaber, der Wert auf ein straff geführtes, diszipliniertes Heer legt, gibt sich doch nicht seinen untergebenen Soldaten hin. Damit verliert er jeden Respekt.
Meines Erachtens aber nur, wenn es publik wurde. Der Gegensatz zwischen existierenden und auch juristisch fixierten Moralvorstellungen und tatsächlichen Handlungen war im 18.Jh. permanent offensichtlich. Irgendwo habe ich das auch mal zu August dem Starken geschrieben. Zeitgenossen haben dazu keinen Anstoß genommen. Außerdem wissen wir nicht inwiefern das mit den Untergebenen Friedrichs, ob es jetzt Gardisten oder Adjudanten waren, nicht auf gegenseitigem Einverständnis beruhte.
Man kann erkennen, dass es Gerüchte gab und mehr oder weniger glaubhafte Aussagen von Zeitgenossen. Was Voltaire anbetrifft, kann ich mir auch keine böse Absicht denken, auch wenn er sich hätte für die Behandlung durch Friedrich rächen können. Casanova war schon ein guter Netzwerker.
Friedrich hat soweit ich das sehen kann, aber auch nichts gegen die Gerüchte unternommen. Wozu auch? Sie haben ihm ja international und auch innerhalb Preußens und seinem Ansehen in der Geschichte nicht geschadet.
 
Meines Erachtens aber nur, wenn es publik wurde

Da würde ich mich allerdings @Scorpio anschließen wollen.
Wenn es nicht publik werden durfte wären Soldaten eine denkbar schlechte Wahl gewesen.
Dann wäre es logischer gewesen die entsprechenden Favoriten mit irgendeinem Hofamt oder ähnlichem zu versehen, so dass diese regelmäßig persönlich und allein mit dem König verkehren konnten, ohne dass das irgendwelches Aufsehen erregte.

Wenn jemand wie Friedrich die Mittel hatte einen Favoriten jederzeit mit einer entsprechenden Position auszustatten, warum dann das Risiko eingehen, dass Soldaten in den Quatieren oder Offiziere im Casino reden, zumal deren regelmäßiger Verkehr, zumindest sofern nicht rangmäßig angemessen, sowohl in militärischen Kreisen, als auch bei Hofe hätten auffallen müssen und Blitzkarrieren im Militär über alle Traditionen der Anciennität hinaus, die zu einem militärischen rang geführt hätten, der das ermöglicht hätte, wären ebenso aufgefallen.
 
Friedrich hat soweit ich das sehen kann, aber auch nichts gegen die Gerüchte unternommen. Wozu auch? Sie haben ihm ja international und auch innerhalb Preußens und seinem Ansehen in der Geschichte nicht geschadet.

Naja, sie haben ihm nicht geschadet, weil seine Politik letztendlich erfolgreich war. Wäre sie das nicht gewesen und die Gefahr, dass das Glück Friedrich am Ende doch verlassen könnte, war ja durchaus real gegeben, hätten ihm diese Gerüchte sehr stark schaden können.
Im Besonderen auch wenn es um Soldaten ging, denn dann hätte man sehr schnell auf den Trichter kommen können Militärische Misserfolge darauf zurück zu führen, dass möglicherweise unfähige Männer aus ganz anderen Gründen als ihren militärischen Fähigkeiten an den entscheidenden Positionen in der Armee saßen.

Weiterhin, wie hätte er diese Gerüchte zerstreuen können?
Letztendlich, nachdem er bereits, wenn auch unglücklich verheiratet war, nur durch das Zeugen von Nachkommen.
Wenn er sich dazu aber aus möglicherweise ganz anderen Gründen nicht imstande sah, fiel das im Grunde genommen weg.

Was hätte er sonst noch tun können? Sicher, er hätte jeden der derlei behauptete und dabei ertappt wurde einsperren oder des Landes verweisen können, aber hätte das die Gerüchte tatsächlich unterbunden oder nicht viel mehr befeuert?
 
