Afrikanische Beteiligung am transatlantischen Sklavenhandel

Gegenkaiser

Gesperrt
Das Thema ist einen eigenen Faden wert. Für meine Kernaussage, daß die Schwarzafrikaner eine Mitschuld am Sklavenhandel und damit an ihrer eigenen Unterentwicklung tragen, bin ich noch den Nachweis schuldig:

Ending the Slavery Blame-Game in der New York Times von Henry Louis Gates:

How did slaves make it to these coastal forts? The historians John Thornton and Linda Heywood of Boston University estimate that 90 percent of those shipped to the New World were enslaved by Africans and then sold to European traders. The sad truth is that without complex business partnerships between African elites and European traders and commercial agents, the slave trade to the New World would have been impossible, at least on the scale it occurred.

Advocates of reparations for the descendants of those slaves generally ignore this untidy problem of the significant role that Africans played in the trade, choosing to believe the romanticized version that our ancestors were all kidnapped unawares by evil white men, like Kunta Kinte was in “Roots.” The truth, however, is much more complex: slavery was a business, highly organized and lucrative for European buyers and African sellers alike.
Im Grunde spricht Gates nur eine simple Wahrheit aus, auf die jeder, der sich mal Gedanken darüber gemacht, wie es den Europäer gelingen konnte, ohne größeren Militäreinsatz in nur 350 Jahren über 10 Mio. Menschen zu verschleppen, auch gekommen ist. Aber die Selbstbezichtigungsroutine der linken Geschichtsschreibung hat den Blick für die Komplizenschaft der Afrikaner lange verstellt. Man hat sich einfach nicht intensiv genug gefragt, wie eigentlich überhaupt die ganzen Menschen in Afrika in die Sklaverei und auf die Schiffe gerieten.
 
PS: Es wäre in diesem Zusammenhang interessant, wie der vergleichbar große transsaharische Sklavenhandel der Araber abgewickelt wurde. Haben sich dort einheimische Fürsten und Potentaten auch systematisch an der Versklavung der eigenen Bevölkerung beteiligt und bereichert? Oder lief der Menschenraub der Moslems nach dem klassischen Razzia-Stil (hit and run) ab?

Kooperation oder Konfrontation zwischen Arabern und Schwarzafrikanern?
 
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Da oben eine gewisse gewisse Kritik - den Ausdruck bashing verkneife ich mir jetzt mal - angedeutet wird, solltest du erst einmal vorstellen, auf welcher Literatur diese und die Sachurteile beruhen.

Den Hinweis auf einen Zeitungsartikel finde ich da etwas mager.
 
Das Thema ist einen eigenen Faden wert.
Der Meinung bin ich nicht.
Für meine Kernaussage, daß die Schwarzafrikaner eine Mitschuld am Sklavenhandel und damit an ihrer eigenen Unterentwicklung tragen...
Es ist sicherlich relevant für das Verständnis der Sklaverei, ob z. B. die USA oder Großbritannien als Staat am Sklavenhandel beteiligt waren, oder ob dieser von nichtstaatlichen Personen/Gruppen organisiert wurde- aber : Wer oder was sind denn "die Schwarzafrikaner" ?

Soll vielleicht gezeigt werden, wer "die Guten" (= Opfer) bzw. "die Bösen" (= Täter) sind ? Und was passiert mit diesem Weltbild, wenn "die Schwarzafrikaner" nicht nur ein Opfer- sondern auch ein Täter- ... (-volk, - ethnie, - "rasse") wäre ?

Brauchen wir so eine Diskussion ?
 
Also dieses Wort -Schuld- gerade im Berreich Sklavenhandel finde ich absolut danneben.

Sicherlich war das Halten von Sklaven und damit auch der Verkauf von Sklaven Jahrhunderte lang gesellschaftlich kein Problem.

Doch ich denke, daß gerade der Sklavenhandel nach Nordamerika und später in die USA eine andere Qualität besaß.
Der Rassismus vor allem gemessen an der Hautfarbe, war hier sicherlich geboren und bekam eine besondere Qualität.

Aber weiter möchte ich auf dieses Thema nicht eingehen. Aber vielleicht wäre es mal an der Zeit, eine sachlich wissenschaftliche Diskussion zu dem -Spitzkaputzenrassismus- vom Stapel zu lassen.

Das ach so Freie Amerika mit zwei Ständen, Schwarz und Weiß, sowie der Rest.
 
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Zweifellos sind auch viele Afrikaner durch den Sklavenhandel reich geworden (Häuptlinge, Händler). Aber wenn man das mit die Profite die die Europäer gemacht haben vergleicht, ist das verschwindend gering.

Was mich aber interessieren würde wäre ob die Araber (die, wenn ich mich nicht irre bevor die Europäer mit afrikanische Sklaven handelten) sich in das afrikanische Sklavenhandelsnetzwerk einfach eingeklingt haben, oder ob sie es ins leben gerufen haben. So wie zum beispiel das skalpieren: die europäer zahlten die Indianer für Sklalps, und brachten so die Indianer dazu sich gegenseitig zu skalpieren. Später rottet man sie dan aus mit der ausrede, sie seien blutrünstig und unterentwickelt da sie barbarische Gewohnheiten wie das skalpieren praktizieren, wie das skalpieren!
 
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Doch ich denke, daß gerade der Sklavenhandel nach Nordamerika und später in die USA eine andere Qualität besaß.
Der Rassismus vor allem gemessen an der Hautfarbe, war hier sicherlich geboren und bekam eine besondere Qualität
Das begann schon viel früher. Im 13. Jh. stellte der heiliggesprochene Thomas von Aquino fest: "Die Sklaverei ist eine Folge der Erbsünde. Sie ist notwendig und ebenso gerecht wie das Privateigentum." Für die Kirche galten Eingeborene als Tiere bis Papst Paul III. 1537 in einer Bulle die Ureinwohner Amerikas zu richtigen Menschen erklärte, die der Sakramente fähig seien. Auf Schwarze traf das aber offensichtlich nicht zu.
 
Nicht unerwähnt bleiben, darf der frühe portugiesische Kolonialismus in Afrika, der den Export der Sklaverei und der Sklaven in die Neue Welt erst ermöglichte.
Unter Einfluss der Portugiesen entstand eine kreolische Bevölkerung. Teilweise mit portugiesischen, vor allem aber mit afrikanischen Vorfahren. Sie bildeten im wesentlichen die Verbindung zwishen afrikanischen Sklavenfänger- und -händlern und den europäischen Sklavenhändler, da sie mehrsprachig waren.
Die ersten Sklavenhändler und Sklaven in Amerika waren solche Kreolen.
Der Historiker Ira Hoffmann prägte hierfür den Begriff atlantische Kreolen.
Ob das jetzt echte Afrikaner waren oder dunkelhäutige Portugiesen, naja eigentlich auch egal. Eine wenigsten genauso merkwürdige Unterscheidung wie die zwischen afrikanischen Arabern und echten Afrikanern.
 
