Medizingeschichte: Impfungen

Carolus

Aktives Mitglied
In der derzeitigen Corona-Pandemie werden und wurden Impfstoffe entwickelt, getestet und eingesetzt. Trotz veröffentlichter Daten zu Wirkungen und Nebenwirkungen, die eine sehr gute Verträglichkeit und eine sehr hohe Schutzwirkung belegen, gibt es in Teilen der Bevölkerung eine Impfskepsis bzw. Ablehnung.

Allerdings irritiert mich doch ein relativ hoher Prozentsatz von Impfskeptikern und das gleichermaßen erschreckenderweise und erstaunlicherweise im Gesundheitspersonal. Da frage ich mich, ob das schon immer so war, und ob die ersten Impfungen in 18. und 19. Jahrhundert auch von so vielen Leuten abgelehnt wurden. Vielleicht lege ich dazu einen Thread an (schließlich ist das doch auch ein interessantes Thema der Geschichte).

Dabei ist diese Ablehungshaltung kein neues Phänomen, sondern gibt es bereits seit Beginn der Geschichte der Impfungen.
 
@Moderatorenteam

Könnte man die nachfolgenden Beiträge in diesen Thread kopieren oder verschieben?

Mach doch ein Thema daraus. Ist sicher eine interessante Diskussion.

https://www.nzz.ch/geschichte/die-utopie-der-seuchenfreien-welt-ld.1562041

Wenn du nicht alles lesen kannst dann gibt mir Bescheid, dann lade ich den Artikel als PDF hoch.

Das erinnert mich an Semmelweis, der lediglich die Hygiene an Geburtskliniken verbessern wollte, um die Todesfälle wegen Kindbettfiebers zu verringern. Von seinen Kollegen wurde er "gedisst". Letztlich wurde er in eine Irrenanstalt eingewiesen, wo er unter ungeklärten Umständen verstarb.

Ignaz Semmelweis – Wikipedia

Einen Thread, der dies vielleicht auch umfasst, würde ich begrüßen.

Wobei man schon zwischen Skeptikern und Gegnern unterscheiden sollte. Gesunde Skepsis ist eine Grundbedingung für Wissenschaft. Gesund meint hier: rational begründet. Und man kann natürlich feststellen, dass es wenig Zeit gab, die Impfstoffe auf Wirksamkeit, Nebenwirkungen und Langfristfolgen zu überprüfen.
Z.B. weiß man bis jetzt noch gar nicht, ob der Impfstoff dauerhaft wirkt oder nur zeitweise, völlg unabhängig von der Mutation des Virus, so dass wir uns ggf. wie bei Influenza einmal (oder gar zweimal) jährlich impfen lassen müssten. Und man weiß noch nicht, ob man selbst noch ansteckend ist, wenn man geimpft Covid bekommt. Man weiß lediglich, dass der Verlauf dannn harmloser ist.
Ein weiterer Grund für Skepsis könnte sein, dass der von Biontec/Pfizer der erste erfolgreich auf den Markt gebrachte Impfstoff auf RNA-Basis ist. Da dürfte es zwar, wie ich mir von einem Biologen habe erklären lassen, keine großartigen Nebenwirkungen geben, die von Impfgegnern beschworene Veränderung der DNA durch RNA sei schlechterdings unmöglich, aber naja, Skepsis darf man haben, wenn etwas zum ersten Mal probiert wird Vergleichen wir es mit einer Raumsonde, die erstmals die Atmosphäre verlässt: Das war auch ein spannender Augenblick in der Technikgeschichte. (Im Übrigen: Wenn ich mit meinen knapp Mitte 40 dran bin, dann werde ich mir selbstverständlich einen Impftermin geben lassen, nur weil ich finde, dass gesunde Skepsis ihren Raum haben muss, gehöre ich selber nicht zu den Skeptikern.)
Bei irrationalen Gründen für Impfskepsis (etwa die RNA-DNA-Erzählung) muss man einfach Aufklärung betreiben. Und ich denke auch, dass zumindest ein Großteil der Impfskeptiker auch durch eine erfolgreiche Impfung erreicht wird und seine Skepsis aufgibt. Aber wir leben in irrationalen Zeiten, in denen Hunderttausende jeden Seier im Internet unter Klarnamen ablassen. Diese Leute können andere vielleicht manchmal verunsichern. Aber ich denke, dass sich am Ende das rationale Element durchsetzen wird.
Esoterische Gründe wie, man müsse jede Krankheit halt mal durchgemacht haben, das sei gut für die eigene Immunabwehr oder gar verschwörungstheoretische Gründe wie Bill Gates wolle uns Chips implantieren lassen, sind natürlich ziemlich bescheuert - sorry, aber eine harmlosere Vokabel fällt mir dafür nicht ein.

