wie lange dauerte eine Reise von Rom nach Cäsarea?

Theophilus

Mitglied
Gibt es nachvollziehbare Schätzungen, wie lange eine Reise von Rom nach Cäsarea gedauert hat? Zum einen über Land, zum anderen per Schiff?
Meines Wissens ist man seinerzeit immer in Blickweite zur Küste gesegelt - das wären dann ja gut 3000 km.
Weiß man etwas darüber, wie das Verhältnis von Segeln und Rudern war? Einerseits mussten die Ruderer ja beschäftigt werden, andererseits werden sie kaum 24/7 durchgearbeitet haben.
Hintergrund ist unter anderem die Frage nach dem Ereignishorizont - wann können Nachrichten aus Rom frühestens in Judäa eintreffen, wie lange sind Gesandtschaften in die Hauptstadt unterwegs?
 
Anne Kolb, Transport und Nachrichtentransfer im Römischen Reich, Berlin 2000.

Hier sind alle verfügbaren Nachrichten über Reisegeschwindigkeiten zu Fuß, zu Pferd, zu Schiff zusammengestellt und ausgewertet.

Küstennavigation war der Normalfall, aber im Sommer konnte bei den vorherrschenden Nordwinden die Strecke von Italien nach Ägypten auch direkt gesegelt werden. für die Rückreise brauchte man allerdings ein Vielfaches der Zeit.
 
Ein paar Querungen wird man vorgenommen haben.

Hier wird mit Bezug auf Plinius
SPEED UNDER SAIL OF ANCIENT SHIPS

bei günstigem Wind und somit bei einem Schnitt von 4,6 sm für Neapel-Alexandria eine Reisezeit von 9 Tagen angegeben und verprobt. 1 Tag für Neapel-Rom und 1-2 Tage Caesarea addiert ergibt rd 12 bei guten Winden.
Ich meine aber auch, die gleiche Strecke für 30 Tage gelesen zu haben.

Hängt also bei 12-30 Tagen von Route, Schiff, Winden ab.
 
Man sollte dann auch die Jahreszeit berücksichtigen. Erst einmal wurde im Winterhalbjahr deutlich weniger Seefahrt betrieben als im Sommerhalbjahr. Da das Wetter im Winter deutlich unangenehmer ist und auch deutlich schneller umschlagen kann als im Sommer. Zum anderen sind im Sommer deutlich andere Windsysteme als im Winter.

Es gibt entsprechende Seehandbücher der Kaiserlichen Seewarte oder auch der Deutschen Seewarte. Das waren die Vorgänger des BSH, Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie. Auch im Nachdruck. Die Nachdrucke sind mal bei Delius Klasing erschienen. Da kann man typische Segelanweißung der Reviere sehen und auch Beschreibungen des Reviers. Und typische Klimamodelle mit Windrichtungen und Stärke. Und das ganze Statistisch ausgewertet.
 
4-5 Monate im Winter fand ohnehin nichts statt.

NmE aus Literatur dazu wurde zwischen November und März bis auf die Randbereiche im östlichen Mittelmeer pausiert.
Fernreisen werden da nicht begonnen worden sein. Lesen kann man auch von nur einer oder zwei Hin-/Rückfahrten pro Jahr in der Hauptsaison.
 
4-5 Monate im Winter fand ohnehin nichts statt.

NmE aus Literatur dazu wurde zwischen November und März bis auf die Randbereiche im östlichen Mittelmeer pausiert.

In besonderen Fällen ging anscheinend auch im Winter was:

"Da eine Nachricht zum Herrschaftsantritt eines neuen Kaisers von grösster Bedeutung war, ist davon auszugehen, dass solche Informationen auf dem schnellst möglichen Weg überbracht wurden. Wie in der Tabelle vor allem das weit im Süden gelegene Edfu als Ziel nahelegt, konnte eine eilige Botschaft aus Rom einen Bestimmungsort innerhalb der Provinz Ägypten im Durchschnitt in knapp 30 Tagen erreichen. Dies gilt offenbar sogar unter den durch die Witterungseinflüsse erschwerten Bedingungen des Winters, worauf zwei der angeführten Beispiele hinweisen. So war die Ausrufung Othos zum neuen Kaiser am 15. Januar 69 weniger als einen Monat später in Memphis bekannt. Der Herrschaftsantritt Trajans vom 25. Januar des Jahres 98 wurde offenbar in 28 Tagen bis nach Edfu gemeldet." (Kolb, S. 326)
 
Ich gehe mal einfach davon aus in den Flottenstützpunkten Rom‘s nicht alle Schiffe aufgelegt wurden zwischen Herbst und Frühling, so, das einige Schnellsegler oder Ruderer immer als Kurierschiff zur Verfügung gestanden haben. Ansonsten hätte sich ein privater Reeder eine goldene Nase verdient.
 
Wie allerorten und allenzeiten: Militär geht immer, (nach Order).
Außerdem dürfte es milde Winter gegeben haben, und stürmische.

Letztere ("very rough") sind auch in der Badewanne (zentrales) Mittelmeer ein schönes Erlebnis, selbst auf mehreren zehntausend Tonnen mit 20 Metern Höhenunterschied in ein paar Sekunden. Die maximale Wellenhöhe bei Vorhandensein von Ruderern, ohne Kentern, ist in einem anderen thread mal anhand von Experimenten beschrieben worden.
 
Wie allerorten und allenzeiten: Militär geht immer, (nach Order).
Außerdem dürfte es milde Winter gegeben haben, und stürmische.

Und es gab schöne Sommer.
Laut Plinius Nat. Hist. XIX gelangte ein Senator Valerius Marianus bei nur schwachen Sommerwinden innerhalb von neun Tagen von Puteoli bis Alexandria.
 
Die Seite ist schon toll, auch weil man so verschiedene Optionen wie militärisch-zivil, Transportmittel und -weg, Jahreszeit der Reise - oder feiner Monat - billig oder schnell wählen kann. Wird daran noch gearbeitet oder ist das Projekt abgeschlossen? Denn manche Regionen, die mich interessieren, sind nicht abgedeckt, die Anzahl der bereisbaren Städte ist reduziert.
 
ORBIS ist nicht genial. Die Seite und das Projekt sind NICHT wissenschaftlich.

Beispiele:

1) Worauf basiert das ganze? V.a. Barrington Atlas und über 200 weitere moderne Bücher, Artikel etc. Und was ist mit antiken Quellen? Fehlanzeige, alles was man dazu findet, ist die Angabe, dass "ancient sources" genutzt wurden.
2) Testet mal was passiert, wenn man im Sommer über die Alpen (oder ein anderes Gebirge) reisen will. Vergleicht das dann zu einer Reise im Winter. Nichts ändert sich, der Weg bleibt gleich und die Zeit auch. Heißt also, ich brauche im Sommer 47,9 Tage und im Winter auch.
3) Es fehlen wichtige Routen, zum Beispiel die via agrippa von Lyon nach Trier.
4) Geländeprofile werden nicht berücksichtigt.
5) Die Wasserrouten wurden mit den Daten einer niederländischen Kogge aus dem Mittelalter simuliert.
6) Zu den Wasserwegen siehe auch Warnking, Römischer Seehandel in seiner Blütezeit.

ORBIS ist eine nette Spielerei, um Schülern/Studenten zu zeigen, was mit digitalen Mitteln/Methoden alles möglich ist, aber mehr auch nicht.
 
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