Warum wurde Stalins Hilfe ignoriert?

Eine Begrenzung auf "Kongresspolen" hätte allerdings bedeutet, die Ergebnisse der drei "polnischen Teilungen" im späten 18. Jhdt. im Wesentlichen insofern zu akzeptieren, als Russland bzw. jetzt Sowjetrussland seine Gebietserwerbungen von damals hätte behalten dürfen. (Unabhängig worden wären also im Wesentlichen nur die damals von Preußen und Österreich eingesackten Teile Polens.) Demgegenüber wollte Polen nach Wiedererlangung seiner Unabhängigkeit möglichst auch die alten Grenzen der polnisch-litauischen Union wiederherstellen.

Sagen wir mal mal Pilsudski und konsorten von der "Jagiellonen-Partei" wolten eine Anlehnung an die polnisch-litausche Union und deren alte Ostgrenzen.
Aber das war ja gerade auch bei der ponischen Delegation in Paris durchaus nicht Konsenz gewesen.

Auch verstehe ich nicht so ganz, wo die Unabhängigkeit eines erweiterten "Kongress-Polen" meht oder minder nur Österreich-Ungarn und Preußen hätte betreffen sollen, denn spätestens nach der faktischen Annexion Kongresspolens durch Russland, setzte sich der Bestand dessen, was nach Ansicht der Briten nach dem ersten Weltkrieg hätte Polen werden sollen, doch immerhin zur Hälfte aus der Konkursmasse des Zarenreichs zusammen

Das mit den 3 Teilungen an dieser Stelle finde ich auch ein wenige problematisch.

Eine Begrenzung auf "Kongresspolen" hätte allerdings bedeutet, die Ergebnisse der drei "polnischen Teilungen" im späten 18. Jhdt. im Wesentlichen insofern zu akzeptieren, als Russland bzw. jetzt Sowjetrussland seine Gebietserwerbungen von damals hätte behalten dürfen.

Mein erstes Problem damit ist, dass das so klingt, als wäre das von je her polnisches Gebiet gewesen, auf das Polen irgendein Anrecht gehabt hätte.
Da würde mich interessieren, warum. Polnische Bevölkerungsmehrheiten, fanden sich in diesem Gebieten keine, allenfalls einzelne Städte, die Polnische Mehrheiten aufwiesen, womit es dann die gleiche Problematik hatte, wie Oberschlesien mit seinen deutsch geprägten städtischen Zentren und den mehrheitlich polnischen Landbezirken.

Jetzt möchte ich an der Stelle mal erklärt bekommen, nach welchem Paradigma, man für Polen beides einfordern konnte, Oberschlesien und die östlichen Gebiete, nachdem bevölkerungstechnisch die Lage für Polen in beiden Gebieten genau spiegelverkehrt war.
Im Westen stütze man sich in seiner Argumentation also auf die umliegenden, polnischsprachigen Landbezirke, als Maßgeblich, die man im Osten, wo diese dann eben nicht polnisch waren, nicht gelten lassen wollte?

Erscheint mir inkongruent und natürlich argumentierten diejenigen, die damals Polens Grenzen so weit als möglich hinausschieben wollten inkonsequent, nur ich frage mich, ob man das heute (wenn auch nur andeutungsweise) so übernehmen muss/kann.

Das Russland dem polnisch-litauischen Staat diese Gebiete mit militärischen Mitteln im Zuge der polnischen Teilungen abgejagt hatte, ist unbestreitbar.
Ebenso wenig bestreitbar, ist, dass das polnisch-litauische Territorialkonglomerat infolge der Mongolenzeit und der relativen Schwäche der alten Rus-Fürstentümer da vorher mächtig in Räume expandiert war, die ihren Bewohner nach weder polnisch noch litauisch sind oder es jemals waren.

Warum genau sollte aso die polnisch-litauisch-russische Grenze vor den Teilungen irgendetwas sein, dass ein Ausgreifen eines neuen polnischen Staates nach Osten hin hätte rechtfertigen können?
Zumal, die Länder östlich brest, abgesehen von Galizien ja doch historisch ohnehin der litauischen, nicht der polnischen Krone angehört hatten.
Wenn überhaupt auf historischen Gründen fußend, hätte wohl eher Litauen hier Ansprüche geltend machen können, aber nicht Polen.
Hinzu kommt, dass es richtig ist, dass Pilsudski und Konsorten, im Prinzip das alte polnisch-litauische Reich wiederbeleben wollten, nur behagte dieser Gedanke anscheinend den Litauern nicht so unbedingt.


Der zweite Punkt mit dem ich da nicht einverstanden bin, ist, das Postulat, dass wenn man Kongresspolen einfach nur in den Grenzen eines erweiterten Kongresspolens als neuen polnischen Staat anerkannte, man damit die Zugewinne Russlands durch die polnischen Teilungen sanktioniert hätte.

Warum? Die Anerkennung Polens in den wesentlichen Grenzen Kongresspolens, mit Westgalizien und dem Korridor, schloss ja an und für sich genommen eine Anerkennung auch der baltischen Staaten, namentlich aber Litauens und eines ukrainischen Staates nicht aus und bestätigte damit durchaus nicht zwangsläufig Russlands Gewinne aus den polnischen Teilungen.
 
Ich wollte mich hier keinesfalls als Advokat Polens und polnischer Gebietsansprüche betätigen, sondern nur auf die polnische Sicht hinweisen.

Mit den "historischen Grenzen" ist das immer so eine Sache. Mal müssen für die Grenzziehung sprachliche/ethnische Gegebenheiten herhalten, mal "historische Grenzen", je nachdem was gerade günstiger ist. Das war auch bei Polen der Fall, aber beileibe kein Einzelfall. (Die Tschechoslowakei konnte nach dem 1. WK auch die "historischen Grenzen" Böhmens und Mährens als Grundlage für ihren neuen Staat durchsetzen, im Fall der Slowakei weitgehend sprachliche Grenzen - und darüberhinaus trotzdem auch ein paar Gebiete kassieren, die zu Niederösterreich gehört hatten, sowie im Fall der Slowakei auch Gebiete mit ungarischer Bevölkerung.) Mit "historischen Grenzen" kann man grundsätzlich beliebig weit in die Vergangenheit zurückargumentieren - und Quellen für unlösbare Konflikte schaffen.

Dass es im Osten des neu erstandenen Polen nur wenige Polen gab, ist mir auch klar. Ob die weißrussischen und ukrainischen Minderheiten allerdings tatsächlich (sobald klar war, dass es, anders als Litauen, weder ein unabhängiges Weißrussland noch eine unabhängige Ukraine geben würde) en gros die kommunistische sowjetrussische Herrschaft der polnischen Herrschaft vorgezogen hätten, vermag ich nicht zu beurteilen.
 
