Der Begriff "Deutsches Reich"

Es kam jetzt erst im Fernsehen (3sat-Reihe gestern) dass erst Barbarossa den Begriff "sacrum imperium" 1157 eingeführt hat. Allerdings, das ist jetzt nur mein persönlicher Kenntnisstand, gilt Otto I. als der eigentliche Reichsgründer. Mit seiner Thronbesteigung sollte eigentlich das Ostfränkische Reich seine Bezeichnung gewechselt haben.

Aber wenn das stimmen sollte, wie hieß das Reich eigentlich wirklich zwischen 962 und 1157? Die Kaiser und Könige waren ja schließlich Herrscher von "irgendwas"

So entwickelte sich das:

Das Reich trug zum Zeitpunkt seiner Entstehung Mitte des 10. Jahrhunderts noch nicht das Prädikat heilig. Der erste Kaiser Otto I. und seine Nachfolger sahen sich selbst und wurden als Stellvertreter Gottes auf Erden und damit als erste Beschützer der Kirche angesehen. Es bestand also keine Notwendigkeit, die Heiligkeit des Reiches besonders hervorzuheben. Das Reich hieß weiterhin Regnum Francorum orientalium oder kurz Regnum Francorum.

Das Reich bildete sich im 10. Jahrhundert unter der Dynastie der Ottonen aus dem ehemals karolingischen Ostfrankenreich heraus. Der Name Sacrum Imperium ist für 1157 und der Titel für 1254 erstmals urkundlich belegt. Seit dem späten 15. Jahrhundert setzte sich allmählich der Zusatz Sacrum Romanum ImperiumDeutscher Nation (lat. Nationis Germanicæ) durch.
Heiliges Römisches Reich ? Wikipedia
 
Danke, Dieter, aber irgendwann muss doch auch das "Deutsche" ins Spiel gekommen sein bzw. das "Fränkische" überlagert haben.

Lässt sich das an etwas festmachen?

Grüße, Holger
 
Danke, Dieter, aber irgendwann muss doch auch das "Deutsche" ins Spiel gekommen sein bzw. das "Fränkische" überlagert haben.

Lässt sich das an etwas festmachen?

Grüße, Holger


Aus der Hand: (die Fachleute hier können Dir das noch wesentlich genauer schreiben)
Irgendein Papst hat in irgend einer Urkunde des 10. Jahrhunderts vom "deutschen König" gesprochen. War so weit ich weiß die erste "offizielle Nennung"
Das war allerdings als Herabsetzung zu verstehen, der Machtanspruch der "fränkischen Kaiser/Könige" war ja wesentlich universeller.

Mit anderen Worten: Die "deutsche" Reichsgrenze in Mittelitalien oder an der Rhone festzumachen ist Unsinn. Für alle Zeiten.
Richard Löwenherz (gibt ja da die schöne Geschichte vom Trifels) wurde nicht Lehensträger eines "deutschen" sondern des römischen Kaisers.
 
Danke, Dieter, aber irgendwann muss doch auch das "Deutsche" ins Spiel gekommen sein bzw. das "Fränkische" überlagert haben.

Lässt sich das an etwas festmachen?

Grüße, Holger
Holger, schau dir doch einfach den von Dieter gesetzten Link zu Wikipedia an, da steht alles herrlich kompakt direkt im 2. Absatz.
 
Aus der Hand: (die Fachleute hier können Dir das noch wesentlich genauer schreiben)
Irgendein Papst hat in irgend einer Urkunde des 10. Jahrhunderts vom "deutschen König" gesprochen. War so weit ich weiß die erste "offizielle Nennung"

So ist es!

Während des Investiturstreits überbrachten römische Legaten dem in Goslar weilenden Kaiser Heinrich III. im Jahr 1076 ein Ultimatum, das ihn vor eine Synode zitierte. Sollte er dem nicht nachkommen, drohe ihm der Kirchenbann. In diesem Schreiben redete Papst Gregor den Kaiser ganz bewusst mit "Rex Teutonicorum" an, um ihn herabzusetzen und unterließ die übliche imperiale Titulatur.
 