Das Thema ist einen eigenen Faden wert. Für meine Kernaussage, daß die Schwarzafrikaner eine Mitschuld am Sklavenhandel und damit an ihrer eigenen Unterentwicklung tragen, bin ich noch den Nachweis schuldig:

Ending the Slavery Blame-Game in der New York Times von Henry Louis Gates:

Im Grunde spricht Gates nur eine simple Wahrheit aus, auf die jeder, der sich mal Gedanken darüber gemacht, wie es den Europäer gelingen konnte, ohne größeren Militäreinsatz in nur 350 Jahren über 10 Mio. Menschen zu verschleppen, auch gekommen ist. Aber die Selbstbezichtigungsroutine der linken Geschichtsschreibung hat den Blick für die Komplizenschaft der Afrikaner lange verstellt. Man hat sich einfach nicht intensiv genug gefragt, wie eigentlich überhaupt die ganzen Menschen in Afrika in die Sklaverei und auf die Schiffe gerieten.

Der Beitrag ist zwar schon über 10 Jahre alt und sein Verfasser längst gesperrt- ich finde ihn heute noch zum verschärften übelwerden, auch dass 2 Forianer solche "simplen Wahrheiten" goutieren.

In der Optik mancher Zeitgenossen ist Afrika südlich der Sahara zwar "von lauter Negern" bevölkert, "Schwarzafrika" ist natürlich deswegen noch lange kein monolithischer Block, und die zahlreichen Ethnien unterscheiden sich sprachlich und kulturell ähnlich wie Norweger und Italiener, Iren und Russen sich unterscheiden.

Darauf weiter einzugehen, wäre sinnlos- Die "These", die da zur Diskussion gestellt wird, ist aber schon eine große Provokation! Es ist im Grunde die altbewährte Masche, Opfer zu Täter machen zu wollen, mit der Motivation Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu relativieren. Das Ganze dann noch mit einem Rundumschlag abgeschlossen gegen die "Selbstbezichtigungsroutine" der "linken Geschichtsschreibung". Gedanklich wäre hinzuzufügen "links-grünversiffte Selbsthasser und Vaterlandsverräter, denn die sind natürlich gemeint.

Natürlich gab es Sklaverei in Afrika bereits vor Ankunft der Europäer, und die Europäer sind nicht persönlich auf Sklavenfang gegangen, sondern haben Sklaven von afrikanischen Häuptlingen oder arabischen Zwischenhändlern eingetauscht. Die Europäer haben von lokalen Konflikten zwischen traditionell verfeindeten Ethnien profitiert, und natürlich haben Stämme wie die Ashanti von Bündnissen mit Europäern und deren überlegener Waffentechnologie profitiert.

In jedem System gibt es Leute, denen die eigene Haut am nächsten ist, die ihren eigenen Vorteil auf Kosten anderer suchen, die nach dem Prinzip "Der-Feind-meines-Feindes-ist-mein-Freund" handeln. Das System des transatlantischen Sklavenhandels war aber doch wohl eine eine europäische Erfindung oder nicht? Es war europäisches Kapital mit dem das finanziert wurde. Es waren europäische Reeder, die den Handel organisierten und europäische Denker, Kaufleute, Politiker und Kirchenmänner, die das legitimierten und ethisch rechtfertigten, die "Slave Codes", "Code Noirs" verfassten. Es waren Europäer und Nachfahren von Europäern in den USA und Lateinamerika, die eine rassistisch motivierte Form der Sklaverei entwickelten, wie es sie in Europa zu dieser Zeit in solcher Form gar nicht mehr gab.

Diese Greuel im Kongofreistaat, dieses abhacken und räuchern und konservieren von abgeschlagenen Händen- das war kein grotesker, barbarischer, afrikanischer Brauch, sondern ein europäischer Kulturimport. Das war auch ein schreiender Kontrast zu den Werten der Aufklärung, zu Menschenrechten, die Ende des 18. Jahrhunderts formuliert wurden und die prinzipiell für alle Menschen gültig seien. Werte, auf die Europa zu Recht stolz ist!

Über das Stadium der "Geschichtsschreibung" ist die Geschichtswissenschaft schon längst hinaus, es handelt sich um eine Sozialwissenschaft, die als Wissenschaft genau so überprüfbar ist wie eine der Naturwissenschaften. Geschichte wird nicht von "großen Männern" gemacht und nicht nach dem Willen der Sieger aufgeschrieben. Sie wird erforscht von Historikern, die mit wissenschaftlicher Methodik Quellen auswerten nach empirischen Methoden. Ich unterscheide nicht zwischen linken und rechten Historikern, sondern zwischen seriösen und unseriösen Wissenschaftlern und Pseudo-Wissenschaftlern.

In der Frage des Werturteils mögen Konservative und Linke zu unterschiedlichen Wertungen kommen, wenn sie die gleichen Quellen benutzen, werden sie, vorausgesetzt sie arbeiten seriös, zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen kommen.
Die "Patrioten", die über angebliche Siegerjustiz und -Geschichtsschreibung schwadronieren, zeigen nur, dass sie von wissenschaftlicher Methodik keine Ahnung haben.



Quellen und Fakten interessieren aber Geschichtsrevisionisten nicht wirklich. Wozu auch? Das Urteil steht eh fest. Denen geht es nur um die eigene Ideologie und das eigene chauvinistische Weltbild. Jeder der dem widerspricht, jeder auch der sich der "Wir"-Vereinnahmung entzieht, sich nicht in die fiktive nationale Volksgemeinschaft der Biodeutschen einreiht, ist ein links-grün Versiffter Volksverräter.

Die Kernaussage dieses Beitrags läßt sich so zusammenfassen: "Die Neger-pardon "die" Schwarzafrikaner haben da irgendwie auch mitgemacht und sind selber schuld (auch an ihrer heutigen Unterentwicklung) mindestens aber mitschuldig.

Das ist so schlicht, dass man zu einer Richtigstellung eigentlich gar keine Lust hat. Das ist ähnlich, als wollte man ernsthaft darüber diskutieren, dass es auch Weiße gibt, die gut Basketball spielen, Musik machen oder tanzen können. Das nicht "die Schwarzafrikaner" alle lange Schwänze haben, dass auch Weiße manchmal gut bestückt sind, dass das gut tanzen, Basketball spielen und Musik machen können, eher mit Begabungen, Interessen und nicht zuletzt auch mit dem Zugang zu Medien, Schulen und Trainingsmöglichkeiten zusammenhängt, als mit irgendwelchen genetischen Eigenschaften oder gar einem "Nationalcharakter."