Impfen, Herdenschutz und Impfpflicht.

Schau ich mir an mit welch Raffinesse und Aufwand heute Impfstoffe entwickelt werden, dann bin ich doch erstaunt wie früh solche Bemühungen Ergebnisse hervorbrachten.
Wie @Kochant schon anmerkte, bereits 1874 führte das DR, drei Jahre nach seiner Gründung, eine allgemeine Impfpflicht bei bestimmten Infektionskrankheiten ein.
Es ging wohl zunächst um das Pockenvirus (falls ich hier falsch liege bitte Korrektur).
Diese Gesetzgebung hatte gut 100 Jahre Bestand, in beiden Teilen Deutschlands.
https://zeithistorische-forschungen.de/site/40209384/default.aspx



Ich selbst bin alt genug um eine (unscheinbare) Pocken-Impfnarbe am linken Oberarm zu tragen.
Es war wohl 1969 als wir uns als Schüler in einer Reihe aufstellten und einer nach dem anderen einen kleinen Schnitt an bezeichneter Stelle mit einem Skalpell erhielten.
Einer ist gleich zusammengeklappt, was ja nicht weiter verwunderlich ist, denn manche kriegen halt beim Ritzen einen Kreislaufkasper. Aber es ist halt blöd für das Renommee eines frühpubertären Buben, wenn alle anderen stehen bleiben, und das war gewiss die stärkste Nebenwirkung für diesen fröhlichen Gesellen

Klar war, die Wunde kann sich entzünden, meine tat es ein wenig, Du kannst Schmerzen haben und Schwellungen. Doch, na und?

Den letzten „Pockenfall“ in Deutschland hab ich übrigens selbst erlebt als Zivi bei den Sanis im Frühsommer 1978..:D:D
Der „Hauptamtliche“, ich nenn ihn mal Schorschi, sagte nach einem Telefonat: 'Hanne (er nannte mich aus unerfindlichem Grund stets so und wahrscheinlich andere auch)..
Hanne wir haben einen Pockenfall nach Nürnberg (Klinikum), der Dr. Dings hat angerufen.'
Ja was muss man denn da machen?
Ach da stellen wir nachher den Defensor (eine kompakte Desinfektionsnebel-Apparatur) in den Krankenwagen.
Nachdem wir mit dem verunsicherten Seuchenkobel eingetroffen waren, war der Teufel los. Gebäudesperrung, Umleitung aller Rettungswagen, Weißkittel in großer Anzahl und auch großem Abstand zum Seuchenkobel, zu dem ich in die enge Kammer des hinteren Teils des Krankenwagens verbannt wurde. Und der schwitzte nicht schlecht, ich auch.
Schließlich kam der Chefarzt der Hautklinik, und der hatte den Mut Windpocken zu diagnostizieren, nicht ohne die ausgesprochene Furcht „morgen in der Zeitung zu stehen“,
und nicht ohne uns als Deppen rauf und runter zu beschimpfen.
Es gab offenkundig keinen verfügbaren Arzt in diesem doch großen Klinikum der je Pocken gesehen hatte.
Der hauptamtliche Schorschi jedenfalls war sehr erleichtert, dass der teure Krankenwagen nicht verbrannt wurde, ich auch, und der Seuchenkobel entspannte sich auch, und hat doch so verstört geschaut als könnte er sich gar keinen Reim auf das Geschehene machen.

Nach Wiki verstarb wohl das letzte tatsächliche Pockenopfer der Welt wenige Wochen später.
https://de.wikipedia.org/wiki/Janet_Parker


Die schreckliche Geisel Pocken wurde besiegt.
Der Kampf gegen diese durch Impfung geht erstaunlich weit zurück vor die Impfp1icht des DR von 1874. (Pockenschorf abraspeln und in die Nase blasen)


Erstgenannte Quelle zeichnet hier nicht nur die Konkurrenz zwischen verschiedenen deutschen Gesellschaftsentwürfen der Nachkriegszeit, sondern auch die sich entwickelnde unterschiedliche Art der Überzeugungsversuche der DDR und BRD.
Die BRD setzte ab den späten 60ern wohl eher, und auch erfolgreich, auf das Instrument der Überzeugung durch das Instrument der Werbung im Stil der Marktwirtschaft.
Schluckimpfung ist süß, Kinderlähmung ist grausam“. Wie wahr!

