1848: Schwarz-rot-goldene Piratenflotte?

Guilelmus

Neues Mitglied
1848: Englands Außenminister Lord Palmerston erklärt die erste deutsche Reichsflotte Admiral Brommes zur Piraten-Armada

Die Paulskirchen-Regierung schuf eine erste deutsche Flotte (Palmerston: "Die Deutschen mögen in den Wolken segeln, sie mögen Luftschlösser errichten, aber sie sollen keine Schiffe bauen") und ließ Truppen in das von Kopenhagen reglementierte Schleswig-Holstein einrücken. Palmerston befürchtete, eine deutsche Macht an der Nordsee könne eines Tages mit einer starken Flotte England bedrohen. Er verweigerte der Paulskirche jegliche Anerkennung, erklärte die schwarzrotgoldene Fahne zur Piratenflagge und ergriff die Partei Dänemarks. (...)

DER SPIEGEL 21/1965 - Gott schütze unser inniggeliebtes Deuschland

Meine Fragen: stimmt das, wurde die damalig Reichsflotte seitens GBs tatsächlich als eine Piraten-Armada angesehen?

Intervenierten tatsächlich britische Truppen in Schleswig-Holstein?
Ich dachte die britische Position war die Erhaltung eines Status Quo in Schleswig und Holstein, die Royal Navy attackierte die Reichsflotte vor Helgoland (1849) nicht.
 
Meine Fragen: stimmt das, wurde die damalig Reichsflotte seitens GBs tatsächlich als eine Piraten-Armada angesehen?

Das klingt schön reißerisch und ist doch durch schnöde, einfache diplomatische Überlegungen erklärbar:
Staaten definierten sich nicht erst seit Mitte des 19. Jhts. durch eine anerkannte Symbolik, zu der auch Flaggen gehörten.
Sind Staaten einmal anerkannt, werden auch deren Symbole in der Regel akzeptiert im internationalen Umgang miteinander.
Nun zum Punkt:

Das "Pauluskirchliche Gebilde" eines zu entstehenden, deutschen Nationalstaates war zu jener Zeit weder eine Nation, noch ein diplomatisch durch GB anerkannter Staat. Anerkannt waren dagegen die bekannten "Einzelstaaten", welche die deutsche Revolution 1848/49 zu einem deutschen Nationalstaat zusammenfassen wollte: Etwa das Königreich Bayern, die habsburger Monarchie oder das Königreich Preußen. Deren Symbole schützten ihre Schiffe und waren von GB anerkannt. Diese aus britischer Sicht "seltsame Flotte mit einer nicht anerkannten Symbolik" war also nicht Teil eines Staates, da bewaffnet aber immerhin eine Flotte. Sie war damit eine potentiell gefährlich, da es keinen ausgemachten "Frieden" mit dieser seltsamen Macht gab und es im Gegenteil Differenzen in der Beurteilung betreffs des Status von Schleswig und Holstein gab. Eine Bezeichnung als "Piratenflotte" war also ein unmissverständliches, diplomatisches Signal nach Frankfurt imho!
 
Diese aus britischer Sicht "seltsame Flotte mit einer nicht anerkannten Symbolik" war also nicht Teil eines Staates, da bewaffnet aber immerhin eine Flotte. Sie war damit eine potentiell gefährlich, da es keinen ausgemachten "Frieden" mit dieser seltsamen Macht gab und es im Gegenteil Differenzen in der Beurteilung betreffs des Status von Schleswig und Holstein gab. Eine Bezeichnung als "Piratenflotte" war also ein unmissverständliches, diplomatisches Signal nach Frankfurt imho!

Grundsätzlich geb ich Dir Recht; allerdings kann ich mir vorstellen, dass irgend jemand auf der britischen Insel in der "Reichsflotte" eine direkt Bedrohung sah, so rudimentär wie die 1848/49 existierte; dass sahen ja nichtmals die Dänen so! ;)

Wie Du sagst, Diplomatie und Seerecht.

Sehr interessant finde ich, dass der gute Palmerston offensichtlich ziemlich blickig war; genau die Befürchtungen, die ihn offensichtlich umtrieben, traten ja tatsächlich ein, nachdem ein dt. Nationalstaat entstanden war; spätestens seit dessen dritter Regent nen Flottenspleen entwickelte...
 
Meine Fragen: stimmt das, wurde die damalig Reichsflotte seitens GBs tatsächlich als eine Piraten-Armada angesehen?

Naja, der Begriff Armada vermittelt hier ein komplett verschobenes Bild von der Bundesflotte der Jahre 1848/49. Diese Ansammlung von Schiffen war im militärischen Wert eine Seestreitmacht weit under dem 3. Rang und wäre ein Vergleich mit der preußischen Marine jener Jahre wert.

Ich glaube mich sogar zu erinnern, daß britische Schiffe für die Bundesflotte erkauft wurden :grübel:

Mit Piraten hat dies allenfalls eine sinnbildliche Verwandschaft, mehr nicht.
Spätestend mit der Pariser Seerechtsdeklaration von 1856 war die Problematik klar definiert.

Mehr dazu findest Du auch hier:
http://www.geschichtsforum.de/f60/die-bundesflotte-von-1848-a-34268/
http://www.geschichtsforum.de/f58/w...stein-konflikt-f-r-die-deutsche-nation-35451/
 
Zurück
Oben