Meines Erachtens aber nur, wenn es publik wurde. Der Gegensatz zwischen existierenden und auch juristisch fixierten Moralvorstellungen und tatsächlichen Handlungen war im 18.Jh. permanent offensichtlich. Irgendwo habe ich das auch mal zu August dem Starken geschrieben. Zeitgenossen haben dazu keinen Anstoß genommen. Außerdem wissen wir nicht inwiefern das mit den Untergebenen Friedrichs, ob es jetzt Gardisten oder Adjudanten waren, nicht auf gegenseitigem Einverständnis beruhte.
Man kann erkennen, dass es Gerüchte gab und mehr oder weniger glaubhafte Aussagen von Zeitgenossen. Was Voltaire anbetrifft, kann ich mir auch keine böse Absicht denken, auch wenn er sich hätte für die Behandlung durch Friedrich rächen können. Casanova war schon ein guter Netzwerker.
Friedrich hat soweit ich das sehen kann, aber auch nichts gegen die Gerüchte unternommen. Wozu auch? Sie haben ihm ja international und auch innerhalb Preußens und seinem Ansehen in der Geschichte nicht geschadet.

Was will man auch gegen Gerüchte unternehmen? Natürlich kann man den einen oder anderen, der sie verbreitet bestrafen, aber die Gerüchte schafft man damit nicht aus der Welt. "Am besten gar nicht erst ignorieren" hätte vielleicht Karl Krauss empfohlen.

Die borussische Heldenhistoriographie wusste Anekdoten zu berichten über Friedrichs Souveränität im Umgang mit Kritik. Er soll ein Pamphlet gegen die Übergriffe seiner Zollbeamten höher gehängt haben, damit es jeder lesen konnte.

Tatsächlich hat Friedrich bei Kritiken die ihm nicht passten, hin und wieder hart zugeschlagen. In einem Fall kann man das durchaus wörtlich nehmen. Einen ihm missliebigen Gazetten-Autor ließ Friedrich von angeheuerten Schlägern zusammenschlagen.
 
Er hätte Affären mit Frauen haben oder zumindest für entsprechende Gerüchte sorgen können.

Bei Friedrich gibt es ja nach wie vor Hinweise auf eine stümperhaft behandelte Geschlechtskrankheit und es ist darüber ja auch immer wieder kolportiert worden, dass er sich möglicherweise im Erwachsenenalter überhaupt nicht im Stande sah tatsächlich Geschlechtsverkehr zu haben, sei dies nun aus praktisch physischen oder psychischen Gründen.

Wenn wir diese Möglichkeit mal für einen Moment in Betracht ziehen scheiden dann damit auch entsprechende Affären mehr oder weniger aus.
Natürlich hätte er entsprechende Gerüchte streuen können.

Nur da bleib 2 recht offensichtliche Probleme:

1. Hätten sich entsprechend Frauen finden müssen, die bereit waren die ganze Maskerade dauerhaft mit zu spielen. Sollte er sich nämlich tatsächlich aus oben genannten Gründen nicht zum Vollzug von Geschlechtsverkehr in der Lage gesehen haben, hätte natürlich die Gefahr bestanden, dass früher oder später die entsprechenden Alibi-Affären die Gerüchte bestritten hätten.

2. Wären dann früher oder später illegitime Kinder zu erwarten gewesen, deren Ausbleiben in Verbindung mit den entsprechenden Gerüchten die im Umlauf waren, Gegengerüchte wahrscheinlich relativ schnell entwertet hätten.
 
Er hätte Affären mit Frauen haben oder zumindest für entsprechende Gerüchte sorgen können.

Wozu in die Ferne schweifen, wenn man unglücklich zwangsverheiratet ist?

Das Naheliegendste wäre doch, seine ehelichen und dynastischen Pflichten zu erfüllen und zu versuchen, einen Thronerben zu zeugen.

