Welche Tiere gab es in der Antike?

@Galeotto und @Divico Ich habe diese Quelle von Cäsar das erste Mal vor Ewigkeiten in der 11. Klasse im Vorleistungskurs Geschichte, glaube ich, zu Gesicht bekommen. Sie war wohl als Übung zur Quellenkritik gedacht.

Außer dem Namen und dem Geweih deutet kaum etwas auf einen Elch hin: weder Größe noch Farbe, die fehlenden "Gelenkknöchel" oder gar die "germanische Jagdmethode". Entweder hat Cäsar sich den Spaß selbst ausgedacht oder jemand hat ihm "Germanengarn" aufgebunden.
Wenn es zu Cäsars Zeiten in der Gegend, die er unter Germanien verstand, Elche gab, was ich nicht per se ausschließen möchte, dann ist "De Bello Gallico" jedenfalls kein Beleg für ihre Existenz. Die Beschreibung eines Wolpertingers, Pumuckls oder Hochgebirgsflottentapirs hätte ähnlich ausfallen können.
 
Das beschäftigt auch die Biologen:

Caesar’s Bestiary: using classical accounts to statistically map changes in the large mammal fauna of Germany during the Pleistocene and Holocene

Zusätzlich (~ deepL) ein Auszug aus The culture of animals in antiquity : a sourcebook with commentaries / Lloyd Llewellyn-Jones and Sian Lewis, Routledge, 2018, S. 424



Der europäische Elch (in Amerika als Moose bekannt), der größte Vertreter der Hirschfamilie, war zu dieser Zeit weit verbreitet und bewohnte den nordeuropäischen Wald, obwohl er heute nur noch in Skandinavien, Estland und Russland zu finden ist. Er war den Nomadenvölkern Zentralasiens ein vertrautes Tier, und sein Bild gelangte in das künstlerische Repertoire Persiens, konnte sich aber nicht weiter westlich in Mesopotamien oder Griechenland durchsetzen. Es gehörte jedoch zu einer Gruppe unbekannter nordischer Tiere, denen die Römer begegneten, als sie ihr Reich mit den Feldzügen Julius Cäsars nach Deutschland ausdehnten. Während es selten eine lange Beschreibung gibt, ergeben die Berichte römischer Schriftsteller zusammengenommen eine gute Zusammenstellung des Tieres (Lat. alcis): Pausanias (IX.21.3) sagt, dass es eine Mischung aus Hirsch und Kamel ist, Strabo (Geog. IV.6.10) beschreibt seine Wamme und Plinius seine große Oberlippe (NH VIII.39). Die meisten beschreiben die Elche als selten, was aber wahrscheinlich nur bedeutet, dass sie nicht oft nach Rom importiert wurden, um in der Arena gesehen zu werden. Calpurnius Siculus, der in der Regierungszeit Neros schreibt, beschreibt, dass er einen Elch bei den Spielen unter anderen exotischen nördlichen Kreaturen wie dem Wisent gesehen hat (Ecl. VII.59), und unsere einzigen anderen Hinweise stammen aus dem dritten Jahrhundert ce, als die Kaiser Gordian III. und Aurelian eine geringe Anzahl von Elchen für die Spiele mitbrachten (Hist. Aug. Gordian III 33.1.2; Aurelian 33.4). Erkennbare Abbildungen von Elchen aus der Antike sind selten: Zusätzlich zu der untenstehenden Münze gibt Jennison (2005: Frontispiz) auf einem spätrömischen Elfenbein-Diptychon eine Arenaszene wieder, die eine Elchjagd zeigen könnte


im englischen Original:

