Die Helgoland in Vietnam und die Vorgeschichte

Griffel

Mitglied
Ich möchte mal den Einsatz des Hospitalschiffes Helgoland in Vietnam und die Vorgeschichte dazu näher beleuchten! Dafür, gibt es nach meiner Meinung, eine ganze Menge an Gründen.:cool:

Natürlich, war das Ganze damals politisch motiviert. Wie fast alles in der damaligen Zeit. Eine Sache wundert mich aber immer noch am meisten:

Präsident Johnson, muss doch über die rechtliche Lage, in Deutschland Bescheid gewusst haben; wieso also hat er diese Forderung erhoben? Ihm hätte klar sein müssen, dass sich Ludwig Erhard, auf so eine Sache nicht einlassen konnte? Die BRD war ja schließlich bisher nur der Nato beigetreten. Nicht der SEATO.

https://de.wikipedia.org/wiki/Southeast_Asia_Treaty_Organization

Dies hätte erst einmal in "Angriff" genommen werden müssen, bevor man überhaupt an eine Entsendung von Soldaten hätte denken können! Abgesehen davon, dass in einem solchen Fall, der Bundestag hätte zustimmen müssen.
Nach allem was ich so weiß, wollte Johnson, an sich, mit der ganzen Sache nicht zu tun haben. Die Gelder, die er in Vietnam ausgeben musste, hätte er ja lieber in den USA ausgegeben. Auch ging es ihm wohl darum, dass er seinen Wählern zeigen konnte, dass Uncle Sam nicht alleine in der Scheiße sitzt. Da gibt es noch einen Punkt, den ich nicht ganz verstehe. In den Pariser Verträgen, war doch klar geregelt, dass sich die BRD an den Kosten für die Stationierung der US-Truppen beteiligen muss! Wie alle Länder, in denen US-Einheiten stationiert waren. Was die BRD auch immer treu getan hat. Wieso also wollte Johnson noch mehr Geld haben?
Und wenn, es ein Ungleichgewicht gegeben hat, warum hat man dann nicht einfach ein Kompensationsgeschäft gemacht und für die Bundeswehr mehr Waffen und Munition gekauft? Die hätte die BW bestimmt gebrauchen können. Immerhin, war sie in den Anfangsjahren, überwiegend mit US-Material ausgerüstet. Wenn, man mal von den Infanteriewaffen absieht.


Als Alternative, verfiel man ja auf die Idee, ein Hospitalschiff zu schicken.;) Was angesichts der Lage, sicherlich nicht die schlechteste Idee gewesen ist. Man hätte eventuell auch ein zweites schicken können. Wie die Geschichte gezeigt hat, waren ja durchaus Menschen bereit, sich für einen guten Zweck aktiv einzusetzen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Helgoland_(Schiff,_1963)
Auf alle Fälle haben die Leute etwas Gutes getan. Unter damaligen Studenten, welche gegen alles und Jedes protestiert haben, ist wahrscheinlich keinem eingefallen, etwas Sinnvolles zu tun? Wie etwa Blut zu spenden oder sich an diesem Hilfseinsatz zu beteiligen.


Aber in der Hauptsache, soll es ja um die Helgoland gehen, die Menschen dort haben, einiges geleistet. Mich würde sehr interessieren, wie vielen Menschen dort tatsächlich geholfen wurde. Seinerzeit, war man eher auf Sensationsgeschichten aus.:( Es wurde ja unter anderem behauptet, es hätte an Bord Besäufnisse und Orgien gegeben! Es gibt allerdings weder für das Eine noch für das Andere irgendeinen Beweis.:mad: Die Angehörigen der Besatzung, sollten Denjenigen, der für solche Behauptungen verantwortlich ist, wegen Rufmord verklagen. Für mich steht jedenfalls fest, dass man mit diesem Einsatz, einen außenpolitischen Erfolg verbucht hat.
 
Es wurde ja unter anderem behauptet, es hätte an Bord Besäufnisse und Orgien gegeben!
von Orgien etc steht nichts im von dir verlinkten Wikipedia Artikel - woher kamen solche Verdächtigungen?
Und der mit dem Adolf Grimme Preis geehrte Dokumentarfilm über die Helgoland dürfte auch keine Orgienszenen enthalten ;)
 
Das steht nicht bei Wikipedia. Aber es wurde durch einen Matrosen behauptet, der einen Vertrag mit einem deutschen Boulevardblatt hatte. Dies hat den Einsatz diskreditiert. Aber wie gesagt, es gab außer den Behauptungen, keine Beweise.
 
https://de.wikipedia.org/wiki/Helgoland_(Schiff,_1963)
Auf alle Fälle haben die Leute etwas Gutes getan. Unter damaligen Studenten, welche gegen alles und Jedes protestiert haben, ist wahrscheinlich keinem eingefallen, etwas Sinnvolles zu tun? Wie etwa Blut zu spenden oder sich an diesem Hilfseinsatz zu beteiligen.