Ich bin der Meinung die "Kernaussage" dass "die Schwarzafrikaner am Sklavenhandel auch mitgemacht haben und daher eine Mitschuld am transatlantischen Sklavenhandel tragen, ist nicht nur äußerst zynisch und latent rassistisch, sondern genauso absurd und perfide, als würde man behaupten, dass "die Juden" mitschuldig an der Shoah sind, da nachgewiesenermaßen Judenräte gezwungen wurden, an der Organisation von Deportationen mitzuwirken.
Hannah Arendt hat in ihrer Reportage über Eichmann in Jerusalem die Rolle der Judenräte angesprochen und kritisiert. Man kann die Arbeit der Judenräte kritisieren, so wie die Kollaboration der Ashanti am Sklavenhandel kritisiert werden kann.
Es ist aber natürlich zu bedenken, dass Judenräte zur Mitarbeit gezwungen wurden, dass sie aus Zwang, oft unter Todesgefahr an Deportationslisten mitgewirkt haben. Eugen Kogon schrieb in "Der SS-Staat" vom Krieg der Häftlinge untereinander. Das war aber doch künstlich erzeugt. Verantwortlich dafür sind doch wohl die, die sich das System ausgedacht haben und nicht die Opfer, die gegenüber anderen Opfern zu Tätern wurden. Natürlich gab es auch einige jüdische Blockälteste, Kapos etc., etc. Einer der von Oskar Schindler geretteten Juden, Marcel Goldberg wurde nach dem Krieg in Israel gesucht, weil er seinen eigenen Vorteil suchte und gegen Entgelt Leute auf die Liste setzte oder auch wieder strich.



Das GF hat einen guten Ruf, und es hat sich in den letzten Jahren auch immer dadurch ausgezeichnet, dass geschichtsrevisionistischen Positionen widersprochen wurde, dass Antisemitismus und jede Form von Extremismus, sei es von rechts oder links hier keine Chance haben, dass die Regeln der Nettiquette eingehalten werden und dass Thesen zu belegen sind mit Quellen- und Literaturangaben.

In der rechten Szene ist das GF vielen ein Dorn im Auge, und es hat in den letzten Jahren immer wieder Versuche gegeben, es zu infiltrieren oder auch um es als Podium zu benutzen, geschichtsrevisionistische Positionen zu posten, Tabubruch zu betreiben, zu provozieren und auch, um auszuloten, wie weit sie gehen können, was auf welchen Widerspruch stößt, welchen Widerstand es gibt, ob es überhaupt Widerstand, Widerspruch gibt.

In der letzten Zeit hat es häufiger Beiträge gegeben, die sich durch ein extrem eindimensionales, stark simplifizierendes Geschichts- und Menschenbild auszeichneten, wenig bis keinen Bezug zu historischen Fakten oder Fachliteratur hatten, dafür aber von einem großen Sendungsbewusstsein durchdrungen und mit unverhohlener Sympathie für ultranationalistisches und latent rassistisch-fremdenfeindliches "Gedankengut".

Ich habe hier zu diesem Uralt-Beitrag viel mehr geschrieben, als ich wollte. Ich finde, der Titel des Threads verunziert das Board. Da fragt man sich: "Soll ich dazu jetzt allen Ernstes etwas sagen?" Andererseits denkt man sich: "Unwidersprochen kannst du das aber auch nicht stehen lassen.

De facto aber füttert man einen Troll und lässt sich eine Diskussion aufzwängen, begegnet mit Quellen und Argumenten und tralala einer Stammtischparole in der Güte-Klasse:

"Warum schnackselt der Neger so gerne? Liegt das daran, dass Schwarze längere Schwänze haben

Würde mich das jemand nachts am Bahnhof fragen, würde ich ihm raten, seinen Rausch auszuschlafen, aber ich würde nicht mit ihm diskutieren.
 
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Meiner unerheblichen Meinung nach hat das Wort "Schuld" in einer historischen Betrachtung des Sachverhalts schon deshalb nichts verloren, weil alle "Täter", ganz gleich welcher Ethnizität, kein Schuldbewusstsein hatten und haben konnten. Für uns heute mag das schockierend sein, doch galt Sklaverei bis weit ins Zeitalter der Aufklärung hinein fast weltweit als eine mehr oder weniger "normale" Institution.

Ironischerweise kann man dies gerade anhand der wenigen Einschränkungen nachvollziehen, denen die Sklaverei vorher unterworfen war. So verbot Genghis Khan den Mongolen die Versklavung von Mongolen, nicht aber von Angehörigen anderer Völker. Ähnliche Regelungen finden sich in Christentum, Islam und in vielen Kulturen. Sie zeigen, dass Sklaverei nicht als ein Grundübel galt, dem keiner unterworfen sein sollte.

Verschiedentlich wird die Sichtweise vertreten, dass die Sklaverei in den USA qualitativ alle anderen geschichtlichen Beispiele in den Schatten stelle. Um einen uns etwas näheren Vergleich zu bemühen: Ich kann hier nicht umhin, Parallelen zu ziehen zur unterschiedlichen Rezeption der Verbrechen des Nationalsozialismus einerseits und des japanischen Imperialismus andererseits.

Für die Opfer macht es keinen Unterschied, warum sie gequält, ausgebeutet oder gar getötet werden. Das Entsetzen über die Verbrechen Japans ist jedoch mehr oder weniger auf China, Korea und andere direkt betroffene Staaten beschränkt. Hitler wurde der Inbegriff des Bösen; Tojo kennen viele Westler nicht einmal.
Der Grund erhellt mir aus der zeitgenössischen alliierten Propaganda.

Die "gelben Horden" aus Japan galten im Westen eben als Barbaren, und ihre Verbrechen als wenig überraschend. Die Deutschen hingegen hatten an der Selbstgewissheit des "Abendlands" gerüttelt, dem Rest der Welt zivilisatorisch überlegen zu sein. In diesem Sinne frage ich: Taugt der Rassismus, auf dem die Sklaverei in den USA beruhte, wirklich als Alleinstellungsmerkmal?

Ist die Verschleppung von Menschen aus religiösen Gründen, wie bspw. durch das osmanische Reich in ähnlich großem Umfange betrieben, wirklich weniger verwerflich? In meinen Augen ist die aktuelle Debatte, gerade in den USA, im Grunde kulturalistisch. Das Augenmerk scheint unterschwellig immer auf der Diskrepanz zu liegen zwischen der Sklaverei und den Ansprüchen der amerikanischen Gründerväter.

Ähnliche Töne werden in den Postcolonial Studies angeschlagen. So sagte Achille Mbembe 2015, am meisten treibe ihn der Wunsch an, den Völkern Afrikas das Selbstbewusstsein wiederzugeben, indem er dem "Überlegenheitsanspruch der weißen Rasse" die Verbrechen der Kolonialmächte gegenüberstelle. Auch hier steht nicht die Tat im Vordergrund, sondern der Täter (und nicht einmal der, wenn man es genau nimmt).