The European elk (known in America as the moose), largest of the deer family, was widespread at this period, inhabiting the northern European forest, although today it is found only in Scandinavia, Estonia and Russia. It was a familiar animal to the nomadic peoples of Central Asia and its image entered into the artistic repertoire of Persia, but failed to make an impact further west into Mesopotamia or Greece. It was, however, one of a group of unfamiliar northern animals which the Romans encountered when they extended their empire into Germany with the campaigns of Julius Caesar.While it rarely merits a long description, taken together the accounts of Roman writers make a good composite of the animal (Lat. alcis): Pausanias (IX.21.3) says that it is a mixture of the deer and the camel, Strabo (Geog. IV.6.10) describes its dewlap and Pliny its large upper lip (NH VIII.39). Most describe the elk as rare, but this probably means only that they were not often imported to Rome to be seen in the arena. Calpurnius Siculus, writing in the reign of Nero, describes seeing an elk at the games among other exotic northern creatures such as the bison (Ecl. VII.59), and our only other references come from the third century ce, when small numbers of elk were brought for the games by the emperors Gordian III and Aurelian (Hist. Aug. Gordian III 33.1.2; Aurelian 33.4). Recognisable illustrations of elk from antiquity are few: in addition to the coin below, Jennison (2005: frontispiece) reproduces an arena scene on a late Roman ivory diptych which may show a hunt of elk.

 
Und das muss man zur Mittagszeit lesen, derweil nur ein Käsebrot verfügbar ist. ;)

Interessant wäre es bei dieser Gelegenheit vielleicht noch, einmal zu diskutieren, welche Tiere es in der europäischen Antike noch wildlebend gegeben hat, die heute dort nicht mehr vorkommen. Da kommt natürlich zuerst der Auerochse in den Sinn, aber auch der europäische Löwe:

Dass auf dem Balkan noch in der Antike Löwen lebten, berichten zahlreiche zeitgenössische Gelehrte (zum Beispiel Herodot, Aristoteles, Plutarch, Xenophon).[7] Man nimmt an, dass der Löwe in Europa durch menschliches Zutun im 1. Jahrhundert n. Chr. ausstarb. [Wikipedia]

Gibt es weitere Beispiele?
Der Atlasbär ist ein Beispiel für ein ausgestorbenes Tier, das die Römer aus ihren Arenen kannten. Ausgestorben ist es laut wikipedia allerdings erst im 19.Jahrhundert, ähnliches gilt für den Berberlöwen.
Unten ein Atlasbär auf einem römischen Mosaik. Atlasbär – Wikipedia
Atlasbear.jpg
 
Außer dem Namen und dem Geweih deutet kaum etwas auf einen Elch hin: weder Größe noch Farbe, die fehlenden "Gelenkknöchel" oder gar die "germanische Jagdmethode". Entweder hat Cäsar sich den Spaß selbst ausgedacht oder jemand hat ihm "Germanengarn" aufgebunden.
Vielleicht hat Caesar beim Verfassen auch schlicht einen intus, lehnt mit umdrehungsreichen Gedankengängen nebst wackelweichen Knien am Zeltgestänge, und sackt zusammen. Worauf sein Schreiber des Julius Aufstehversuche kommentiert: “Das sieht jetzt aber mal elend aus.“

Legendenhaftes über den Elch findet sich auch noch für das 18. Jh. in Zedlers “Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschaften und Künste“:

“... Das Elend-Thier ist ein einfältiges, dummes, und furchtsames Tier, wehret sich gegen seinen Feind nicht mit seinen Geweihen, oder Zähnen, sondern mit Ausschlagen der Klauen und Hinterfüsse. Diese, ob sie gleich starck, und alsbald einen Wolff damit zu todte, oder ein mittelmäßiges Bäumlein umschlagen können, suchet es sich doch lieber mit der Flucht zu retten, oder verbirgt sich in eine tieffe Höhle oder Gruben, zuweilen rennet es an einen Fluß, nimmt das Maul voll Wasser, weil dieses nun gleich darinne siedend heiß wird, speyet es solches sogleich denen Hetzhunden ins Gesichte, daß sie entweder ganz blind werden, oder wenigstens so lange des Gesichts beraubet bleiben, biß das Elend mit der Flucht davon kommen kan. Aus Furcht gehet es nicht leicht allein, sondern Compagnienweise, sie folgen einander in den Fußstapffen so genau nach, daß man, wenn Schnee liegt, gewiß dencken solte, es wäre nur ein Elend allda gelauffen …“
(zitiert nach: Der Elch (Alces alces) - ein Portrait - Das Forum für Freunde der Meere und Freunde der Natur /Hervorhebung von mir)
 
Die schriftliche Quellenlage zur natürlichen historischen Verbreitung des Elches im westlichen Mitteleuropa scheint sehr dünn zu sein.