Aber in der Hauptsache, soll es ja um die Helgoland gehen, die Menschen dort haben, einiges geleistet. Mich würde sehr interessieren, wie vielen Menschen dort tatsächlich geholfen wurde. Seinerzeit, war man eher auf Sensationsgeschichten aus.:( Es wurde ja unter anderem behauptet, es hätte an Bord Besäufnisse und Orgien gegeben! Es gibt allerdings weder für das Eine noch für das Andere irgendeinen Beweis.:mad: Die Angehörigen der Besatzung, sollten Denjenigen, der für solche Behauptungen verantwortlich ist, wegen Rufmord verklagen. Für mich steht jedenfalls fest, dass man mit diesem Einsatz, einen außenpolitischen Erfolg verbucht hat.

Eigentlich war ich geneigt, diesen Beitrag zu liken. Das Thema erscheint interessant- ich zumindest hörte hier zum ersten Mal von einem Hospitalschiff "Helgoland". Positiv fällt auf, dass hier nicht falsche Prämissen als Tatsachen hingestellt oder Irgendetwas skandalisiert wird.

Kaum aber wollte ich mal loben- schon kommt der nächste @Griffel-Hammer.

Ich würde mal sagen, dass Proteste gegen die Notstandsgesetze, gegen den § 218, gegen den Kuppel-Paragraphen, gegen den § 175 und vor allem gegen den "Muff von 1000 Jahren", gegen alte Nazis, die in der Medizin, in der Jurisprudenz, eigentlich in allen Fachbereichen nach wie vor den Ton angaben und teilweise sogar den gleichen Mist von sich gaben, wie vor 1945 jede Berechtigung hatten.

Man muss sich mal bewusst machen, was für ein repressiver und spießiger Staat die alte Bonner Republik vor 1968 war. Ehefrauen benötigten die Erlaubnis des Gatten, wenn sie arbeiten wollten. Vergewaltigung in der Ehe war straffrei, an deutschen Schulen war die Prügelstrafe zulässig, während ein Gastwirt, der einem unverheirateten Paar ein Zimmer vermietete, sich nach dem "Kuppelparagraphen" strafbar machte und mit empfindlichen Strafen rechnen musste. Kriegsdienstverweigerer mussten ihre Gewissensentscheidung vor einer Kommission begründen und wurden als Vaterlandsverräter beschimpft, obwohl Zivildienstleistende in der Krankenpflege, Suchthilfe, Altenpflege etc., etc. wertvolle Arbeit leisteten. Ohne all die Zivis hätten viele Krankenhäuser dicht machen können.

Eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem NS und so etwas wie eine Vergangenheitsbewältigung hätte es ohne die Bürgerrechts- und Studentenbewegung niemals in der BRD gegeben, von dem Teil der Bevölkerung, der Ruhe für die erste Bürgerpflicht hielt, der sich über Radikalinskis und "Revoluzzer" mokierte und sich von der Springer-Presse die Welt erklären und jeden, aber auch jeden Bären aufbinden ließ, war in dieser Hinsicht nichts zu erwarten.

Ja, die Art der Kontroverse, der Stil wie diskutiert wurde, war teilweise rüde. Es ist aber nicht zuletzt der Bürgerrechts- Protest- und Studentenbewegung der 1968er zu verdanken, dass sich die BRD zu einem demokratischeren Staat entwickelte.

Nicht zuletzt ihnen war es auch zu verdanken, dass das deutsche Schulsystem etwas humaner und vor allem weniger gewalttätig wurde.

Die Prügelstrafe war auch in den 1970ern noch an der Tagesordnung, immerhin aber wuchs doch die Zahl der Jugendlichen, die eine gewaltfreie Erziehung erlebten. Es wuchs auch die Zahl der Schüler, die Abitur machten, und das galt auch für Kinder, die nicht aus Akademikerfamilien stammten.