@Ravenik

Zunächstmal, um Missverständnisse zu vermeiden, ich wollte dir hier auch nicht vorwerfen für polnische Interessen zu lobbyieren, so weit wollte ich dann sicherlich nicht gehen.
Sollte das so aufgefasst worden sein, bitte ich das zu entschuldigen, es war in dieser Weise nicht beabsichtigt.


Ich wollte mich hier keinesfalls als Advokat Polens und polnischer Gebietsansprüche betätigen, sondern nur auf die polnische Sicht hinweisen.

Naja, ist das DIE polnische Sichtweise gewesen? Pilsudski und Anhänger mögen das seinerzeit so gesehen haben, Dmowski und Konsorten sahen das wohl etwas anders, was Reminiszenen an die alte Rzeczpospolita und die Schlüsse daraus hinsichtlich der Konzeption des neuen polnischen Staates angeht und damit auch im Hinblick auf die Grenzziehung.


Mit den "historischen Grenzen" ist das immer so eine Sache. Mal müssen für die Grenzziehung sprachliche/ethnische Gegebenheiten herhalten, mal "historische Grenzen", je nachdem was gerade günstiger ist. Das war auch bei Polen der Fall, aber beileibe kein Einzelfall. (Die Tschechoslowakei konnte nach dem 1. WK auch die "historischen Grenzen" Böhmens und Mährens als Grundlage für ihren neuen Staat durchsetzen, im Fall der Slowakei weitgehend sprachliche Grenzen - und darüberhinaus trotzdem auch ein paar Gebiete kassieren, die zu Niederösterreich gehört hatten, sowie im Fall der Slowakei auch Gebiete mit ungarischer Bevölkerung.) Mit "historischen Grenzen" kann man grundsätzlich beliebig weit in die Vergangenheit zurückargumentieren - und Quellen für unlösbare Konflikte schaffen.

Ich wollte jetzt auch nicht behaupten, dass das ein spezifisch polnisches Problem wäre. Mir ging es da viel mehr auch darum, wie munter sich die Rechtfertigungsnarrative, auch bei anderen Staatsgebilden, im Zuge der Abwicklung von Weltkrieg Nr.1 und den Nachfolgekonflikten abwechselten.
Das war jetzt gar nicht so sehr in deine Richtung oder speziell in Richtung Polen geschossen, Polen ist einfach nur ein sehr schönes Beispiel, weil dessen Vertretungen und Regierungen eben binnen weniger Jahre im Westen auf Prinzipien bestand, die es im Osten dann nicht mehr gelten lassen wollte, bzw. umgekehrt.

Ich denke, dass das Zustandekommen dieser Grenzziehungen und die sehr verschiedenen Modi und Rechtfertigungen einfach näher betrachtet werden müssen um der Sache insgesamt gerecht zu werden, zu verstehen, welches Chaos in diese Angelegenheiten in halb Europa anno 1917-1921 geherrscht haben muss und warum es in diesem Klima und auch nachfolgend bestimmten Akteuren leichter von der Hand ging, bestimmte Revidierungen zu akzeptieren, als in anderen Fällen.

Natürlich, der Begriff "natürliche Grenzen" ist eine vollkommen schwammige Terminologie und damit kann jeder extreme Nationalist im Prinzip fordern, die Grenze so weit vorschieben zu wollen, wie bewaffnette Truppen des eigenen Landes anno Schnee irgendwann mal gekommen sind.


Dass es im Osten des neu erstandenen Polen nur wenige Polen gab, ist mir auch klar. Ob die weißrussischen und ukrainischen Minderheiten allerdings tatsächlich (sobald klar war, dass es, anders als Litauen, weder ein unabhängiges Weißrussland noch eine unabhängige Ukraine geben würde) en gros die kommunistische sowjetrussische Herrschaft der polnischen Herrschaft vorgezogen hätten, vermag ich nicht zu beurteilen.

Das wird wohl im Nachhinein niemand mehr feststellen können.

Mein Problem dabei ist, dass einfach, wenn diese Dinge zustande kommen, es darauf hinaus läuft, dass notorisch polnische Sichtweisen bei der ganzen Angelegenheit am Ende herauskommen. Das an und für sich wäre ja nicht weiter tragisch, wenn diese Sichtweisen einigermaßen stringent und nachvollziehbar wären. Leider sind sie es - jedenfalls für mich - nicht.
Ich möchte mich da jetzt im Übrigen auch nicht zum Anwalt sowjetischer Interessen aufspielen. Die Praxis der Bolschewiki im Bürgerkrieg mit den Nationalbewegungen an der Peripherie immer genu so lange zu kooperieren, bis die "Weißen"besiegt waren um dann anschließend einzumarschieren und die eben noch anerkannte Autonomie/Unabhängigkeit wieder zu liquidieren, war ja auch nicht ehrlicher und transparenter oder uneigennütziger.

Und damit möchte ich, um auch gleich das klar zu stellen, weder deutsche, noch russische Aggession schönreden, noch in Abrede stellen, dass die polnische Bevölkerung unter der Fuchtel der Teilungsmächte im 19. Jahrhundert reichlich zu leiden hatte.
Aber ich denke, wenn man sich darüber auslässt, warum die Briten und Franzosen anno 1939 den Polen nicht auch gegenüber Stalins Übergriffen, zur Hilfe kamen, worum es in diesem Faden ja eigentlich mal ging, dann ist, wie ich das sehe schlicht und ergreifend überhaupt nicht so relevant, wie die Polen und die Sowjets das gesehen haben, sondern dann ist relevant, was die Franzosen und Briten davon hielten.

Wie genau hier die französischen Positionen aussahen, weiß ich nicht, aber die Briten hatten sich mit der Curzon-Line, ja durchaus auch schonmal klarer positioniert, was die östlichen Grenzen des polnischen Staates betrifft.
Und eben diese Linie machte ja durchaus klar, nach welchem Paradigma, man damals von britischer Seite die Angelegenheit betrachtete, nämlich nach einem, dass auf ethnisch einigermaßen homogene Staatsbildung abzielte und dementsprechent, polnisch-litauischen Widerauferstehungsphantasien eine Absage erteilte.
 
Churchill schrieb in seiner Geschichte des 2. Weltkriegs, dass die SU zwar ein starker Bundesgenosse war, an dem die Wehrmacht sich schließlich übernahm, dass das Bündnis mit der SU für GB während der Jahre 1941 und 1942 aber eher eine Belastung, als eine Hilfe war. Sicher, dadurch dass die SU die Masse der deutschen Land- und Luftstreitkräfte auf sich zog, erhielt GB eine dringend benötigte Atempause. Die Sowjets forderten dringend Kriegsmaterial und Unterstützung, das GB von Materiallieferungen aus den USA abzweigen mussten. Der Seetransport nach Archangelsk oder Murmansk war äußerst gefährlich und verlustreich. Gleichzeitig forderten die Sowjets eine zweite Front gegen Deutschland und es war relativ wenig Verständnis vorhanden für die Risiken und Schwierigkeiten von amphibischen Landungsoperationen.

