Lager der Römer in Thüringen

Nach Mischa Meier ("Geschichte der Völkerwanderung") steht entgegen älterer Theorien bei der Wahl der Bestattungsform weniger die ethnische als die soziale Komponente im Vordergrund und eine ethnische Zuordnung auf Grund der Art der Bestattung wird in vielen Fundzusammenhängen als fragwürdig angesehen.
Mit jeder neuen Ausgrabung erweitert und ändert sich die Meinung hierzu. Hier im Köthener Land blieben die Hermunduren lange Zeit sesshaft, obwohl sie nicht mehr erwähnt werden. Dann kommen plötzlich Knopfhenkelgefäße aus dem Norden vor. (Großbadegaster Gruppe, Name unbekannt). Im 3. Jhd. ziehen Semnonen durch, hiesige Anwohner schließen sich an und dringen in die römischen Provinzen ein. Ein Teil kommt zurück (römischer Import) Die Großbadegaster Gruppe geht erst in der 2.Hälfte des 4.Jhd. unter östlichem und südöstlichem Einfluss zur Körperbestattung über.(Niemberger Gruppe). Soweit Frau Erika Schmidt-Thielbeer. Bis zur nächsten Erkenntnis.
 
Hier im Köthener Land blieben die Hermunduren lange Zeit sesshaft, obwohl sie nicht mehr erwähnt werden.

All diese Zuordnungen bergen doch große Gefahren von Zirkelschlüssen in sich. Keine dieser Gruppierungen ist in der Frühzeit wirklich belegt.
Wir gehen zB davon aus, das dort Hermunduren lebten, und deshalb nennen wir die typische Keramik "hermundurisch". Deren Fund irgendwo wir wieder als Beleg nehmen, dass genau dort Hermunduren lebten.
Man sollte sich immer klar machen, dass das richtig sein kann, aber eben dünnes Eis ist.
 
@Opteryx

der Denar des Severus Alexander (RIC 275) stammte aus Grab 4 des spätkaiserzeitlichen Brandgräberfeldes, welcher 1926 in einer Urne lag. Auf Grund der Beschaffenheit lässt sich nur vermuten, dass dieser nicht lange im Umlauf gewesen sein kann. Nicht mehr und nicht weniger - leider.
 
@ Hermundure
Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch für deine erfolgreiche Luftbildauswertung. Sollte sich die Anomalie tatsächlich als römisches Marschlager herausstellen, ist ein weiterer Mosaikstein gefunden.
Ich denke gegen ein Lager des Maximinus Thrax spricht, dass nirgendwo in den Quellen von einem Erreichen der Elbe gesprochen wird. Diese Tatsache hätte aber ein Kaiser und somit auch die antiken Autoren deutlich herausgestellt, weil das Erreichen der Elbe als eine besondere Leistung gewürdigt werden wollte.
Ich denke ein Marschlager des Tiberius wäre in diesem Fall - der Zug entlang der Elbe von Norden nach Süden ist in den Quellen belegt -möglich.
Du schriebst, dass das LDA LSA in diesem Jahr in Altenzaun Ldkr. Stendal graben möchte. Hast du hierzu weitere Informationen?
 
@Spatenpaulus

Willkommen erst einmal. Die Torsituation spricht eher gegen ein augusteisches Lager, aber nichts genaues weiß man nicht.
Was Altenzaun anbelangt, so habe ich diese Info direkt vom LDA in Halle erhalten. Wie umfänglich die Grabung im Herbst sein wird, weiß ich jedoch (noch) nicht. Geduld ist angesagt.
 
@ Hermundure
Dann halte uns mal auf dem Laufenden. Bezeichnenderweise heißt der Elbwerder etwas nördlich, gegenüber von Sandau "Römerwerder". Von den topographischen Voraussetzungen her ist die Hochfläche zwischen Altenzaun über Arneburg bis nach Tangermünde schon sehr interessant. Ich meine Anfang der 2000 Jahre gab es bereits eine Grabung in Altenzaun. Hier wurden die Reste eines slawischen Burgwalls ergraben.
 