Blut spenden war bis zum Auftreten der Seuche Aids ein recht beliebtes Mittel, schnell Geld zu verdienen. Davon haben auch Studenten gerne Gebrauch gemacht. Bei den Behring-Werken in Marburg waren auch Studenten der Philippina häufige Gäste beim Blutspenden.

Heute kann man sich das kaum noch vorstellen, aber am stärksten waren bei der Blutspende Leute aus der Drogenszene vertreten. Blutspenden brachten 40-50 DM ein. Das war schnell und sicher verdientes Geld.
Christiane F(elscherinow) berichtet in ihren Confessiones über die Sünder vom Bahnhofsklo, dass viele Junkies Geld mit Blutspenden verdienten.

Das Engagement der Bürgerrechts- und Studentenbewegung war für die BRD von weitreichenden Folgen. Der § 175 wurde in den 1970er Jahren kaum oder gar nicht mehr angewendet. Homosexualität wurde legal, auch wenn es noch dauerte, bis Homosexualität nicht länger stigmatisiert wurde. Der § 175 wurde 1994 gestrichen. Auch im Strafvollzug kam es zu Reformen. Der Entzug der bürgerlichen Ehrenrechte wurde aufgehoben, die Unterscheidung zwischen Zuchthaus und Gefängnis abgeschafft.

Angesichts der weitreichenden Folgen kann man der Studentenbewegung ja wohl kaum absprechen, dass sie etwas Sinnvolles getan hat, dass ihr Anliegen und ihre Demonstrationen berechtigt waren.

Ich will nicht die Arbeit der Besatzung der Helgoland klein reden-aber "außenpolitischer Erfolg"?

Die Entsendung der Helgoland war eine humanitäre Geste-mehr aber auch nicht!
Auf den Konflikte selbst-den Vietnamkrieg- hatte der Einsatz so viel Effekt wie der sprichwörtliche Sack Reis. Die BRD hat weder außenpolitisches Prestige dadurch gewonnen, noch hat sie dadurch mehr politisches Gewicht bekommen oder ihren Handlungsspielraum erweitert.
 
Da gebe ich Freund Schorpio Recht.
Auch mir im Osten war dieses Schiff in dieser Mission in Vietnam unbekannt.
Kann aber sein das es hin und wieder auch mal in einer Zeitung stand – die Zeitschrift „horizont“ oder „Wochenpost“ war da am geeignetsten - und möglicherweise auch im Kino („Der Augenzeuge“ - immer als Vorspann so um die 15 min). Ich persönlich hatte ja erst Anfang der 70iger Fernsehen incl. Westfernsehen.
Aber in der heutigen Zeit ist es ja kein Problem sich über solche Missionen zu informieren.

Jedenfalls, das „Seebäderschiff Helgoland“ wurde zum Hospitalschiff umgebaut und diente dann 5 Jahre lang (1966 – 1972) in Vietnam.

Zuzüglich zur Besatzung waren am Bord:

· ca. 122 DRK Schwestern,
· rechnet man Ärzte, Verwaltungskräfte und medizinisch-technische Assistenten hinzu, kamen weiter 150 Leute hinzu.
· in der Summe also waren vom DRK 272 deutsche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das DRK da tätig.
· hinzu kamen ca. 70ig vietnamesische Hilfskräfte (Dolmetscher, Wäscher, Köche).

Auf der betreffenden Homepage des DRK liest man zu deren Tätigkeit:

„Ungefähr 12.000 Menschen wurden stationär behandelt, hinzu kamen 70.000 Erst- und 130.000 Mehrfachkonsultationen in der Ambulanz. Es wurden rund 56.000 Röntgenaufnahmen gemacht, fast 11.000 Operationen durchgeführt und ebenso viele Vollblut-konserven eingesetzt.“

Und was da einige von medizinischen Personal in ihrer Freizeit auf dem Schiff so trieben (Verdacht auf Orgien), ist historische gesehen für mich völlig uninteressant.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei uns im Westen war es zumindest am Rande Thema in der Schule. Es gibt auch eine Doku, die ab und an im Fernsehen läuft.

Sperr einen Haufen junge Leute längere Zeit auf ein Schiff und beschränke die Möglichkeit zu feiern. Wenn es dann möglich ist, wird auch richtig gefeiert. Und das ist dann natürlich Anlass sich über ein unliebsames Projekt zu empören. Insofern ist das durchaus historisch-politisch interessant.
 
Zurück
Oben