“Auf Grund der erhaltenen Ortsnamen, welche sich vom Elch herleiten, ist man zu der Annahme geneigt, dass diese Wildart im Mittelalter in Deutschland noch weit verbreitet gewesen ist. Leider geben die verhältnismäßig spärlichen literarischen Erzeugnissen* keine Gewißheit.“
Die Jagd im frühen Mittelalter (S. 369)

* Hier befindet sich eine Fußnote mit Literaturverweis, eine Namensherleitung für “Ellwangen“ von “Elchfang“ dürfte dahinter stecken. Dies fußt vermutlich darauf, dass der vita hariolfi zufolge gleichnamiger Gründer des Klosters in der Gegend auf Elchfang gewesen sei. Nach heutigem Forschungsstand scheint das aber nicht mehr haltbar zu sein, da sich der Name anderweitig aus dem Alemannischen herleiten ließe (s. Hariolf und Erlolf – Wikipedia , vgl. Fußnote 2)
 
Es ist vielleicht ganz interessant in unserem Zusammenhang, dass der Elch in der früheren Neuzeit im deutschen (und französischen) Raum meist als Elen, Elent oder Ellenthier bezeichnet wird, einem Lehnwort aus dem Slawischen, das dort allerdings allgemein für Hirsche steht, etwa Polnisch jeleń. So auch bei Hans Sachs, der offenbar mangels zeitlich näherer Informationen das römische Jägerlatein als Quelle nutzte:

Ellendthier hat kein glenck in painen,
Thut sich nachts an die paumen lainen,
Welche die Jäger vor absegen.
Darmit fecht man das thier allwegen.

Die Grimm-Brüder beklagen in ihrem Wörterbuch der deutschen Sprache:

ELEN, elend, n., besser m. cervus alces, es ist übel, dasz dieser, allem anschein nach, Slaven abgesehne name, unsern heimischen, welcher ahd. ëlah oder ëlaho, mhd. ëlch, altn. ëlgr, schw. elg lautete und zum lat. alces stimmte, verdrängt hat. sl. olen, jelen, lit. elnis bedeutet hirsch, doch das elend heiszt sl. los, poln. łos, nur böhm. begegnet ein wieder von uns zurückgeholtes elent für alces,
Aber offenbar wurde der alte Name aus Skandinavien dann wieder (rück-)importiert, so dichtet etwa Friedrich Rückert:

Da noch der Ur
Durch deutsche Wälder
Gieng, und der Elk
Damit scheint eine Ausrottung/Verdrängung des Elchs im westlicheren Mitteleuropa im Mittelalter auch linguistisch untermauert zu sein — selbst der Name des Tieres war in Vergessenheit geraten.

 
Zuletzt bearbeitet:
Damit scheint eine Ausrottung/Verdrängung des Elchs im westlicheren Mitteleuropa im Mittelalter auch linguistisch untermauert zu sein — selbst der Name des Tieres war in Vergessenheit geraten.

Nein, im Mittelhochdeutschen sind beide Wörter belegt:

elch, elech*, mhd., st. M., sw. M.: nhd. Elch, Elentier; ÜG.: lat. alx Gl, SH, VocBV926; Hw.: s. elhe; vgl. mnd. elk (2); Q.: BdN, NibB, Gl (Ende 12. Jh.), VocBV926, Weinschwelg; E.: ahd. elah* 2, st. M. (a?, i?), Elch, Elentier; s. ahd. elaho 45?, elho*, sw. M. (n), Elch, Elentier; s. germ. *algi-, *algiz, st. M. (i), Elch, *elha-, *elhaz, st. M. (a), Elch; idg. *elk̑-, Sb., Hirsch, Pokorny 303; vgl. idg. *el- (1), Adj., rot, braun, Pokorny 302; W.: nhd. Elch, Elk, M., Elch, DW 3, 403, 414, DW2 7, 2106; L.: Lexer 37b (elch), Hennig (elch), Glossenwörterbuch 803b (elch), Glossenwörterbuch 842a (elah), # 1575 (elch)

elen, mhd., N.: nhd. Elch; Q.: Marner (13. Jh.); E.: s. lit. élnis, M., Hirsch, Elch; idg. *elen-, *eln̥-, M., Hirsch, Pokorny 303; s. idg. *el- (1), Adj., rot, braun, Pokorny 302; W.: nhd. (ält.) Elen, N., Elch, DW 3, 406; L.: # 1576 (elen)
mhd_e