Die Sowjetunion hatte kaltblütig den Zusammenbruch Frankreichs beobachtet und Nazideutschland wirtschaftlich unterstützt. Moralisch war GB sicher nicht verpflichtet, die Sowjetunion zu unterstützen. Man hätte dabei zusehen können wie Deutschland und die Sowjetunion sich gegenseitig vernichten. Allerdings war das auch nicht ungefährlich, bis Oktober 1941 lag es durchaus im Bereich des Möglichen, dass die Sowjetunion zusammenbrach. Dann hätte Hitler über Rohstoffquellen verfügt, die ihm erlaubten, auch einen langen Krieg gegen das britische Empire und die USA führen zu können. Eine solche Steigerung der Macht Hitlers musste vorgebeugt werden, selbst wenn dazu ein Bündnis mit Stalin notwendig war.
 
Es ist eine bittere Ironie der Geschichte, dass Großbritannien und Frankreich in den Krieg gezogen sind, um Polen zu befreien, und am Ende des Krieges war Polen nicht mehr unter dem Joch des Hakenkreuzes, sondern um dem von Hammer und Sichel.

Und nach Westen verschoben wurde Polen dann ja auch noch, inklusive "Umsiedlung" der polnischen Bevölkerung aus den von der Sowjetunion annektierten Gebieten Ostpolens.

Das gesamte Verhalten der Westmächte gegenüber Polen wirft doch die Frage auf, ob es denen überhaupt wirklich um Polen ging oder ob Polen nicht nur ein Spielball war um Hitler einzudämmen.
 
So weit ich mich erinnere, hat niemand in London oder Paris Deutschland gezwungen, Polen zu überfallen und dies mit einem inszenierten Überfall auf den Sender Gleiwitz zu begründen.
 
Und nach Westen verschoben wurde Polen dann ja auch noch, inklusive "Umsiedlung" der polnischen Bevölkerung aus den von der Sowjetunion annektierten Gebieten Ostpolens.

Das gesamte Verhalten der Westmächte gegenüber Polen wirft doch die Frage auf, ob es denen überhaupt wirklich um Polen ging oder ob Polen nicht nur ein Spielball war um Hitler einzudämmen.

Inwiefern wirft dieses Verhalten Fragen auf?
Als 1939 der Krieg loss ging, mussten Großbritannien und Frankreich sich darauf erstmal einstellen und ihre Truppen mobilisieren und zusammenkratzen.
Dabei wird gerne vergessen, dass das eben nicht nur europäische Mächte waren und als es in Europa losging Teile der Truppen in kolonialen Krisenherden in den entlegensten Winkeln der Welt standen.

Größere Verbände von Indochina oder Indien aus nach Europa zu beordern oder auch nur aus Nordafrika und der Levante irgendwo an die Grenze zum Rheinland zu bringen, dauert seine Zeit und dann kommt für Frankreich prekärer Weise noch die völlig unklare Haltung Italiens und etwas weniger bedeutsam Spanien hinzu.

Mussolini hatte, was ein offenes Geheimnis war sein Auge auf die franzuösisch-italienischen Grenzgebiete geworfen, die vor dem Krieg von 1859 Teile des Königreichs Sardinien waren, außerdem auf Korsika, Tunesien, Malta und letztendlich Ägypten. Es musste also damit gerechnet werden, dass Italien mitmachen würde.
Hinzu kommt, dass Mussolini es, als es darum ging Stellung zu der ganzen Sache zu beziehen das Wort "Neutralität" sorgsam vermied und stattdessen von "non belligerenza" sprach.
Er erklärte Italien somit nicht für neutral, sondern für "nicht kriegführend" ein Status von dem keiner so recht wusste, was er am Ende eigentlich bedeuten sollte und jeder davon ausgehen musste, dass da unter Umständen das "nicht" noch einmal entfallen könnte, denn sonst hätte man diese rhetorische Figur ja nicht benötigt und sich einfach konventionell für neutral erklärenn können, die Vertragsmodalitäten mit Deutschland verpflichteten zu keiner Teilnahme an einem solchen, vorher nicht abgesprochenen Angriffskrieg.

Und Franco wiederrum war von Hitler und Mussolini so zu sagen auf den Thron gehievt worden und Spanien hatte durchaus Ambitionen im Hinblick auf die französischen Positionen in Marokko und ohne dies auf Gibraltar.
Das Land war zwar vom Bürgerkrieg geschwächt und militärisch nicht soooo leistungsfähig, aber wenn Franco mitmachte, konnte das potentiell jedenfalls einige Truppen binden, und Gibraltar, mit allen Konsequenzen für den (vor allem englischen) Nachschub aus den ostafrikanischen und asiatischen Kolonien, so wie Australien und Neuseeland, wäre dann auch nicht zu halten gewesen.

Großbritannien und Frankreich hatten ihren Rüstungsrückstand gegenüber Deutschland, weil sie eben lange auf die friedliche Karte gesetzt hatten, sie wussten nicht genau mit welcher Stärke sie auf deutscher Seite zu rechnen hatten. Entsprechend der Verteilung der Truppen auch in Übeersee, war eine allzu kurzfristige Mobilisation und Bündelung der Kräfte im Eiltempo schlicht nicht möglich.
Die Briten hatten ohnehin kein großes Landheer mit dem sie hätten beitragen können, jedenfalls nicht in Europa, ihre Trumpfkarte war die Blockadewirkung, wenn man Deutschlands Seewege kappte und dann kommt noch die unklare Haltung Italiens und Spaniens dazu, nach der Frankreich nicht wissen konnte, ob es an einer Front gegen Deutschland kämpfte oder am Ende gar einen 3-Fronten-Krieg zu führen habe und für die Briten die Problematik, dass sie ihre Positionen im Mittelmeer auf keinen Fall leichtfertig preisgeben durften um Italien und Spanien nicht mit vermeintlich einfacher Beutee genau dazu zu verleiten.

Technisch besaß Frankreich keine Panzertruppe als eigenständige schnell operationsfähige Waffengattung, sondern Panzer wurden als Unterstützungswaffe der Infanterie betrachtet und demgemäß ausgerüstet und eingesetzt. Mit dieser Einsatz-Doktrin waren keine schnellen Angriffe möglich, sondern die konnten sich nur dem Marschtempo der Infanterie anpassen.
In die linksrheinischen Gebiete Deutschland hätte man bis zu einem bestimmten Punkt sicherlich einfallen können, wenn man das hätte riskieren wollen, nur was dann?
Dann hätte man mit den großen Verbänden über den Rhein gemusst. Der ist als Hindernis ziemlich mächtig und über myriaden Tonnen von Ponton-Material wie es dann später die Amerikaner zur Verfügung stellen konnten, verfügte Frankreich nicht, auch nicht über schnelle Divisionen oder über Fallschirmjäger, mit denen man in einer Bitzaktion eine oder mehrere Rheinbrücken hätte sichern können.
Da war nichts mit allzu schnellem Vordringen, selbst wenn man das gewollt hätte und dann kommen oben drauf noch die Verluste des ersten Weltkrieges, der starke demographische Impact, den das auf Frankreich hatte und dadurch bedingt eine ziemlich extreme Scheu vor potentiell verlustreichen Großoffensiven bei der alten Generalität.