. Bezeichnenderweise heißt der Elbwerder etwas nördlich, gegenüber von Sandau "Römerwerder".
Das hat nichts zu sagen. Es ist eher so, dass die scheinbare Klarheit des Namensbestandteils Römer- Skepsis wecken sollte, da er entweder nicht alt sein kann, also keine Tradition darstellt, oder, wenn er alt ist, unwahrscheinlich, dass er so klar sprechend ist, wie er wirkt. Denkbar wäre, dass da ein germanisches rumjan (geräumig) zugrundliegt, im Sinne von 'geräumiger Insel' etwa. Vielleicht aber ist der Begriff auch aus dem Westslawischen....
 
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Hallo zusammen :)

Ich bin zwar schon länger angemeldet, aber bisher nur stiller Mitleser.
Als Anhang wollte ich euch mal etwas zeigen und fragen, was ihr davon haltet.
Ihr seid die Experten und ich nur Laie.
Könnte es sich hier um ein Marschlager handeln?
Die eine Markierung (rechts) könnte eine Lagerecke sein? Die mittlere ein Zugang/Tor?
Die Ausmaße wären grob 600x500m, wobei die südliche und westliche Begrenzung nicht mehr eindeutig bzw gar nicht bestimmbar sind.
Bin auf eure Meinung gespannt und bedanke mich schon einmal.
MfG
Steffen
 
@BR110

Willkommen. Leider kann man auf dem verfälschten SW-Bild keine abgerundete Ecke und keine Unterbrechung erkennen. Desweiteren gibt es in der oberen linken Ecke einen Schnittpunkt. So etwas kenne ich von Gastrassen und Windparkanlagen. Was sagen denn die historischen Karten (Meilenblätter, topografische Karten etc.) ?
 
Vielen Dank für die Rückmeldung.

Bezüglich Meilenblätter, topographische Karten etc. muss ich sagen, da stehe ich gar nicht im Stoff drin und wüsste auch nicht, wo ich die hernehmen sollte :confused:

Der Schnittpunkt oben ist mir auch aufgefallen und gehe auch davon aus, dass das eine Leitung ist.
Ich versuche noch zwei Bilder anzuhängen, die einmal die Ecke beleuchten und den eventuellen Zugang.
Dazu habe ich teilweise die Bilder gedreht bzw. bearbeitet.
Vielleicht sind die ein bisschen aussagekräftiger.Anhang anzeigen 19260 Anhang anzeigen 19260 Anhang anzeigen 19261 Anhang anzeigen 19260 Anhang anzeigen 19261
 

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@Hermundure
nach einem Essen beim ortsansässigen Griechen habe ich unserem diskutierten Feld mal einen kurzen Besuch abgestattet. Der Mais steht ca. 1,5 Meter hoch und wird sicherlich bald abgeerntet. Ich hatte nur ein kleines Feldstärkemessgerät dabei und konnte zumindest beim Überschreiten der Vegetationsmarke kein Signal messen. Es scheint also kein belastetes Erdkabel im Boden zu liegen. Bliebe noch Telefon oder Wasser/Gasleitung, aber die Streckenführung ergäbe keinen Sinn.
Es zeigt sich, dass für die Analyse von unbewaldeten Ackerflächen Lidar ein ungeeignetes Mittel ist, wenn sämtliche Unebenheiten über Jahrhunderte glattgepflügt wurden. Während jede moderne Furche deutlich erscheint, gibt es von der Vegetationsmarke auch nicht stellenweise die geringste Spur.
Etwas überrascht bin ich von der leichten nach Nord weichenden Krümmung der Marke östlich des Tores. Hast Du dafür eine Erklärung?
Grüße
 
@Opteryx

das gibt es. Hier das schräge Titulum vom Feldlager in Charvatska Nova Ves (siehe Anhang).

Die Römer bauten in späterer Zeit nicht mehr so exakt. Das kann man auch am Grabenverlauf deutlich erkennen. Dieser bildet keine einheitliche Linie.

Grüße
 

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@Hermundure
Wir können nun nahezu sicher sein, dass es sich um ein römisches Feldlager handelt. Sollte es aus der Zeit der Markomannenkriege stammen, so gibt es folgende Kuriosität: Genau 4 Kilometer südlich hatte der Prof. Götze den "ersten markomannischen Fund auf deutschem Boden" ausgegraben.
 
@Opteryx

Markomannen Ende des 2. Jh. n. Chr. an der mittleren Elbe halte ich eher für nicht möglich. Was war das für ein Fundstück was Prof. Götze damals ausgrub?

Grüße
 
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