Im heutigen gesellschaftlichen Klima wird es kaum noch möglich sein, die eigentlich unbestreitbare Mitwirkung von Teilen der afrikanischen Bevölkerung im Einzugsbereich europäischer Expansionsbestrebungen an der Versklavung von Afrikanern objektiv zu untersuchen. (Ein unterschätzter Gesichtspunkt: Diese Mitwirkung wurde natürlich v.a. von den lokalen Eliten geleistet bzw. gelenkt.)

Und hier komme ich nicht umhin, Parallelen zur Situation in Polen zu ziehen, wo die Regierung sogar auf gesetzlichem Wege die Erwähnung der Tatsache verbietet, dass einige wenige Polen sich am Holocaust als Kollaborateure betätigten. Was ich damals in diesem Forum über das fragliche Gesetz schrieb, würde ich, in entsprechend abgewandelter Form, auch Scorpio zur Erwägung anbieten.

Nach der Geschichtsauffassung der PiS wäre Polen das einzige nicht-protestantische christliche Land der Welt ohne nennenswerte antisemitische Umtriebe und ohne Kollaborationsbereitschaft gewesen. Das mag sich schmeichelhaft für die PiS anhören, und das Anstreben eines solchen Narrativs durch diejenigen Polen, die unter der deutschen Besatzung gelitten haben, ist menschlich sehr verständlich.

Trotzdem ist sie falsch. Natürlich gab es Kollaborateure. (Herrje, sogar in den Niederlanden, dem vielleicht am wenigsten antisemitisch geprägten Land der damaligen Zeit, gab es sie.) Die gute Nachricht ist: Man kann diese Sichtweise aufgeben, ohne Gefahr zu laufen, Geschichtsrevisionisten in die Hände zu spielen. Polnische Kollaborateure ändern nichts an der Tatsache, dass der Holocaust nicht von Polen ausging.

Ebenso wenig ändert die Existenz afrikanischer Kollaborateure, wenn man sie so nennen will, etwas an den Machtverhältnissen innerhalb der Strukturen des Sklavenhandels, und damit an der "Schuldfrage". (Die ich aus den oben genannten Gründen in Anführungszeichen setze.) Nun mag man fragen: Warum die Diskussion dann überhaupt führen, erübrigt sie sich nicht?

Die Antwort lautet: Weil es immer noch Sklaverei auf der Welt gibt – heutzutage wohl hauptsächlich in Nordafrika und auf der arabischen Halbinsel –, und weil es in Bürgerkriegen immer noch dazu kommt, dass Menschen ihre Nachbarn entrechten wollen. Wer solche Phänomene verstehen und bekämpfen will, muss sie erforschen. Denkverbote helfen dabei nicht.
 
Für uns heute mag das schockierend sein, doch galt Sklaverei bis weit ins Zeitalter der Aufklärung hinein fast weltweit als eine mehr oder weniger "normale" Institution.
Das war wohl eine Frage der Perspektive. Wenn man selber auf der richtigen Seite stand, mag man das für "normal" gehalten haben. Stand man auf der anderen Seite, wird man das für ziemlich ungerecht gehalten haben. Seneca weist darauf bereits in der Epistula 47 hin, dass man seine Sklaven gut behandeln solle, weil es letztlich eine Frage des Schicksals ist, ob man Sklave sei oder nicht und er lobt diejenigen, welche mit ihren Sklaven speisen und freundschaftlichen Umgang pflegen und schilt die, welche sie schlecht behandeln. Ja, er fordert keinen Systemwechsel, insofern ist auch bei ihm Sklaverei "normal". Aber er weist daraufhin, dass es jedem zu jeder Zeit unverschuldet passieren kann, Sklave zu werden.
Seneca wirft den schlechten Sklavenhaltern vor, dass sie das Sprichwort

totidem hostes esse quot servos
bemühen, wirft aber dagegen ein:

non habemus illos hostes sed facimus.​

("Man hat so viele Feinde, wie man Sklaven hat" - Senecas Entgegenung: "Wir haben sie nicht als Feinde, wir machen sie (durch unsere Behandlung) zu solchen."

In meinen Augen ist die aktuelle Debatte, gerade in den USA, im Grunde kulturalistisch. Das Augenmerk scheint unterschwellig immer auf der Diskrepanz zu liegen zwischen der Sklaverei und den Ansprüchen der amerikanischen Gründerväter.
Deine Argumentation läuft in großen Teilen auf tu quoque hinaus. Ich sehe das eher mit dem Splitter im Auge des anderen und dem Balken im eigenen Auge. Wir - als Teil der "westlichen" Zivilisation - sollten uns zunächst einmal um die Leichen in unserem eigenen Keller bemühen, bevor wir die Leichen in fremden Kellern kritisieren.
Z.B. wird die muslimische Versklavung von Afrikanern und Europäern von Islamophoben gerne ins Feld geführt, dabei aber gleichzeitig ignoriert, dass Europäer gleichzeitig im großen Stil z.B. Slawen in den muslimischen Mittelmeerraum (hauptsächlich FrühMA) oder Afrikaner in die karibibischen und amerikanischen Kolonien verhandelten (hauptsächlich FNZ).

Im heutigen gesellschaftlichen Klima wird es kaum noch möglich sein, die eigentlich unbestreitbare Mitwirkung von Teilen der afrikanischen Bevölkerung im Einzugsbereich europäischer Expansionsbestrebungen an der Versklavung von Afrikanern objektiv zu untersuchen. (Ein unterschätzter Gesichtspunkt: Diese Mitwirkung wurde natürlich v.a. von den lokalen Eliten geleistet bzw. gelenkt.)
Aber genau das passiert. Was kritisiert wird, ist, dass die lokale Mitwirkung herausgehoben wird und die Rolle der Europäer bagatellisiert wird. Dass mit dem Finger auf andere gezeigt wird, obwohl man selbst genug Dreck am Stecken hat. Dass das ganze nicht als ineinandergreifendes System beschrieben wird.
 
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Verschiedentlich wird die Sichtweise vertreten, dass die Sklaverei in den USA qualitativ alle anderen geschichtlichen Beispiele in den Schatten stelle. Um einen uns etwas näheren Vergleich zu bemühen: Ich kann hier nicht umhin, Parallelen zu ziehen zur unterschiedlichen Rezeption der Verbrechen des Nationalsozialismus einerseits und des japanischen Imperialismus andererseits.

Für die Opfer macht es keinen Unterschied, warum sie gequält, ausgebeutet oder gar getötet werden. Das Entsetzen über die Verbrechen Japans ist jedoch mehr oder weniger auf China, Korea und andere direkt betroffene Staaten beschränkt. Hitler wurde der Inbegriff des Bösen; Tojo kennen viele Westler nicht einmal.
Der Grund erhellt mir aus der zeitgenössischen alliierten Propaganda.