Und jetzt?
Kann eine Impfpflicht mit den Grundsätzen einer liberalen Gesellschaft vereinbart werden?
Wird sich ohne diese Pflicht ein Herdenschutz, so wie bei den Pocken oder Polio, durch Impfung erreichen lassen?
Und wie steht es mit dem Konzept der Überzeugung durch staatliche Kampagnen, wenn jeder beliebige Blödsinn durch das unredigierte Internet diese marginalisieren kann?

Herdenschutz ist dann gegeben, wenn bei gegebener Infektionsrate R (welche keine Konstante ist sondern schwankt) der Anteil der immunen Gesellschaft größer 1-1/R ist.

Und das gilt auch für Viren, die als schädliche Vorstellungen die Gehirne von Menschen befallen.
Deren Rate der Reproduktion harrt noch der Beurteilung , lässt jedoch wenig Gutes erahnen.

In diesem Forum habe ich bereits an anderer Stelle geschrieben, dass Andreas Hofer nicht nur gegen Bayern und Franzosen kämpfte, sondern auch gegen die Pockenimpfung mit der Begründung, man wolle ihnen, also den Katholiken, damit Protestantismus einimpfen.

Man könnte meinen, naja, ein Wirt und Pferde- und Weinhändler weiß davon zu wenig, hat sich wohl von anderen beeinflussen lassen. Aber es gab zu jener Zeit auch gewichtige Stimmen, die vor der Impfung warnten – Zitat aus der Süddeutschen (leider hinter der Bezahlschranke):

In Deutschland schrieb Immanuel Kant 1797 in seiner "Metaphysik der Sitten": "Wer sich die Pocken einimpfen zu lassen beschließt, wagt sein Leben aufs Ungewisse." Später wurden aus den Zweifeln des Philosophen handfeste Widerstände. Verschwörungsmythen tauchten auf. 1881 schrieb Eugen Dühring, Vordenker des deutschen Antisemitismus, in seiner Hetzschrift "Die Judenfrage", das Impfen sei ein Aberglaube, den jüdische Ärzte erfunden hätten, um damit Geld zu verdienen.

Die Geschichte der Impfscheu wurde im 20. Jahrhundert zunehmend zu einer Geschichte einer Umkehr von Impferfolgen. Die Rückkehr von Keuchhusten und Scharlach. Der weltweite Anstieg der Masern-Infektionen um 30 Prozent in den letzten Jahren.

Die einzelnen Kritiker aus dem Gesundheitswesen machen eben besonders Aufsehen, weil sie eigentlich wissen sollten, wovon sie reden.

Impfgegnerschaft – Wikipedia
 
gibt es in Teilen der Bevölkerung eine Impfskepsis bzw. Ablehnung.

Soziale Bewegungen, die gegen etwas sind, haben es in der Regel leichter, sich zu mobilisieren und auch zu organisieren.

Die Ablehnung von Impfungen entspringt sehr unterschiedlichen Motivationen.

1. Die grundsätzlichen Skeptiker kommen aus dem Bereich der Homöopathie und wenden sich gegen die "Schulmedizin". Dazu können viele Gruppierungen gerechnet werden und es hängt wohl von konkreten lokalen Bedingungen ab, wie stark sich das in Widerstand auswirkt.

2. Die zweite Gruppe der Skeptiker kommt aus dem Umfeld der Regimeskeptiker und ist verbunden mit einem "Unten vs. Oben"- Weltbild. Ausgeprägt beispielsweise in Frankreich oder auch den USA.

3. Die dritte Gruppe sind die Verschwörungs-Hysteriker, die wie 2. durchaus politikskeptisch sind, aber zusätzlich ein "komplexes" Hirngespinnst gewoben haben und ein "Paralleluniversum" am Wirken sehen (sorry kann da sprachlich nicht distanziert bleiben)

4. Die vierte Gruppe rekrutiert sich aus politischen Aktivisten, die Gruppe 1 bis 3 opportunistisch für ihre komplett anderen Zwecke bzw. Ziele instrumentalisieren wollen und diesen sozialen Protest in einen systemüberwindenden Protest verändern bzw. umdeuten möchten.