Das Elen wurde demnach aus dem Litauischen, nicht aus dem Slawischen entlehnt.
 
Nein, im Mittelhochdeutschen sind beide Wörter belegt:
... Das Elen wurde demnach aus dem Litauischen, nicht aus dem Slawischen entlehnt.
Danke für die Korrektur. Es kannte sogar noch der süddeutsche Verfasser des Nibelungenliedes den Elch, wenn er über Siegfried auf der Jagd dichtet:

darnach slvch er shiere | einen wisent vnd einen elch
starcher vower viere | vnd einen grimmen shaelch

https://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/12Jh/Nibelungen/nib_n_16.html
 
Ein ganz rätselhafter Fall scheint der Wasserbüffel (Bubalus bubalis) zu sein, von dem etwa die italienischsprachige Wikipedia ohne Nennung von Quellen behauptet (Übersetzung ins Englische von Google):

Over the centuries the B. bubalis has been introduced in numerous areas including Brazil, the Middle East, Tunisia and southern Italy , where, according to important scholars, it existed in prehistoric times, then it became extinct in the classical era and was reintroduced by Lombards .

Wohingegen in der englischsprachigen Version auch die Einführung in römischer Zeit in Betracht gezogen wird, diesmal mit Quellenangabe:

The buffalo may have been introduced into Italy in Roman times, or during the Barbarian invasions of the Italian peninsula. [2]
Und in der deutschsprachigen Version finden wir im Artikel 'Mozzarella' ohne Angabe einer Quelle diese Behauptung:

Die Ursprungsform wurde und wird aus Büffelmilch in der Gegend um Neapel, in Kampanien und im Süden Latiums, wo Hausbüffel schon seit dem 2. Jahrhundert gehalten werden, hergestellt.
Für ein derart großes und zudem nützliches Haustier ist diese Unsicherheit recht bemerkenswert.
 
Danke für die Korrektur. Es kannte sogar noch der süddeutsche Verfasser des Nibelungenliedes den Elch, wenn er über Siegfried auf der Jagd dichtet:

darnach slvch er shiere | einen wisent vnd einen elch
starcher vower viere | vnd einen grimmen shaelch

https://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/12Jh/Nibelungen/nib_n_16.html

In Brehms Tierleben (1876) wird das Nibelungenlied als eine der vielen mittelalterlichen Erwähnungen des Elches oder so Brehm Elens genannt, Alfred Brehm meint, dass er im Nibelungenlied Elk heißt, in einer Übersetzung des Nibelungenliedes von 1868 (Karl Simrock) fand ich ihn genau so übersetzt. Brehm zählt die Vorkommen in den deutsprachigen Ländern gesondert auf, im 17. und eventuell noch im 18.Jahrhundert gab es ihn vereinzelt in Sachsen und Schlesien, in Pommern und Ostpreussen war er noch verbreitet, es hätte aber nach dem siebenjährigen Krieg ein Gebot zur Schonung des Bestandes gegeben. Im Forst Ibenhorst bei Tilsit gab es einen geschützten kleinen gesetzlich geschützten Elchwildbestand.
 
@Galeotto und @Divico Ich habe diese Quelle von Cäsar das erste Mal vor Ewigkeiten in der 11. Klasse im Vorleistungskurs Geschichte, glaube ich, zu Gesicht bekommen. Sie war wohl als Übung zur Quellenkritik gedacht.