Ist die Verschleppung von Menschen aus religiösen Gründen, wie bspw. durch das osmanische Reich in ähnlich großem Umfange betrieben, wirklich weniger verwerflich? In meinen Augen ist die aktuelle Debatte, gerade in den USA, im Grunde kulturalistisch. Das Augenmerk scheint unterschwellig immer auf der Diskrepanz zu liegen zwischen der Sklaverei und den Ansprüchen der amerikanischen Gründerväter.

Ähnliche Töne werden in den Postcolonial Studies angeschlagen. So sagte Achille Mbembe 2015, am meisten treibe ihn der Wunsch an, den Völkern Afrikas das Selbstbewusstsein wiederzugeben, indem er dem "Überlegenheitsanspruch der weißen Rasse" die Verbrechen der Kolonialmächte gegenüberstelle. Auch hier steht nicht die Tat im Vordergrund, sondern der Täter (und nicht einmal der, wenn man es genau nimmt).

Im heutigen gesellschaftlichen Klima wird es kaum noch möglich sein, die eigentlich unbestreitbare Mitwirkung von Teilen der afrikanischen Bevölkerung im Einzugsbereich europäischer Expansionsbestrebungen an der Versklavung von Afrikanern objektiv zu untersuchen. (Ein unterschätzter Gesichtspunkt: Diese Mitwirkung wurde natürlich v.a. von den lokalen Eliten geleistet bzw. gelenkt.)

Und hier komme ich nicht umhin, Parallelen zur Situation in Polen zu ziehen, wo die Regierung sogar auf gesetzlichem Wege die Erwähnung der Tatsache verbietet, dass einige wenige Polen sich am Holocaust als Kollaborateure betätigten. Was ich damals in diesem Forum über das fragliche Gesetz schrieb, würde ich, in entsprechend abgewandelter Form, auch Scorpio zur Erwägung anbieten.

Es ist keine Frage, dass Sklaverei grundsätzlich äußerst drückende und erdrückende Formen haben kann. Natürlich wird sich der Schock von Städtebewohner der Antike, als ihre Stadt eingenommen wurde und sie als Sklaven verkauft wurden, nicht sonderlich von dem versklavter Mandinghe in Gambia des 18. Jahrhunderts unterschieden haben. Natürlich empfanden Angehörige Trauer, Ohnmacht, Angst, wenn ihre Söhne als Militärsklaven nach Konstantinopel verschleppt wurden. Niedergebrannte Dörfer, massakrierte Alte und Kinder, das ist das Gesicht des Krieges, das von Sklavenjagden zu allen Zeiten. Eine Vergewaltigung ist eine Vergewaltigung, ob eine Sklavin ihrem Herrn gefügig sein muss oder auf der Passage über den Atlantik von Mitgliedern der Crew vergewaltigt wird. Die Lebensverhältnisse in antiken Bergwerken war eine Hölle, so übel wie die Baumwoll- und Zuckerrohrfelder in den USA, Brasilien, Kuba und auf Jamaika. Das ist alles zutreffend.

Trotzdem, so finde ich, hat eine rassistisch motivierte Sklaverei noch eine andere Qualität. Homer beschreibt die Sklaverei, wenn einem der Tag der Freiheit entrissen wird, als etwas, das den Menschen ein Teil seines Menschseins genommen wird. Dennoch erscheint Achilleus nicht das Los eines Sklaven, sondern das eines Tagelöhners als das Übelste. Antike Autoren wie Tacitus oder Cicero sagen Sklaven negative Eigenschaften nach, aber grundsätzlich ging man in der Antike nicht von einer Unterlegenheit der Sklaven aus. Es gab, zwar nicht überall und erst recht nicht zu allen Zeiten, gewisse Sklavenrechte. Natürlich hatte längst nicht jeder antike Sklave Bildungsmöglichkeiten und längst nicht jeder schaffte es, wieder frei zu werden-Aber immerhin, die Möglichkeit gab es, und eine durchaus beachtliche Anzahl von Sklaven wurden Freigelassene. Der Großvater des Dichters Horaz war noch Sklave gewesen, sein Sohn gehörte bereits zum Ordo Equester. Moderne Schätzungen gehen davon aus, dass gut zwei Drittel der Bewohner Roms im 1. und 2. Jahrhundert Nachfahren von Sklaven waren. Es war nicht untersagt, einen Sklaven von Bildung auszuschließen, im Gegenteil, ein Sklave, der etwas gelernt hatte, war mehr wert. Sicher, es gab Sklavenhalter, die Sklaven Gesangs- und Violinen-Unterricht geben ließen, grundsätzlich aber sollte die Sklavenbevölkerung von jeder höheren Bildung ausgeschlossen werden.

Auch im Osmanischen Reich war die Sklaverei drückend, aber jeder Junge, der aus Serbien oder Bosnien verschleppt, nach Konstantinopel kam, war ein potenzieller Großwesir, Aga oder Sekban Baschi der Janitscharen. Der Sultan selbst war der Sohn einer Sklavin, und das Osmanische Reich war durchaus eine integrative Gesellschaft, ähnlich wie das Imperium Romanum.

Ich denke schon, dass solche Gesichtspunkte bei der Bewertung der Sklaverei berücksichtigt werden müssen. Die frühneuzeitliche Sklaverei war ein Produkt des Frühkapitalismus. Für die Baumwoll- und Zuckerrohrfelder brauchte es billige Arbeitskräfte. Ihre Apologeten versuchten, sie als eine ehrwürdige Tradition zu bezeichnen, aber -in Europa gab es solche Form der Unfreiheit längst nicht mehr. Leibeigenschaft mochte drückend sein, ein Leibeigener war nicht völlig rechtlos, auch ein Indentured Servant nicht.

Warum sollte die Beteiligung von Afrikanern wissenschaftlich nicht unterersucht werden können. Das tut man doch längst. Ich hätte auch kein Problem damit, hier im Forum darüber zu diskutieren, welche Rolle etwa die Ashanti im transatlantischen Handel spielten. Dann aber bitte auf Basis von historischen Quellen, dann interessieren mich vor allem soziale, wirtschaftliche und ethnologische Faktoren, weniger moralische. Schon gar nicht aber auf rein polemischer Basis, wo jede sachliche Auseinandersetzung bereits als
Selbstbezichtigungsroutine
diskreditiert wird.
 
Sklavenhandel und heutige Straßennamen.

Bei uns hier in Erfurt ist wohl schon seit geraumer Zeit eine Diskussion zu einen Straßennamen im Gange.

Es geht um den Namen „Nettelbeckufer“ in der Andreasvorstadt.

Joachim Nettelbeck der Seefahrer (geb. 1738 in Kolberg – verst. 1824 Kolberg).