Insofern muss man bei einer pauschalen Betrachtung sehr vorsichtig sein, über welche Gruppe man gerade redet. Weil die Gruppe der "Impfgegner" die gibt es nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
In Afrika (okay, nicht sehr differenziert, also z.B. in den Ebola-Gebieten in Zentral-Westafrika) oder Pakistan verbinden sich Verschwörungsmythen mit der Angst vor Wiederkolonisation. Da geht man dann nicht zum Impfen, weil man glaubt, dass die Amerikaner oder Europäer die Bevölkerung krank machen wollten. Scheint mir von der Grundidee her eng verwandt mit dem Bevölkerungsaustauschsnarrativ zu sein.
 
Mich verwundern solche Menschen natürlich sehr.

Es gibt sicher vieles an den Pharmaunternehmen zu kritisieren und ob jede Behandlung wirklich notwendig ist, sei mal dahingestellt. Immerhin sind die Richtwerte, wann jemand krank ist, immer weiter zurückgegangen.

Aber trotz dieser Kritik ist die Medizingeschichte doch ein großer Erfolg. Heute muss man nicht davon ausgehen, dass die Hälfte der eigenen Kinder vor dem 5. Lebensjahr stirbt. Selbst in den ärmsten Ländern der Welt lebt man im Schnitt länger, als in Mitteleuropa vor 200 Jahren.

Wie Menschen vor diesen Fakten die Augen verschließen können, ist mir wirklich nicht klar.7

Das wir keine Angst vor Poken oder Ähnliches haben, ist dank den Impfungen passiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Soziale Bewegungen, die gegen etwas sind, haben es in der Regel leichter, sich zu mobilisieren und auch zu organisieren.

Die Ablehnung von Impfungen entspringt sehr unterschiedlichen Motivationen.

1. Die grundsätzlichen Skeptiker kommen aus dem Bereich der Homöopathie und wenden sich gegen die "Schulmedizin". Dazu können viele Gruppierungen gerechnet werden und es hängt wohl von konkreten lokalen Bedingungen ab, wie stark sich das in Widerstand auswirkt.

2. Die zweite Gruppe der Skeptiker kommt aus dem Umfeld der Regimeskeptiker und ist verbunden mit einem "Unten vs. Oben"- Weltbild. Ausgeprägt beispielsweise in Frankreich oder auch den USA.

3. Die dritte Gruppe sind die Verschwörungs-Hysteriker, die wie 2. durchaus politikskeptisch sind, aber zusätzlich ein "komplexes" Hirngespinnst gewoben haben und ein "Paralleluniversum" am Wirken sehen (sorry kann da sprachlich nicht distanziert bleiben)

4. Die vierte Gruppe rekrutiert sich aus Opportunisten, die Gruppe 1 bis 3 für ihre komplett anderen Zwecke instrumentalisieren wollen und diesen sozialen Protest in einen systemüberwindenden Protest verändern bzw. umdeuten möchten.

Insofern muss man bei einer pauschalen Betrachtung sehr vorsichtig sein, über welche Gruppe man gerade redet. Weil die Gruppe der "Impfgegner" die gibt es nicht.

Hier sollte man auch noch die religiös motivierte Impfskepsis oder sogar -verweigerung aufführen. Z. B. gab es in den Niederlanden unter strenggläubigen Calvinisten ein Auftreten von diversen Krankheiten, weil sich diese Gruppe nicht hat impfen lassen wollen. s. z. B.: - Gottesfurcht hinterm Deich

Dann gibt es noch eine politisch motivierte Ablehnung von Impfungen bzw. bestimmter Impfstoffe. In der ersten Folge der dritten Staffel der Fernsehserie Charité, die zur Zeit des Mauerbaus in Berlin (Ost) spielt, geht es um die Impfung gegen Kinderlähmung. In der Folge wird erwähnt, dass ein in der UdSSR entwickelter und produzierter Impfstoff bereits erfolgreich in der DDR eingesetzt wurde, während in der Bundesrepublik und Berlin (West) dies nicht der Fall sei. Grund sei, dass man im kalten Krieg im Westen keinen Impfstoff aus dem Osten verimpfen wollte. Wie weit das deen historischen Realitäten entspracht, habe ich noch nicht recherchiert.
 
Wenn wir es ein wenig abstrahieren, geht es um Skeptizismus bezüglich „von oben verordneter“ Maßnahmen für die Masse der Bevölkerung. Solches war die längste Zeit in der Geschichte der Menschheit vielfach angebracht: Was wurde den Menschen nicht alles eingeredet: Angriffskriege wurden als überlebenswichtig für das ganze Volk verkauft. Ungerechte Steuerlasten und haarsträubende Gesetzte, all die religiösen Zwänge. Dass psychisch und/oder materiell unterprivilegierte Menschen auch heute in komplexen Drucksituationen noch so empfinden, finde ich sozialpsychologisch gut nachvollziehbar.
 