Was die Verschiebung Polens angeht, so mag man dabei im Blick behalten, dass:

1. Es letztendlich vollkommen unerheblich war, ob die Westalliierten dem zustimmten, denn als das bei der Konferenz von Jalta zur Sprache kam, war die Rote Armee ohnehin nicht mehr aufzuhalten. Die Gebiete im Osten Polens waren zu diesem Zeitpunkt bereits faktisch seit Monaten unter sowjetischer Kontrolle. Die Rote Armee hatte Ostpreußen bereits erreicht, Warschau wurde gerade eingeschlossen, die sowjetischen Truppen standen als die Konferenz lief kurz vor Posen und die Operation in Richtung Schlesien und Kleinpolen war auch längst angelaufen.
Womit hätte man die Sowjets also noch von dieser Verschiebung abbringen sollen, wenn man ihnen nicht gleich den Krieg erklären wollte?
Auf materiellen Support waren die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wirklich angewiesen und spätestens mit der Zerschlagung der HG Mitte anno 1944 und der Einkesselung veritabler Formationen der HG-Nord in Kurland, so wir mit dem Kappen der deutschen Treibstoffversorgung durch die rumänische Operation, wussten die Sowjets auch ganz genau, dass Deutschland am Ende war und das nur noch eine Frage von Monaten sein konnte.

Von westalliierter Seite erhoffte man sich demgegenüber von der Sowjetunion noch Unterstützung gegen Japan, folglich hatte man vergleichsweise schlechte Verhandlungspositionen.

2. Man daneben nicht vergessen möge, dass die Gebiete östlich des Bug, die Polen 1945 an die Sowjetunion verlor 25 Jahre vorher nicht durch eine internationale Einigung, sondern durch die Gewalt der polnischen Waffen gegenüber der bürgerkriegsgebeutelten Sowjetunion gewonnen worden waren.
Die "Curzon-Linie", ist kein Produkt des 2. Weltkrieegs gewesen, sondern sie stellte im Gefolge des 1. Weltkriegs und der damit verbundenen Auseinandersetzungen einen Kompromissvorschlag für die polnische Ostgrenze dar.
Insofern wich die Grenzziehung 1945 gar nicht mal so sehr von dem ab, was mindestens die Briten ein Vierteljahrhundert zuvor selbst vorgeschlagen hatten.

Ansonstn war man sicherlich nicht scharf darauf wegen Polen den nächsten Weltkrieg anzufangen, nachdem man sich noch vom Letzten nicht erholt hatte, zumal man mindestens im britischen Lager auf Geheiß Churchills zwecks eines potentiellen Niederwerfens der Sowjetunion durchaus Operationsstudien anstellte ("Operation Unthinkable"), dabei jedoch zu dem Ergebnis kam, dass derlei Pläne sich am Ende als undurchführbar erweisen mussten.


Kann man den westalliierten Umgang mit Polen kritisieren?

Ich denke, eigentlich nicht. Die Amerikaner hatten sich Polen gegenüber nie zu ewas verpflichtet, sie kämpften in Europa, weil zum einen Hitler ihnen den Krieg erklärt hatte und zum anderen sie weder ein deutsch- noch ein sowjetischdominiertes Europa haben wollten.

Die Briten und Franzosen waren nach dem 2. Weltkrieg kräftemäßig selbst am Ende, ihre Kolonialreiche begannen sie aufzulösen und ohne die Amerikaner fehlten ihnen schlicht die Mittel gegen die Sowjets noch irgendwas zu unternehmen.
 
Was den Zustand vorher betraf:

Warum eine Schnelle Offensive zu Beginn des Krieges nicht möglich war, habe ich oben dargelegt. Strukturell bedingte Verzögerung bei der Mobilisierung, Unklarheit über die internationale Situation im Bezug auf Italien und Spanien, dazu der Rhein als sehr effektiver Sperriegel nach Osten hin, das Fehlen schneller schlagkräftiger motorisierter Verbände im Sinne von Panzerdivisionen und eine Generalität und Politik, die nach den verlustreichen Großoffensiven des 1. Weltkriegs nicht scharf darauf war ein solches Szenario zu wiederholen.

Unabhängig davon, was man polnischerseits der eigenen Bevölkerung erzählte, um die Moral hochzuhalten, mussten die polnischen Entscheidungsträger und Militäranalysten das auch wissen.

Um wissen zu können, dass man, nicht mir-nichts-dir-nichts in einer Blitzaktion über den Rhein kommt und nach Berlin marschieren kann, selbst wenn blitzartige Mobilisation möglich wäre, was sie nicht sein würde und man Italien und Spanien aus der Gleichung hätte streichen können, konnte man mit einem simplen Blick auf die Landkarte wissen.
Vielleicht hätten es die Franzosen, wenn sie es mit aller Macht versucht hätten, über den Rhein geschafft. Aber so realistisch anzunehmen, dass der eine sehr starke Verzögerungslinie sein würde, an der man sich, vor allem, wenn man keine schnellen Panzertruppen und Fallschirmjäger zur Verfügung hat mit denen man Brücken sichern kann, möglicherweise monatelag die Zähne ausbeißen konnte, musste jeder Militär einkalkulieren, sonst hatte er seinen Beruf verfehlt.
Übergangsversuche, wenn man die Rheinbrücken sprengte, wären durch ein wenig Artillerie, eine intakte Luftwaffe und vergleichsweise geringen Personalaufwand vermutlich recht lange effektiv zu behindern gewesen.

Das konnte man von polnischer Seite nicht ernsthaft erwarten.

Weiterhin, dass sich Frankreich in den 1930er Jahren gerade seinen Gartenzaun genannt "Maginot-Linie" an die eigene Grenze setzte, war kein Geheimnis und konnte auch den Polen nicht entgehen. Daraus hätte man Schlüsse ziehen können und müssen:

Einfache Faustregel:

Wer beabsichtigt einen offensiven Krieg zu führen, der baut Straßen und Eisenbahnlinien auf denen er möglichst viele Truppen und Nachschub transportieren kann, aber doch keine Festungen. Was sollte er damit anfangen?

Festungen baut, wer beabsichtigt einen Krieg defensiv zu führen oder davon ausgeht, dass er das wird tun müssen und legt mehr Wert darauf den Gegner zu blockieren, als eigene Operationen logistisch zu unterstützen.