Es gibt eine Initiative die diesen Straßennamen weg haben wollen. Sie verweisen darauf dass er am Sklavenhandel auf einem holländischen Schiff und später auch auf einem englischen Schiff beteiligt war.

Andere, die Verteidiger des Namens argumentieren, man müsse historische Persönlichkeiten nach den Maßstäben der damaligen Zeit beurteilen.

Wem Joachim Nettelbeck nicht so geläufig ist, dann bitte Wikipedia.
 
Wem Joachim Nettelbeck nicht so geläufig ist, dann bitte Wikipedia.
Dort wird auch anschaulich beschrieben, wo und wie man Sklaven einkaufte. Sie fuhren nach Guinea und verständigten und Nettelbeck erlernte eine Pidgin-Sprache um sich mit den dortigen Sklavenhändlern dort zu unterhalten.

Die Pidgin-Sprache bzw. das Kreol basiert auf dem Portugiesischen. Guinea wurde bereits im 15. Jahrhundert von den Portugiesen kolonisiert. Die Portugiesen gründeten Forts und förderten einzelnen afrikanische Vasallen-Herrschaften, die Sklaven lieferten. Noch vor der Entdeckung Amerikas begannen die Portugiesen mit dem Aufbau einer Plantagenwirtschaft von Zuckerrohr auf Sao Tomè und Príncipe. Hierfür benötigten sie Sklaven. Später wurde diese von den Portugiesen bereits in Afrika erprobte Wirtschaftsform auf in Amerika im noch größeren Stil ausgebaut.

Im Lauf der Zeit haben verschiedene europäische Staaten die portugiesischen Niederlassungen übernommen.
 
Ganz interessant ist die Geschichte der Nyamwezi in Ostafrika. Das Wort bedeutet soviel wie die "Leute vom Mond", und die Nyamwezi waren bantusprechende Gruppen, die durch arabische Sklavenhändler nach Tansania kamen. Freigelassene aus diesen Gruppen ließen sich in Tansania nieder und schalteten sich als Zwischenhändler in den Elfenbein- und Sklavenhandel ein. Livingstone, Speke Grant und Henry M. Stanley setzten auf ihren Expeditionen Träger und Askari ein, die sie unter den Nyamwezi geworben hatten.

Tibbu Tib, ein afro-arabischer Warlord, Elfenbein- und Sklavenhändler begleitete Stanley auf seiner zweiten Expedition entlang des Kongo, und er verriet Stanley einige seiner "Geschäftspraktiken". Tibbu Tib war stets interessiert, über lokale Fehden unterrichtet zu sein. Dann bot er einem schwächeren Stamm seine Waffenhilfe an, seine Askari hatten Feuerwaffen, der Ausgang des Waffengangs stand daher fest. Tibbu Tib erbot sich nur die Kriegsgefangenen aus und war bei der Siegesfeier nicht kleinlich mit Palmwein und Schnaps. Waren dann die Sieger betrunken und kampfunfähig kamen sie an die Reihe.

Besonders gerne überfiel Tibbu Tib Stämme im Landesinneren, die Elefanten jagten, aber kaum eine Ahnung vom Handelswert von Elfenbein hatten. Tibbu Tib schwärmte von Palisaden aus mannshohen Stoßzähnen. Wenn seine Leute so ein Dorf eroberten, war Tibbu Tibs Verdienst noch größer.

Stanley pflegte reicht eigenwillige Bekanntschaften, wenn es seiner Expedition nutzte. Bei der zweiten Expedition schenkte er Mirambo einem berüchtigten Warlord einen amerikanischen Colt und schloß mit ihm Blutsbrüderschaft. Tibbu Tib, der in Wirklichkeit Hamed ben Mohammed hieß, war der Sohn eines Arabers und einer Afrikanerin. Er absolvierte in Sansibar eine kaufmännische Lehre und im Lauf der Zeit gelang es ihm, ein Imperium in Ost- und Zentralafrika aufzubauen. Seinen Traum eines eigenständigen Imperiums konnte er letztlich nicht verwirklichen, aber sein Einfluss war so groß, dass Belgier und Deutsche mit ihm zusammenarbeiteten. Zeitweilig war er sogar mal Gouverneur des Oberen Kongo. Schließlich aber wurde er dann aber für ein so humanitäres Projekt wie den Kongofreistaat untragbar. Tibbu Tib zog sich nach Sansibar zurück und verfasste dort seine Memoiren. Sein großes Vermögen blieb ihm erhalten, und Stanley sagte von ihm, dass sein Benehmen dass eines vollendeten Gentlemans sei.
 
Seinen Traum eines eigenständigen Imperiums konnte er letztlich nicht verwirklichen, aber sein Einfluss war so groß, dass Belgier und Deutsche mit ihm zusammenarbeiteten. Zeitweilig war er sogar mal Gouverneur des Oberen Kongo. Schließlich aber wurde er dann aber für ein so humanitäres Projekt wie den Kongofreistaat untragbar.
König Leopold II. von Belgien begründete seine Landnahme am Kongo mit dem humantiären Vorwand den Sklavenhandel dort abschaffen zu wollen. Auch Stanley und Tippu-Tip arbeiteten offiziell für die Abschaffung des Sklavenhandels im Auftrag des belgischen Königs. Bekanntlich führte die Herrschaft des belgischen König vor allem zu den Kongogräueln.

Ende des 19. Jahrhunderts war die Beendigung des innerafrikanischen und afro-arabischen Sklavenhandels der willkommene Anlass für weitere europäische Eroberungen. Auf der Kongo-Konferenz in Berlin wurde die Abschaffung des Sklavenhandels beschlossen und gleichzeitig Zentralafrika zur Eroberung freigeben.

Die Frage nach der Schuld der Afrikaner am Sklavenhandel ist jedenfalls ein gefährlicher Topos, da er bereits als Vorwand zur Kolonisierung verwendet wurde oder auch zur Schuldumkehr.
 
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Das war wohl eine Frage der Perspektive. [Seneca] weist daraufhin, dass es jedem zu jeder Zeit unverschuldet passieren kann, Sklave zu werden.
Wir hatten eine ähnliche Diskussion schon mal. Es ging um die mittelalterliche Kriegsführung; ich behauptete, der Begriff des Kriegsverbrechens sei in dem Zusammenhang deplatziert. Es gab kein Unrechtsbewusstsein im Wortsinn. Das Erlittene hinderte niemanden daran, loszuziehen und anderen Leid zuzufügen.

Hielten Philosophen, Kleriker, frühe Humanisten dagegen? Sicher. Aber ihre Meinung war nicht verbreitet, sonst hätte sie einen Wandel ausgelöst, wie er im Zuge der Aufklärung dann auch tatsächlich eintrat.

