Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Der Vergleich hinkt.
Welcher Vergleich hinkt?
Was ich verglichen habe, waren die Einkaufsmöglichkeiten.
Sag doch selber: In welchem irregulären Tross hatte der Legionär eher Gelegenheit, sein Geld auszugeben?

Bei Varus kann ich mir Köche, Bäcker und Schauspieler im Tross ganz gut vorstellen, bei Tiberius/Germanicus weniger. Da werden sich in den lixae eher Sklavenhändler befunden haben, die auf Kriegsgefangene aus waren.


In der Varusschlacht hat niemand damit gerechnet, in Kampfhandlungen verwickelt zu werden.
Rechnen musste man schon damit. Bekanntlich war man vor Beginn der Schlacht ja gerade unterwegs, um einen (angeblichen) Aufstand niederzuschlagen.
 
Warum sind bei Aliso nur Varus-Münzen?
Moment. Ist Haltern denn überhaupt Aliso? Du gehst einfach davon aus, dass die zwar wahrscheinliche aber unbewiesene Hypothese ein Faktum ist


Zudem ist der Ausdruck Varus-Münzen falsch. Man weiß zwar, was du meinst, aber Varus-Münzen wären von Varus geprägte (gibt es tatsächlich, 8 vor Christus während seines afrikanischen Prokonsulats) oder gegengestempelte Münzen.

Bekanntlich war man vor Beginn der Schlacht ja gerade unterwegs, um einen (angeblichen) Aufstand niederzuschlagen.
Behauptet zumindest Cassius Dio.
 
Rechnen musste man schon damit. Bekanntlich war man vor Beginn der Schlacht ja gerade unterwegs, um einen (angeblichen) Aufstand niederzuschlagen.
Es ist einfach nicht das Selbe.
Die Varus Kampfhandlungen waren in diesem Ausmaß komplett unerwartet.

Der Germanicus Einsatz war ein absut reiner Kampfeinsatz.

Natürlich spiegelt sich das auch im Tross wieder.

Die Diskussion von gestern/heute drehte sich um das Thema Münzfunde, warum es laut Museum an Germanicus Standorten keine gibt, welche das sein mögen und was das für die Datierung Kalkrieses bedeutet.

Das weicht mir jetzt zu stark vom Faden ab.
 
Zudem ist der Ausdruck Varus-Münzen falsch. Man weiß zwar, was du meinst, aber Varus-Münzen wären von Varus geprägte (gibt es tatsächlich, 8 vor Christus während seines afrikanischen Prokonsulats) oder gegengestempelte Münzen.
Das weiß ich.
Als Mathematiker bin ich eben manchmal hinsichtlich der Präzision meiner verbalen Ausdrucksfähigkeit eingeschränkt.
 
Natürlich spiegelt sich das auch im Tross wieder.

Das ist meine Rede.

Nicht beantwortet hast Du meine Nachfrage:

Welcher Vergleich hinkt?
Was ich verglichen habe, waren die Einkaufsmöglichkeiten.
Sag doch selber: In welchem irregulären Tross hatte der Legionär eher Gelegenheit, sein Geld auszugeben?

"Bei Varus kann ich mir Köche, Bäcker und Schauspieler im Tross ganz gut vorstellen, bei Tiberius/Germanicus weniger. Da werden sich in den lixae eher Sklavenhändler befunden haben, die auf Kriegsgefangene aus waren."



Die Diskussion von gestern/heute drehte sich um das Thema Münzfunde
Ich finde, meine Frage hat schon etwas mit den Münzfunden von Kalkriese zu tun.


Das weicht mir jetzt zu stark vom Faden ab.
Der Faden heißt "Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft" - welcher Teil meines Beitrags weicht von diesem Thema ab?
 
Das weicht mit offen gesagt jetzt auch zu stark vom Faden ab.
Jein. Wenn du stillschweigend unterstellst, dass Haltern Aliso ist und darauf deine Argumentation aufbaust, dann ist das eine Prämisse, die durchdiskutiert werden muss.

Es spricht vieles dafür, dass Haltern Aliso ist. Aber weder gibt es einen Beweis dafür, noch ist diese Zuordnung völlig unproblematisch. Da sind wir nämlich wieder bei der Frage, ob sich varuszeitlicher und germanicuszeitlicher Münzhorizont unterscheiden. Und wenn diese Horizonte sich unterscheiden, dann ist entweder Aliso nicht in Haltern zu suchen, oder man müsste eine plausible Erklärung finden, warum der Münzhorizont in Haltern vom germanicuszeitlichen Horizont abweicht.
 