Außer dem Namen und dem Geweih deutet kaum etwas auf einen Elch hin: weder Größe noch Farbe, die fehlenden "Gelenkknöchel" oder gar die "germanische Jagdmethode". Entweder hat Cäsar sich den Spaß selbst ausgedacht oder jemand hat ihm "Germanengarn" aufgebunden.
Wenn es zu Cäsars Zeiten in der Gegend, die er unter Germanien verstand, Elche gab, was ich nicht per se ausschließen möchte, dann ist "De Bello Gallico" jedenfalls kein Beleg für ihre Existenz. Die Beschreibung eines Wolpertingers, Pumuckls oder Hochgebirgsflottentapirs hätte ähnlich ausfallen können.

In Markus Schauer, Der Gallische Krieg (S. 154, Beck, 2016) geht er auf Cäsars Exkurse im Rahmen der Analyse seiner Erzählstrategien ein. Er erwähnt den Philologen Otto Seel (1967, S. 37ff), der die Quelle für den Abschnitt über den merkwürdigen Elch gefunden zu haben glaubt. Otto Seel meint, dass in Cäsars Kanzlei eine ganze Bibliothek mit ethnographischer Literatur ihm zur Verfügung stand. Cäsar selbst habe aus einem Buch mit griechischer Zoologie zurückgegriffen, um den Elch zu beschreiben, und habe den großen Hirsch (gr. elaphos) mit dem Elefanten (gr. elephas) verwechselt. Die Quelle Cäsars ist verloren, jedoch in einem anderen Werk Physiologus (Der Naturforscher)
erhalten geblieben. Hier die Beschriebung des Elefanten aus dem Physiologus:
"Dieses Tier hat einen Rüssel... aber es hat keine Gelenke und kann sich deswegen nicht bücken und nicht schlafenlegen. Wenn der Elephant aber schlafen will, dann geht er weg zu schräggeneigten Bäumen und lehtn sich an...Der Jäger aber merkt sich die Bäume und hackt die mit einem kräftigen Beil an. Nun lehnt der Elephant daran, und gleich bricht der Baum ab, und jetzt kommt der Jäger und findet ihn daliegen und macht mit ihm zu seinem Vorteil, was er will" (Übersetzung Seel, S.40, in Cäsarstudien, 1967)
 
Ich habe immer geglaubt, dass der Physiologus bei Caesar abgeschrieben (und einem anderen Tier zugeschrieben, sei. So ergibt das aber erheblich mehr Sinn.
 
“Auf Grund der erhaltenen Ortsnamen, welche sich vom Elch herleiten, ist man zu der Annahme geneigt, dass diese Wildart im Mittelalter in Deutschland noch weit verbreitet gewesen ist. Leider geben die verhältnismäßig spärlichen literarischen Erzeugnissen* keine Gewißheit.“
Die Jagd im frühen Mittelalter (S. 369)

* Hier befindet sich eine Fußnote mit Literaturverweis, eine Namensherleitung für “Ellwangen“ von “Elchfang“ dürfte dahinter stecken. Dies fußt vermutlich darauf, dass der vita hariolfi zufolge gleichnamiger Gründer des Klosters in der Gegend auf Elchfang gewesen sei. Nach heutigem Forschungsstand scheint das aber nicht mehr haltbar zu sein, da sich der Name anderweitig aus dem Alemannischen herleiten ließe (s. Hariolf und Erlolf – Wikipedia , vgl. Fußnote 2)

Leider finde ich dort sonst keinen Ortsnamen, welcher sich vom Elch herleitet.
In der Tat sind die Personenamen Alacho/Alaho bzw. Alicho belegbar. Während hinter Ellwangen zumindest theoretisch eine 'Elchwiese' (wenn auch kein 'Elchfang') stecken könnte, muss das etwas südlicher gelegene Elchingen auf die 'Leute des Alicho' zurückgehen.
 
Ein Ortsteil von Winterspelt in der Eifel heißt "Elcherath" ,da Rath (Rodung) darin vorkommt, dürfte es ein alter Ortsnamen sein.
 
Ein Ortsteil von Winterspelt in der Eifel heißt "Elcherath" ,da Rath (Rodung) darin vorkommt, dürfte es ein alter Ortsnamen sein.