Und in diesem Sinne musste den Polen klar sein, dass die französische Doktrin und Planung für einen potentiellen Krieg mit Deutschland extrem defensiv angelegt war.
Wenn sich aber jemand einer solch defensiven Doktrin verschreibt, vollkommen egal aus welchen Gründen, muss man damit rechnen, dass er erstmal in diesem Muster agieren und einige Zeit brauchen wird um sich davon zu lösen, wenn die Voraussetzungen dafür überhaupt bestehen.

Auch das hätte man ohne detaillierte Informationen aus dem farnzösischen Generalstab wissen können und müssen und damit darauf, dass man mit Großbritannien und Frankreich als effektivem Schutz vor einer deutschen Invasion nicht rechnen konnte, sondern allenfalls als potentielle Befreier, wenn man nicht selbst in der Lage sein würde einer deutschen Agression standzuhalten.

Insofern kann man kaum sagen, dass die Westalliierten Polen im Stich gelassen hätten, denn unter diesen Voraussetzungen konnte man in Polen realistisch gesehen, schlicht nicht mit einem rechtzeitigen Eingreifen Deutschlands rechnen.

Insofern hatte Polen seine eigene Situation zunächst mal vornehmlich der Tatsache zu danken, dass sich seine Politiker verkalkullierten, als sie auf dem Abschreckungseffekt durch das Bündnis mit den Westmächten setzten und auf Äquidistanz zwischen Deutschland und der Sowjetunion.

Das war eine realistisch Haltung, so lange Deutschland noch an die militärischen Bestimmungen des Versailler Vertrags gehalten war (aber in dieser Hinsicht hätten eigentlich spätestens die Locarno-Verträge, die auf eine endgültige Festschreibung der deutschen Ostgrenze verzichteten ein Warnschuss sein müssen, nicht erst Hitler) und sich die Sowjetunion von dem Chaos des 1. Weltkriegs und des russischen Bürgerkriegs, so wie vom dem Brain-drain dadurch, dass die ganzen alten Eliten oder jedenfalls große Teile davon das Land verlassen mussten um unter dem Sowjetregime nicht unter die Räder zu kommen, noch nicht erholt hatte.

Das war aber spätestens ab Mitte der 1930er Jahre keine realistische, längerfristig tragfähige Politik mehr und das hätte man in Polen erkennen und das alte Abkommen mit den Westmächten dadurch ersetzen müssen sich mit einer der beiden Parteien, entweder Deutschland oder der Sowjetunion ins Benehmen zu setzen und einen Ausgleich zu finden.
Möglichkeiten gab es in beide Richtungen.

Man hätte mit den Weimarer Regierungen den Zollkrieg wegen Ostpreußen einstellen und den Status von Danzig neu verhandeln und Deutschlands Ansprüche auf Memel anerkennen können (letzteres hätten Polen nichts gekostet, da man mit Litauen wegen Vilnius ja ohnehin im Clinch lag), außerdem hätte man den Deutschen Bevölkerungsteilen in Westpreußen größere Autonomierechte einräumen können.

Das hätte sicherlich eine maßgebliche Verbesserung des Verhältnisses zu Deutschland bewirkt, die dortigen Revisionisten etwas beschwichtitigt und auch in den Grenzgebieten für Entsprannung gesorgt. Außerdem hätte es in Deutschland möglicherweise dei Demokratie stabilisiert, denn das hätte natürlich jede Regierung als Erfolg verbuchen können und hätte in Deutschland möglicherweise dem Glauben an friedliche Lösungen eine andere Basis gegeben, speziell in Ostpreußen und Pommern, die durch die Zollstreitigkeiten mit Polen wirtschaftlich beeinträchtigt werden mussten, weil ihnen traditionelle Absatzgebiete und Transportwege wegbrachen, hätte das auch zu wirtschaftlicher Entspannung der recht angeschlagenen Gebiete (siehe Stichwort "Osthilfe") geführt.
 
Entgegen einiger populärer Vorstellungen, war im Übrigen auch Hitler Polen gegenüber nicht grundsätzlich feindlich eingestellt. Der Mann hat mehrfach versucht Polen als Juniorpartner für seinen angedachten Ostkoloniseringskreuzzug gegen die Sowjetunion anzuwerben, mit Angeboten die darauf hinausliefen, das Polen Westpreußen beil deutschen Reich abzuliefern und sich in Form von Durchmarschrecht und Waffenhilfe an der angedachten Aktion gegen die Sowjetunion zu betreiligen habe und dafür als Gegenleistung weite Teile der ehemals zum polnisch-litauischen Königreich gehörenden Westukraine bekommen würde.
Das waren natürlich keine ganz uneigennützigen Offerten und der Verlust des Zugangs zur Ostsee hätte Polen natürlich handelspolitisch geschwächt (es sei denn, es wäre dabe möglicherweise ein Schwarzmeer-Zugang herumgekommen) und hätte Polen wäre das umgesetzt worden außenpolitisch in die Rolle eine deutschen Junior-Partners gebracht.
Es kann mit Hinblick darauf, was dann später noch passierte, natürlich kein Mensch sagen ob Hitler tatsächlich wort gehalten und vom übrigen Polen, wenn er Westpreußen bekommen hätte die Finger gelassen hätte, wenn er die Möglichkeit bekommen hätte sich stattdessen an der Sowjetunion zu bedienen.
Aber ich denke ganz ausschließen kann man nicht, dass es hier auch unter Hitler noch Ausgleichsmöglichkeiten gegeben hätte, wenn Polen seinerzeit den Weg für Hitlers Lieblingsprojekt frei gemacht und sich daran beteiligt hätte.

Andersherum lag, so lange in der Sowjetunion Maxim Litvinow die außenpolitischen Geschäfte führte mit der Konzeption der "kollektiven Sicherheit" ein tragfähiges Modell zur Eindämmung Hitlerdeutschlands vor.
Der einzige Haken an der ganzen Sache war, dass die Sowjets, um an der Seite der Tschechoslowakei (Bündnisvertrag von 1935) und der Westmächte nötigenfalls gegen Deutschland vorgehen zu können, sie ein Durchmarschrecht für Ostpolen benötigt hätten.
Das barg natürlich die Gefahr, dass die Sowjets bei dieser Gelegenheit versucht hätten diese Gebiete gleich zu besetzen und einzubehalten. Ob da aber gleich die Zerschlagung Polens zu befürchten gewesen wäre, ist eine andere Frage.
Faktisch war Polens Lage zwischen den Großmächten aber so unhaltbar, dass es sinnvollerweise irgendwo hätte Zugeständnisse machen müssen oder sich mindestens mit den anderen Nachbarn, die sich in ähnlichen Situationen befanden, nämlich Litauen, der Tschechoslowakei und Rumänien zusammenschließen müssen, um en bloc so viel Widerstandskraft aufbringen zu können, dass das Bündnis mit den Westmächten vielleicht wirklich etwas wert war, weil allein die Weite des Raumes bei einer Auseinandersetzung mit Deutschland, diese sehr in die Länge gezogen und massiv Truppen gebunden hätte.
Zu einem solchen Übereinkommen fand Polen aber nur mit Rumänien. Das Verhältnis zu Litauen war wegen Vilnius nach wie vor feindlich und daran die Tschechoslowakei widerstandsunfühig zu machen wirkte Polen in zwei Schritten gleich selbst mit:
Einmal schaute es bei der Annexion Österreichs ganz bewusst weg, in der Hoffnung, dass das dazu führen würde dass die Revisionsforderungen in Deutschland abflauen würden, wenn man das auf Kosten anderer beschwichtigte.