Weder für die Haltern-Alisofrage noch für die Kalkriese-Varusfrage gibt es bisher Ergebnisse. Die Metalluntersuchungen scheinen auch zu stocken. Damit könnte man Haltern bessser einordnen.
 
"Und noch ein Punkt lässt zumindest Zweifel an Kalkriese aufkommen: Das Gebiet, in dem die Schlacht stattgefunden hat, wird von Cassius Dio und Tacitus als öde und leer beschrieben. In Kalkriese aber wurden Reste einer germanischen Besiedlung gefunden. "Diese Funde können wir noch weniger zeitlich einordnen als die römischen. Stammt die Siedlung aus dem Jahr 50 vor Christus und wurde dann aufgegeben, könnte Kalkriese weiter als Ort der Varusschlacht gelten. Stammt sie aus der Zeitenwende, wäre Kalkriese damit aus dem Rennen", erläutert Berke.
 
"Und noch ein Punkt lässt zumindest Zweifel an Kalkriese aufkommen: Das Gebiet, in dem die Schlacht stattgefunden hat, wird von Cassius Dio und Tacitus als öde und leer beschrieben. In Kalkriese aber wurden Reste einer germanischen Besiedlung gefunden. "Diese Funde können wir noch weniger zeitlich einordnen als die römischen. Stammt die Siedlung aus dem Jahr 50 vor Christus und wurde dann aufgegeben, könnte Kalkriese weiter als Ort der Varusschlacht gelten. Stammt sie aus der Zeitenwende, wäre Kalkriese damit aus dem Rennen", erläutert Berke.

Moin
Meinst du, die römischen Chronisten späterer Jahrzehnte/Jahrhunderte hatten jede germanische Siedlung auf dem Schirm?
 
@Hermundure
Auf welcher Basis die in den Quellen auftretende Umschreibung öde und leer fußt, wird kaum gesichert rekonstruierbar sein.
  • Spärlich besiedelt, ohne zusammenhängende (größere) Siedlungskammern?
  • Von den Bewohnern spontan oder geplant verlassen, im Wissen dass es dort in Kürze zu gehörigem Krawall kommen dürfte (s. die Hypothese zur Herkunft der römischen Funde in den beiden Siedlungen im Zuge von Kampfhandlungen, in dem von dir eins drüber verlinkten Artikel)?
  • Literarische Ausschmückungen?
  • Kalkriese einer von vielen Orten eines über Tage andauernden Defileegefechts?
  • ...
Was mich irritiert, wenn ein Wissenschaftler vom Fach wie Berke (Archäologe), und sei es auch nur in einem Unizeitungsartikel* zitiert, auf ein Schwarz/weiß-Szenario zurückgreift: "Stammt die Siedlung aus dem Jahr 50 vor Christus und wurde dann aufgegeben, könnte Kalkriese weiter als Ort der Varusschlacht gelten. Stammt sie aus der Zeitenwende, wäre Kalkriese damit aus dem Rennen". So etwas befeuert doch eher, dass es zwischen Schwarz und Weiß öde und leer zu bleiben droht.

*Starb Varus doch nicht in Kalkriese?
 
Dank der Verschiebungen ist meine Antwort woanders gelandet.

Ich suche jetzt nichts heraus, weil es müßig ist. Denn der Überfall fand abgelegen statt, dann versuchten die Römer während der dreitägigen Schlacht wegzumarschieren. Solange nicht jemand beweißt, dass die aufgefundene Schlacht dort begann, ist irrelevant, ob da damals eine Großstadt stand. Es spricht nicht gegen die Quellen.

Kann die Diskussion zur Antwort verschoben werden? Oder so? *ratlos und desorientiert guck*
 
Okay:

Er sagt, es habe lange Zeit der Konsens vorgeherrscht, dass die Kalkriese-Münzen nicht nach 9 in den Boden gelangt sein konnten.
Das ist konguent zu Ortisis Aussage von vor ein paar Jahren.

Aaaaber:
Es gäbe neue Befunde. So habe man in Germanicus-Standorten am Rhein
ebenfalls nur vor 9 geprägte Münzen gefunden.
Also ist die aktuelle Haltung des Museums: Kalkriese kann sowohl Varus wie auch Germanicus sein. Ortisi und Burmeister wiedersprechen sich nicht, der Forschungsstand hat sich geändert.

Es widerspricht dem nicht wirklich. Denn diese Münzverteilungen müssen auch bei großen Münzbeständen nicht mmer gleichmäßig verteilt gewesen sein.