Dann gibt es noch eine politisch motivierte Ablehnung von Impfungen bzw. bestimmter Impfstoffe. In der ersten Folge der dritten Staffel der Fernsehserie Charité, die zur Zeit des Mauerbaus in Berlin (Ost) spielt, geht es um die Impfung gegen Kinderlähmung. In der Folge wird erwähnt, dass ein in der UdSSR entwickelter und produzierter Impfstoff bereits erfolgreich in der DDR eingesetzt wurde, während in der Bundesrepublik und Berlin (West) dies nicht der Fall sei. Grund sei, dass man im kalten Krieg im Westen keinen Impfstoff aus dem Osten verimpfen wollte. Wie weit das deen historischen Realitäten entspracht, habe ich noch nicht recherchiert.


Hier noch zu dem Thema ein Artikel aus der Welt:

Vor Sputnik V: Als die DDR dem Westen sowjetischen Impfstoff anbot - WELT
 
Impfen, Gates und Ramón y Cajal, nebst „Querdenkern“.

Absurdes hat ja derzeit Konjunktur in der Maske des Realen.
Ob Chemtrails, Bevölkerungsaustausch, ob rituelle Kinderopferung durch finstere Mächte, oder auch Gedankenkontrolle durch diese, mithilfe auch durch „Wellen“, oder Mikro-Chips durch Impfung implantiert.

Ramón y Cajal, Medizinnobelpreisträger 1906, für seine Arbeit zu Zellaufbau und Nervensystem, ist auch ein Dichter und schreibt wohl auch gerne fantasievolle Sience-Fiction.
Er macht er sich den Spaß die fiktive Beschreibung einer „Anständigkeitsimpfung“ 1905 zu veröffentlichen.
A mind-controlling vaccine? A Spanish neuroscientist already thought of that in the 1800s

Ob er das gemacht hätte in einem geistigen Klima, in dem zunehmend die Konturen zwischen Fakt und Fiktion verschwimmen, in einer anschwellenden Flut ungefilterter „Informationen“?
Vor dem Hintergrund, dass sich falsche Informationen nun wieder einmal rascher verbreiten als reale?

Es fällt nicht schwer die Zensur der Fantasie durch den Wahnsinn zu argwöhnen.
 
Hier ist noch ein weiterer interessanter Artikel zu vorhergehenden Versuchen, schulmedizinische Behandlungen zu diskreditieren:

Corona, Aids, Krebs: Warum manche diese Krankheiten nicht wahrhaben wollen

....eine treffende kurze Zusammenfassung zugrunde liegender Psychopathologie.
Sie glauben es wirklich, ansonsten würden sie die naheliegenden Risiken - nicht zuletzt für die eigene Reputation - nicht eingehen. Am meisten fasziniert es mich bei den Ärzten, zumeist intelligenten, mit wissenschaftlicher Methodik und medizinischen Naturgesetzlichkeiten vertrauten Personen.
 
Ich habe letzte Woche einen Beitrag im heute journal gesehen, in dem ein Medizinhistoriker auf die Pockenschutzimpfung eingegangen ist. Für diese wurde 1874 reichsweit eine Impfpflicht eingeführt. In mehreren der späteren Bundesstaaten des Reiches wurde diese allerdings schon früher eingeführt:

Am 26. August 1807 wurde in Bayern als weltweit erstem Land eine Impfpflicht eingeführt. Baden folgte 1809, Preußen 1815, Württemberg 1818, Schweden 1816, England 1867 und das Deutsche Reich 1874 durch das Reichsimpfgesetz.[13][14] Im lutherischen Schweden hatte die protestantische Geistlichkeit bereits um 1800 eine Vorreiterrolle bei der freiwilligen Pockenschutzimpfung inne.[15] In Liechtenstein war die erste Impfung 1801 vorgenommen worden, ab 1812 galt eine gesetzliche Impfpflicht.[16]

Pocken – Wikipedia
Hier der Beitrag zur Impfpflicht und seiner Geschichte in Deutscchland aus dem heute journal:

Impfpflicht im Wandel der Zeit

Und hier das Interview mit dem Medizinhistoriker Prof. Malte Thießen über Protestbewegungen gegen die Impfflicht:

"Einige déjá-vus“

(Selbst das heute journal schreibt déjà-vu mit dem falschen Akzent auf dem "a" also déjá-vu :rolleyes: - wozu zahle ich meinen Rundfunkbeitrag:mad:?)