Zumal man, wenn diese Pflichten abgearbeitet sind, sich mit gewisser Berechtigung privaten Neigungen zu widmen wie es Philippe der Bruder Ludwig XIV. tat.
 
Bei Friedrich gibt es ja nach wie vor Hinweise auf eine stümperhaft behandelte Geschlechtskrankheit und es ist darüber ja auch immer wieder kolportiert worden, dass er sich möglicherweise im Erwachsenenalter überhaupt nicht im Stande sah tatsächlich Geschlechtsverkehr zu haben, sei dies nun aus praktisch physischen oder psychischen Gründen.

Wenn wir diese Möglichkeit mal für einen Moment in Betracht ziehen scheiden dann damit auch entsprechende Affären mehr oder weniger aus.
Natürlich hätte er entsprechende Gerüchte streuen können.
.

Diese Aussage stammt von seiner Schwester Wilhelmine. Sie sagte, dass Friedrich sich bei einem Besuch am Hof von Dresden mit einer Geschlechtskrankheit infizierte, und diese Infektion sei äußerst inkompetent behandelt worden und wohl auch aus einer Gemengelage von Schamgefühl und Prüderie spät erst behandelt worden.

Das ist immerhin eine Information, die aus dem engsten Familienkreis Friedrichs stammt, und Wilhelmine kann man eine Objektivität in diesem Punkt zubilligen.

In intimen Kreis äußerte sich der Preußenkönig häufig sehr obszön über Sexualität. Aus zahlreichen persönlichen Äußerungen Friedrichs deutet vieles darauf hin, dass ihm Sexualität nicht ganz geheuer war, dass er ein zwiespältiges Verhältnis zu seinem Körper hatte.
 
Das ist immerhin eine Information, die aus dem engsten Familienkreis Friedrichs stammt, und Wilhelmine kann man eine Objektivität in diesem Punkt zubilligen.

Die Krankheit selbst und die versprätete Bahndlung wird man als gesichert ansehen dürfen, die Kolportagen über mögliche Konsequenzen daraus bleiben allerdings Spekulation und so möchte ich sie auch weiterhin behandeln.

Ich wollte nur darauf hinaus in der Diskussion die Möglichkeit auf dem Schirm zu behalten, denn wenn das möglicherweise zu wahrnehmbaren dauerhaften Beeinträchtigungen oder sichtbaren Spuren geführt haben sollte, wäre das natürlich nach wie vor eine plausible Erklärung.
 
Die Story, dass Friedrich in jüngeren Jahren wegen eines "heftigen venerischen Samenflusses" behandelt werden musste, stammt vom Arzt Johann Georg von Zimmermann. Sechs Monate später soll dann der "verstopfte Samenfluß … mit großer Wut und mancherlei bösen Symptomen" wieder hervorgebrochen sein, so dass angeblich nur noch ein "grausamer Schnitt" Friedrich retten konnte. Die Verstümmelung habe dafür gesorgt, dass sich Friedrich wie ein Eunuch gefühlt habe, er über 50 Jahre lang den Weiberverächter gemimt und die Komödie der griechischen Liebe gespielt habe, um nicht als Verschnittener zu gelten. - Soll man sowas glauben?

Als der Kämmerer Schöning Jahre später eine Geschwulst am Hodensack Friedrichs untersuchte, fand er keinerlei Verstümmelung oder sonstige Veränderung an den Geschlechtsteilen vor. Auch mehrere Ärzte, die mit der Waschung des Leichnams am 17. August 1786 zu tun hatten, gaben zu Protokoll, dass beim gerade verstorbenen König keinerlei Auffälligkeiten an den Geschlechtsorganen zu finden waren. Ollenroth, Rosenmeyer und Liebert, die drei Chirurgen des 1. Leibgardebataillons, schrieben, dass "des Hochsel. Königs äußerliche Geburtstheile gesund und nicht verstümmelt" seien. "Die beiden Hoden waren ohne den geringsten Fehler in ihrer natürlichen Lage gegenwärtig; der Samenstrang ohne die mindeste Verhärtung oder Ausdehnung deutlich bis zum Eingange des Bauchringes zu fühlen, die männliche Ruthe hatte eine natürliche Größe; in den Weichen und Schaamgegenden war nicht das geringste Merkmal einer Narbe oder Verhärtung, von einer jemals diese Theile betroffen gehabten Krankheit zu entdecken."