Rex Teutonicorum ist allerdings nicht der deutsche, sonderrn der König der Teutonen, eingedenk des Furor Teutonicus ? Wikipedia. Erst dadurch entsteht der pejorative Charakter des Titels als Synonym für Barbar.

Dass der Deutsche Orden lateinisch Ordo Teutonicus hieß, ändert daran nichts.
 
Den Wikipedia-Absatz finde ich etwas schwammig. Eure eigene Schreibe ist da doch wesentlich konkreter.

Ich danke!

Grüße, Holger
 
Rex Teutonicorum ist allerdings nicht der deutsche, sonderrn der König der Teutonen, eingedenk des Furor Teutonicus ? Wikipedia. Erst dadurch entsteht der pejorative Charakter des Titels als Synonym für Barbar.

Als solches mag es entstanden sein, wurde im Mittelalter aber durchaus als "deutsch" verstanden. Immerhin benutzten es deutsche Chronisten (wie Otto von Freising) regelmäßig, und auch von Friedrich Barbarossa sind mir Schreiben bekannt, in denen er von den Deutschen (teutones) und dem entsprechenden Königreich redet.
Es ist natürlich aus heutiger Sicht sehr verlockend alles begrifflich zu zerreden, da wir keine Möglichkeit haben einen Zeitgenossen zu fragen, wie er dieses oder jenes Wort verstanden haben mag.

Meines Erachtens war dem hohen Adel und Klerus im In- und Ausland ziemlich klar, was unter diesen "teutones" zu verstehen war. Und genauso ist auch die Bezeichnung für den Deutschen Orden zu verstehen.

Während des Investiturstreits überbrachten römische Legaten dem in Goslar weilenden Kaiser Heinrich III. im Jahr 1076 ein Ultimatum, das ihn vor eine Synode zitierte. Sollte er dem nicht nachkommen, drohe ihm der Kirchenbann. In diesem Schreiben redete Papst Gregor den Kaiser ganz bewusst mit "Rex Teutonicorum" an, um ihn herabzusetzen und unterließ die übliche imperiale Titulatur.

Ja, so liest man es häufiger. Und doch gibt es eine kaiserliche Urkunde Heinrichs II., in der er in der Intitulatio vom "REX TEUTONICORUM ET IMPERATOR ROMANUM" spricht.
Es war also wohl weniger eine Beleidigung, als eine weniger untertänige Anrede seitens des Papstes.
 
Danke, Dieter, aber irgendwann muss doch auch das "Deutsche" ins Spiel gekommen sein bzw. das "Fränkische" überlagert haben.

Lässt sich das an etwas festmachen?


Ja. Bereits im Mittelalter wurde darüber diskutiert, seit wann das fränkische Reich (also das Reich eines einzigen germanischen Stammes) als deutsches Reich (also das Reich aller Germanen/Deutschen) betrachtet werden könne. Otto von Freising schrieb darüber zum Beispiel. In der englischen Wikipedia kann man z.B. folgendes Zitat aus Ottos Werken finden:

The distinction between the kingdoms of Eastern Francia and Germany is to some extent the product of later retrospection. It is impossible to base this distinction on primary sources, as Eastern Francia remains in use long after King-dom of Germany comes into use. The 12th century imperial historian Otto von Freising reported that the election of Henry the Fowler was widely regarded as marking the beginning of the kingdom, though Otto himself disagreed with this. Thus:
"From this point some reckon a kingdom of the Germans as supplanting that of the Franks. Hence, they say that Pope Leo in the decrees of the popes, called Henry’s son Otto the first king of the Germans. For that Henry of whom we are speaking refused, it is said, the honor offered by the supreme pontiff. But it seems to me that the kingdom of the Germans — which today, as we see, has possession of Rome — is a part of the kingdom of the Franks. For, as is perfectly clear in what precedes, at the time of Charles the boundaries of the kingdom of the Franks included the whole of Gaul and all Germany, from the Rhine to Illyricum. When the realm was divided between his son’s sons, one part was called eastern, the other western, yet both together were called the Kingdom of the Franks. So then in the eastern part, which is called the Kingdom of the Germans, Henry was the first of the race of Saxons to succeed to the throne when the line of Charles failed … [western Franks discussed] … Henry’s son Otto, because he restored to the German East Franks the empire which had been usurped by the Lombards, is call-ed the first king of the Germans — not, perhaps, because he was the first king to reign among the Germans.”
In folgendem Buch findet man weiters viel über Ottos Meinung dahingehend:
Akkulturation - Google Bücher
 