P.S.: Wobei das von Burmeister gesagte jetzt wiederum dem von Quijote genannten Kölner Münzfund aus dem Jahre 13/14 mit nachvarianischen Münzen wiederspricht. Da weiss ich gerade nicht, wie diesen Wiederspruch erklären soll.
Eine Möglichkeit wäre, dass EINIGE Germanicus-Standorte nur Vor-9-Münzen aufweisen. Nicht ALLE.


So oder so: Interessant, dass "das Museum" aktuell sowohl Varus oder Germanicus als möglich erachtet.
 
Ja, richtig. Irgendwo hat er gesagt dass die Münzhorizonte nicht ausreichen.
Es ist jetzt ein halbes Jahr her, dass ich mir den Podcast neghört habe, ich kann also nicht mehr mit Bestimmheit sagen, ob er sich zum Kölner Brandhorizont geäußert hat. Erinnerun kann ich mich daran jedenfalls nicht.
Der Kölner Brandhorizont steht allerdings einigen Aussagen Burmeisters entgegen, der meint, dass sich Varus-Münzhorizont und Germanicus-Münzhorizont nicht unterschieden.

Varus-Horizont: Spätsommer 9 n. Chr.
Kölner Brand-Horizont: Winter 14/15 n. Chr
Germanicus-Horizont: 14-16 n. Chr.

Im Kölner Brandhorizont ist bereits ein Achtel (oder war es ein Siebtel?) der Münzen nachvarianisch. Nun sind die 56 Münzen des Kölner Brandhorizonts keine statistisch wirklich aussagefähige Menge. In Kalkriese hat man über 2.200 Münzen, von denen keine (identifizierte) nachvarianisch ist. Es wäre dagegen verwunderlich, wenn in Germanicus' Heer, dass ja auch in Köln stationiert war, keine einzige Münze nachvarianisch gewesen wäre. Wenn nun bei den 56 Münzen des Kölner Brandhorizonts ein Achtel nachvarianisch war, müssen wir bei den 2.200 Münzen in Kalkriese, wenn dieses denn germanicuszeitlich zu datieren ist, zwar nicht auch eine solch hohe Menge an anchvarianischen Münzen erwarten, aber dass es keine einzige (null, 0) sein soll, wäre schon ein sehr seltsamer Zufall.

Hier meine Transkripte aus dem Podchaser-Podcast vom März (wie gesagt, ich kann meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass Burmeister nichts zum Kölner Brandhorizontz gesagt hat, ich kann es aber auch nicht erinnern). Ich habe die Stelle, die dem am nächsten kommt hervorgehoben:

Burmeister sagt ja recht eindeutig (die ersten zehn Minuten kann man vorspulen, das ist nur Rumgelaber und Eigenwerbung der Podcastmacher), dass Kalkriese ein Ort der Varusschlacht sei, „oder, um wissenschaftlich redlich zu bleiben, ein möglicher Ort der Varusschlacht“. In Minute 31/32 führt Burmeister das noch mal aus, verweist auf Cassius Dio, der ja den Bericht eines viertägigen Marsches liefert, auf dem die Römer immer wieder angegriffen wurden. Deshalb eben ein Ort der Varusschlacht. In diesem Zusammenhang äußert er auch, dass Cassius Dio die beste Quelle sei, die wir zu Varusschlacht haben („das ist der beste Bericht eigentlich“). Ich möchte in diesem Punkt Burmeister dezidiert widersprechen: Es ist die ausführlichste, die ausgestaltetste Quelle, die wir zur Varusschlacht haben. Aber eben eine Quelle, die uns Probleme bereitet.