Damit war die Tschechoslowakei für Deutschland nicht nur von Norden und Westen, sondern auch von Süden aus angreifbar, was sich nicht so besonders positiv auf ihre potentielle militärische Widerstandskraft auswirkte.

Anschließend schlug sich Polen um des Teschener Gebietes willen, im Rahmen des sogenannten "Münchner Abkommens" im Jahr darauf noch auf die deutsche Seite und sorgte damit dafür, dass die Tschechoslowakei die einigermaßen befestigten und geographisch nicht ganz leicht zugängliche Sudetengebiete an Deutschland los wurde, womit die Tschechslowakei, mindestens in ihrem westlichen Teil nicht nur eingekreist war, sondern auch alle effektiven Verteidigungslinien, die die Deutschen eine Zeit lang hätten hinhalten und für Diversion sorgen können, verlor.
Damit wirkte es durchaus daran mit Hitler geradezu einzuladen, sich die restlichen Tschechischen Gebiete auch noch unter den Nagel zu reißen, in der Slowakei einen abhängigen Vasallenstaat zu schaffen, und die restliche Konkursmasse der Tschechsloswakei in Form südslowakischer Gebiete und der Kapartoukraine Hitler zuzuspielen, der damit Ungarn ködern und enger an die eigene Politik binden konnte.

Der Erfolg der ganzen Angelegenheit?

Polen gewann zeitweise Teschen, dafür bekam Deutschland bis auf ein paar Randgebiete die gesamte Tschechoslowakei, die als potentieller Gegner Deutschlands der Truppen hätte binden können, ausfiel und Deutschland bekam mit Ungarn einen weiteren außenpolitischen Partner im Süden mittels dessen und dessen Revisionswünschen, es das sich ohnehin wegen Bessarabien von der Sowjetunion bedroht sehende Rumänien, als einzigen potentiellen Verbündeten Polens in Schach halten konnte und obendrein bekam Hitler mit der Slowakei, die faktisch ein deutscher Vasallenstaat wurde, noch ein potentielles Aufmarschgebiet an der polnischen Südgrenze.


Diese Ausgangslage, ist ganz massiv und ohne irgendwas rechtfertigen zu wollen, was Deutschland im hinblick auf Österreich und die Tschechoslowakei tat, später im Bezug auf Polen tun würde und dann im Bezug auf den Rest Europas, durch die polnische Politik mit herbeigeführt worden, die da in einigem Momenten eine Schlüsselstellung innehatte und die andere Möglichkeiten gehabt hätte.

Die Franzosen haben, bevor der Hitler-Stalin-Pakt zu stande kam, die Polen geradezu bekniet, dass diese den Sowjets Durchmarschrecht einräumten, um diese von anfang an effektiv in die Eindämmung Deutschlands einbinden und auf der eigenen Seite halten zu können.
Das war, unabhängig davon, ob es Polen am Ende territoriale Zugeständnisse an seiner Ostgrenze gekostet hätte, bis in den Sommer 1939 hinein eine realistische Option.

Wie gesagt, Polen ist sicherlich nicht schuldig an der deutschen oder der sowjetischen Agression gegen sich. Aber es hat einiges dafür getan, sich in eine Lage zu bringen, in der ihm seine westeuropäischen Verbündeten nicht effektiv helfen konnten, so viel wird man anerkennen müssen.

Und deswegen halte ich Untreue-Vorwürfer gegenüber den Westalliierten, was Poleen betrifft für unangebracht, die Tschechen konnten solche Vorwürfe (auch wenn die sicherlich wegen Teschen hätten zurückstecken können, aber die tschechische Politik der zwischenkriegszeit war gegenüber den Nachbarn unterm Strich deutlich weniger aggressiv als die Polnische) vielleicht noch sinnvoll erheben

Polen hat es aber nicht nur versäumt sich rechtzeitig außenpoltisch auf eine realistsiche Position zu stellen, was einen Ausgleich mit entweder Deutschland oder der Sowjetunion betrifft, sondern es hat auch gleich aus eigensüchtigen Motiven daran mitgewirkt Deutschland massiv zu stärken und potentiellen Wiederstand, besonders im Rahmen der Tschechoslowakei bereits im Vorhinein aus dem weg zu schaffen.

Ohne, oder mit wesentlich späterem Zugriff auf die tschechische Industrie ohne das Beutematerial der Tschechischen Armee, die Möglichkeit in der sudetendeutschen Bevölkerung zusätzliche Soldaten auszuheben, dafürmit intakten tschechoslowakischen Verteidigungslinien selbst wenn das Land nur zu bewaffneter Neutralität zu bewegen gewesen wäre, wäre es Deutschland viel schwerer gefallen, in dieser Weise gegen Polen und die Westalliierten vorzugehen.
Als es daber darum ging dieses Hindernis zu erhalten und möglicherweise bereits hier darum zu kämpfen versäumte Polen diese Gelegenheit.

Für diese missliche Lage kann man am Ende nicht einfach die Westalliierten verantwortlich machen. Die waren militärisch vielleicht nicht so leistungsfähig, wie man sich das in Polen wünschte, aber was Polen letztendlich in diese Situation brachte, war seine eigene Außenpolitik die darauf basierte es sich bis auf Rumänien mit allen kleinen Nachbarn nachhaltigst zu verscherzen und beiden umgebenen Großmächten Konflikte zu produzieren, ohne sich bereit zu zeigen das zu überdenken und sich wenigstens mit einer Seite ins Benehmen zu setzen, stattdessen blind darauf zu vertrauen, dass die Franzosen einen schon noch brauchen und einem nötigenfalls die Kastanien aus dem Feuer holen würde.

Unabhängig von allem Kritikwürdigen Unrecht der Deutschen und der Sowjets, dem miilitärsich ungeschickten Verhalten Frankreichs und der Tragödie die für Polen dann folgen sollte, kann man eine solche Außenpolitik einfach nur noch "Harakiri" nennen.
Das war wirklich ein Musterbeispiel politischen Selbstmordes und den hat man in Polen schon selbst zu verantworten.
 
