der Beruf des "Thieftakers" im deutschen Sprachraum

tindaya

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Hallo und vielen Dank, dass es dieses Forum gibt! Ich bin dabei, für die Übersetzung eines historischen Romans aus dem Englischen ins Deutsche zu recherchieren. Im Roman spielt ein "Thief taker" die Hauptrolle, der sich in London im Jahre 1665 bewegt. Ich weiß, welche Funktion der Thieftakers in London hatte, eine Art Verbrecherjäger, der von den Opfern engagiert wurde, weil es noch keine Polizei gab, ich wüsste aber gerne, ob es einen ähnlichen Beruf im deutschen Sprachraum gab und wie diese Leute genannt wurden.

herzlichen Dank
Tindaya
 
Uff, also das einzige was ich in ähnlichem Zusammenhang mal gelesen habe, ist die Story eines Räubers aus dem Hohenloischen im 18.Jh.. Der "Schinders Fritzle" war zunächst selbst ein berüchtigter Räuber, wechselte dann aber die Seiten und wurde eine Art Kopfgeldjäger, der sein Wissen über die "Szene" nutzte um seine ehemaligen Kollegen ausfindig zu machen.
Aber das ist ja denke ich eine ganz andere Kiste, da er der Obrigkeit zuspielte und wohl kaum von Privatleuten engagiert wurde.
Exakt habe ich seine Geschichte jetzt auch nicht im Kopf und weiß auch nicht wie viel haltbare Infos es überhaupt über ihn gibt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke, Cécile, ich habe inzwischen auch weitergesucht und noch nicht wirklich Entsprechungen gefunden. Wenn in deutschen Texten auf die "Thief Taker" Bezug genommen wird, dann wird der Name in diesen Texten beibehalten.
 
Hallo und vielen Dank, dass es dieses Forum gibt! Ich bin dabei, für die Übersetzung eines historischen Romans aus dem Englischen ins Deutsche zu recherchieren. Im Roman spielt ein "Thief taker" die Hauptrolle, der sich in London im Jahre 1665 bewegt. Ich weiß, welche Funktion der Thieftakers in London hatte, eine Art Verbrecherjäger, der von den Opfern engagiert wurde, weil es noch keine Polizei gab, ich wüsste aber gerne, ob es einen ähnlichen Beruf im deutschen Sprachraum gab und wie diese Leute genannt wurden.

herzlichen Dank
Tindaya

Auch im deutschsprachigen Raum kam es vor, dass Kriminelle in die Bandenverfolgung einbezogen wurden. Ein berüchtigter Räuber und Bandit war Anthoine la Grave, besser bekannt unter seinem Spitznamen "Der Große Galantho". Nachdem Galantho durch den Mord an dem Pfarrerehepaar Heinsius und dem Mord an dem Landleutnant Emmeran gesucht wurde, gelang ihm zeitweise Unterschlupf als "Landleutnant" in kurmainzischen Diensten. Bei dem Mord an Emmeran war Rache das Motiv, da dieser einige Zigeuner hatte festnehmen lassen.

Der Bandit Konstanzer Hans lehnte es ab, als "V-Mann" Hatschier zu dienen, da er sich die nötige Härte nicht mehr zutraute. Der historische "Verbrecher aus verlorener Ehre" Friedrich Schwahn bot dem Landesherrn an, seine Fähigkeiten in den Dienst der Verbrechensbekämpfung zu stellen und bat um ein "Ämtgen".

V-Leute, Kriminelle in Staatsdienst zu nehmen, war nicht unüblich. Im 18. Jahrhundert nannte man solche Leute "Fleischmänner". Polizeispitzel, die "Kollegen" bekämpften. Ihr großes Wissen und ihre sozialen Kontakte waren oft hilfreich, bei der Festnahme bekannter Räuber. Der Bandit Abraham Picard wurde 1805 durch einen Fleischmann namens Meyer Regensburg festgenommen. Es kam aber auch vor, dass "Fleischmänner" relativ wertlose Informationen lieferten und selbst mit Banditen gemeinsame Sache machten. Die Große Niederländische Bande konnte 1798 oder 1799 einen ihrer größten Coups landen, weil ein Fleischmann ihnen die Tore geöffnet hatte.

Besonders abstoßend entwickelte sich das Spitzel-Unwesen in Preußen. Vigilanten waren gezwungen, immer wieder Kollegen zu denunzieren. Waren sie als Informanten wertlos, ließ man sie gnadenlos fallen, und Denunziation und Willkür waren Tür und Tor geöffnet.
 
Der Einsatz von "Fleischmännern", Vigilanten, Polizeispitzeln und Agents provocateur stieß bei vielen liberalen Juristen auf Kritik. Man erkannte an, dass Fleischmänner nützlich waren, dass sie gute Tipps lieferten, zu manchem Fahndungserfolg beitrugen, dass viele aber selbst kriminell waren und natürlich auch äußerst korrupt.

Landreiter, Gerichtsdiener, Landlieutenants, Fleischmänner oder wie sie auch hießen waren oft in der Bevölkerung verhasst. Der Landleutnant Emmeraner hatte Zigeunerinnen aus Galanthos Sippe festnehmen und misshandeln lassen. Darauf unternahm Galantho auf einen Angriff. Emmeraner wurde angeschossen, konnte aber zunächst flüchten. Als er starb jubelte Galanthos Bande Juchheißa, der Fleischmann ist todt!" Mitarbeiter von Emmeraner wurde verschont, nachdem sie geschworen hatten, künftig keinem Fleischmann zu dienen.

Der Einsatz fand aber auch Fürsprecher. Der Kriminalist Stieber argumentierte, dass bei der Verbrechensbekämpfung sei der Kriminalist auf Vigilanten angewiesen wie der Jäger auf Hunde.
 
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