Errungenschaften der Perser

PostmodernAtheist

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Wollte mal fragen ob es stimmt, dass die Perser menschlicher als die sie umgebenen Kulturen waren. So wird Kyros der Große manchmal mit der Abschaffung von Sklaverei in Verbindung gebracht. Aber dazu finde ich widersprüchliche Informationen im Netz. Handelt es sich hierbei um einen Mythos oder eine Fehlinterpretation?
 
Schau doch mal in EI oder DNP nach, was dort steht, das ist sicherlich vertrauenswürdiger als irgendwelche Internetseiten.
 
Bei der Rezeption der Perser muss man die Hintergründe mitbedenken. Nur ein paar Schlaglichter:

In der Bibel kommen die Perser recht gut weg. Kyros wird zu Beginn des Buches Esra geradezu als gottgesandter Befreier verklärt. Kein Wunder: Kyros besiegte das Neubabylonische Reich, das einst das Reich Juda vernichtet, Jerusalem mitsamt Tempel zerstört und die Juden in die „babylonische Gefangenschaft“ verschleppt hatte. Unter den Persern hingegen durften sie zurückkehren und ihren Tempel wieder aufbauen.

Die Griechen hatten ein eher ambivalentes Verhältnis zu den Persern: Einerseits waren sie Gegner, und die Perser wurden als Orientalen verachtet. Andererseits wurden Kyros (und auch die Perser allgemein) durchaus auch positiv gesehen, z. B. von Xenophon in seiner „Kyrupädie“ oder teils auch von Herodot. Teilweise wurden persische Sitten als positiv und vorbildlich (oder gar den spartanischen ähnlich, wobei der spartanische Lebensstil von manchen Autoren als vorbildlich angepriesen wurde) beschrieben.

Das Achaimenidenreich spielte (und spielt) noch in späteren Jahrhunderten und Jahrtausenden eine wichtige Rolle für die iranische Selbstidentifikation, indem – trotz Fremdherrschaften und weitgehender Islamisierung - eine 2500 Jahre währende Kontinuität fingiert wird. Das fördert natürlich das Bemühen um ein möglichst positives Bild.
 
Andererseits wurden Kyros (und auch die Perser allgemein) durchaus auch positiv gesehen, z. B. von Xenophon in seiner „Kyrupädie“ oder teils auch von Herodot. Teilweise wurden persische Sitten als positiv und vorbildlich (oder gar den spartanischen ähnlich, wobei der spartanische Lebensstil von manchen Autoren als vorbildlich angepriesen wurde) beschrieben.
Zumal gerade die Spartaner gerne das persische Geld nahmen, um im Peloponnesischen Krieg ihre Flotte zu finanzieren.

Es ist bei den Persern leider noch schwieriger als bei vielen anderen. Als Schriftquellen haben wir fast nur die verschiedenen griechischen Perspektiven sowie deren eben ambivalentes Verhältnis sowie auf der anderen Seite persische Inschriften. Letztere haben nur das große Problem, dass die monumentalen Inschriften einen bestimmten Zweck haben, sie haben ein ausgewähltes Publikum und sollen diesem eine genau vorbereitete Botschaft vermitteln.
So stehen die Perser beispielsweise in einer lokalen Tradition, in der zuvor schon die Assyrer Reliefdarstellungen mit größter Grausamkeit gemeißelt hatten. Das Ziel war dabei, Feinde zu verschrecken und ihnen Angst zu machen. Das heißt natürlich, dass sich ganz besonders über das Thema Menschlichkeit - und zwar für die Perser wie auch die anderen Kulturen des alten Orients - kaum eine objektive Aussage treffen lässt außer, dass die Reliefs wohl nicht der Wahrheit entsprechen.

Die Verbindung von Kyros dem Großen und dem Thema Menschenrechte stammt von dem akkadischen Text auf dem sogenannten "Kyros-Zylinder". Es ist ein Kriegsbericht. Kyros habe Sklaven befreit, Religionsfreiheit hergestellt. Manchmal heißt es auch, Kyros fordere hier eine Gleichheit aller Völker, das ist aber der umstrittenste Teil, es steht nicht wörtlich darin. Und es gibt eben die im vorigen Absatz beschriebene Problematik der Zielsetzung, welche die "historische Wahrheit" versteckt.
Ein Mythos ist es also nicht, da es eine Quelle mit bestimmten Aussagen gibt, aber sehr wahrscheinlich eine mindestens teilweise Fehlinterpretation, wenn man alles wörtlich nimmt.
 