Ohne unveräußerliche Menschenrechte ist der Gedanke, dass niemand unschuldig dazu verurteilt sein sollte, ein absichtlich zugefügtes Leid erdulden zu müssen, kaum denkbar.

Ich glaube deshalb, dass die Sklaverei vor den Aufklärern grundsätzlich anders empfunden wurde. Zumindest die Versklavung von Fremden oder Kriegsgegnern galt bis weit in die Neuzeit offenbar als vertretbar und damit nicht als grundsätzlich zu ächtendes Unrecht.

Es fehlt nicht mal an Beispielen für freigelassene oder entflohene Sklaven, die selber zu Sklavenhaltern wurden – vielleicht weil der Grundsatz "Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu!" noch nicht Bestandteil eines universellen Wertekanons geworden war.

Weiter im Folgenden.
Deine Argumentation läuft in großen Teilen auf tu quoque hinaus.
Mir ist nicht klar, wie Du darauf kommst. Weiter im Folgenden.
Deine Argumentation läuft in großen Teilen auf tu quoque hinaus. […] Was kritisiert wird, ist, dass die lokale Mitwirkung herausgehoben wird und die Rolle der Europäer bagatellisiert wird.
Durch 'Gegenkaiser' wurde vielleicht bagatellisiert, aber dessen Geschwurbel ließ ich bewusst außen vor und antwortete auf Scorpios Kommentar. Was ich zum Ausdruck bringen wollte: Eine Bagatellisierung kann das Ziel solcher Einlassungen sein, muss es aber nicht. Deshalb gehe ich auch mit folgender Aussage nicht d'accord:
Wir - als Teil der "westlichen" Zivilisation - sollten uns zunächst einmal um die Leichen in unserem eigenen Keller bemühen, bevor wir die Leichen in fremden Kellern kritisieren.
"Bevor" impliziert eine zeitliche Abfolge. Wann wären die Leichen in unserem Keller denn hinreichend begraben, sodass wir mit dem Finger wieder auf fremde Leichen zeigen dürften? Das soll hier keine Fangfrage sein, sondern meine Zweifel zum Ausdruck bringen, ob es überhaupt eine Antwort gibt.

Welches Verhalten ist aber folgerichtig und moralisch angemessen, falls es keine Antwort gibt? Muss also jedes Werturteil über die Geschichte anderer Kulturen unterbleiben? Man wird nämlich in der Geschichte der Kultur, die den Wertenden hervorgebracht hat, immer "Leichen im Keller" finden, blickt man nur weit genug zurück.

Wohlgemerkt: Nein, das ist kein tu quoque, kein Whataboutism. Ich versuchte – vielleicht auf unzulängliche Weise, aber doch immerhin –, jedes Werten an sich aus der Gleichung zu streichen. Denn ich sehe keinen Sinn darin, das Handeln historischer Personen an Maßstäben zu messen, die sie nicht kennen konnten.

Jedenfalls, ich erinnerte an den israelisch-polnischen Gesetzesstreit wegen der Eindeutigkeit des Sachverhalts, und was ich dazu schrieb, widerlegt mir Deine Andeutung, ich hätte Relativierung betrieben.

Der Holocaust fußte auf einem Antisemitismus, der auch in Polen vorhanden war, weswegen ihm denn auch manche Polen zuarbeiteten; das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass das Verbrechen von Hitlers Deutschland ausging, wo allein das Feuer des Antisemitismus genügend Nahrung fand.

Doch lässt sich der Massenmord an den Juden Europas nicht ohne den damals grassierenden Antisemitismus denken, und damit wird das Symptom, dessen Erforschung im Gesetzesstreit unter Strafe gestellt werden sollte, betrachtenswert. Ähnlich verhält es sich mit der Sklaverei, wie ich behaupte.

Die Teilnahme mancher Afrikaner am Sklavenhandel mit der "Neuen Welt" ändert nichts an den Machtstrukturen innerhalb dieses verwerflichen Systems, das vor allem von der wirtschaftlichen Elite der Kolonialmächte, besonders aber beider Amerikas, gelenkt und gefördert wurde.

Trotzdem lässt sich die Tatsache, dass Menschen zum Zwecke der wirtschaftlichen Ausbeutung auf Baumwoll- und Zuckerrohrplantagen entführt und wie Vieh um die halbe Welt gekarrt wurden, nicht ohne das Vorhandensein eines universellen Menschheitsphänomens mit Namen Sklaverei erklären.
[…] Trotzdem, so finde ich, hat eine rassistisch motivierte Sklaverei noch eine andere Qualität. […]
Nachdem ich Deinen Kommentar gelesen habe, würde ich meinen, unsere Auffassungen unterscheiden sich insofern, als ich vor allem das bloße Resultat im Auge hatte.

Meiner Erfahrung nach sehen Menschen, denen ein Unrecht getan wurde, nur das Resultat. Es gibt für sie keine besseren oder schlechteren Gründe, wenn alle dieselbe Tat ermöglichen.
Es gibt eine Initiative die diesen Straßennamen weg haben wollen. Sie verweisen darauf dass er am Sklavenhandel auf einem holländischen Schiff und später auch auf einem englischen Schiff beteiligt war. Andere, die Verteidiger des Namens argumentieren, man müsse historische Persönlichkeiten nach den Maßstäben der damaligen Zeit beurteilen.
Ehrt eine Paulusstatue den Paulus oder den Saulus? Verschweigt sie den Saulus? Darf eine Gesellschaft beschließen, den Paulus um des Paulus willen zu ehren, trotz seiner Taten als Saulus?

Dieser aus den englischsprachigen Raum zu uns herüberschwappende Trend geht mir auf den Keks.

Selbst Horatio Nelson sollte nach Meinung mancher Aktivisten schon vom Trafalgar-Square weichen, weil er ein Sexist gewesen sei. Wer auf dergleichen drängt, hält seine Mitmenschen für dümmer, als sie sind.
 
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Es fehlt nicht mal an Beispielen für freigelassene oder entflohene Sklaven, die selber zu Sklavenhaltern wurden – vielleicht weil der Grundsatz "Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu!" noch nicht Bestandteil eines universellen Wertekanons geworden war.
Du kennst mich... du wusstest dass ich mit der Goldenen Regel argumentieren würde und versuchst mir hier durch einen rhetorischen Trick zuvorzukommen, indem du versuchst sie a priori zu entkräften. Aber das funktioniert nicht, denn die Goldene Regel war auch in der Antike bereits bekannt. Und erst Recht für jeden Christen, da sie in einem der zentralen Texte des Christentums, im Matthäusevangelium verwendet wird.

Wir hatten eine ähnliche Diskussion schon mal. Es ging um die mittelalterliche Kriegsführung; ich behauptete, der Begriff des Kriegsverbrechens sei in dem Zusammenhang deplatziert. Es gab kein Unrechtsbewusstsein im Wortsinn. Das Erlittene hinderte niemanden daran, loszuziehen und anderen Leid zuzufügen.