Zu den Münzen sagt Burmeister, dass bereits Mommsen 1885 auf Kalkriese als Ort der Varusschlacht hingewiesen habe, er bezeichnet aber die Argumentation als „ungenügend“ (1:15), „weil Münzen alleine können keinen Schlachtort ausweisen. Also hier gibt es sehr sehr viele Münzen....“ aber die konnten eben auf vielerlei Art dorthin gekommen sein. Was man zu Mommsens Zeit eben noch nicht hatte, waren Militaria.
Bei 1:36 ff. geht es dann um die Datierung. Da sagt Burmeister: „Wir stehen ja hier nun vor den Münzen und versuchen die Münzen als Kronzeugen heranzuziehen, da muss ich sagen, da komme ich gar nicht drauf, kann aber zumindest kurz erläutern, warum die Münzen bei der Identifikation als Ort der Varusschlacht eine so große Rolle gespielt haben - was sie inzwischen nicht mehr tun - ... in den Textquellen, da kriegen wir Jahreszahlen vorgegeben, da erfahren wir auch irgendwie Spätsommer 9 nach Christus, das lesen wir in den Textquellen.“ „In der Archäologie können wir in der Regel nicht so genau datieren.“ „Insofern haben wir erstmal keinen aus den archäologischen Funden herkommenden klären Anhaltspunkt für ne exakte Datierung des Fundplatzes. Nun kommen die Münzen ins Spiel.“ „Aber wenn ich mir die Münzen angucke, dann erkenne ich schnell das Problem.“ (Hier macht Burmeister dann einen Fehler, denn er geht auf die Gaius/Lucius-Denare und Aurei ein, die er auf 2 v. Chr. anstatt auf 2 n. Chr. als Enddatum datiert, da aber Lucius 2 und Gaius 4 n. Chr. starb, war 2 n. Chr. das Jahr, ab dem die Brüder nicht mehr als designierte Nachfolger Augusti propagiert werden konnten, man also die Prägung dieses Münztyps einstellte.) „Also, wie gesagt, wir kommen mit den Münzen nur bis zu zehn Jahre an die Varusschlacht heran. Aber wir haben noch ein numismatisches Signal, das ist ein bisschen jünger, nämlich sogenannte Gegenstempel, Kontermarken. Ausschließlich auf dem Buntmetall, dem Kleingeld.“
Burmeister weist dann darauf hin, dass die VAR-Gegenstempel die jüngsten numismatischen Belege sind.
„Wenn wir uns dann jetzt aber die Folgemünzen angucken, die nach der Varusschlacht geprägt wurden, im Jahr 10 nach, 12 nach, 14 nach, die finden wir hier gar nicht.“
„Jetzt kommt das große Aber.“ (1:43) „Wenn man dann nämlich noch mal guckt, sich die Münzen an den anderen Standorten, wo die Römer gewesen sind, an den anderen Standorten am Rhein, da wo Germanicus eigentlich gewesen sein müsste mit seinen acht Legionen, stellen wir fest, dass wir da genau das gleiche Geld haben. Das heißt, es sieht momentan so aus, dass die Soldaten des Germanicus das gleiche Geld im Portemonnaie hatten, wie die Soldaten des Varus. Ich kann anhand der Münzen nicht unterscheiden.“ Es fehle, so Burmeister, der methodische Hebel, um zwischen Varus und Germanicus zu unterscheiden.
Nun kennt Burmeister die archäologischen Funde und Befunde besser als ich und ich bin’s ich nur Feld-Wald-und-Wiesen-Historiker, mir fehlt im Gegensatz zu ihm das archäologische Handwerkszeug. Allerdings sind die Lager am Rhein alle über Germanicus hinaus belegt, ich kenne die Befundsituation freilich nicht, habe mich nie damit beschäftigt. Die Frage, die Burmeister sicher beantworten kann, die ich aber nicht beantworten kann ist: Gibt es einen klar identifizierbaren Germanicushorizont? Oder bezieht er sich im Grunde genommen auf die Zuweisung des Römerlagers Haltern zum historiographisch überlieferten Aliso? Denn in Haltern ist der Münzhorizont, wenn auch bei anderer Zusammensetzung der Gegenstempel, tatsächlich derselbe, wie in Kalkriese. Es gibt eine Reihe von Indizien dafür, dass Haltern Aliso ist und so wird es vom LWL ja mittlerweile auch präsentiert, aber bewiesen ist das nicht. An den Legionsstandorten am Rhein, die über 16 hinaus in Betrieb waren, dürfte der Horizont bis zum batavischen Aufstand wesentlich diffuser sein. Insofern verwundert mich die Aussage im Podcast schon.
 
Es ist jetzt ein halbes Jahr her, dass ich mir den Podcast neghört habe, ich kann also nicht mehr mit Bestimmheit sagen, ob er sich zum Kölner Brandhorizont geäußert hat. Erinnerun kann ich mich daran jedenfalls nicht.
Der Kölner Brandhorizont steht allerdings einigen Aussagen Burmeisters entgegen, der meint, dass sich Varus-Münzhorizont und Germanicus-Münzhorizont nicht unterschieden.

Ich weiß es auch nicht mehr genau. Irgendwo habe ich das mal gehört, gesehen oder gelesen. Ich meine es hing jedenfalls mit dem Podcast zusammen, vielleicht war es aber auch irgendein Artikel den ich parallel dazu las.
 
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