... der angeblich auch auf einem Personennamen basieren soll:

"Die weiteren RODE-Namen im Prümer Urbar gehören sämtlich dem zeitgenössischen Kommentar des Caesarius an, also in das Jahr 1222. Es handelt sich um Elcelrot für Hetzerath (54), Elychenroht für Elcherath (54), unbekanntes Ettelroide (54), Hemminrode für unser Himmerod (54), Randenrode für Randerath (52), alle wohl mit Personennamen als Bestimmungswort gebildet."
https://www.dbnl.org/tekst/hoff013vonh01_01/hoff013vonh01_01.pdf
 
Stichhaltige Hinweise für eine historisch belegbare Verbreitung des Elchs, in Räumen denen Caesar zumindest nahe gekommen ist, begegnen mir beim Googeln bislang nur extrem spärlich, sei es bezüglich schriftlicher Quellen, archäologischer Funde (Knochen u. Geweihschaufeln) oder entlang von Ortsnamen. Demgegenüber steht manch unbelegte Aussagen wie bspw. die in der deutschen Wiki zu “Elch“:
Um die Zeitenwende war der Elch in ganz Germanien, das damals ein sehr dünn besiedeltes Waldland war, verbreitet.

Von Namensherleitung versteh ich so gut wie nix, in Rheinlandpfalz gibt es noch das Dorf Elchweiler – Wikipedia

Interessant im Kontext der Frage inwieweit der Elch im provinzialrömischen Bewusstsein verbreitet gewesen sein könnte, sind evtl. die beiden folgenden Publikationen zu Beinartefakten in römischen Fundzusammenhängen:

P. Jung (2014): Die römischen Beinartefakte aus dem Gebiet der Colonia Ulpia Traiana (Xanten). Xantener Berichte, Band 26.

Römische Beinartefakte aus Augusta Raurica. Rohmaterial, Technologie, Typologie und Chronologie. Forschungen in Augst 27/1 und 2 (Augst 1998)
 
Eine Möglichkeit des Nachweises von Tieren außer mit dem Knochenmaterial oder Geweihfunden der archäologischen Ausgrabungen wäre die Untersuchung von künstlerischen Darstellungen: tatsächlich ist mir der Elch im Gegensatz zum Rothirsch bisher nicht aufgefallen. Der Hirsch ist Begleittier vom "Herren der Tiere" Cernunnos, Hirschgeweihe wurden in verschiedenen Depotfunden meist in Schächten gefunden, nachweislich waren manche vorher ausgestellt befestigt gewesen.
Auch als Stempel auf Keramik oder in der Latène-Kunst taucht der Rothirsch auf, als Münzbild (z.B. bei einem Regenbogenschüsselchen) oder als bronzene Skulptur (Fund aus Frankreich), berühmt ist auch die hölzerne Hirschskulptur aus Fellbach-Schmiden, die in einem keltischen Brunnen gefunden wurde (123 v.Chr. datiert). Aber einen Elch? Ist mir nicht geläufig.
Literatur (nicht gelesen, aus der Literaturliste eines Berichts einer römerzeitlichen Ausgrabung in Kelsterbach):
I.Boike, Hirschdarstellungen in der Latène-und römischen Kaiserzeit in Mittel- und Nordeuropa, 2004
Auch aus dem Opfermoor in Oberdorla wurde ein Hirschgeweih geborgen, eines Vierzehnenders, der wohl auch "ursprünglich in repräsentativer Form vor dem Heiligtum ausgestellt war": M.Teichert Tierreste aus dem germanischen Opfermoor bei Oberdorla, 1973, Behm-Blancke, Heiligtümer der Germanen und ihrer Vorgänger in Thüringen. Die Kultstätte Oberdorla, 2003.
Geweih! – Geweiht?
Deponierungen von Hirschgeweihen und Hirschdarstellungen in
Brunnen und Schächten der vorrömischen Eisenzeit Mitteleuropas, Barbara Fath, 2011
Unten eine Platte aus dem berühmten Gundesrupkessel,
Cernunnos mit Tieren
1310406-Chaudron_de_Gundestrup.jpg
 
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