Das Wort "thiutisk" erscheint erstmals 786 in der latinisierten Form "theodisce" und bezeichnet die Volkssprache, also die fränkischen Dialekte im Gegensatz zum Latein bzw. den romanischen Sprachen.
Nicht nur, aber auch, weil die Frage, was die „deutsche Seele“ sei, gerade wieder diskutiert wird, wäre jetzt wieder interessant, ab wann „deutsch“ in der heutigen Bedeutung, nämlich so grob und etwas unrichtig als ein „Volk“ vom Menschen etwa gleicher Sprache oder gar vergleichbarer Kultur benutzt wird.

Die französische Wikipedia definiert „peuple“, es grüßt die französische Revolution, als Gruppe von Menschen, die Grundrechte haben, und „Nation“, verkürzt, als etwas, was diese Grundrechte garantiert sind. http://fr.wikipedia.org/wiki/Peuple
Weiterhin ist es meines Wissen so, dass im Deutschen seit dem 19. Jhd, der Zeit der Nationalstaaten, eine gemeinsame Kultur, z.B. der Sprache, des Soseins, des Wesens, das Gemeinsamkeitsgefühl als ein Volk ausmacht, die nicht zuletzt wegen der Diskrepanz zu vorgefundenen Zivilisation (seit 1866 das deutsche Österreich raus, dafür slawische Gebiete drin) auch begrifflich von dieser getrennt wurde. Insofern wäre doch die Frage interessant, was der Zusatz „Deutscher Nation“ meint, ob er schon auf etwas verweist, was heute mit „Deutsch“ verbunden wird?

Es gibt ja das Wort „welsch“ als Ausdruck deren, die außerhalb des ehemaligen römisches Limes lebten, als Begriff für alle, die innerhalb dieser ehemaligen Grenze lebten: Romanen, Kelten („Wales“ oder „Wallis“). Noch heute nennen Schweizer Romane „Welsche“, z.B. die „Churwelschen“ = Rätoromanen. Im Deutschen ist der Begriff noch abfällig wie „Kauderwelsch“ vorhanden.

Möglich wäre, worauf viele Beiträge hier hindeuten, dass das Wort „deutsch“ zunächst nur der Gegenbegriff zu „welsch“ war und alles meinte, was nördlich der Alpen saß und keine romanische Sprache sprach. Dies sicher durchaus abfällig, denn während man im Süden in gepflegten Gärten die arabischen Schriften las, saßen die Könige im stolz „Römisch“ genannten Reich noch mehr oder weniger in ungeheizten Burgen. Z.B. wurde der Almagest des Ptolemäus den in antiken Sprachen weniger bewanderten Gebildeten des Heiligen Römischen Reiches erst spät zugänglich. Wie dem auch sei – „deutsch“, das Volk, könnte zunächst einfach nur als Gegenstück zu „welsch“ die Bezeichnung für eine ganze Gruppe aller möglicher, nicht romanisch sprechender, Menschen gewesen sein. Dafür spricht auch, dass der Zusatz „deutscher Nation“ etwa zeitgleich mit dem Wegfall „welscher“ Gebiete in Frankreich und Italien aufkommt.

Da nördlich der Alpen die den in den Himmel ragenden Kathedralen der Gotik, Bauten die, Giorgio Vasari etwa 1550 noch als „barbarisch“ (gotico) empfand, neues Selbstbewusstsein demonstrieren, dürfte dieser Zusatz „Deutscher Nation“ sicherlich auch stolz auf die Leistungen und Macht nördlich der Alpen bekunden. Wenn Luther 1520 den „Adel deutscher Nation“ anspricht, meint er vermutlich damit nicht das, was man heute mit „deutscher Nation“ verbindet, sondern garantiert die Adligen des HRR, inklusive der vor allem im Ostteil sitzenden slawischen Fürsten.

