Kirche und Norden

El Quijote

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Während meines Studiums behauptete ein inzwischen leider verstorbener Germanistik-Prof. (Mediävistik) in einem Seminar, dass mttelalterliche Kirchen selten Engänge gen Norden hätten, weil der Norden in der Vorstellung des Mittelalters die Himmelsrichtung des Teufels sei. Ich habe das in diesem Forum auch schon mal so wiedergegeben, das ich keinen Grund daran hatte, an dieser Aussage zu zweifeln. Jetzt aber benötige ich doch ein wenig mehr Unterfütterung. Wer kann mir helfen? Gibt es dazu Literatur? Oder eine einschlägige Bibelstelle? Aussagen aus mittelalterlichen Quellen?
 
Gefunden habe ich Augustinus, Epistula CXL Honoratus, Kapitel 22. (AD 413)

"Therefore, the Devil and his angels, by turning from the light and warmth of charity, and going over to pride and envy, were benumbed as by an icy hardness. Therefore they are figuratively located in the north...

Hence the Apostle says: 'We are the good odor of Christ in every place. Hence, also, it says in another psalm: 'Turn again our captivity, Lord, as a stream in the south; doubtless, the captivity in which they were held under the Devil, as under the north wind, where they were chilled by abounding iniquity, and were, so to speak, frozen."


Das könnte aufgegriffen worden sein.


Siehe auch
Der barbarische Norden
 
Abgesehen von der Recherche:

Wenn man so blättert, scheinen ja durchaus Kirchen Nordausgänge gehabt zu haben, manche wurden zugemauert, geöffnet, wieder zugemauert usw.

Mir scheint da nicht recht eine Struktur sichtbar zu sein, wobei der Hinweis auf Norden ja durchaus plausibel ist. Dabei erinnere ich mich an eine Führung in Gelnhausen, Hauptkirche (Name entfallen), bei der auf der Nordseite eine merkwürdige Figur angebracht war. Die Führung damals erklärte das nmE auch mit dem Teufel (sicher bin ich nicht).

Gab es da auch weitere bautechnische Markierungen (außer der Türfrage)?
 
Selbstverständlich. Nur haben sie eben sehr oft keine Nordeingänge. Das heißt aber nicht, dass die Kirchen ohne Nordeingang in der Mehrheit wären. Ich habe gestern gelesen, dass der Papst, der die abgedankte Königin Christina von Schweden im Windturm des Vatikan übernächtigen ließ, zunächst einmal befahl, ein Fresko zu entfernen, welches den Bibelspruch omne malum ab aquilone schrieb. Einem skandinavischen Gast "alles Übel kommt von Norden" ins Stammbuch zu schreiben, kam auch im 17. Jhdt. nicht so gut.
 
Nun ja die romanischen doppelchorigen Dome in Worms und Mainz haben beide ein Nordportal ,in Mainz ist das heute sogar der Haupteingang,
Bei beiden Domen sind übrigens die Stadtprivilegien an diesen Portalen oder ihren Türen angebracht
Es handelte sich also nicht um unbedeutende Nebeneingänge sondern Hauptportale an damals herausragenden,überregional wichtigen Kirchenbauten
Auch das Strassburger Münster weist mit dem Laurentiusportal ein Nordportal auf,ebenso die Kathedrele von Chartres mit dem großen Marienportal
Im Mittelalter scheint also diese negative Zuschreibung omne malum ab aquilone so nicht ohne weiteres Allgemeingut gewesen zu sein-
 
Hier noch ein paar bedeutende Kirchen,die Nordportale aufweisen
Notre Dame in Paris hat gleich zwei Nordportale , das Theophilus-Portal von Jean de Chelles. und das sogenannte rote Portal
St Denis in Paris-die französische Königskirche
Justinuskirche in Frankfurt-Höchst

Marienkapelle in Würzburg
Schottische Kirche St. Jakob, Regensburg
Dom in Augsburg
Heiliggeistkirche in Heidelberg
Sebalduskirche in Nürnberg
St Godehard in Hildesheim
Saint-Marie-Madeleine im burgundischen Vézelay
Saint-Sauveur in Figeac



 
Hier noch ein paar bedeutende Kirchen,die Nordportale aufweisen
[...]
Justinuskirche in Frankfurt-Höchst
Die Kirche liegt aber auch direkt an der Stadtmauer. Wenn du da nach Süden raus willst, stehts du vor Mauer bzw. Main.
Edit: Nach Wikipedia hatte die Kirche zunächst ein Westportal (wie sich das gehört) und erst im 15. Jhdt. wurde das Nordpotral gebaut.
 
Zuletzt bearbeitet:
Leider nur eine Fehlanzeige:

Eine meiner gegenwärtigen Lektüren beim Gebet ist Peter Stanford, The Devil. A Biography.
Befinde mich gerade in der Renaissance und bezüglich Eingängen wäre mir bislang nichts dergleichen aufgefallen.
Allerdings hat Stanford bei der Schilderung Satans in Dantes Comedia u. a. herausgehoben, dass der Höllenfürst in Eis gehüllt/gefroren sei.
Vielleicht also eine allgemeine Verbindung zwischen Satan und dem kalten und dunklen Norden im Gegensatz zum Lumen Christi?

(Müsste man mal schauen, wie es die mittelalterlichen Kirchenbauer auf der Südhalbkugel mit der Ausrichtung der Eingänge gehalten haben. ;))
 
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