Als Schriftquellen haben wir fast nur die verschiedenen griechischen Perspektiven sowie deren eben ambivalentes Verhältnis sowie auf der anderen Seite persische Inschriften.
Es gibt auch die persische Perspektive: Das Schāhnāme - auf Deutsch auch Königsbuch genannt - von Firdausi (940-1020 n.Chr) ist zwar erst in frühislamischer Zeit entstanden, greift aber auch auf zoroastrische Vorlagen der Geschichtsüberlieferung aus der Sassanidenzeit als Quellen zurück. Dieses iranische Nationalepos versucht eine Darstellung der persischen Herrschergeschichte von den mystischen Ursprüngen bis zum Ende der Sassaniden, also dem Beginn der Islamisierung. Da es eine Art Nationalepos ist, werden die Perser dabei natürlich eher positiv dargestellt.
 
Allerdings ist sein Inhalt vor den Sassaniden weitestgehend fiktiv. Der erste historisch wirklich greifbare König, der im Epos behandelt wird, ist Dara (Dareios III.), wobei auch er nicht viel mit seinem historischen Vorbild gemein hat. Alles vor seiner Zeit ist rein mythisch und hat mit der Geschichte der Achaimeniden nichts zu tun. Das Schahname ist daher wichtig für das Selbstverständnis der Perser (und nebenbei auch literarisch großartig), bietet aber praktisch keine Informationen zu den realen Persern des Altpersischen Reiches und ihren Errungenschaften. Anders ausgedrückt: Als Geschichtsquelle ist zumindest seine erste Hälfte völlig unbrauchbar.
 
Als Geschichtsquelle ist zumindest seine erste Hälfte völlig unbrauchbar.
wiki vergleicht das Schāhnāme mit dem Nibelungenlied und den Epen Homers, die ja auch oft im Reich der Legenden spielen. Nur das letzte Drittel im Schāhnāme nennt sich "historisch". Das erste Drittel - die mythische Epoche - und zweite Drittel - die heroische Epoche - machen ja schon in der Überschrift deutlich, dass Firdausi dort Sagen- und Legendenhaftes widergibt.
 
Allerdings ist sein Inhalt vor den Sassaniden weitestgehend fiktiv. Der erste historisch wirklich greifbare König, der im Epos behandelt wird, ist Dara (Dareios III.), wobei auch er nicht viel mit seinem historischen Vorbild gemein hat. Alles vor seiner Zeit ist rein mythisch und hat mit der Geschichte der Achaimeniden nichts zu tun. Das Schahname ist daher wichtig für das Selbstverständnis der Perser (und nebenbei auch literarisch großartig), bietet aber praktisch keine Informationen zu den realen Persern des Altpersischen Reiches und ihren Errungenschaften. Anders ausgedrückt: Als Geschichtsquelle ist zumindest seine erste Hälfte völlig unbrauchbar.
wiki vergleicht das Schāhnāme mit dem Nibelungenlied und den Epen Homers, die ja auch oft im Reich der Legenden spielen. Nur das letzte Drittel im Schāhnāme nennt sich "historisch". Das erste Drittel - die mythische Epoche - und zweite Drittel - die heroische Epoche - machen ja schon in der Überschrift deutlich, dass Firdausi dort Sagen- und Legendenhaftes widergibt.
Einige dieser „mythischen“ Figuren werden in der modernen Forschung mit historisch bekannten achämenidischen oder parthischen Personen identifiziert oder zumindest als verwandt angesehen.
 
Was aber nichts daran ändert, dass es praktisch keine Übereinstimmungen zwischen den Königen des Schahname vor Dara und den realen Königen der Achaimeniden gibt. Sie sind obendrein in eine Welt voller Anachronismen eingebettet.
 
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