Rudolf II., ein Herzog?

Naresuan

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Gemäss Wikipedia soll Graf Rudolf II. von Habsburg Herzog zu Laufenburg, Zürichgau und Aargau gewesen sein. Weiss jemand mehr darüber, wie dieser Herzogstitel, falls überhaupt, zustande kam? Wer hat ihn allenfalls verliehen (Otto IV. oder Friedrich II.)? Im Zusammenhang mit dem Herzogtum Schwaben oder Zähringen?
 
Graf Rudolf II. von Habsburg, wurde nach seinem Grossvater Rudolf von Pfullendorf benannt. Ab 1196 mehrfach urkundlich bezeugt. Zum Beispiel 1210 zusammen mit seinem Sohn Albrecht IV. als advocati des Klosters Muri. Gestorben ist er kurz vor dem 10. April 1232. Dies geht aus einer Überlieferung des Kleinen Urbar des Klosters Wettingen hervor. Er wurde im Kloster Muri beigesetzt. Verheiratet war er mit Agnes von Staufen.
Quelle: Acta Murensia

Die frühen Habsburger des 12. Jahrhunderts bewegten sich in einem Adelsumfeld, das zum engeren Kreis der Herzöge von Zähringen gehörte. Dazu zählten die Lenzburger, die Ortenberg-Hirrlinger aus dem Haus Zollern, die Pfulldorfer und die Staufer. Rudolf II. war ja mit einer Stauferin verheiratet. Es bestanden Verwandschaftliche Beziehungen in den Raum Oberelsass und Burgund. Die wichtigste Verbindung war aber die zu den Zähringer und Kyburger.

Die Zähringer übten ihre Macht im Thurgau, Zürich, Aargau, Breisgau, Elsass und im Schwarzwald bis an den Neckar aus. Dieser Raum deckt sich weitgehend mit dem verwandschaftlichen Aktionsradius der Habsburger im 11. und 12. Jahrhundert. Wenn wir nun einen kleinen Zeitsprung machen sieht man die Verbindung Rudolf IV., der 1273 zum König gewählt wurde, war mütterlicherseits ein Enkel der Herzöge von Zähringen.

Ich vermute mal der Autor des Wiki Artikels hat angenommen, dass die Habsburger auch gleich Herzöge waren. Das stimmt aber mit den Quellen, wie der Acta Murensia, nicht überein. Da wird "nur" von Grafen gesprochen. Vielleicht hat er, da die Zähringer ja Herzöge waren dies einfach übernommen.

Zur Vertiefung:

Meier, Bruno: Ein Königshaus aus der Schweiz. Die Habsburger, der Aargau und die Eidgenossenschaft.
Niederhäuser, Peter (Hrsg.) Die Habsburger zwischen Aare und Bodensee.

Quelle:
Acta Murensia. Die Akten des Klosters Muri mit der Genealogie der frühen Habsburger. Edition. Übersetzung.
 
Ich gehe auch davon aus, dass das ein Fehler in Wikipedia ist. Trotzdem ist es theoretisch auch aus einem anderen Grund nicht mal so weit hergeholt:
Seine Mutter Ita von Pfullendorf (gemäss Acta Murensia die "filia sororis ducis Welph", also die Nichte von Welf VII.) war ja nach dem Tod von Welf VI. die einzig übrig gebliebene aus diesem schwäbischen Zweig des herzoglichen Hauses.
Rainer Jehl schreibt in seinem Werk "Welf VI., Wissenschaftliches Kolloquium zum 800. Todesjahr":
* Rudolf der Alte, der erste Habsburger, der von jener "Schwester des Herzogs Welf" abstammt, war auch der erste Habsburger, der den Titel eines Fürsten führte (princeps). Dies würde mit einer Abstammung aus dem herzoglichen Geschlecht der Welfen gut zusammenpassen.
* Der habsburgische Besitz an den Burgen Alt- und Hohen-Wülflingen bei Winterthur stammte, wie bereits Redlich vermutete, wohl schon von Ita von Pfullendorf. Dieser bisher nur vermutete Erbgang fände jetzt eine Erklärung. Denn Wülflingen war zur Zeit Welfs IV. (+ 1101) in welfischen Besitz gelangt, kann also gut über eine Welfin (Elisabeth), deren Tochter (Ita) um 1164 einen Habsburger heiratete, an dieses Geschlecht gelangt sein.