Und auch damals wurden bereits Impfausweise gefälscht. Und ebenso waren der Raum Stuttgart und Dresden Schwerpunkte der Impfgegmer.

Hier noch ein lesenswerter über Erfolge aber auch Probleme bei der Einführung der Pockenimpfung und Impfpflicht in Bayern im frühen 19. Jh.

Impfpflicht: Umstrittene Einführung der Pockenschutzimpfung in Bayern
 
Hier noch ein interessanter Artikel zu dem Thema Impfungen gegen Pocken:

Lady Mary Montagu: Wie die frühe Impfpionierin die Pocken bekämpfte

An diese Diskussion um frühe Schutzimpfungen musste ich auch denken. In Großbritannien gab es zur Zeit der ersten "Hanoverians" große Vorbehalte gegen erste Pockenimpfungen.
Caroline von Ansbach, die Fürstin von Wales und Frau des (von seinem Vater ungeliebten) Thronfolgers Georg August ging mit gutem Beispiel voran, und sie konnte zahlreiche Zeitgenossen bewegen, sich impfen zu lassen.

Impfungen wurden im Verlauf des 18. Jahrhunderts sozusagen "In" oder "hip". In seiner Marie Antoinette-Biographie schreibt Stefan Zweig, dass die Pariser Haute Couture Bezug auf aktuelle politische Ereignisse nahm. Als der amerikanische Gesandte Benjamin Franklin in der Gesellschaft mit einer Nerzkappe auftauchte, entwickelten Friseure eine Damenfrisur a` la Franclin" und bald darauf gab es eine Impf-Kollektion, nachdem sich ein Mitglied des Königshaus impfen ließ.
 
Die Ablehnung von Impfungen entspringt sehr unterschiedlichen Motivationen.

1. Die grundsätzlichen Skeptiker kommen aus dem Bereich der Homöopathie und wenden sich gegen die "Schulmedizin". Dazu können viele Gruppierungen gerechnet werden und es hängt wohl von konkreten lokalen Bedingungen ab, wie stark sich das in Widerstand auswirkt.

2. Die zweite Gruppe der Skeptiker kommt aus dem Umfeld der Regimeskeptiker und ist verbunden mit einem "Unten vs. Oben"- Weltbild. Ausgeprägt beispielsweise in Frankreich oder auch den USA.

3. Die dritte Gruppe sind die Verschwörungs-Hysteriker, die wie 2. durchaus politikskeptisch sind, aber zusätzlich ein "komplexes" Hirngespinnst gewoben haben und ein "Paralleluniversum" am Wirken sehen (sorry kann da sprachlich nicht distanziert bleiben)

4. Die vierte Gruppe rekrutiert sich aus politischen Aktivisten, die Gruppe 1 bis 3 opportunistisch für ihre komplett anderen Zwecke bzw. Ziele instrumentalisieren wollen und diesen sozialen Protest in einen systemüberwindenden Protest verändern bzw. umdeuten möchten.
Ohne jetzt eine Quantifizierung zu versuchen: Bei sehr vielen liegt die Ursache für die Ablehnung nicht in den von ihnen geäusserten Motiven, sondern in einer diffusen Angst vor der Spritze. Welche Motive dann von ihnen angeführt werden, um das eigene irrationale Vermeidungsverhalten rational zu rechtfertigen ist dann zunächst sekundär.

Dieser Vorgang lässt sich besonders dann eindeutig beobachten, wenn am Verhalten festgehalten wird, und die Begründungen ausgetauscht werden. Was mir fehlt ist eine eine psychische und emotionale Unterstützung für diese MENSCHEN, OHNE das für sie selbst und andere Personen gefährliche VERHALTEN zu unterstützen.

Insofern muss man bei einer pauschalen Betrachtung sehr vorsichtig sein, über welche Gruppe man gerade redet. Weil die Gruppe der "Impfgegner" die gibt es nicht.
Ja
 
Kurz zur Ergänzung: in den meisten späteren Bundesstaaten des Deutschen Reiches ist die Impfpflicht schon wesentlich früher in den Jahren 1807 - 1818 eingeführt worden. Die Einführung der Impfpflicht 1874 dürfte für die meisten (oder vielleicht alle) Deutschen kein Novum gewesen sein, sondern war schon eine seit zwei oder drei Generationen geübte Praxis. Die Impfpflicht wurde erst dann in den späten 1970er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland aufgehoben, nachdem die Pocken ausgerottet worden waren.

s. Medizingeschichte: Impfungen

Danke für die Ergänzung.:) Ein Reglung auf Reichsebene war sinnvoll, denn so wurden eben die Reichsländer, Reichsrecht brach Landesrecht, von der Impflicht erfasst, die es bis zu jenen Zeitpunkt nicht waren.