Die Behauptung Zimmermanns, mit der er die homosexuellen Neigungen des Königs zu erklären versuchte, kann man also ad acta legen. Interessant ist aber noch, dass Zimmermann, bevor er seine erfundene Story von der Geschlechtskrankheit Friedrichs und der Verstümmelung seiner Geschlechtsorgane zum Besten gab, noch zusammengefasst hat, was die Zeitgenossen für einen Eindruck von Friedrichs Liebesleben hatten: "Der berlinische Oberconsistorialrath, Herr Büsching, sagt: 'Durch seinen Widerwillen gegen das Frauenzimmer verlor Friedrich viel sinnliches Vergnügen. Aber er verschaffte sichs wieder durch den Umgang mit Mannspersonen; und hatte aus der Geschichte der Philosophie behalten daß man dem Socrates nachgesagt, er habe den Umgang mit dem Alcibiades geliebt.' Aber nicht nur Herr Büsching, sondern Voltaire, la Beaumelle, der Herzog von Choiseul, unzählige Franzosen und Deutsche, fast alle Freunde und Feinde Friedrichs, fast alle Fürsten und Grossen in Europa, sogar seine Bedienten, sogar die Vertrauten und Gesellschafter seiner letzten Jahre glaubten: Friedrich habe geliebt, wie man sagt, daß Socrates den Alcibiades liebte."

Können so viele Zeitgenossen irren? Wohl kaum. Trotz aller obskuren Erklärungsversuche, die bis heute nachwirken, wie man z.B. an Johannes Kunischs Ausführungen zum Thema sieht, der schrieb, dass Friedrich in jungen Jahren heterosexuell gewesen sei, sich bei „Eintagsliebschaften mit dörflichen, nach Knoblauch riechenden Nymphen“ eine Geschlechtskrankheit zugezogen hat und mit seiner Vorliebe für schöne Männer nur einer französischen „Modeströmung“ gefolgt sei, um sich „absichtlich interessant zu machen“. Klingt fast so schön wie die unhaltbare Story von Zimmermann. Und das stammt von einem bekannten Friedrich-Biografen, der bis heute gerne als Quelle angegeben wird. Dies nur zur Begründung, dass es bis heute weltanschaulich bedingte Ansichten von Historikern gibt, die man durchaus als homophob bezeichnen kann. (Weiter oben wurde mir ja vorgeworfen, dass ich in diesem Forum unbegründete Behauptungen aufgestellt hätte, was hier nicht gerne gesehen wird.)
 
Zuletzt bearbeitet:
@EmilWeinhaus dein Beitrag enthält einige interessante Zitate - könntest du dazu Quellenangaben nachliefern? nicht um dich zu prüfen, sondern aus Interesse bzgl. der Umstände, wann und wo das publiziert war und wie zugänglich das war. Denn die "medizinischen" Beschreibungen lesen sich sprachlich gänzlich anders, als etwa die "schöngeistige" Literatur dieser Zeit (die freilich - chiffriert & kunstvoll - sehr deutlich/drastisch sein konnte, wie ich hoffentlich nachweisen konnte (Sterne etc))

Abgesehen davon: mir ist nicht klar, welchen Erkenntnisgewinn man bzgl. der Geschichte des 18. Jhs. hat, wenn man weiß, welche privaten Vorlieben König X oder Königin Y hatten?!
 
Zurück
Oben