Keine Ahnung, aber es könnte da irgendwann um diese Zeit ein Bedeutungswandel hin zu denen, die hochdeutsch oder etwa das heute als Fremdsprache geltende Niederdeutsch stattgefunden haben. Wann? Noch heute ist ja das Wort für „Deutschland“ in vielen Sprachen von dessen ehemals einzelnen Stämmen wie Alemannen (Allemagne), Schwaben, Bayern oder Sachsen, z.T. wohl gar von Goten, abgeleitet Selbst „dutch“ , schlicht „deutsch“, meint ja mittlerweile Holländer... Was also wurde wann unter “deutscher Nation“ verstanden?
 
Das Thema wurde weiter vorn bereits ausführlich diskutiert und ich kann nur wiederholen, was ich dort dazu gesagt habe:

Es ist bis heute umstritten, wann der ostfränkische Staat unter den ottonisch-salischen Herrschern den Namen "Deutschland" erhalten hat. bzw. wann die in ihm lebenden Völker, die seit zum Teil seit mehr als einem halben Jahrtausend bekannten Franken, Sachsen, Bayern und Alemannen, zusätzlich zu ihrem bisherigen Volksnamen umfassend "Deutsche" genannt wurden.

Es handelt sich dabei sowohl um einen politischen Prozess des Herauswachsens aus einem Teilkönigtum des fränkischen Gesamtreichs zu eigenem Staatsbewusstsein, als auch um eine sprachliche Spiegelung in der Verwendung des Wortes "deutsch" und seiner lateinischen Entsprechungen. Unter diesen setzte sich rasch das antikisierende "teutonicus" durch und zwar in poltischer Bedeutung zur Bezeichnung dieses neuen Staates und seines Reichsvolks.

Um die Daten für den Prozess des Herauswachsens aus dem Frankenreich bzw. die Etablierung einer eigenen staatlichen Identität ist viel gestritten geworden, wobei die Daten 843, 911, 919 und 925 genannt wurden. Manche sahen einen gestreckten Prozess bis zu Otto I. (936), andere setzten das Datum 911 (Ende der Karolinger, Nichtanerkennung des westfränkischen Karolingers) und 919 (Heinrich I. als "erster deutscher König" (!). Andere schlagen einen späteren Ansatz vor unter dem Gesichtspunkt, dass die Ottoinen nicht das "Deutsche Reich" vorgefunden, sondern erst geschaffen haben. Im allgemeinen ist die Forschung heute der Ansicht, dass ein deutsches Bewusstsein kaum vor 1000, voll erst im 11. und 12. Jh. einsetzt.

Anders verhält es sich mit dem politischen Begriff "Deutschland". Die ostfränkisch-ottonischen Kaiser beanspruchten weiterhin "in Francia" - im Frankenreich - ebenso zu herrschen wie "in Italia". Vor allem aber sahen sie sich wie schon Karl der Große als Herrscher des "Heiligen Römischen Reichs", was seit Konrad II. 1034 amtlicher Titel des Reichs wurde. Als "Sacrum Imperium" wird das Reich seit 1157 in Urkunden Kaiser Friedrichs I. bezeichnet, um seine sakrale Würde zu betonen. Seit 1254 bürgerte sich in den Königsurkunden die Bezeichnung "Sacrum Romanum Imperium" ein.

Im Rahmen des Investiturstreits spricht Papst Gregor VII. erstmals im Hinblick auf Heinrich IV. vom "rex teutonicorum", um seinen Gegner auf die Ebene der anderen europäischen Könige herabzuziehen.Später findet man dann häufiger das "rex teutonicorum" oder aber "Teutonicum regnum" in Urkunden, vor allem wenn es darum geht, Unterscheidungen zu den Königreichen Burgund und Italien im Reichsverband herzustellen.

Im Ausland sind die Bezeichnungen für den Gesamtstaat vielfältig: Germania, Francia, Saxonia, Terra Teutonica, Alamannia, Regnum Germanicum, Saxonum usw.

Etwa um 1100 tauchen Umschreibungen wie "in diutischem lande, "diutisches lant" u.ä. auf, etwa ab 1500 spricht z.B. Ulrich Hutten von den "deutschen Landen". Singular "Deutschland" ist also noch nicht vertreten, wohl aber die "deutsche Nation". Sie tritt als "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" (Nationis Germanicae) im 15. Jh. auf und bezeichnete einschränkend die deutschen Teile des Reichsgebiets.im Unterschied zu Italien und Burgund.