Mich würde interessieren, wo Rudolf den Titel eines Fürsten geführt haben soll. Kennt jemand dazu eine Quelle?

Als Landgraf im Elsass ist er vielleicht in der damaligen Reichs-Hierarchie etwas nach oben gerückt, war doch das Elsass im Frühmittelalter bereits Herzogtum und auch später nannten sich die staufischen Herzöge Schwabens manchmal Herzöge von Schwaben und des Elsass dux sueviae et alsatiae (Friederich I.).
Das würde allerdings bereits für seinen Vater Albrecht III. gelten.

Kurz: herzogliches Blut, eventuell hochadlige (Herzog-ähnliche) Stellung, bloss (noch) keinen Titel.

Erstaunt hat mich allerdings zuerst, dass Rudolf in der um 1160 verfassten Acta Murensia überhaupt vorkommen soll. Selbst bei den letzten Nachträgen um 1170 war er nämlich höchstens 5 Jahre alt (Geburtsjahr 1165/1170). Inzwischen las ich, dass das Alter dieser Acta sowieso umstritten ist und in dem darin enthaltenen Habsburger-Stammbaum wohl auch spätere Nachträge gemacht wurden.
 
Erstaunt hat mich allerdings zuerst, dass Rudolf in der um 1160 verfassten Acta Murensia überhaupt vorkommen soll. Selbst bei den letzten Nachträgen um 1170 war er nämlich höchstens 5 Jahre alt (Geburtsjahr 1165/1170). Inzwischen las ich, dass das Alter dieser Acta sowieso umstritten ist und in dem darin enthaltenen Habsburger-Stammbaum wohl auch spätere Nachträge gemacht wurden.

Die Acta Murensia welche im Staatsarchiv Aargau (Sig. AA/4947) aufbewart wird ist nicht das Original. Es handelt sich um eine Abschrift die um 1406 von Herzog Friedrich IV. von Österreich in Auftrag gegeben wurde. Das Original der Acta Murensia gilt als verloren. Die Forschung bezieht sich auf diese Abschrift.

Zur Handschrift:
https://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/saa/4947

Ich habe oben ja bereits das Buch als Quelle empfohlen. Nun hier noch die genauen Angaben, denn dies ist der aktuelle Stand der Forschung was die Acta Murensia betrifft:

Bretscher-Gisiger und Sieber Christian: Acta Murensia. Die Akten des Klosters Muri mit der Genealogie der frühen Habsburger. Edition, Übersetzung, Kommentar, Digialsfaksimilie nach der Handschrift StAAG AA/4947. Schwabe Verlag. 2012. 332 Seiten
 
Hast du schon mal in der Österreichischen Chronik der 95 Herrschaften gesucht?
Ich dachte bei "Quelle" nicht an eine weitere ohnehin umstrittene Chronik, wo er vielleicht als Fürst fremdbezeichnet wird, sondern mehr an ein Dokument, wo er selber als "princeps" unterschrieb.
In diesem Sinn ist Wikipedia auch nur eine weitere Chronik, wo scheinbar falsche Titel vergeben werden.
Ich werde wohl den Verfasser anfragen müssen, auf welchem Dokument seine Aussage beruht.
 
Ich dachte bei "Quelle" nicht an eine weitere ohnehin umstrittene Chronik, wo er vielleicht als Fürst fremdbezeichnet wird, sondern mehr an ein Dokument, wo er selber als "princeps" unterschrieb.
In diesem Sinn ist Wikipedia auch nur eine weitere Chronik, wo scheinbar falsche Titel vergeben werden.
Ich werde wohl den Verfasser anfragen müssen, auf welchem Dokument seine Aussage beruht.