Hielten Philosophen, Kleriker, frühe Humanisten dagegen? Sicher. Aber ihre Meinung war nicht verbreitet, sonst hätte sie einen Wandel ausgelöst, wie er im Zuge der Aufklärung dann auch tatsächlich eintrat.

Ohne unveräußerliche Menschenrechte ist der Gedanke, dass niemand unschuldig dazu verurteilt sein sollte, ein absichtlich zugefügtes Leid erdulden zu müssen, kaum denkbar.

Ich glaube deshalb, dass die Sklaverei vor den Aufklärern grundsätzlich anders empfunden wurde. Zumindest die Versklavung von Fremden oder Kriegsgegnern galt bis weit in die Neuzeit offenbar als vertretbar und damit nicht als grundsätzlich zu ächtendes Unrecht.

Wie bereits erwähnt: die Goldene Regel ist bis in die Antike zurückverfolgbar: "Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu."

Aber der Mensch ist halt in der Lage, sich selbst in die Tasche zu lügen. Er ist ein Hedonist.
Beispiel: Wir alle wissen um den Klimawandel. Auch die Klimawandelleugner wissen darum. Sie sind lediglich die, die sich am beharrlichsten weigern, etwas an ihrer Verhaltensweise zu ändern. Mehrheitlich wird der Klimawandel als Problem anerkannt. Trotzdem geht der Fleischkonsum allenfalls in homöopathischen Dosen zurück. Wir alle konsumieren, jede Suchanfrage bei Google kostet mehr C02, als welches ich am heimischen Rechner beim Surfen verbrauche. Wir kaufen ständig neue geräte, fahren Autos und fliegen in den Urlaub. Weil wir uns nicht einschränken wollen, obwohl wir wissen, dass das falsch ist.

In 300 Jahren würde jemand, der so argumentiert wie du heute behaupten: Ja, die Medien haben gewarnt, aber ihre Meinung war halt nicht verbreitet, also können wir nicht das heutige Unrechtsbewusstsein des 24. Jhdts. auf das 21. Jhdt. anwenden. Das Recht des Autofahrers wurde eben höher gewichtet, als dass der Korallen. Das Recht des Smartphonebesitzers wurde eben höher gewichtet, als dass der Pflanzenwelt in Nigeria.

Nein, wir wissen alle was Sache ist und fahren den Karren dennoch mit Vollgas vor die Wand. Weil wir Hedonisten und Egoisten sind. Nach uns die Sintflut. Alles bessere Wissen ist uns scheißegal, hauptsache uns geht es gut. Und genau deshalb hat es früher Sklaverei gegeben. Weil die Leute gesagt haben "Ich alleine kann ja eh nix ändern. Das System ist halt so. Kauf ich den Sklaven nicht, kauft ihn ein anderer." Das Wissen darum, dass Sklaverei falsch ist, war egal.

Wann wären die Leichen in unserem Keller denn hinreichend begraben, sodass wir mit dem Finger wieder auf fremde Leichen zeigen dürften? Das soll hier keine Fangfrage sein, sondern meine Zweifel zum Ausdruck bringen, ob es überhaupt eine Antwort gibt.
Es gibt eine Antwort darauf und die haben sowohl Scorpio als auch ich schon gegeben:

Was kritisiert wird, ist, dass die lokale Mitwirkung herausgehoben wird und die Rolle der Europäer bagatellisiert wird. Dass mit dem Finger auf andere gezeigt wird, obwohl man selbst genug Dreck am Stecken hat. Dass das ganze nicht als ineinandergreifendes System beschrieben wird.

Denn ich sehe keinen Sinn darin, das Handeln historischer Personen an Maßstäben zu messen, die sie nicht kennen konnten.
Das Problem ist, dass du behauptest, dass sie die Maßstäbe nicht kannten. Aber Unrecht erkennt jedes Kind, sobald es ein Unrecht erfährt. Es gehört zum Erwachsenwerden zu lernen, was Recht (nicht im Sinne von Jus) und Unrecht unterscheidet. Die Goldene Regel ist letztlich auch die Summe unserer Erfahrungen, die wir beim Aufwachsen machen. Die Frage ist am Ende, wo man sich entscheidet sich zu positionierne, sofern man die Wahl hat. Ein Sklave hat die Wahl nicht, der potentielle Herr aber schon.

Jedenfalls, ich erinnerte an den israelisch-polnischen Gesetzesstreit wegen der Eindeutigkeit des Sachverhalts, und was ich dazu schrieb, widerlegt mir Deine Andeutung, ich hätte Relativierung betrieben.

Der Holocaust fußte auf einem Antisemitismus, der auch in Polen vorhanden war, weswegen ihm denn auch manche Polen zuarbeiteten; das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass das Verbrechen von Hitlers Deutschland ausging, wo allein das Feuer des Antisemitismus genügend Nahrung fand.

Doch lässt sich der Massenmord an den Juden Europas nicht ohne den damals grassierenden Antisemitismus denken, und damit wird das Symptom, dessen Erforschung im Gesetzesstreit unter Strafe gestellt werden sollte, betrachtenswert. Ähnlich verhält es sich mit der Sklaverei, wie ich behaupte.
Und hier liegt ein Irrtum vor. Dass der Holocaust politischerweise spätestens ab Dezember 1941 von der NS-Führung gewollt war, darüber kann es keinen Zweifel geben, man mag sogar bereits frühere Einlassungen (z.B. Hitlers Rede vom 30. Januar 1939) als geäußerten Willen zum Holocaust interpretieren. Aber: Nicht jeder, der am Holocaust aktiv und wissentlich mitwirkte, war ein überzeugter Antisemit. (Was für uns bedeutet, dass es nicht reicht menschenfeindliche Ideologie zu bekämpfen, sondern dass man auch Menschen dafür stark machen muss, aus dem Glied zu treten).
 
Sklaverei gab es freilich schon vor Ankunft der Europäer in Afrika. Nach Berichten der ersten Europäer gab es im Reich von Mali, im Reich von Ghana, von Songhai weit verbreitet und auch bei den Aschanti, Hausa und Yoruba weit verbreitet. Sklave konnte man durch Kriegsgefangenschaft oder durch Razzien/Raubzüge werden. In manchen Ethnien war auch Versklavung durch Schuldknechtschaft üblich.
Sklaven konnten bei den Mandinghe heiraten und Grundbesitz erwerben. Freilassung war möglich, Sklaven konnten aber auch durch Adoption in den Stamm aufgenommen werden.

Allgemein gültige Aussagen lassen sich aber nur schwer treffen, bei Angaben zum innerafrikanischen Sklavenhandel ist man leider auf Schätzungen angewiesen.
 
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