Vom "Deutschen Reich" schließlich ist erst seit der wilhelminischen Reichsgründung 1871 die Rede, während das Gebilde nach dem Wiener Kongress 1815 den Namen "Deutscher Bund" führte.
 
Ich frage mich, was damals unter dem Begriff “deutsch“, bzw. „Deutsche Nation“ überhaupt verstanden wurde. Bzw. was mit „deutschen Bewusstsein“ gemeint sein könnte. Eine Möglichkeit ist, dass dieses Wort, worauf hier im Thread mehrfach hingewiesen wurde, ursprünglich einfach nur für die stand, die kein latinisiertes Romanisch, sondern eine „Volkssprache“ sprachen, also "deutsch" ehemals eine Art Rundumbegriff das Gegenstück zum „Welschen“ war. An den Universitäten z.B. unterteilte man ja noch um 1500 die Menschen eher pragmatisch nach ihrer Herkunft in Nationen; wobei die aus dem HRR meist mit zur „bayrischen“, sächsischen“ oder „polnischen“ Nation kamen.

Zur Begriffsgeschichte:
Antike: Römischer "populus" versus barbarische "nationes" ("natio" als abwertende Bezeichnung für "die anderen")

Mittelalter: "Nationes" in Kirchenkonzilen, Handelsstädten, Universitäten (jedoch z.B. auf dem Konstanzer Konzil 1414/18 "natio germanorum" einschließlich osteuropäischer und skandinavischer Bischöfe; oder in Handelsstädten lokale oder regionale Herkunft wie "nazione genovese" ==> anderer Begriffsinhalt als heute)

Frühe Neuzeit:

a. Nation als Stand (z.B. polnischer Adel = polnische "Nation")

b. Nation als Bevölkerung eines Herrschaftsgebietes

c. Nation als Sprach-, Herkunfts- und Rechtsgemeinschaft
http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/fileadmin/Redaktion/Institute/Historisches_Seminar/Studium/Folien/Neuzeit/EV/ev-neuzeit-fol11.pdf

Ab wann etwa der Begriff „Deutsche Nation“ im letzteren Sinn eine Sprach-(oder auch Herkunfts-)gemeinschaft meint und somit gezielt die nieder- oder hochdeutsch sprechenden Stämme der Sachsen, Alemannen usw. einschließt, und die Böhmen, Mähren, Pommern, Lutitzen, Wenden usw. explizit ausschließt, ist mir absolut nicht klar. Inwieweit nicht nur der Begriff selbst auftaucht, sondern er ab wann denn auch in letzterem Sinne von „Nation als Sprach-, Herkunfts- und Rechtsgemeinschaf“ und als „deutsches Bewusstein“ verstanden werden kann.

Vom "Deutschen Reich" schließlich ist erst seit der wilhelminischen Reichsgründung 1871 die Rede, während das Gebilde nach dem Wiener Kongress 1815 den Namen "Deutscher Bund" führte.
Nicht ganz, die Gebiete sind unterschiedlich. Seit dem deutschen Krieg 1866 ist Österreich raus aus „Deutschland“, in’s preußendeutsche Reich kamen die preußischen Gebiete West-/ Ostpreußen dazu.
 
Ab wann etwa der Begriff „Deutsche Nation“ im letzteren Sinn eine Sprach-(oder auch Herkunfts-)gemeinschaft meint und somit gezielt die nieder- oder hochdeutsch sprechenden Stämme der Sachsen, Alemannen usw. einschließt, und die Böhmen, Mähren, Pommern, Lutitzen, Wenden usw. explizit ausschließt, ist mir absolut nicht klar. Inwieweit nicht nur der Begriff selbst auftaucht, sondern er ab wann denn auch in letzterem Sinne von „Nation als Sprach-, Herkunfts- und Rechtsgemeinschaf“ und als „deutsches Bewusstein“ verstanden werden kann.