Inwiefern wirft dieses Verhalten Fragen auf?

Soweit ich weiss hat Frankreich Polen die Garantie gegeben, im Fall eines deutschen Angriffs binnen zwei Wochen eine Großoffensive von Westen zu starten und Deutschland in einen Zwei-Fronten-Krieg zu zwingen. Soweit ich weiss hatte Frankreich damals das grösste stehende Heer in Europa. Die Polen haben sich auf diese Garantie verlassen.

Es gibt eine Szene im Film "Der Pianist" über das Leben von Wladyslaw Szpilman. Da sitzt die Familie Szpliman vor dem Radio und hört in den Nachrichten von der Kriegserklärung der Westmächte an Polen. Alle sind erleichtert und gehen davon aus, dass die Deutschen nun mit Hilfe der Westmächte schnell geschlagen werden.

Tatsächlich kam es nie zu einer Offensive der Westmächte gegen Deutschland. Die Westmächte haben nichts getan um Polen zur Hilfe zu eilen. Es dauerte 9 Monate, bis es überhaupt zu den ersten nennenswerten Kämpfen zwischen Deutschland und Frankreich kam und dass auch erst durch Hitlers Angriff auf Frankreich und nicht umgekehrt.

Wie lange hätte der "Sitzkrieg" wohl noch angedauert, wenn Hitler Frankreich im Mai 1940 nicht angegriffen hätte? Wann hatten England und Frankreich denn angedacht dann endlich mal ihre Offensive gegen Deutschland zu starten um Polen zu helfen?

Entweder Frankreich war militärisch wirklich unfähig eine ernsthafte Offensive gegen das deutsche Nachbarland zu starten oder es war unwillig. Ich tippe mal auf letzteres. Und wenn Frankreich militärisch nicht fähig war, stellt sich mir die Frage, warum man es den Polen dann zugesichert hat binnen zwei Wochen eine Grossoffensive gegen Deutschland zu beginnen um Polen zu helfen?

Meines Wissens wurde das Verhalten der Westmächte in Polen damals als schwerer Verrat empfunden.

Dazu kommt dann eben im weiteren Verlauf des Krieges, dass die Westmächte mit Stalin paktierten, der 1) Hitler den Weg zum Überfall auf Polen bereitet hatte (ohne Hitler-Stalin-Pakt kein Überfall auf Polen) und 2) sich selbst Ost-Polen einverleibte. Und dann hat man 1943 in Teheran Stalin Polen überlassen.

Am Ende des Krieges stand dann ein nach Westen verschobenes, unter der Knute Stalin stehendes, unfreies Polen. Wenn die Westmächte dafür fast 6 Jahre Krieg geführt haben, müsste man ja resümieren, dass sie ihr Kriegsziel nicht erreicht haben.
 
Soweit ich weiss hat Frankreich Polen die Garantie gegeben, im Fall eines deutschen Angriffs binnen zwei Wochen eine Großoffensive von Westen zu starten und Deutschland in einen Zwei-Fronten-Krieg zu zwingen. Soweit ich weiss hatte Frankreich damals das grösste stehende Heer in Europa. Die Polen haben sich auf diese Garantie verlassen

Ich habe oben dargelegt, warum eine solche Erklärung von Anfang an illusorisch sein und das jedem Militär und in militärischen Dingen bewandertem Politiker auch klar sein musste.



Es gibt eine Szene im Film "Der Pianist" über das Leben von Wladyslaw Szpilman. Da sitzt die Familie Szpliman vor dem Radio und hört in den Nachrichten von der Kriegserklärung der Westmächte an Polen. Alle sind erleichtert und gehen davon aus, dass die Deutschen nun mit Hilfe der Westmächte schnell geschlagen werden.

Unterscheiden wir bitte die Zivilbevölkerung von der Militärischen und von der Staatsführung. Ja. Als Zivilist ohne tieferen Einblick über militärische Entwicklungen ohne Einblick in die außenpolitische Lage Frankreichs, ohne Ahnung von der Geographie Deutschlands im Westen und ohne Einblick in die militärischen und infrastrukturellen Entwicklungen Frankreichs, konnte man sowas sicherlich nicht glauben.

Für die Militärs und die polnischen Politiker, so sie auf Frankreich rechneten gilt aber anderes. Denen musste die prekäre außenpolitische Lage Frankreichs auch gegenüber Italien und Spanien genau so bekannt sein, wie dieses ziemlich blöde nasse Hindernis, genannt "Rhein, auch das die Mobilisation und die Rückführung von Truppen aus den Kolonien ihre Zeit brauchen würde und die Maginot-Linie als jahrelange, verdammt teure Investition in Verteidigungs- nicht Angriffsfähigkeit musste denen auch bekannt sein.

Wer unter diesen Umständen (zumal das ja schon bei der Rheinlandbesetzungund der Annexion Österreichs und der Tschechoslowakei nicht erfolgte, als es noch wesentlich einfacher gewesen wäre) ernsthaft auf eine schnelle französische Offensive im Westen rechnete, hätte sich da schon deutlich fragen müssen, ob diese Kalkulation sinnvoll war.

Tatsächlich kam es nie zu einer Offensive der Westmächte gegen Deutschland. Die Westmächte haben nichts getan um Polen zur Hilfe zu eilen. Es dauerte 9 Monate, bis es überhaupt zu den ersten nennenswerten Kämpfen zwischen Deutschland und Frankreich kam und dass auch erst durch Hitlers Angriff auf Frankreich und nicht umgekehrt
Ja, weil Frankreichs Strategie von Anfang an defensiv ausgelegt war, wie nicht anders zu erwarten, wenn man vorher schwerpunktmäßig jahrelang (und für alle sichtbar) in Verteidigungs- nicht Angriffsfähigkeiten investiert hat und darüber hinaus auch gar nicht mit allen Kräften vorgehen kann, weil da noch zwei andere, nicht ganz kleine politisch ziemlich unberechenbarer Nachbarstaaten mit territorialen Ambitionen sind.

Wie lange hätte der "Sitzkrieg" wohl noch angedauert, wenn Hitler Frankreich im Mai 1940 nicht angegriffen hätte? Wann hatten England und Frankreich denn angedacht dann endlich mal ihre Offensive gegen Deutschland zu starten um Polen zu helfen?

Dann wenn die Blockade ihre Wirkung gezeitigt, die Mobilisation und Rückführung von Truppen abgeschlossen, die Kriegswirtschaft und Rüstungsproduktion angelaufen gewesen wäre und man die Materialüberlegenheit beider Länder und ihrer Kolonien gegenüber Deutschland hätte ausnutzen können.