Ich weiß nicht, in welchen späteren Bundesstaaten bereits früher eine Impfpflicht obligatorisch war. Allerdings waren mit Bayern, Preußen, Baden und Württemberg zumindest schon ein Großteil der Bevölkerung betroffen.

Als Beispiel für einen kleineren Bundesstaat habe ich kurz für das Fürstentum Lippe recherchiert. Es gab seitens des Landesherren bereits 1799 (sic!) und dann 1809 dringende Empfehlungen für die Pockenschutzimpfung, aber erst 1822 eine Pflicht zur Impfung:

"Eine Impfpflicht für Lippe wurde dann endgültig 1822 unter Fürst Paul Alexander Leopold (II.)(1796 - 1851), dem Sohn Paulines eingeführt. Damit verbunden war auch die Führung von Verzeichnissen der Kinder, die altersgemäß für eine Pockenimpfung in Frage kamen, Impftabellen und Impfscheinen, als Belege über die durchgeführten Impfungen. Die Kosten der Impfung hatten die Untertanen weitgehend selbst zu tragen. "​

aus: Blattern in Lemgo und Lippe

Zwei Ausnahmen von der Impfpflicht vor 1874 habe ich noch gefunden:

"Sachsen und der Stadtstaat Hamburg dagegen erließen bis Anfang der 1870er Jahre kein Impfgesetz."​


Erstaunlicherweise hatte Preußen kein Impfgesetz, aber eine Art De-facto-Impfzwang:

"Auch Preußen hatte keines [kein Impfgesetz], übte aber auf andere Weise Druck auf die Bevölkerung aus, sich gegen die Pocken impfen zu lassen. So wurden nur jene Kinder zur Schule oder zur Ausbildung zugelassen, die einen Impfschein vorweisen konnten."​

Zur Geschichte der Schutzimpfung | APuZ
 
Zuletzt bearbeitet:
Erstaunlicherweise hatte Preußen kein Impfgesetz, aber eine Art De-facto-Impfzwang:

"Auch Preußen hatte keines [kein Impfgesetz], übte aber auf andere Weise Druck auf die Bevölkerung aus, sich gegen die Pocken impfen zu lassen. So wurden nur jene Kinder zur Schule oder zur Ausbildung zugelassen, die einen Impfschein vorweisen konnten."

Zur Geschichte der Schutzimpfung | APuZ

Eine andere Frage ist natürlich, wie viele wirklich geimpft waren. Ich hätte vermutet, dass alle Kinder spätestens mit Beginn des Schulbesuches geimpft sein müssen. Allerding gab es in Preußen zwar eine Unterrichtspflicht, aber keine Schulpflicht.

"Man muss hier von "Unterrichtspflicht" sprechen, weil es in der Pflicht des "Hausvaters" stand, für den Unterricht zu sorgen, und zwar "in seinem Hause". Erst wenn er das nicht "selbst besorgen kann oder will", entstand die Pflicht, die Kinder zur Schule zu schicken. Doch selbst dann bestand noch kein Zwang zum Besuch einer staatlichen Schule. So schickten die Wohlhabenden ihre Kinder selbstverständlich auf Privatschulen, vor allem in der Zeit vor dem Übergang in die höheren Schulen, die in kommunaler, kirchlicher oder staatlicher Hand lagen."​

Kurze Geschichte der allgemeinen Schulpflicht | bpb

Mit anderen Worten heißt das, dass Kinder, die zu Hause unterrichtet wurden, nicht geimpft sein mußten. Die Pflichtimpfung umfaßte daher nur diejenigen, die eine Schule besuchten und/oder eine Ausbildung machten.

In der preußischen Armee gab es bereits seit 1820 eine Impfpflicht gegeben. Als man später feststellte, dass der Immunschutz im Laufe der Zeit nachließ, wurden Nachimpfungen ab 1834 obligatorisch.