Wenn es sauber gearbeitet wäre, wäre es nicht nötig beim Verfasser anzufragen, sondern das Dokument wäre wohl im Anmerkungsapparat ausgewiesen, immerhin hat die Behauptung eine gewisse Tragweite und ist offensichtlich nicht unumstritten.

Sollte das nicht der Fall sein, sind Chroniken offensichtlich der erste logische Ansatzpunkt, weil sie von Ereignissen berichten angesichts derer die Ausstellung von Urkunden erwartet werden darf, wonach man dan anfangen kann, nach dem Verbleib dieser Urkunden/Abschriften zu fahnden und sie auf solche Selbst- oder Fremdbezeichnungen zu überprüfen.
 
Sollte das nicht der Fall sein, sind Chroniken offensichtlich der erste logische Ansatzpunkt, weil sie von Ereignissen berichten angesichts derer die Ausstellung von Urkunden erwartet werden darf, wonach man dan anfangen kann, nach dem Verbleib dieser Urkunden/Abschriften zu fahnden und sie auf solche Selbst- oder Fremdbezeichnungen zu überprüfen.
Oder man wendet sich an das Geschichtsforum in der Hoffnung, dass eines der vielen Mitglieder dies bereits getan hat und den Originalbeleg kennt.
Klar, das wäre ein Glückstreffer, aber auch nicht ganz unlogisch.
 
Hast du schon einmal im Österreichischen Staatsarchiv recherchiert? Oder im Staatsarchiv im Bestand des Klosters Muri?

Hier kannst du auch noch suchen: Regesta Habsburgica. Regesten der Grafen von Habsburg und der Herzoge von Österreich aus dem Hause der Habsburger. 1 Band bis 1281

Ich denke du kommst nicht darum herum, denn das du hier auf deine gewünschte Quelle stösst ist eher unwahrscheinlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für die ermutigenden Hinweise. Wien war sehr gut.
Tatsächlich fand ich das Dokument, in dem Rudolf als Princeps angesprochen wurde und auf welches in mehreren Büchern Bezug genommen wird. Es handelt sich um ein Schreiben des Abtes Heinrich von Engelberg aus dem Jahr 1210.
Veröffentlicht ist die Urkunde im Werk "Genealogia Diplomatica Augustae Gentis Habsburgicae" von Marquart Herrgott 1737 in Wien als Urkunde Nr. CCLXIII im Band 2 - Teil 1.
Der entscheidende Hinweis darauf kam von Friedrich Gutermann 1827 in seiner "Kurzgefasste Geschichte des Grafen Rudolf von Habsburg vor seiner Erhebung zum deutschen Könige: nebst vorangehenden genealogischen Bemerkungen", wo er schreibt:
".. er überlebte noch vierzehn Jahre die Geburt seines Enkels; fürstlich sein Ansehen (Princeps wird er vom Engelberger Abt, Urk. 1210 Herrg. n. CCLXIII. genannt)..."

In dieser umfassenden Genealogia sind sehr viele Urkunden und Abbildungen, u.a. auch der habsburgischen Siegel. Dabei fiel mir auf, dass alle die frühen Habsburger seit Albrecht III. bis zu König Rudolf im Siegel den Titel Landgraf im Elsass (Lantgravii Alsaciae) neben Graf von Habsburg führten. Sonst keine weiteren Titel. Dieser Titel schien ihnen also wichtig gewesen zu sein. Auch in den Urkunden werden sie manchmal nur als Landgrafen (Lantgravius oder Comes Provincialis) angesprochen. Das könnte meine Vermutung untermauern, dass der Landgrafentitel mehr als nur Beilage war.

Randbemerkung: seit heute weiss ich wieder, wieso ich damals Latein lernte.
 
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