Entweder Frankreich war militärisch wirklich unfähig eine ernsthafte Offensive gegen das deutsche Nachbarland zu starten oder es war unwillig. Ich tippe mal auf letzteres. Und wenn Frankreich militärisch nicht fähig war, stellt sich mir die Frage, warum man es den Polen dann zugesichert hat binnen zwei Wochen eine Grossoffensive gegen Deutschland zu beginnen um Polen zu helfen

Vielleicht erklärst du mir und den anderen, die das möglicherweise mitlesen mal, wie du dir eine effektive Großoffensive ohne schnelle Panzertruppe und starke motorisierte Verbände über den Rhein hinweg so vorstellst? G

Ganz davon abgesehen, dass man in Frankreich und Großbritannien nicht mit der Geschwindigkeit des deutschen Vorstoßes in Polen rechnete und sich nach Ablauf der 2 Wochen bereits merklich Verbände der Roten Armee an Polens Grenze zu konzentrieren begannen.
In Frankreich rechnete man mit einem wesentlich langsameren deutschen Vorstoß und letztendlich auch damit, dass man sich von Deutscher Seite bis tief in den Osten des Landes hinein würde durchkämpfen müssen.

Warum noch ausrücken um einem Verbündeten zu helfen, der ohnehin nicht mehr zu retten war und deswegen aus Aktionismus mit nicht vollständig mobilisierten Kräften unsinnige Angriffe in schwierigem Gelände versuchen? Das wäre strategischer Irrsinn gewesen.

Meines Wissens wurde das Verhalten der Westmächte in Polen damals als schwerer Verrat empfunden.

Ja, wurde es. Es stellt sich aber die Frage ob es sinnvoll ist, dieses Narrativ so ohne weiteres unkritisch zu übernehmen. Man könnte genau so gut argumentieren, dass derjenige, der hier verraten worden ist seinem Wesen nach ja selbst ein Verräter war, der durch sein politisches Verhalten Deutschland geholfen hatte die Versailler Friedensordnung und die Perspektive der Kollektiven Sicherheit an die Wand zu fahren.
Drehen wir das mal um. Polen verlangte von den Westmächten, dass die seine Grenzen schützten und gegen Polens Feind Deutschland halfen.
Haben sie aber umgekehrt die gleichen Westalliierten dabei unterstützt, als es um die Sicherheit der territorialen Unversehrtheit von deren tschechoslowakischen Verbündeten ging?

Die Geschichte, wie auch der Weg Polens in diesen Schlamassel hinein, beginnt nicht am 1. September 1939, beide beginnen 1918.

Dazu kommt dann eben im weiteren Verlauf des Krieges, dass die Westmächte mit Stalin paktierten, der 1) Hitler den Weg zum Überfall auf Polen bereitet hatte (ohne Hitler-Stalin-Pakt kein Überfall auf Polen) und 2) sich selbst Ost-Polen einverleibte. Und dann hat man 1943 in Teheran Stalin Polen überlassen.

Moment, moment, moment.
An dieser Stelle den Westmächten vorzuwerfen mit Stalin paktiert zu haben unterschlägt schlicht, dass Polen selbst die Möglichkeit gehabt hätte mit der Sowjetunion und den Westalliierten eine gemeinsame Front gegen Nazi-Deutschland zu bilden.
Das war bis Mitte 1939 und der Hitler-Stalin-Pakt ein Resultat dessen, dass diese gemeinsame Front nicht zustande kam, was maßgeblich am Polnischen Veto scheiterte.

Hinsichtlich Ostpolen verweise ich darauf, was ich im vorangegangen Posting geschrieben hatte. Polen selbst hatte sich diese Gebiete mit militärischen Mitteln der jungen, sich im Bürgerkrieg befindlichen Sowjetunion abgetrotzt, zustande gekommen im Rigaer Frieden anno 1920, den Kompromissvorschlag der Briten (Curzon-Linie) ignorierend.
Keines der östlich des Bug gelegenen Gebiete, weder Ostgalizien, noch Wolhynien, noch Mittellitauen, wiesen in irgendeiner Weise eine polnsiche Bevölkerungsmehrheit auf, insofern hatte Polen auf diese Gebiete keinen bessern Anspruch als die Sowjetunion.
Außer, dass sie irgendwann mal zu Polen-Litauen gehört hatten, da allerdings zur litauischen Reichshälfte und in Litaun war man nach dem 1. Weltkrieg von der Idee wieder nach Polen zu kommen, nicht so unbedingt angetan.

Polen hat sich diese Gebiete kraft seiner überlegenen Waffen anno 1920 genommen und sie kraft seiner unterlegenen Waffen anno 1939 wieder verloren, so einfach ist das.
Ich weiß nicht woher die Vorstellung kommt, dass die Westalliierten irgendeine Schuldigkeit gehabt hätte diese Gebiete für Polen zurück zu erkämpfen.
Sie entsprachen nicht dem, was (Curzon-Linie) die Westalliierten bei der Wiederherstellung Polens bereit waren, als polnisches Staatsgebiet anzuerkennen, es gab keine polnischen Bevölkerungsmehrheiten und darüber hinaus empfahl die Tatsache, wie Polen mit seinen Minderheiten, im Besonderen den Ukrainern in Ostgalizien umging, auch von diesem Standpunkt her nicht unbedingt einer Restituierung dieser Verhältnisse.
Von Seiten der Entente- Mächte ist Polen anno 1920 in Teilen dezidiert davor gewarnt worden, diese Territorien zu annektieren und damit einen Territorialkonflikt mit Sowjet-Russland und Revanchegelüste von dieser Seite zu provozieren, nachdem Polen Revanchegelüste wegen des Korridors und Oberschlesiens von deutscher Seite her schon sicher hatte.

Sinnvoll wäre gewesen von mindestens einer Seite die Finger zu lassen und entweder die vormals deutschen oder die vormals russichen Territorien zu nehmen, aber niemals beide um es sich nicht mit beiden Nachbarn zu verderben.
Womit wir wieder bei der selbstverschuldeten politischen Situation Polens und ihrer versäumten Bereinigung wären, die du so beharrlich ignorierst.

Am Ende des Krieges stand dann ein nach Westen verschobenes, unter der Knute Stalin stehendes, unfreies Polen. Wenn die Westmächte dafür fast 6 Jahre Krieg geführt haben, müsste man ja resümieren, dass sie ihr Kriegsziel nicht erreicht haben.

Ja, das die Westalliierten ihr ursprünglichees Kriegsziel nicht erreicht haben, ist zweifellos richtig. Die Frage ist aber inwiefern dieses Unvermögen eine moralische Verfehlung darstellen soll, so wie du es offensichtlich darzustellen versuchst.
Das ist es schlicht nicht.
Und wenn wir bei militärischen Fehlleistungen sind, sollte man vielleicht auch die politischen Fehlleistungen Polens berücksichtigen, die diese Entwicklung erst möglich gemacht haben?
Nur so eine abwegige Idee.
 
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