"Inzwischen hatte man allerdings auch schon beobachtet, daß nur die Zweitimpfung, die Revakzination, einen lebenslangen Schutz gegen die Pocken vermittelte. Das Königreich Württemberg erließ 1829 ein neues Gesetz und schrieb eine Wiederimpfung vor. Preußen führte 1834 für seine Soldaten gleichfalls die Revakzination ein. In den zehn Jahren davor waren in Preußen jährlich etwa fünfzig Armeeangehörige an den Blattern gestorben - nach 1834 kein einziger mehr."​

ZEIT ONLINE | Lesen Sie zeit.de mit Werbung oder im PUR-Abo. Sie haben die Wahl.
 
Zumindest gab es daher in Preußen schon einige Möglichkeiten durchs Raster zu fallen, wenn man entweder keine Schule besucht hat oder nicht gedient hat. Darüberhinaus ist die Durchführung, Durchsetzung und Überwachung einer Impfpflicht entscheidend.

Oben habe ich auf die Regelungen des Fürstentum Lippe hingewiesen, die nach Einführung der Impfpflicht auch eine Art Impfregister eingeführt haben. Im Königreich Bayern wurde die Impfpflicht 1807 eingeführt. Alle dreijährigen Kinder mußten geimpft werden. Im Falle der Nicht-Impfung wurden Geldbußen fällig:

"Jedes nicht rechtzeitig geimpfte Kind sollte die Eltern je nach deren Vermögen 1 bis 8 Gulden kosten (zum Vergleich: Ein einfacher Soldat bekam im Monat 2 ¼ Gulden)."​

Warum Bayern schon 1807 einmal eine Impfpflicht einführte
 
Ich weiß nicht, in welchen späteren Bundesstaaten bereits früher eine Impfpflicht obligatorisch war.
Ich habe ein pdf der Uni Giessen zum 100jährigen Jubiläum des Impfgesetzes von 1874 gefunden. Demnach war das Großherzogtum Hessen (-Darmstadt) das erste Land mit einer obligatorische Impfpflicht, erlassen durch ein Gesetz am 06.08.1807 - gefolgt von Bayern ebenfalls 1807, Nassau, Berg und Westphalen 1808, Waldeck 1812 und Isenburg 1814. Kurhessen gründete bereits 1803 eine Vakzinationsanstalt, allerdings ohne Impfpflicht. Das Fürstentum Aschaffenburg führte die "fakultative Impfpflicht zur Einschulung" 1806 ein.
 
Ich habe ein pdf der Uni Giessen zum 100jährigen Jubiläum des Impfgesetzes von 1874 gefunden.

Ich vermute, das ist diese hier:

http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2006/3727/pdf/Impfgesetz-1974.pdf


Demnach war das Großherzogtum Hessen (-Darmstadt) das erste Land mit einer obligatorische Impfpflicht, erlassen durch ein Gesetz am 06.08.1807 - gefolgt von Bayern ebenfalls 1807, Nassau, Berg und Westphalen 1808, Waldeck 1812 und Isenburg 1814. Kurhessen gründete bereits 1803 eine Vakzinationsanstalt, allerdings ohne Impfpflicht. Das Fürstentum Aschaffenburg führte die "fakultative Impfpflicht zur Einschulung" 1806 ein.

Vorreiter schienen die Staaten des Rheinbundes zu sein. Mir scheint, dass die Anwendung der Pockenimpfung von England ausgehend zunächst Frankreich erreichte und dann im Zuge der Dominanz Frankreichs unter Napoleon auch die deutschen Rheinbundstaaten und auch dann später Preußen erreichte.

Gerade noch in der Wiki gesucht - Pockenimpfstoff – Wikipedia

also die Verbreitung der Kenntnisse und Anwendung lief dann über London nach Paris und von dort in die französische Provinz und auch in die verbündeten Staaten.

Mit der Einführung der Impfpflicht war man damals sogar päpstlicher als der Papst, in Frankreich gab es eine allgemeine Impfpflicht erst ab 1902. Anläufe für eine Impfpflicht in Frankreich wurden 1843, 1858 und 1880 gestartet, aber diese sind gescheitert. Zwar wurden in Frankreich (beginnend mit Paris) auch schon Impfzentren ab 1801, und im französischen Militär galt eine Impfpflicht ab 1811, aber alles noch auf freiwilliger Basis. Statistiken über den Anteil der Bevölkerung mit Impfschutz konnte ich in dem Artikel nicht finden.

Variole — Wikipédia

Hier noch ein kleiner Videobeitrag (für Kinder, aber wir sind doch alle jung geblieben) von arte zu Napoleon und den Pockenimpfungen: Napoleon und der Pockenimpfstoff - Die ganze Doku | ARTE
 
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