Im allgemeinen ist die Forschung heute der Ansicht, dass ein deutsches Bewusstsein kaum vor 1000, voll erst im 11. und 12. Jh. einsetzt. Seit dem späten 15. Jh. setzte sich hinsichtlich der offiziellen Titulatur des Sacrum Romanum Imperium allmählich der Zusatz "Deutscher Nation" (Nationis Germanicae) durch.

Nicht ganz, die Gebiete sind unterschiedlich. Seit dem deutschen Krieg 1866 ist Österreich raus aus „Deutschland“, in’s preußendeutsche Reich kamen die preußischen Gebiete West-/ Ostpreußen dazu.

In Bezug auf Preußen und Österreich gehörten nur die Teile zum Deutschen Bund, die bereits zuvor Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gewesen waren. 1866 erlosch der Deutsche Bund und wurde nördlich der Mainlinie durch den Norddeutschen Bund ersetzt, in den nun auch die ostdeutschen Teile Preußens (Ost- u. Westpreußen, Posen) integriert wurden. Österreich schied gänzlich aus Deutschland aus.
 
Dass man das Wort Deutsch vom westfränkischen diudisk herleitet ist sicher interessanter als manch einer denkt: disk oder Tisk entspricht dem germanischen disku für Tisch. Ein gewöhnlicher Tisch ist natürlich nicht gemeint.
 
Dass man das Wort Deutsch vom westfränkischen diudisk herleitet ist sicher interessanter als manch einer denkt: disk oder Tisk entspricht dem germanischen disku für Tisch. Ein gewöhnlicher Tisch ist natürlich nicht gemeint.
Da hast du irgendwo etwas missverstanden.
Als die Straßburger Eide formuliert wurden, gab es das Westfränkische als Sprache wohl nicht mehr oder wurde zumindest nicht mehr vom fränkischen Adel gesprochen, denn der westfränkische Adel sprach seine Eide in der altfranzösischen Sprache. Nur der westfränkische König sprach seinen Eide in althochdeutsch. Der ostfränkische Adel sprach seinen Eid auf althochdeutsch und der ostfränkische König seinen Eid auf altfranzösisch.

Kommen wir zum Sprachlichen: Das vom Substantiv Þiuda/Thiuda Adjektiv abgeleitete þiudisk/thidisk hatte im Anlaut noch kein [d] sondern ein [θ], das entspricht in etwa einem englischen -th- und der Digraph -th- ist wiederum der lateinischen Wiedergabetradition des griechischen -θ- bzw. germanischen -þ- geschuldet.

germanisches -þ- (= [θ]) wird im Deutschen (hochdeutsche Lautverschiebung) regelmäßig zu -d-
germanisches -d- wird im Deutschen regelmäßig zu -t-
germanisches -t- wird im Deutschen regelmäßig zu [ts] (= -z-) oder [s]

So wird also aus (aus Faulheit heute nur eine synchrone, keine diachrone Liste):
þiudisk - deutsch
discus - desk - Tisch

Und das kann man so durchexerzieren
door - Tür/Tor
deaf - taub
diabolos - devil - Teufel

the, this, that - der, die, das, dies, dass
death - Tod
feather - Feder
thumb - Daumen
thorrow - Dauer (bedauern)
Thorn - Dorn
tick - Zecke
tit - Zitze
eten - essen
Und so weiter.

Das gemeinsame Wort desk/Tisch dürfte wahrscheinlich auf ein über das Lateinische vermittelte griechische discos ('Scheibe') zurückgehen, ich habe hier das stärker mit Gräzismen versetzte Kirchenlatein in Verdacht, finde aber in der Vulgata als Tisch nur mensa wieder.
 
Das gemeinsame Wort desk/Tisch dürfte wahrscheinlich auf ein über das Lateinische vermittelte griechische discos ('Scheibe') zurückgehen, ich habe hier das stärker mit Gräzismen versetzte Kirchenlatein in Verdacht, finde aber in der Vulgata als Tisch nur mensa wieder.
Lese gerade, dass das lateinische discus zwar von griechisch diskos abgeleitet ist und davon die entsprechenden Worte in den germanischen Sprachen, aber das lateinische discus und so auch die davon abgeleiteten Varianten in den germanischen Sprachen einschließlich dem altenglischen, mit d?sc* eher einen Teller oder gar eine Schüssel meinten, keinen (Schreib)Tisch.
 
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